Propaganda

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Oktober 2016 um 19:59 Uhr durch Xqbot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Formatiere ISBN; kosmetische Änderungen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Blumen für die DDR-Grenzsoldaten an der Berliner Mauer

Propaganda (von lateinisch propagare ‚weiter ausbreiten, ausbreiten, verbreiten‘) bezeichnet einen absichtlichen und systematischen Versuch, öffentliche Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und Verhalten zum Zwecke der Erzeugung einer vom Propagandisten oder Herrscher erwünschten Reaktion zu steuern.[1] Dies im Gegensatz zu Sichtweisen, welche durch Erfahrungen und Beobachtungen geformt werden. Der Begriff „Propaganda“ wird vor allem in politischen Zusammenhängen benutzt; in wirtschaftlichen spricht man eher von „Werbung“, in religiösen von „Missionierung“. Entscheidend ist dabei die geschickte Auswahl und gegebenenfalls die Manipulation der Nachricht und nicht ihr Wahrheitscharakter. Durch die Monopolisierung der Propaganda in diktatorischen Regimen, insbesondere des Nationalsozialismus und Stalinismus, erhielt der Terminus einen stark pejorativen (abwertenden) Charakter. Als Folge verwendet z. B. keine der demokratischen Parteien der Bundesrepublik Deutschland für ihre Werbemaßnahmen die Bezeichnung Propaganda.[2] Auf Grund seiner negativen Konnotation ist der Begriff Propaganda weitgehend dem der Öffentlichkeitsarbeit (oder dem englischen Public Relations) gewichen.[3]

Kriegspropaganda ist gemäß dem von 168 Staaten ratifizierten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 20, seit 1976 verboten:[4]

Wortgeschichte

Der Begriff leitet sich vom lateinischen Namen einer päpstlichen Behörde ab, der 1622 von Gregor XV. im Zuge der Gegenreformation ins Leben gerufenen Sacra congregatio de propaganda fide, zu deutsch etwa „Heilige Kongregation für die Verbreitung des Glaubens“, heute offiziell „Kongregation für die Evangelisierung der Völker.“ Noch im 17. Jahrhundert bürgerte sich die Kurzform propaganda – eigentlich die Gerundivform von lat. propagare, „verbreiten, ausdehnen“ – als Name für diese Missionsgesellschaft ein, deren Zweck es war, dem Protestantismus entgegenzutreten sowie die Neue Welt zu missionieren. Etwa seit der Zeit der Französischen Revolution wird das Wort im heutigen, weltlichen Sinne gebraucht, also als Bezeichnung für die Verbreitung politischer Ideen. So formierte sich 1790 in Paris der Club de la propagande, eine Geheimgesellschaft der Jakobiner zur Verbreitung revolutionärer Ideen. In dieser Bedeutung findet sich der Begriff heute in vielen weiteren Sprachen.[5]

Ausgewählte Beispiele

Propaganda im Ersten Weltkrieg

→ Hauptartikel: Propaganda im Ersten Weltkrieg

Gezielte und organisierte Kriegspropaganda wurde von allen kriegführenden Mächten betrieben,[6] im deutschen Kaiserreich dabei stark von der Obersten Heeresleitung, in Großbritannien vom War Propaganda Bureau und in Frankreich vom Maison de la Presse.

Zum Beispiel spielten bei der psychologischen Kriegführung sogenannte Maueranschläge eine wichtige Rolle, sowohl bei den Mittelmächten als auch bei der Entente und ihren Alliierten. So beteiligten sich in Deutschland zahlreiche Künstler, u. a. Walter Trier, Louis Oppenheim und Paul Brockmüller, an der Gestaltung zahlreicher Plakate.

Propaganda im Zweiten Weltkrieg

US-amerikanisches Anti-Deutschland/Japan-Plakat

In den kriegführenden Ländern wurde Propaganda gegen die Kriegsgegner gemacht. Vor allem die Erfindung des Films führte zu einer großen Anzahl von Propagandafilmen.

Propaganda in der Zeit des Nationalsozialismus

→ Hauptartikel: NS-Propaganda

Adolf Hitler und sein Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels gaben in der Zeit des Nationalsozialismus der Propaganda eine totalitäre und dominante Bedeutung und nutzten dazu vor allem die Presse, den Rundfunk, sämtliche Medien der Künste und symbolisch markant aufgezogene Massenveranstaltungen.

Agitation und Propaganda (Agitprop)

→ Hauptartikel: Agitprop

Lenin verstand unter Propaganda die allgemeine Überzeugungsarbeit von Kommunisten, im Unterschied zur Agitation, die ein „Appell an die Massen zu bestimmten konkreten Aktionen“ sei.[7] Besonders in den Anfangszeiten der Sowjetunion war die Agitprop durch moderne Kunstrichtungen (den Futurismus) beeinflusst.

Propaganda in der DDR

DDR-Propagandaplakat Dresden, Oktober 1985

Agitprop war ein wichtiges Mittel der Herrschaftssicherung in der Deutschen Demokratischen Republik. Ihr Ziel bestand u. a. in der Diskreditierung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie richtete sich allgemein gegen Kapitalismus und „westlichen Imperialismus“. Da alle Medien vom Staat zensiert und gesteuert wurden, war dessen Propaganda allgegenwärtig. Als permanente politisch-ideologische Indoktrination wurde sie bereits in den staatlichen Kindergärten praktiziert und im Schulunterricht (Staatsbürgerkunde) fortgesetzt.[8][9] Massenorganisationen wie Junge Pioniere, FDJ, FDGB und andere waren integraler Bestandteil des staatlichen Propagandaapparates. Das Eindringen mittels Propaganda in Familien, die Unterdrückung der Opposition und die versuchte Einflussnahme auf die gesamte Gesellschaft sind typische Kennzeichen einer totalitären Herrschaft.

Ein wichtiges Element der DDR-Propaganda war die Fernsehsendung „Der schwarze Kanal“.[10][11][12] Propagandamethoden waren ein fester Ausbildungsbestandteil für Kader, so z. B. im „Roten Kloster“, der Fakultät für Journalistik in Leipzig, einem Ausbildungsinstitut des Zentralkomitees der SED.[13]

Die DDR setzte sich auch propagandistisch mit der Reform des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland auseinander und stellte eine Verbindung zur nationalsozialistischen Justiz her.[14][15]

Propaganda in der Bundesrepublik Deutschland

In der Bundesrepublik wurde Propaganda zu Zeiten des Kalten Krieges in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten und privaten Medien sowie in vielen übrigen Bereichen des täglichen Lebens eingesetzt, oft mit starker Wendung gegen die DDR.[16] Eine tragende Rolle hatte das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen und privat-rechtliche Propaganda-Organisationen wie z. B. der Volksbund für Frieden und Freiheit, aber auch einige politischen Parteien, die mit ihrer antikommunistischen Haltung Angst schürten und Wahlkampf betrieben.[17]

Neben der offenen Propaganda im alltäglichen Leben gab es auch verdeckte staatliche Aktionen, die vom Bundesministerium für Verteidigung als operative Information systematisch durchgeführt wurden.[18] Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß richtete 1958 ein Referat für Psychologische Kampfführung ein, in dem u. a. Eberhard Taubert, früherer Mitarbeiter im Reichspropagandaministerium, führend mitwirkte.

Literatur

allgemein
Kriegspropaganda
einzelne Staaten
  • Judith Barben: Spin doctors im Bundeshaus. Gefährdungen der direkten Demokratie durch Manipulation und Propaganda. Eikos, Baden (Schweiz) 2009, ISBN 978-3-033-01916-4.
  • Peter Bürger: Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood. Schmetterling, Stuttgart 2005, ISBN 3-89657-471-X.
  • Gerald Diesener, Rainer Gries (Hrsg.): Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert. Primus, Darmstadt 1996, ISBN 3-89678-014-X.
  • Dimitri Kitsikis, Propagande et pressions en politique internationale, Paris, Presses Universitaires de France, 1963, 537 pages.
  • Klaus Körner: Die rote Gefahr. Antikommunistische Propaganda in der Bundesrepublik 1950–2000. Konkret, 2002, ISBN 3-89458-215-4.
  • Johann Plenge: Deutsche Propaganda. Die Lehre von der Propaganda als praktische Gesellschaftslehre, Nachwort von Ludwig Roselius, Angelsaches-Verlag, Bremen 1922, DNB 575396539 ²1965.
  • Christian Saehrendt: Kunst als Botschafter einer künstlichen Nation. Studien zur Rolle der bildenden Kunst in der Auswärtigen Kulturpolitik der DDR. Steiner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-515-09227-2.
  • Harro Segeberg (Hrsg.): Mediale Mobilmachung. Das Dritte Reich und der Film. Fink, Paderborn 2004, ISBN 3-7705-3863-3.

Filme

  • Kinder, Kader, Kommandeure – 40 Jahre DDR Propaganda – Dokumentarfilm, 90 min. Ein Kompilationsfilm, der die Geschichte der DDR anhand ihrer eigenen Propagandafilme nacherzählt (deutsch und englisch). Trailer.

Siehe auch

Staatliche und private Formen der Propaganda

Personen des 20. Jahrhunderts

Sonstiges

Weblinks

Wiktionary: Propaganda – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Propaganda – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. So Norstedt u. a.: From the persian Gulf to Kosovo – War Journalism and Propaganda. In: European Journal of Communication 15 (2000), S. 383–404.
  2. Gerhard Strauß, Ulrike Haß-Zumkehr und Gisela Harras: Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist, de Gruyter, Berlin, 1989, S. 304.
  3. Dieter Nohlen (Hg.), Lexikon der Politik, Bd. 7, ISBN 3-406-36911-1, S. 524.
  4. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.Dezember 1966, Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland.
  5. Vorlage:DWDS
  6. Vgl. ausführlich Ferdinand Tönnies, Kritik der öffentlichen Meinung, 1922.
  7. Lenin, Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung, 1902, bes. Kapitel 3b: Die Geschichte darüber, wie Plechanow von Martynow vertieft wurde.
  8. Günther Heydemann, Die Innenpolitik der DDR, in: Enzyklopädie deutscher Geschichte, Band 66, Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-55770-X, S. 99.
  9. Henning Schluß (Hrsg.), Indoktrination als Code in der SED-Diktatur – Indoktrination und Erziehung, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2007, ISBN 978-3-531-15169-4, S. 35–47.
  10. Monika Gibas: Propaganda in der DDR. Erfurt 2000.
  11. Gerald Diesener, Rainer Gries (Hrsg.), Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert. Darmstadt 1996.
  12. Günther Heydemann, Geschichtsbild und Geschichtspropaganda in der Ära Honecker, in: Ute Daniel, Wolfram Siemann (Hrsg.), Propaganda. Meinungskampf, Verführung und politische Sinnstiftung 1789–1989, Frankfurt a.M. 1994, S. 161–171.
  13. Brigitte Klump, Das Rote Kloster. Als Zöglinge in der Kaderschmiede der Stasi. Ullstein Verlag, Frankfurt a.M. 1993, ISBN 3-548-34990-0.
  14. Bundesarchiv, B141/155531; vgl. 76. Sitzung am 16. Mai 1963
  15. Monika Gibas, Dirk Schindelbeck (Hrsg.): „Die Heimat hat sich schön gemacht…“ – 1959: Fallstudien zur deutsch-deutschen Propagandageschichte. Leipzig 1994.
  16. Vgl. Gerald Diesener, Rainer Gries (Hrsg.): Propaganda in Deutschland – Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, S. 113 ff., 235 ff.
  17. Klaus Körner: „Die rote Gefahr“. Antikommunistische Propaganda in der Bundesrepublik 1950–2000, Konkret Literatur Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-89458-215-4, S. 30 ff., 21 ff., 50 ff.
  18. Die Psychologische Kampfführung der Bundeswehr (PDF; 3,5 MB)