Krummstab

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Krummstab in Hieroglyphen
S38

heqa
ḥq3
Herrscher-Zepter
S39

auet
ˁwt
Hirtenstab
Bischof von Minnesota mit Krummstab

Der Krummstab (altägyptisch heqa, auet Herrscher-Zepter, Hirtenstab, ansonsten auch Abtsstab, Lituus, Baculum pastorale, Bischofsstab, Pastoralstab, Pastorale und Pedum oder Virga) ist als altägyptische Insigne bereits seit dem Alten Reich (2707–2216 v. Chr.) belegt und wurde als religiöses Herrschaftssymbol von vielen Ländern übernommen.

In der christlichen Tradition gehört der Krummstab zu den Pontifikalien und besteht aus einem Schaft und der an seinem oberen Ende anschließenden Krümme. Die Krümme besteht meist aus vergoldetem Silber oder Kupfer und ist oft künstlerisch gestaltet; der etwa 1,5 Meter lange Schaft besteht meist aus Holz. Manchmal ist in Höhe des Knaufs ein herabhängendes Tuch befestigt, der Pannisellus.

Herkunft und Geschichte

Altes Ägypten

Ägyptisches Heka-Szepter

Im Alten Ägypten war der Krummstab das Herrschaftszeichen verschiedener Könige (Pharaonen) und Gottheiten, beispielsweise von Min, Osiris und dem Horuskind. Er symbolisierte zugleich die Wiedergeburt und Regeneration.[1]

Im altägyptischen Totenbuch gehörte der Krumm- beziehungsweise Hirtenstab zum Ausrüstungsgegenstand von Osiris in seiner Funktion als Richter über die Toten. Mit dem Hirtenstab besaß Osiris die Macht, über den Eintritt in das Jenseits zu entscheiden und der Ba-Seele zur täglichen Wiedergeburt zu verhelfen. Außerdem konnte der Krummstab als Werkzeug zum Heranziehen von Tieren benutzt werden. Damit bildete der altägyptische Hirtenstab die Vorlage, die im Bischofsstab fortlebte.[2]

Weitere Entwicklung

Abt Wilhelm von Hirsau († 1091) mit Krummstab

Kaiser Konstantin erteilte im 4. Jahrhundert den Bischöfen durch das privilegium fori die Erlaubnis, als Zeichen geistlicher und weltlicher Rechtsprechung einen dem Augurenstab ähnlichen Stab zu tragen.

Zu den ersten Erwähnungen zählt der Hirtenstab, den der Erzbischof von Canterbury dem Abt Theodor von Canterbury verlieh. Erstmals bezeugt wurde der Amtsstab um das Jahr 600 bei der Weihe des Heiligen Kolumban von Luxeuil. Der eigentliche Krummstab verbreitete sich in seinem Gebrauch vor allem bei kirchlichen Würdenträgern im 7. Jahrhundert in Spanien und Frankreich, außerhalb der Liturgie als Symbol der Gerichtsbarkeit.

In Þingvellir auf Island wurde ein Tau-Kreuz-artiger doppelseitig eingerollter Bischofsstab gefunden.

Ring und Stab – Investiturstreit

Die Frage, wem das Recht zustand, Prälaten Ring und Stab zu verleihen, prägte den Investiturstreit. Im Wormser Konkordat akzeptierte Kaiser Heinrich V. den Anspruch des Papstes auf das Recht der Investitur und verzichtete auf die Investitur mit Ring und Stab.

Im Gegenzug räumte Papst Calixt II. ein, dass die Wahl der deutschen Bischöfe und Äbte in Gegenwart kaiserlicher Abgeordneter verhandelt, der Gewählte aber mit den Regalien, die mit seinem geistlichen Amt verbunden waren, vom Kaiser durch das Zepter belehnt werden solle. Während im deutschen Teil des Kaiserreichs die Verleihung der Regalien durch den Kaiser vor der Weihe vorgesehen war, erfolgte in Italien und Burgund zunächst die Verleihung von Ring und Stab, wodurch der Einfluss des Kaisers auf die Einsetzung von Bischöfen praktisch verloren ging.

Karl Kardinal Lehmann (* 1936), Bischof von Mainz, mit modernem Krummstab und Mitra
Bischof Busso von Havelberg mit Krummstab in der Hand, auf dem Wappen und als Schildzier

Heutiger Gebrauch

Heute ist er in der katholischen Kirche Würdenträgern mit eigenem Jurisdiktionsbereich vorbehalten. Dazu gehören insbesondere Bischöfe und Äbte, seltener auch andere Prälaten. Früher galt, dass der Inhaber im eigenen Territorium den Stab so hält, dass die Krümmung nach außen zeigt, so dass sie wie eine Peitsche ausschlagen kann. Auf „fremdem“ Gebiet so, dass die Krümmung zu ihm hinzeigt. Weihbischöfe verwendeten den Stab mangels eigener Leitungsgewalt stets in der letztgenannten Weise. Dies wird mancherorts – etwa im Erzbistum Paderborn – weiterhin praktiziert, widerspricht jedoch dem erneuerten Zeremoniale für die Bischöfe, welches die erstgenannte Form der Verwendung für sämtliche Bischöfe (unabhängig von ihrer Jurisdiktion am Ort der Pontifikalhandlung) vorsieht. Nehmen mehrere Bischöfe oder Geistliche mit dem Recht der Pontifikalien an einer liturgischen Feier teil, trägt in der Regel nur der Vorsteher der Feier den Hirtenstab. Der Papst trägt keinen Krummstab, sondern einen Kreuzstab, die Ferula.

Auch die Bischöfe der altkatholischen, orthodoxen und anglikanischen Kirche sowie einiger lutherischer Kirchen außerhalb Deutschlands gebrauchen einen Bischofsstab.

Heraldik

In der Heraldik findet der Krummstab in zweierlei Weise Verwendung:

  • Der Stab kann auf dem Wappenschild selbst als Gemeine Figur verwendet werden; hier bezeichnet er dann oft den (ehemaligen) Herrschaftsbereich eines Bischofs oder Prälaten, z. B. ein Hochstift. Bekanntes Beispiel ist der Baselstab.
  • Traditionell schmückten Mitra und Krummstab (bei Fürstbischöfen auch das Schwert) als Wappenzier das Wappen von Bischöfen und Äbten. Die Verwendung der Mitra zur Timbrierung (Wappenzusatz) des Wappens wurde 1969 von Papst Paul VI. abgeschafft. Seither wird nur mehr bei den Wappen der „geweihten“ Äbte und Äbtissinnen noch der Hirtenstab hinter den Wappenschild gestellt. Bei den Äbten zumeist unter dem Prälatenhut.
  • Anhand der Stellung der Schnecke des Stabes auf Bildnissen lässt sich die Funktion des Trägers erkennen. Zeigt die Schnecke nach außen (siehe Bild) handelt es sich um einen Bischof, zeigt sie nach innen handelt es sich um einen Abt. Dieses rührt daher, dass der Bischof nach außen in die Welt und der Abt nach innen in die Kirche wirkt.
  • Am Pedum kann ein breites Band mit einem Ring befestigt sein. Diese lange Schleife, mit kirchlichen Symbolen bestickt und häufig auch mit Fransen, wird Pannisellus oder Sudariolum genannt. Dies deutet auf einen Abt hin, der früher – anders als ein Bischof – keine Pontifikalhandschuhe trug und daher den Stab zu dessen Schonung mit einem Schweißtuch anfasste.
  • Die Ausrichtung der Schnecke ist heraldisch rechts, Abweichungen müssen gemeldet werden.

Unterm Krummstab ist gut leben

Das Sprichwort „Unterm Krummstab ist gut leben“ entstand, weil in den geistlichen Territorien die bäuerlichen Untertanen in der Regel mehr Rechtssicherheit und bessere Lebensbedingungen hatten; so gab es hier keine Großgrundbesitzer und keine Leibeigenschaft. Außerdem gab es dort mehr Feiertage als in den weltlichen Gebieten.

Sonstiges

Nach der alten französischen Bezeichnung für den Bischofsstab (la crosse) wurde im 17. Jahrhundert das indianische Spiel „Baggataway“ (oder auch „Tewaraathon“) bezeichnet und ist seitdem unter diesem Namen bekannt: Lacrosse.

Siehe auch

Literatur

  • Romuald Bauerreis: Abtstab und Bischofsstab. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige. 68, 1957, ISSN 0303-4224, S. 215–226.
  • Joseph Braun SJ: Bischofsstab (und Abtsstab). In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte. Band 2: Bauer – Buchmalerei. Druckenmüller, Stuttgart 1948, S. 792.
  • Friedrich Focke: Szepter und Krummstab. Eine symbolgeschichtliche Untersuchung. In: Wilhelm Tack (Hrsg.): Festgabe für Alois Fuchs zum 70. Geburtstage am 19. Juni 1947. Schöningh, Paderborn 1950, S. 337–387.
  • Sandra Sandri: Har-Pa-Chered (Harpokrates). Die Genese eines ägyptischen Götterkindes (= Orientalia Lovaniensia analecta. 151). Peeters, Leuven u. a. 2006, ISBN 90-429-1761-X (Zugleich: Mainz, Universität, Dissertation, 2004).
  • Adolf Leopold von Wolfskron: Der Bischofsstab, dessen liturgisch-symbolische Bedeutung und allmähliche Entwicklung seiner Gestalt. In: Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale. Bd. 2, Nr. 10, 1857, ZDB-ID 220003-x, S. 256–262.

Weblinks

Commons: Krummstab – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Krummstab in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Bischofsstab – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Sandra Sandri: Har-Pa-Chered (Harpokrates). 2006, S. 118.
  2. Simone Michel: Die Magischen Gemmen. Zu Bildern und Zauberformeln auf geschnittenen Steinen der Antike und Neuzeit (= Studien aus dem Warburg-Haus. 7). Akademie-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-05-003849-7, S. 35.
  3. Aus § 2 Abs. 1 der Hauptsatzung des Landkreises Cuxhaven vom 11. Dezember 1996 in der Fassung der Vierten Änderungssatzung vom 24. Februar 2004, abgelesen unter http://www.landkreis-cuxhaven.de/media/custom/578_2895_1.PDF?La=1&object=med%7C578.2895.1 am 9. Mai 2009.