Ethnologe

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Der amerika­nische Ethno­loge Martín von Hilde­brand auf dem Welt­wirt­schafts­forum in Davos 2011
Die kubanisch-ameri­kani­sche Anthro­polo­gin Ruth Behar auf dem Jahres­tref­fen der Ameri­can Anthro­polo­gical Asso­cia­tion in San Francisco 2012

Ethnologen (Völkerkundler) betreiben systematische und auch geschichtliche Sozial- und Kulturwissenschaft bei ethnischen Gruppen und indigenen Völkern, wobei unter Kultur die Gesamtheit der Lebensweisen einer Ethnie verstanden wird: ihre wirtschaftliche, soziale und politische Organisation, ihre Religion, Rechtsvorstellungen, Medizinkunde, Musik und sonstigen kulturellen Ausdrucksformen.

Die Berufs- und Tätigkeitsbezeichnung für Ethnologen ist nicht einheitlich, so wurden sie früher auch Ethnographen genannt („Völkerbeschreiber“). International üblich ist die Bezeichnung als Sozialanthropologen oder verallgemeinernd als Anthropologen. In den USA werden sie als Kulturanthropologen bezeichnet, worunter in Europa wiederum Volkskundler verstanden werden (Europäische Ethnologie).

Lange befassten sich Ethnologinnen und Ethnologen nur mit außereuropäischen, vorindustriellen Völkern. Mittlerweile hat sich das Arbeitsfeld der Ethnologie allgemein erweitert auf „interkulturelle Kommunikation“ zwischen sozialen Gruppen, auch in modernen Industriegesellschaften, in städtischen Räumen oder in Zusammenhang mit Migration. Ethnologische Forschung und Tätigkeit sind heute weder auf Gegenwart oder Vergangenheit, noch auf bestimmte Gebiete der Welt beschränkt (siehe Liste regionaler Ethnologie).

Tätigkeitsbereiche

Für Ethnologen, die keine Feldforschung bei anderen Kulturen betreiben, bieten sich vor allem folgende Arbeitsmöglichkeiten:[1] [2]

Ausbildung

Die Ethnologie wird seit Ende des 19. Jahrhunderts als eigenständiges Fach an Universitäten gelehrt, zunächst in Deutschland als Völkerkunde, dann in Großbritannien als social anthropology und schließlich in den USA als cultural anthropology. Im angelsächsischen Sprachraum gilt sie als Teilgebiet der Anthropologie – im kontinentalen Europa wird diese eher als eine Naturwissenschaft (physische Anthropologie) und als Teilbereich ethnologischer Feldforschung verstanden.

Die Ausbildung zum Ethnologen bieten viele Hochschulen an, in unterschiedlichen Bereichen und mit verschiedenen Bezeichnungen, zumeist mit einem Abschluss als Bachelor (3 Jahre) oder Master (4 Jahre). Zum Studium gehören in der Regel auch praxisorientierte Studienteile (Praktika), oft wird als Abschlussarbeit eine Feldforschung in einer anderen Kultur erwartet. Inhalte der Ausbildung sind vor allem:

  • Ausprägungen und Heterogenität kultureller Formen
  • Strukturen menschlicher Gesellschaften
  • historische Bedingtheit sozialer und kultureller Phänomene
  • Produkte kulturellen Schaffens: Kunst und Medien
  • Beziehungen zwischen Kulturen
  • kultureller und sozialer Wandel
  • Geschichte, Theorien und Methoden des Fachs

Deutschland

Die Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde (Universität Mainz) listet 2014 folgende Studiengänge:[3]

  1. Universität Bayreuth: Ethnologie (Bachelor/Master) · Kultur und Gesellschaft Afrikas (Bachelor/Master) · Kultur- und Sozialanthropologie (Master)
  2. Freie Universität Berlin: Sozial- und Kulturanthropologie (Bachelor/Master) · Visual and Media Anthropology (Master) · Interdisziplinäre Lateinamerikastudien (Master)
  3. Ruhr-Universität Bochum: Sozialwissenschaft (Bachelor/Master) · Kultur, Individuum und Gesellschaft (Bachelor)
  4. Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn: Lateinamerika- und Altamerikastudien (Bachelor) · Altamerikanistik und Ethnologie (Bachelor/Master) · Kulturstudien zu Lateinamerika / Estudios Culturales de América Latina (Master)
  5. Universität Bremen: Kulturwissenschaft (Bachelor) · Transkulturelle Studien (Master)
  6. Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder): Vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie (Bachelor/Master)
  7. Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main: Ethnologie (Bachelor / Master ab Winter 2014)
  8. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Ethnologie (Bachelor/Master)
  9. Georg-August-Universität Göttingen: Ethnologie (Bachelor/Master)
  10. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: Ethnologie (Bachelor/Master)
  11. Universität Hamburg: Ethnologie (Bachelor/Master)
  12. Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Ethnologie (Bachelor/Master) · Health and Society in South Asia (Master) · Transcultural Studies (Master) · Südasienstudien (Bachelor/Master) · Geschichte Südasiens (Bachelor) · Kultur- und Religionsgeschichte Südasiens (Bachelor/Master) · Health and Society in South Asia (Master)
  13. Universität Koblenz-Landau: Kulturwissenschaft (Bachelor/Master)
  14. Universität zu Köln: Ethnologie (Bachelor/Master) · Culture and Environment in Africa (Master) · Interkulturelle Kommunikation und Bildung (Master)
  15. Universität Konstanz, Lehrstuhl für Ethnologie und Kulturanthropologie: Soziologie (Bachelor/Master)
  16. Universität Leipzig: Ethnologie (Bachelor/Master)
  17. Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Ethnologie (Bachelor/Master)
  18. Philipps-Universität Marburg: Vergleichende Kultur- und Religionswissenschaft (Bachelor) · Kultur- und Sozialanthropologie (Master)
  19. Ludwig-Maximilians-Universität München: Ethnologie (Bachelor/Master)
  20. Westfälische Wilhelms-Universität Münster: Kultur- und Sozialanthropologie (Bachelor) · Social Anthropology (Master)
  21. Universität Trier: Soziologie (Bachelor) · Sozialwissenschaften (Bachelor)
  22. Eberhard Karls Universität Tübingen: Ethnologie (Bachelor/Master) · Social and Cultural Anthropology (Master)

Österreich

Nur die Wiener Universität bietet einen Studiengang:

Schweiz

Das Schweizerische Dienstleistungszentrum Berufsbildung (SDBB) listet 2014 folgende Studiengänge:[4][3]

  1. Universität Basel: Ethnologie (Bachelor/Master) · African Studies (Master)
  2. Universität Bern: Sozialanthropologie (Bachelor/Master) · Anthropologie des Transnationalismus und des Staates (Master)
  3. Universität Freiburg: Gesellschafts-, Kultur- und Religionswissenschaften (Bachelor)
  4. Universität Genf: Études du développement (Master)
  5. Universität Luzern: Ethnologie (Bachelor/Master)
  6. Universität Neuenburg: Ethnologie (Bachelor) · Ethnologie und Biologie (Bachelor) · Sciences humaines et sociales, orientation anthropologie (Master)
  7. Universität Zürich: Ethnologie (Bachelor/Master)

Siehe auch

Portal: Ethnologie – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Ethnologie

Literatur

Neueste zuerst:

  • Bierschenk, Thomas, Matthias Krings, and Carola Lentz, Hrsg. 2013. Ethnologie im 21. Jahrhundert. Berlin: Reimer.
  • Janna Lena Degener: Berufsfelder: Was Ethnologen leisten können. In: arbeitsmarkt Bildung, Kultur, Sozialwesen. Nr. 10, Wissenschaftsladen Bonn, 2010 (PDF-Datei; 1,4 MB; 6 Seiten auf wila-arbeitsmarkt.de).
  • Ingrid Thurner: Bereist. Beforscht. Wissenschaftstourismus als Ethnotourismus. In: Claudia Trupp, Alexander Trupp (Hrsg.): Ethnotourismus – Interkulturelle Begegnung auf Augenhöhe? Mandelbaum, Wien 2009, S. 156–171.
  • Vorstand Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde (DGV): Stellungnahme zur Ethik in der Ethnologie. In: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde e. V. Nr. 37, Februar 2007, S. 44–48 (PDF-Datei; 674 kB; 106 Seiten).
  • Ursula Bertels u. a. (Hrsg.): Ethnologie in der Schule. Eine Studie zur Vermittlung interkultureller Kompetenz. Waxmann, Münster u. a. 2004, ISBN 3-8309-1338-9.
  • Gertraud Seiser: Chancen und Möglichkeiten von AbsolventInnen der sozial- und kulturwissenschaftlichen Studienrichtungen am Arbeitsmarkt – am Beispiel der Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie. In: ibw-Mitteilungen. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, Wien Januar 2004 (PDF-Datei; 69 kB; 8 Seiten auf ibw.at).
  • Gertraud Seiser u. a. (Hrsg.): Explorationen ethnologischer Berufsfelder. Chancen und Risiken für Universitätsabsolventinnen (= Wiener Beiträge zur Ethnologie und Anthropologie. Band 13). WUV, Wien 2003, ISBN 3-85114-722-7.
  • Judith Schlehe: Ethnologie des Tourismus. Zur Entgrenzung von Feldforschung und Reise. In: Peripherie. Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt. Band 89, Nr. 23, 2003, S. 31–47.
  • Helga Diel-Khalil, Klaus Götz: Ethnologie und Organisationsentwicklung (= Managementkonzepte. Band 3). 2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Hampp, Mering 1999, ISBN 3-87988-415-3 (Besprechung).
  • Maike Wischmann: Angewandte Ethnologie und Unternehmen. Die praxisorientierte ethnologische Forschung zu Unternehmenskulturen (= Interethnische Beziehungen und Kulturwandel. Band 36). Lit, Hamburg 1999, ISBN 3-8258-4258-4 (Magisterarbeit 1998; Besprechung).
  • Malcolm Crick: The Anthropologist as Tourist. An Identity in Question. In: Marie-Francoise Lanfant, John B. Allcock, Edward M. Bruner (Hrsg.): International Tourism. Identity and Change (= Sage Studies in International Sociology. Band 47). Sage, London u. a. 1995, S. 205 ff. (englisch).
  • Michael Harkin: Modernist Anthropology and Tourism of the Authentic. In: Annals of Tourism Research. Band 22, Nr. 3, 1995 (englisch).

Weblinks

Commons: Ethnologen (Ethnologists) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Berufsberatung: Berufsfunktionen und Weiterbildungsberufe: Ethnologe/Ethnologin. Schweizerisches Dienstleistungszentrum Berufsbildung (SDBB), 2014, abgerufen am 5. Juni 2014.
  2. Barthel, Janine, und Thomas Bierschenk. 2013, 2. Auflage 2015. Ethnologie und außerakademische Praxis. Eine Bibliographie der deutschsprachigen Literatur, Arbeitspapiere des Instituts für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nr. 142, zweite Auflage 163. Mainz: Ifeas [1].
  3. a b Übersicht mit Weblink zu jedem Institut in D-A-CH: Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde: Ethnologische Studiengänge in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In: dgv-net.de. Universität Mainz, abgerufen am 5. Juni 2014.
  4. Berufsberatung: Ethnologie/Sozialanthropologie: Studium. Schweizerisches Dienstleistungszentrum Berufsbildung (SDBB), 2014, abgerufen am 5. Juni 2014.