Schytomyr
Schytomyr | ||
Житомир | ||
Basisdaten | ||
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Oblast: | Oblast Schytomyr | |
Rajon: | Kreisfreie Stadt | |
Höhe: | 221 m | |
Fläche: | 61,0 km² | |
Einwohner: | 277.900 (1. Januar 2005) | |
Bevölkerungsdichte: | 4.556 Einwohner je km² | |
Postleitzahlen: | 10000-10499 | |
Vorwahl: | +380 412 | |
Geographische Lage: | 50° 15′ N, 28° 40′ O | |
KOATUU: | 1810100000 | |
Verwaltungsgliederung: | 2 Stadtrajone | |
Bürgermeister: | Wira Scheludschenko | |
Adresse: | майдан Рад 4/2 10014 м. Житомир | |
Statistische Informationen | ||
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Schytomyr (ukrainisch Житомир; russisch Житомир/Schitomir, polnisch Żytomierz) ist eine Stadt mit knapp 300.000 Einwohnern in der nördlichen Ukraine, 120 km westlich von Kiew und 150 km südlich der Grenze zu Weißrussland.
Bedeutung
Schytomyr ist Verwaltungssitz des gleichnamigen politischen Bezirks Oblast Schytomyr. Die Stadt liegt in einer welligen Landschaft am Fluss Teteriw, der in den Dnepr mündet. Sie ist Verkehrsknotenpunkt, Industriezentrum und kultureller Mittelpunkt mit Hochschulen, Theater und Museen. Die Stadt gliedert sich in die zwei Stadtrajone Rajon Bohunyja und Rajon Koroljowsk.
In Schytomyr weilte der große ukrainische Dichter, Schriftsteller und Streiter für Gerechtigkeit Taras Schewtschenko (1814–1861), lebte und arbeitete der Klassiker der ukrainischen Literatur Mychajlo Kozjubynskyj, wurde der russische Schriftsteller Wladimir Galaktionowitsch Korolenko (1853–1921) geboren und erlebte dortselbst seine Kindheit.
Schytomyr ist die Geburtsstadt eines Beteiligten der Pariser Kommune, des polnischen revolutionären Demokraten Jaroslaw Dombrowski (1836–1871), und des Chefkonstrukteurs der ersten sowjetischen Sputniks und Raumschiffe Sergei Pawlowitsch Koroljow (1907–1966). Beiden wurden dort Denkmäler errichtet. Zudem stammt der Pianist Swjatoslaw Richter sowie der Zionist und hebräische Schriftsteller Aharon David Gordon aus der Nähe von Schytomyr. Weiterhin wurden die Komponisten Juliusz Zarębski und Borys Ljatoschynskyj in Schytomyr geboren. Auch der zu seiner Zeit weltberühmte Bassist Alexander Kipnis ist ein Sohn der Stadt. In der Stadt wurde der Schachspieler Ossip Bernstein (1882–1962) geboren. Ebenfalls aus Schytomyr stammt der Auschwitz-Überlebende und bekannte Schriftsteller Tadeusz Borowski.
Lage
Verkehrsmäßig ist sie im Kreuzungspunkt je zweier Fernstraßen und zweier Bahnstrecken gut erschlossen. Alle vier Linien verlaufen annähernd nach den vier Himmelsrichtungen. Wirtschaftlich dominiert der Maschinenbau und – in agrarischer Umgebung – die Lebensmittelindustrie. In der Nähe wird vorzüglicher Marmor abgebaut.
Geschichte
Ihre Gründung geht etwa auf das 7. Jahrhundert zurück, als die eingewanderten slawischen Stämme sesshaft wurden. Die Ernennung zur Stadt, im 9. Jahrhundert, wird in altrussischen Chroniken des Jahres 1240 erwähnt. Seit dem 11. Jahrhundert gehörte die Region zum Staat der Kiewer Rus, dessen Hauptstadt Kiew war. Sie war auch von Polen und Wolhyniern bewohnt. 1320 gehörte Schytomyr zu Litauen, 1569 kam die Stadt an das vereinigte Königreich Polen-Litauen. Zu dieser Zeit siedelten sich hier zahlreiche Juden an.
Viele Kapitel der Stadtgeschichte sind mit dem Befreiungskampf der Saporoger Kosaken gegen die polnische Herrschaft verbunden. Im Jahre 1648 wurde Schytomir für einige Jahre von den Kriegern Bohdan Chmelnyzkyjs (1595–1657) eingenommen. Nach dem Verlust Kiews an das Zarenreich wurde Schytomyr zum Sitz der Woiwodschaft Kiew. 1793 kam die Stadt auf Grund der Zweiten Polnischen Teilung an das Zarenreich und wurde Hauptstadt des Wolhynischen Gouvernements. 1899 wurde die bis heute bestehende Straßenbahn Schytomyr eröffnet.
Schwere Kämpfe um Schytomyr entbrannten nach der Oktoberrevolution 1917 und im folgenden Russischen Bürgerkrieg sowie der ausländischen Intervention (1918–1921). Im Bürgerkrieg zwischen „weiß“ und „rot“ waren hier unter anderem Nikolai Alexandrowitsch Schtschors (1895–1919) und Grigori Kotowski (1881–1925) wichtige Truppenführer.
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion war Schytomyr 1941 bis 1944 als Generalbezirk Bestandteil des deutschen Reichskommissariats Ukraine und rückwärtiges Heeresgebiet. Im nördlichen Teil, durch den auch die „Nordbahn“ über Korosten nach Brest führte, war die deutsche Kontrolle aber durch Partisanenverbände erheblich beeinträchtigt. Dies galt zunehmend auch für die Südbahn über Berditschew und Schepetowka nach Kowel. 1943/44 kam es im Großraum Schytomyr zu heftigen und sehr verlustreichen Kämpfen zwischen der deutschen Wehrmacht und der letztlich siegreichen Roten Armee. An den Gefechten um Schytomyr beteiligten sich sowohl im Bürgerkrieg ab 1918 als auch während des Zweiten Weltkrieges mehr oder weniger erfolgreich Einheiten unter Befehl von Semjon Michailowitsch Budjonny (1883–1973) und Kliment Jefremowitsch Woroschilow (1881–1969). Südlich der Stadt befand sich von 1942 bis 1944 die deutsche Siedlungskolonie Hegewald.
Nach der Auflösung der Sowjetunion wurde die Region 1991 einer der 24 Bezirke (Oblast) der nun selbständigen Ukraine, deren Verwaltungs-, Kultur- und Industriezentrum die Stadt darstellt.
Juden in Schytomyr
Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es in Schytomyr eine bedeutende jüdische Gemeinde. Die Stadt war ein Zentrum der chassidischen Bewegung und gehörte im Zarenreich zum Ansiedlungsrayon. Im Jahre 1891 war über ein Drittel der Stadtbevölkerung jüdisch (24.062 Juden bei einer Gesamtbevölkerung von 69.785 Einwohnern). Zusammen mit Vilnius war dies der einzige Ort, an dem die russische Regierung ein Rabbinerseminar zur Ausbildung von Rabbinern im Staatsdienst errichten ließ. Zu den bekannten Studenten des Rabbinerseminars gehörte der Begründer des jiddischen Theaters, Abraham Goldfaden. Der Schriftsteller Mendele Moicher Sforim wohnte in Schytomir, und als Kind wuchs hier der bedeutende hebräische Dichter Chaim Nachman Bialik auf.
Am 7. und 8. Mai 1905 wurde in Schytomyr ein Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung veranstaltet und 29 Juden sowie der christliche Student Nikolaj Blinow, der den Juden zu Hilfe kommen wollte, ermordet.
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion wurde Schytomyr am 9. Juli 1941 von deutschen Truppen besetzt, unmittelbar hinter den Wehrmachtpanzern rückten drei Lastwagen der SS-Einsatzgruppe 4a in die Stadt ein, kurze Zeit später wurden die meisten Juden aus Schytomyr und Umgebung ermordet.[1] Diese persönliche Erfahrung war auch ausschlaggebend dafür, dass sich der österreichische Oberstleutnant im Generalstab der deutschen Wehrmacht Robert Bernardis dem militärischen Widerstand anschloss und am 20. Juli 1944 in Berlin sein Leben opferte.
Sehenswürdigkeiten
Schytomyr ist bekannt für seine Gärten, Parks und grünen Alleen, besonders für die längs der felsigen Ufer des Teteriw, an dessen Ufern sich auch das Denkmal zur Erinnerung an den Unbekannten Soldaten befindet.
Die interessantesten Zeugnisse der Baukunst der Stadt sind das einstige Magistratsgebäude aus dem 17. Jahrhundert sowie die an der Peremohy-Straße befindliche Preobraschenski-Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert. Diese ist eine ukrainisch-orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats. Die Michaelskirche an der Kyjiwska (Kiewer) Straße aus dem 19. Jahrhundert ist wiederum eine ukrainisch-orthodoxe Kirche Kiewer Patriarchats.
Schytomyr hat mehrere Museen, zu denen die Korolenko- und die Koroljow-Gedenkstätte zählen, aber auch das Kosmonautik-Museum und das Naturkundemuseum, das in einem Kirchengebäude untergebracht ist. Laut einer Infotafel am Eingang der Kirche, wurde sie im 18. Jahrhundert erbaut, ihre Architektur scheint allerdings für diese Zeit untypisch zu sein, sie erinnert eher an das 16. Jahrhundert.
Das Theater von Schytomyr erinnert an mitteleuropäische Opernhäuser.
Im Jahr 1996 wurde in Schytomyr das Denkmal für die Opfer der Tragödie im Wald von Bogunija errichtet, bei der im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangene und Bürger erschossen wurden. Es kombiniert ein 6,5 Meter hohes Granitmonument mit einer Bronzefigur des Bildhauers Josef Tabachnyk.
Während des Zweiten Weltkriegs legte die deutsche Wehrmacht südlich der Stadt auf einem 1,7 ha großem Gelände ein Soldatenfriedhof für ca. 2.700 gefallene Soldaten an. Auf dem Gräberfeld ruhen heute 3.143 Gefallene.[2]
Raumfahrtmuseum
Wirtschaft
Im 20. Jahrhundert hat sich die Stadt beträchtlich ausgedehnt und die Zahl ihrer Industriebetriebe hat sich erhöht. In Schytomyr sind Firmen des Maschinenbaus, der Textil-, Möbel- und Lebensmittelindustrie ansässig.
Die Stadt liegt in einem landwirtschaftlich genutzten Gebiet. Sie ist Verkehrsknotenpunkt der Region und Umschlagplatz für Holz und Getreide sowie Sitz eines landwirtschaftlichen Institutes.
Die Umgebung weist reiche Lagerstätten von dekorativem Gestein auf, das industriell gewonnen wird. Es werden roter, rosa und weißer Marmor, Granit und silbriger Labradorit abgebaut.
Kirchen
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Evangelische Kirche
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Ukrainisch-orthodoxe Michaelskirche
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Römisch-katholische St. Dukla-Kirche
Heutige soziale Situation
Im Dezember 2006 gründete der bisher in Moldawien tätige österreichische Jesuit Georg Sporschill das erste von 3 Betreuungshäusern für Straßenkinder. Die soziale Situation der Bevölkerung hat sich seit der Trennung von der UdSSR nicht wesentlich verbessert.
Persönlichkeiten
- Wladimir Arzichowski (1876–1931), russischer Botaniker
- Andrej Belogrud (1875–1933), russischer Architekt und Hochschullehrer
- Alexander Besymenski (1898–1973), russischer Dichter
- Jan Gamarnik (1894–1937), sowjetischer kommunistischer Aktivist und Militär
- Jewgeni Grischbowski (* 1992), russisch-deutscher Musikproduzent und DJ
- Wladimir Korolenko (1853–1921), russischer Schriftsteller polnisch-ukrainischer Herkunft
- Alex Gottlieb (1906–1988), US-amerikanischer Drehbuchautor und Filmproduzent
- Keni Liptzin, englisch-amerikanische jiddische Schauspielerin
- Julius Mowtschan, ukrainischer Journalist in Nordamerika
- Lea Nikel (1919–2005), israelische Malerin
- Oleh Olschytsch (1907–1944), ukrainischer Schriftsteller und nationalistischer Aktivist
- Mieczysław Pawlikowski (1920–1978), polnischer Schauspieler
- Theophil Richter (1872–1941), russlanddeutscher Musiker, Pädagoge und Komponist, Vater von Swjatoslaw Richter (1915–1997), der ebenfalls in der Nähe von Schytomyr geboren wurde
- Michael Rostovtzeff (1870–1952), russischer Althistoriker
- Juri Sadowenko (* 1969), russischer General
- Wjatscheslaw Schabranskyj (* 1987), ukrainischer Boxer
- Igor Schafarewitsch (* 1923), russischer Mathematiker
- Walerij Schewtschuk (* 1939), ukrainischer Schriftsteller, Übersetzer und Historiker
- Hipolit Skimborowicz (1815–1880), polnischer Autor, Journalist und Herausgeber
- Dawid Sterenberg (1881–1948), russischer Maler
- Mykola Sziborskyj (1897–1941), ukrainischer nationalistischer Aktivist
- Josef Tabachnyk (* 1947), Künstler
- Wladimir Weksler (1907–1966), russischer Physiker
Siehe auch
Weblinks
- Żytomierz. In: Filip Sulimierski, Władysław Walewski (Hrsg.): Słownik geograficzny Królestwa Polskiego i innych krajów słowiańskich. Band 14: Worowo–Żyżyn. Walewskiego, Warschau 1895, S. 901 (polnisch, edu.pl).
Einzelnachweise
- ↑ Norbert Müller: Okkupation, Raub, Vernichtung. Berlin 1980, S. 73.
- ↑ Kriegsgräberstätte Schitomir / Shitomir.