Die Morde des Herrn ABC

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Die Morde des Herrn ABC (Originaltitel The A.B.C. Murders) ist der 18. Kriminalroman von Agatha Christie. Er erschien zuerst am 6. Januar 1936 im Vereinigten Königreich im Collins Crime Club und am 14. Februar desselben Jahres bei Dodd, Mead and Company[1] in den USA. Bereits im folgenden Jahr gab der Tal-Verlag Leipzig die erste deutsche Übersetzung von Kurt Ziegler unter dem Titel Der ABC Fahrplan heraus.[2] 1962 veröffentlichte der Scherz Verlag den Roman unter dem Titel Die Morde des Herrn ABC in der bis heute verwendeten Übersetzung von Gertrud Müller[3] neu.

Es ermitteln Hercule Poirot, Arthur Hastings und Chefinspektor Japp.

Einführung

Der Roman stellt die Persönlichkeiten von Hercule Poirot, Arthur Hastings und Chefinspektor Japp in den Mittelpunkt des Geschehens. Die Erzählform ist ungewöhnlich, da die Erzählperspektive zwischen erster Person und dritter Person wechselt, was jedoch in der Einleitung durch Hastings betont wird. Christie hatte bereits zuvor mit dieser Erzählweise experimentiert, die Charles Dickens in Bleak House erstmals angewendet hatte, und zwar in ihrem Roman The Man in the Brown Suit (Der Mann im braunen Anzug, 1924). Zusätzlich ungewöhnlich ist der Umstand, dass die Erzählungen aus der dritten Person stets durch den Erzähler der ersten Person, Hastings, rekonstruiert werden. Diese Erzähltechnik ist etwas umständlich, zeigt aber Christies Versuche, mit der Erzählperspektive zu experimentieren, wie es am besten bei The Murder of Roger Ackroyd zu ersehen ist.

Handlung

Hastings wird nach seiner Rückkehr aus Südamerika von seinem alten Freund Poirot in dessen neue Wohnung eingeladen, wo er sich zur Ruhe gesetzt hat. Der Belgier berichtet ihm von einem anonymen Brief, der mit ABC unterzeichnet wurde, in dem ihm als Herausforderung für einen bestimmten Tag im Ort Andover eine Straftat angekündigt wird, die er nun entweder zu vereiteln oder aufzuklären habe. Während Hastings den Brief als Blödsinn abtut, ist Poirot beunruhigt und hat daher auch Scotland Yard in der Person von Chefinspektor Japp informiert. Als am fraglichen Tag keine Meldung aus Andover kommt, sind zunächst alle beruhigt. Doch am folgenden Tag wird die Leiche von Alice Ascher gefunden, die wohl am Abend zuvor umgebracht wurde. Die alte Frau war Besitzerin eines kleinen Tabakladens, wo sie von ihrem letzten Kunden hinterrücks erschlagen wurde.

Poirot und Hastings schließen nach ihren Befragungen schnell aus, dass der von ihr getrennt lebende Ehemann Franz Ascher, ein gebürtiger Deutscher, trotz seiner Rachsucht und Aggressivität die Tat vollbracht hat, da seine Ehefrau ihm wohl kaum den Rücken zugewendet haben könnte. Auf der Ladentheke fällt ihnen jedoch erstmals ein zurückgelassener Eisenbahnfahrplan auf, ein so genannter ABC-Plan, da dort alle Angaben alphabetisch angeordnet sind. Dadurch ergibt sich nun die Aufschlüsselung des Pseudonyms, das der Täter absichtlich zurückgelassen hat. Poirot befürchtet weitere Briefe und Morde.

Wenig später erhält er die nächsten Briefe, in denen weitere Tatorte und Morde angekündigt werden, die er erneut nicht verhindern kann: Betty Barnard in Bexhill-on-Sea und Sir Carmichael Clarke in Churston.

Poirot und die Polizei tappen zunächst im Dunkeln, aber eine Reihe von Hinweisen deutet auf einen Hausierer hin, der Strümpfe und Strumpfhosen vertreibt. Denn bereits beim ersten Mordfall hatten sie in der kargen Wohnung Alice Aschers ausgerechnet ein Paar nagelneuer Seidenstrümpfe gefunden, und auch eine erste Zeugin beschwerte sich über die Aufdringlichkeit eines Hausierers. Als der vierte Mord in Doncaster schiefgeht, stellt sich ein Strumpfhändler namens Alexander Bonaparte Cust der Polizei und legt ein Geständnis ab.

Der Fall scheint abgeschlossen, aber trotz der Tatsache, dass Cust die Taten zugegeben hat, behauptet er, niemals von Hercule Poirot gehört zu haben, und kann auch die Briefe nicht erklären, obwohl sie auf seiner eigenen Schreibmaschine verfasst wurden. Cust leidet an Epilepsie und hat Erinnerungslücken. So kann er sich nicht an die eigentlichen Taten erinnern, glaubt aber, die Taten ausgeführt zu haben, da er stets in der Nähe bzw. am Tatort war. Außerdem deutet er Hinweise, wie zum Beispiel Blutflecken auf den Manschetten seines Hemdes (die jedoch vom tatsächlichen Mörder dort platziert wurden), als Beleg für seine eigene Täterschaft. Poirot wird misstrauisch und recherchiert weiter.

In einer raschen Wendung des Falls kann Poirot belegen, dass der Bruder von Sir Carmichael Clarke, Franklin Clarke, der nach dessen Reichtum trachtete, die Morde als die eines verrückten Serienmörders aussehen lassen wollte, um damit von dem Mord an seinem Bruder abzulenken. Franklin hatte Cust zufällig getroffen und ihn ohne sein Wissen als „Vollstrecker“ seines Plans ausgewählt. Er arrangierte es so, dass Cust als Handlungsreisender eingestellt wurde, und stellte sicher, dass seine Route in der vorgegebenen Bahn ablaufen würde, damit er jeweils an den Tatorten passgenau auftauchen würde. Außerdem schickte er Cust eine Schachtel mit ABC-Eisenbahnfahrplänen und eine Schreibmaschine, auf der er bereits die ABC-Briefe getippt hatte.

Personen

  • Alice Ascher – Inhaberin eines Tabakladens und erstes Mordopfer
  • Franz Ascher – ihr Ehemann
  • Mary Drower – ihre Nichte
  • Betty Barnard – zweites Mordopfer
  • Donald Fraser – ihr eifersüchtiger Freund
  • Megan Barnard – ihre Schwester
  • Sir Carmichael Clarke – drittes Mordopfer
  • Franklin Clarke – sein Bruder
  • Thora Grey – seine Sekretärin
  • Alexander Bonaparte Cust – Hausierer für Strümpfe
  • Hercule Poirot – Privatdetektiv

Bezüge zu anderen Werken

Der ermittelnde Chefinspektor Japp, geistig immer zwei Schritte hinter Poirot, tritt seit Christies erstem veröffentlichten Roman Das fehlende Glied in der Kette in zahlreichen Romanen und Geschichten mit Poirot auf. Mit dem Ende der 1930er Jahre enden auch seine Auftritte, zuletzt in Das Geheimnis der Schnallenschuhe.

Rezeption und Literaturkritik

Bereits in der Literaturbeilage von der Times am 11. Januar 1936 schloss die Rezension mit dieser Folgerung:

„If Mrs. Christie ever deserts fiction for crime, she will be very dangerous: no one but Poirot will catch her.“ (Times, Literary Supplement, 11. Januar 1936)
deutsch: „Falls Mrs. Christie jemals die Fiktion für ein Verbrechen aufgeben sollte, wird sie sehr gefährlich sein: Niemand außer Poirot wird sie schnappen.“

Wichtige englischsprachige und deutschsprachige Veröffentlichungen

  • 1936, Collins Crime Club (London), January 1936, Hardback, 256 S.
  • 1936, Dodd Mead and Company (New York), 1936, Hardback, 306 S.
  • 1937 Deutsche Erstausgabe unter dem Titel: Der ABC-Fahrplan: Übersetzung von Kurt Ziegler: Tal-Verlag Wien; Leipzig [2]
  • 1962 Neuausgabe unter dem Titel Die Morde des Herrn ABC: Übersetzung aus dem Englischen von Gertrud Müller: Scherz Verlag Bern; Stuttgart; Wien[3]
  • 2014 Neuübersetzung unter dem Titel Die Morde des Herrn ABC: Übersetzung aus dem Englischen von Gaby Wurster: Atlantik Verlag Hamburg

Verfilmungen

Erstmals wurde der Kriminalroman unter dem Titel Die Morde des Herrn ABC (The Alphabet Murders) 1965 mit Tony Randall als Hercule Poirot und Anita Ekberg für das Kino verfilmt. Das Drehbuch entspricht jedoch nur noch in den Hauptmotiven, nicht jedoch bei den meisten Personen, Orten und der Handlung der literarischen Vorlage und wurde mit slapstickartigen Einlagen versehen. Auch die Personen Poirot, Hastings und Japp werden charakterlich völlig verändert. Margaret Rutherford und Stringer Davis haben einen Cameo-Auftritt in ihren Rollen aus den Miss-Marple-Verfilmungen.

Im Rahmen der Fernsehserie Agatha Christie’s Poirot verfilmte man den Stoff mit geringfügigen Abstrichen (Details, Charaktere) mit David Suchet in der Hauptrolle neu. Die erste Ausstrahlung war am 5. Januar 1992 als erste Folge der vierten Staffel.

Hörbücher

  • 2003 Die Morde des Herrn ABC. 3 CDs. Gelesen von Rainer Bock. Regie: Caroline Neven du Mont. Gekürzte Fassung von Angela Thomae. Aus dem Englischen von Renate Weitbrecht: Der Hörverlag München[4]
  • 2006 Die Morde des Herrn ABC. 6 CDs. Einzige ungekürzte Lesung. Sprecher: Martin Maria Schwarz. Regie: Hans Eckhardt: Verleger Marburg/Lahn: Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. American Tribute to Agatha Christie
  2. a b Deutsche Erstausgabe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  3. a b Neuübersetzung im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  4. Hörbuch (gek.) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  5. Hörbuch (vollst.) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek