Günther Beckstein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Juli 2010 um 01:03 Uhr durch Noebse (Diskussion | Beiträge) (→‎Politische Positionen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Günther Beckstein im Juni 2007

Günther Beckstein (* 23. November 1943 in Hersbruck) ist ein deutscher Politiker (CSU). Von 1993 bis 2007 war Beckstein bayerischer Staatsminister des Innern unter Edmund Stoiber sowie von 2007 bis 2008 bayerischer Ministerpräsident.

Leben

Ausbildung und Beruf

Nachdem Beckstein 1962 am Willstätter-Gymnasium in Nürnberg das Abitur abgelegt hatte, studierte er an den Universitäten in Erlangen und München Jura. Von 1971 bis 1988 betrieb Beckstein eine Rechtsanwaltskanzlei. 1975 erfolgte seine Promotion in Erlangen mit der Dissertation Der Gewissenstäter im Strafrecht und Strafprozeßrecht im Fach Rechtswissenschaften.

Politische Karriere

Beckstein im Juni 2007 in Würzburg

Beckstein begann seine politische Karriere als Bezirksvorsitzender der Jungen Union Nürnberg-Fürth (1973–1978) und wurde anschließend stellvertretender Vorsitzender des CSU-Bezirksverbandes Nürnberg-Fürth-Schwabach. 1991 übernahm er dessen Vorsitz. Um sich auf das Amt des Ministerpräsidenten konzentrieren zu können, trat er 2008 nicht mehr erneut für den Vorsitz an; zu seinem Nachfolger wurde Markus Söder gewählt. 1974 wurde Beckstein in den Bayerischen Landtag gewählt, dem er seither ununterbrochen angehört.

Bei den Nürnberger Oberbürgermeisterwahlen 1987 trat Beckstein als Kandidat der CSU an, musste sich in der Stichwahl am 8. November aber dem SPD-Kandidaten Peter Schönlein geschlagen geben.

Von Juli bis Oktober 1988 war Beckstein stellvertretender Vorsitzender der CSU-Fraktion und wechselte am 19. Oktober 1988 als Staatssekretär in das Bayerische Staatsministerium des Innern. Bis 1992 nahm er ebenfalls das Amt des Landesvorsitzenden des CSU-Arbeiterkreises Polizei wahr, für welches er 1980 bestimmt worden war. Als Edmund Stoiber am 17. Juni 1993 zum Bayerischen Ministerpräsidenten gewählt wurde, berief er Beckstein als Innenminister in sein Kabinett. Nach dem Rücktritt von Barbara Stamm ernannte ihn Edmund Stoiber 2001 zum Stellvertretenden Ministerpräsidenten. Nach der Bundestagswahl 2005 gehörte er kurzzeitig bis zum 23. November 2005 dem 16. Deutschen Bundestag an und galt neben Erwin Huber als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Ministerpräsident Stoiber, der ein Ministeramt in Berlin anstrebte. Die Personalfrage sollte im November durch eine Kampfabstimmung in der CSU-Fraktion entschieden werden. Durch die Rückkehr Stoibers in die Landespolitik kam es jedoch nie zu einer solchen Abstimmung. Im Dezember 2006 erklärte er schließlich sogar, dass für ihn der Traum vom Amt des Ministerpräsidenten „abgehakt“ sei.[1]

Nachdem am 18. Januar 2007 Ministerpräsident Edmund Stoiber angekündigt hatte sein Amt im Herbst 2007 niederzulegen, verständigte sich die Landtagsfraktion der CSU im Juni 2007 auf Beckstein als Nachfolger. Am 9. Oktober 2007 wurde er mit 122 von 178 abgegebenen Stimmen vom Bayerischen Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt.

Seine erste offizielle Auslandsreise als Ministerpräsident führte den protestantischen Christen am 26. Oktober 2007 nach Rom zu Papst Benedikt XVI.[2]

Infolge des Abschneidens der CSU bei der bayerischen Landtagswahl 2008, bei der sie das schlechteste Wahlergebnis seit 1954 geholt hat, erklärte Beckstein am 1. Oktober 2008, für die spätestens am 27. Oktober 2008 fällige Neuwahl des Ministerpräsidenten durch den Landtag nicht mehr zu kandidieren.[3] Er vertritt den Stimmkreis Nürnberg-Nord (Mittelfranken) im Landtag.

Familie

Günther Beckstein ist seit 1973 verheiratet und hat drei Kinder, mit seiner Frau Marga lebt er in Nürnberg-Langwasser. Er ist evangelisch-lutherischer Konfession. Beckstein ist Mitglied der nicht schlagenden und nicht farbentragenden Akademisch-Musikalischen Verbindung Fridericiana Erlangen.

Politische Positionen

Beckstein war auf Bundesebene bekannter als andere bayerische Staatsminister oder Innenminister anderer Bundesländer. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass er nach dem Regierungsantritt von Rot-Grün auf Bundesebene 1998 eine sehr harte Oppositionspolitik führte und der SPD Fahrlässigkeit in der Terrorismusbekämpfung sowie der Wahrung der inneren Sicherheit vorwarf.[4] Trotzdem hatte Beckstein ähnliche Ziele und Vorstellungen wie der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und wurde daher teilweise als „schwarzer Zwilling Schilys“ bezeichnet.[5] So setzte er sich gemeinsam mit Otto Schily für ein Verbot der NPD ein. [6] [7] Beckstein stand allerdings für noch härtere Vorgehensmaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und der Ausländerpolitik.[8]

Ausländerrecht

Einige Kritiker werfen Günther Beckstein wegen der restriktiven Abschiebungspraxis Ausländerfeindlichkeit vor und befürchten den Abbau von Grund- und Bürgerrechten. Nach Meinung seiner Anhänger hat Beckstein als Innenminister Bayerns jedoch Erfolge vorzuweisen, die durch die günstigen Kriminalstatistiken begründet seien. [9]

Zur Terrorismusabwehr fordert Beckstein eine viel schärfere Zuwanderungspolitik, die es der Regierung ermöglichen soll, hier lebende oder einreisende Ausländer bereits bei Verdacht auf Terrorgefahr sofort abzuschieben. Auch befürwortet er eine starke Verminderung der Zuwanderung. [10] Am 6. September 2007 forderte Beckstein in der Debatte um Online-Durchsuchungen, sogenannte Topgefährder in kleinen, gut zu überwachenden Kommunen zu internieren.[11]

Innere Sicherheit

Um allgemein die innere Sicherheit zu bewahren, ist Beckstein für ein vermehrtes Nutzen der Videoüberwachung, der Biometrie und der Genanalyse bei Straftätern. Bei der FDP trifft Beckstein auf Widerstand, beispielsweise beim Einsatz der Bundeswehr im Innern. Bei geringfügigeren Straftaten und sogenannten Bagatelldelikten wie Vandalismus (Graffiti) oder Ladendiebstahl tritt Beckstein ebenfalls für höhere Strafen ein.

Suchtstoffe

Hinsichtlich alkoholisierten Autofahrens wurde Becksteins uneindeutige Haltung kritisiert. So äußerte er während des Wahlkampfs für die Landtagswahl in Bayern 2008 bei einer Festzeltrede, dass Autofahren nach dem Genuss von zwei Maßen Bier in sechs, sieben Stunden noch akzeptabel sei. Nach massiver Kritik an seiner Äußerung trat er daraufhin für vollständige Abstinenz beim Autofahren ein.[12]

Neue Medien

Beckstein verfolgt eine äußerst harte Linie gegenüber gewalthaltigen Computerspielen, die er u. a. als Auslöser von Gewalttaten wie Amokläufen betrachtet.

Am 27. April 2007 erklärte Beckstein: „Von den Amokläufen von Erfurt bis Emsdetten zieht sich die blutige Spur der durch den Konsum solcher Computerspiele ausgelösten Gewalt“.[13]

Besonders bekannt wurde in diesem Zusammenhang der von Beckstein mitgeprägte Begriff „Killerspiele“. Am 21. November 2006 wurde er auf der Webseite der ARD-Tagesschau mit folgenden Worten zitiert: „Killer-Spiele sollten in der Größenordnung von Kinderpornographie eingeordnet werden, damit es spürbare Strafen gibt.“ Das Hamburger Abendblatt zitierte ihn am 17. Januar 2007 mit den Worten: „Man kann nicht tatenlos zusehen, wenn immer wieder Jugendliche und junge Erwachsene nach dem Konsum von Killerspielen schwerste Gewalttaten begehen.“

Im Jahr 2009 erklärte Beckstein tatsachenwidrig: „Das Spiel Counter-Strike wurde von der US-Army entwickelt, um die Gewaltschwelle bei den Soldaten herabzusetzen.“[14][15]

Gesellschaftliche Ämter

Beckstein engagiert sich neben seiner politischen Arbeit in der evangelischen Kirche und im Bereich der evangelischen Jugendarbeit. Seit 1996 ist er berufenes Mitglied der Landessynode der Evangelischen Kirche in Bayern, 2009 kandidierte er für das Amt des Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, unterlag jedoch gegen Katrin Göring-Eckardt und wurde daraufhin mit großer Mehrheit zum Vizepräses gewählt.

Beckstein ist außerdem Kuratoriumsmitglied des evangelikalen Vereins ProChrist, einem dem CVJM nahestehenden Organisator von Großevangelisationsveranstaltungen, der Deutschen Stiftung Querschnittslähmung, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände Nürnberg.

Er vertrat die Bayerische Staatsregierung im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks.

Ehrungen und Auszeichnungen

Veröffentlichungen

  • Günther Beckstein und Steffen Kern: Worauf es ankommt. Hänssler, Holzgerlingen, 2006, ISBN 3-7751-4299-1.

Weblinks

 Wikinews: Günther Beckstein – in den Nachrichten
Commons: Category:Günther Beckstein – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Günther, sei ned so wehleidig und jammer ned. Interview mit Lukas Wallraff und Max Hägler in: die tageszeitung, 26. Dezember 2006
  2. Beckstein reist zum Papst – Ökumene wohl im Blickpunkt. Münchner Merkur, 25. Oktober 2007
  3. Vgl. Beckstein wirft das Handtuch, Bayerischer Rundfunk vom 1. Oktober 2008.
  4. http://www.handelsblatt.com/archiv/beckstein-kritisiert-schilys-anti-terror-plaene;796746
  5. http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=me&dig=2002%2F08%2F10%2Fa0132&cHash=d708a45c36
  6. http://www.rp-online.de/politik/NPD-Verbot-Schily-setzt-auf-Fortsetzung_aid_268217.html
  7. http://www.merkur-online.de/nachrichten/politik/kampf-gegen-rechts-streitfall-152432.html
  8. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,343521,00.html
  9. http://www.focus.de/politik/deutschland/kriminalstatistik-gluecklicher-sueden_aid_162624.html
  10. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,214078,00.html
  11. SPD will letztes Gespräch über verdeckte Online-Durchsuchungen führen. heise.de, 6. September 2007
  12. Beckstein rät nach Bierpatzer zur Abstinenz. Der Spiegel, 17. September 2008, abgerufen am 29. Januar 2010.
  13. Beckstein hält an Verbot von „Killerspielen“ fest. heise.de, 27. April 2007
  14. Sebastian Wieschowski: Beckstein bringt Spielergemeinde gegen sich auf. Der Spiegel, 25. September 2009
  15. Peter Muehlbauer: Antiamerikanische Verschwörungstheorie in der CSU. Telepolis, unter heise.de, 26. September 2009, abgerufen am 19. April 2010
  16. ZOD: Verleihung des Jerusalem Award 2006