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„Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union“ – Versionsunterschied

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== Haltung der Parteien in Deutschland ==
== Haltung der Parteien in Deutschland ==


In [[Deutschland]] vertreten insbesondere die [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]] und die [[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]] die Ansicht, dass die Türkei nicht der EU beitreten, sondern den Status einer so genannten „privilegierten Partnerschaft“ annehmen solle,<ref>[http://www.welt.de/print-welt/article346579/Tuerkei_Partnerschaft_statt_EU-Mitgliedschaft.html ''Türkei: Partnerschaft statt EU-Mitgliedschaft''], [[Angela Merkel]] in der [[Die Welt|WELT]], 16. Oktober 2004</ref> wogegen die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]<ref>[http://www.welt.de/print-welt/article345915/Warum_die_Tuerkei_in_die_EU_gehoert.html ''Warum die Türkei in die EU gehört''], [[Gerhard Schröder]] in der [[Die Welt|WELT]], 13. Oktober 2004</ref> und [[Bündnis 90/Die Grünen]]<ref>[http://www.heide-ruehle.de/heide/artikel/13/doc/argumentationshilfe_eu-tuerkei_2005_website.pdf ''Gehört die Türkei nach Europa?''], Hintergrundpapier von MdEP [[Heide Rühle]], August 2005</ref> mehrheitlich den Beitritt befürworten. Auch [[Die Linke]] ist für einen Beitritt.<ref>[http://archiv2007.sozialisten.de/presse/presseerklaerungen/view_html/zid29363/bs1/n28 ''Linkspartei für EU-Beitritt der Türkei, wenn Menschenrechte eingehalten werden''], Pressemitteilung der Partei [[Die Linke]], 09. August 2005]</ref> Die Haltung der [[Freie Demokratische Partei|FDP]] zu einem Beitritt der Türkei ist nicht einheitlich.
In [[[[Deutschland]] vertreten insbesondere die [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]] <ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,521193,00.html Spiegel: CDU beschließt neues Grundsatzprogramm] </ref> und die [[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]] die Ansicht, dass die Türkei nicht der EU beitreten, sondern den Status einer so genannten „privilegierten Partnerschaft“ annehmen solle,<ref>[http://www.welt.de/print-welt/article346579/Tuerkei_Partnerschaft_statt_EU-Mitgliedschaft.html ''Türkei: Partnerschaft statt EU-Mitgliedschaft''], [[Angela Merkel]] in der [[Die Welt|WELT]], 16. Oktober 2004</ref> wogegen die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]<ref>[http://www.welt.de/print-welt/article345915/Warum_die_Tuerkei_in_die_EU_gehoert.html ''Warum die Türkei in die EU gehört''], [[Gerhard Schröder]] in der [[Die Welt|WELT]], 13. Oktober 2004</ref> und [[Bündnis 90/Die Grünen]]<ref>[http://www.heide-ruehle.de/heide/artikel/13/doc/argumentationshilfe_eu-tuerkei_2005_website.pdf ''Gehört die Türkei nach Europa?''], Hintergrundpapier von MdEP [[Heide Rühle]], August 2005</ref> mehrheitlich den Beitritt befürworten. Auch [[Die Linke]] ist für einen Beitritt.<ref>[http://archiv2007.sozialisten.de/presse/presseerklaerungen/view_html/zid29363/bs1/n28 ''Linkspartei für EU-Beitritt der Türkei, wenn Menschenrechte eingehalten werden''], Pressemitteilung der Partei [[Die Linke]], 09. August 2005]</ref> Die Haltung der [[Freie Demokratische Partei|FDP]] zu einem Beitritt der Türkei ist nicht einheitlich.


Insgesamt gibt es also eine breite parlamentarische Mehrheit für einen Türkei-Beitritt.
Insgesamt gibt es also eine parlamentarische Mehrheit für einen Türkei-Beitritt in Deutschland.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 4. Dezember 2007, 10:31 Uhr

Seit dem 26. Oktober 2005 laufen die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union. Obwohl alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union allen bisherigen Stadien des Beitrittsprozesses zugestimmt haben, ist ein Beitritt der Türkei höchst umstritten. Ein möglicher EU-Beitritt ist bereits seit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in der politischen Diskussion.

Neben den Befürwortern (wie der britischen Regierung unter Gordon Brown) gibt es auch Regierungen, die einen türkischen EU-Beitritt ablehnen (insbesondere Österreich). Gerade für Deutschland ist diese Frage auch innenpolitisch zu betrachten, da in den Wirtschaftswunderjahren nach 1960 viele Gastarbeiter aus der Türkei ins Land gekommen sind.

Auch die Vereinigten Staaten haben den Staaten der EU eine Aufnahme der Türkei mehrmals nahegelegt, weil sie einen geostrategischen Vorteil für die westliche Welt durch die Integration der Türkei in die EU sehen.

Verlauf der zukünftigen Beitrittsverhandlungen

Nach dem Beschluss des Rates der EU-Regierungen zur Aufnahme von Verhandlungen, wurde formal das Mandat an die Europäische Kommission übertragen, die die Verhandlungen führt. In den kommenden Jahren reisen EU-Beamte regelmäßig in die Türkei, um die Fortschritte bei der Anpassung der politischen, ökonomischen und rechtlichen Standards an das EU-Regelwerk zu überprüfen. Die Türkei muss in den nächsten Jahren den kompletten rechtlichen Besitzstand der EU übernehmen. Das Regelwerk umfasst 35 Kapitel. Darin sind alle Rechtsakte (Europäisches Recht) wie z. B. Verträge der Europäischen Union, die Verordnungen und Richtlinien enthalten (Siehe auch: Acquis communautaire).

Die Ergebnisse dieses Monitorings fließen in einen Bericht über den Stand der Reformen ein, den die Kommission jeweils im Herbst veröffentlicht. Die Kommission stellt schließlich fest, ob und wann die rund 35 Beitrittskapitel abgeschlossen sind. Nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlamentes erklärt der Rat der EU-Regierungen die Beitrittsverhandlungen für abgeschlossen und setzt ein Datum für den formalen Beitritt fest.

Als „Notbremse“ wird der Brüsseler Gipfelbeschluss eine Ausstiegsklausel enthalten: Wenn ein Drittel der EU-Mitgliedsstaaten es fordert oder wenn der Reformprozess in der Türkei in den Kernbereichen Menschenrechte, Minderheitenschutz und Meinungsfreiheit ins Stocken gerät, können die Verhandlungen ausgesetzt werden.

Zweite Hürde ist die Ratifizierung des Beitrittsvertrages in allen EU-Mitgliedsländern, per Parlamentsentscheid oder Referendum: Scheitert sie in nur einem Land, findet der Beitritt nicht statt. Als dritte Hürde wurde auf Druck Österreichs im Rahmentext der Beitrittsverhandlung am 3. Oktober 2005 festgelegt, dass auch die wirtschaftliche und politische Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union am Ende der Verhandlungen eine Rolle spielt.

Geschichte und jüngere Entwicklungen

Bereits 1959 bewarb sich die Türkei um eine Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). 1963 wurde zwischen der Türkei und der EWG ein Assoziierungsabkommen geschlossen, das sogenannte Ankara-Abkommen. Der Vertrag stellte der Türkei erstmals auch eine Mitgliedschaft in Aussicht. Dieser „Vorbereitungsphase“ sollte am Ende einer Übergangphase in der Endstufe die Zollunion und damit eine mögliche spätere türkische Mitgliedschaft in der EG folgen.

Am 1. Januar 1996 wurde zum ersten Mal zwischen der EU und einem Nichtmitglied der EU die Zollunion eingeführt. Seit diesem Datum gilt in der Türkei das europäische Wirtschaftsrecht, dem Ankara die eigenen Handelsbeziehungen mit Nicht-EU-Ländern – „Drittländern“ – anzupassen hat. Da die Türkei kein Mitspracherecht in Brüssel hat – auch dann nicht, wenn es um Wirtschafts- und Handelsfragen geht – sieht sie sich bei diesem Abkommen als stark benachteiligt. „Die Türkei“ so formuliert eine Untersuchung der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), „[gibt] Teile ihrer nationalen Souveränität [ab], ohne gleichzeitig wirklich Einfluss auf den multinationalen Entscheidungsprozess zu haben“.

Nachdem die damalige EG 1989 einen Antrag der Türkei auf Vollmitgliedschaft noch abgelehnt hatte, wurde auf dem EU-Gipfel in Luxemburg im Dezember 1997 entschieden, dass sie für einen Beitritt in Frage käme. Da jedoch der Gipfel beschloss, für 1998 Beitrittsverhandlungen mit Zypern, Ungarn, Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien aufzunehmen, fühlte sich die türkische Regierung brüskiert. Ministerpräsident Mesut Yılmaz verkündete daher verärgert den Abbruch der Gespräche mit der EU.

Am 11. Dezember 1999 erhielt die Türkei offiziell den Status als Beitrittskandidaten zuerkannt. Auf dem Gipfel von Kopenhagen 2002 beschloss die EU, im Dezember 2004 über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu entscheiden, sobald die Türkei die Kopenhagener Kriterien erfülle.

Ein wichtiger Grund für diesen Sinneswandel der EU war der Beginn umfassender Reformen im Zivilrecht. Die Türkei stärkte damit die Menschen- und Freiheitsrechte (z. B. Versammlungs- und Demonstrationsrecht). Schon unter Bülent Ecevit (1999–2001) wurde eine Zivilrechtsreform durchgeführt, die vor allem die rechtliche Stellung der Frau verbesserte.

Die neue Regierung der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan legte 2001 bei ihrem Amtsantritt ein Paket von Gesetzesänderungen vor, das u. a. die Abschaffung der Todesstrafe auch in Kriegszeiten, ein Verbot der Folter, das Ende der Straffreiheit für Polizisten, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und Maßnahmen gegen die Unterdrückung der kurdischen Minderheit ebenso vorsieht wie den freien Gebrauch der kurdischen Sprache, Kurdischunterricht und kurdische Radio- und Fernsehkanäle.

Obwohl diese gesetzlichen Grundlagen geschaffen wurden, gibt es Probleme bei der praktischen Umsetzung. Sie scheitert derzeit auch an den staatlichen Behörden und ihren Mitarbeitern. Zwar erteilte die Regulationsbehörde für Fernseh- und Radiosender (RTÜK) am 18. August 2004 drei Privatsendern im Südosten der Türkei die Lizenz, in kurdisch zu senden, auch der staatliche Sender TRT 3 darf Sendungen auf Arabisch, Zazaki, Kurmancî und anderen Sprachen ausstrahlen, doch ist etwa bei den Regionalsendern ein ungestörter Sendebetrieb kurdischer Radio- und Fernsehstationen auf Grund andauernder staatlicher Interventionen bisher nicht durchgängig möglich. Kurdischkurse sind lediglich für Erwachsene erlaubt. Auch forderte die Staatsanwaltschaft in Ankara das Verbot der Lehrergewerkschaft Eğitim Sen, weil sie in ihrer Satzung die Forderung nach muttersprachlichem Unterricht für Minderheiten stellt. Daher spielen die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Zustände im Osten der Türkei bei den EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei eine Schlüsselrolle.

Im September 2004 stellte eine Expertengruppe der Europäischen Union fest, dass es in der Türkei heute keine staatlich geduldete systematische Folter mehr gebe, da nur einzelne Personen oder Personengruppen die Folter ausübten. Mit der gleichfalls im September anstehenden Verabschiedung einer weitgehenden Strafrechtsreform werde die Rechtsstaatlichkeit der Türkei gefestigt. Daraufhin empfahl am 6. Oktober die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.

Am 17. Dezember 2004 entschieden die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel, dass ab dem 3. Oktober 2005 mit der Türkei Verhandlungen über den EU-Beitritt aufgenommen werden. Voraussetzungen dafür sind jedoch die Fortsetzung der begonnenen Reformen, eine weitere Verbesserung der Menschenrechtssituation und insbesondere die Unterzeichnung eines Abkommens über eine Zollunion mit den 10 neuen EU-Mitgliedsstaaten (darunter auch Zypern) noch vor Beginn dieser Verhandlungen.

Problematisch ist weiterhin der Umgang der Türkei mit religiösen Gruppen, die nicht offiziell als Minderheit im Sinne des Vertrags von Lausanne von 1923 anerkannt werden (so werden die Griechen, Armenier und Juden anerkannt). Die EU sieht neben den türkischen Christen vor allem die Aleviten (immerhin ca. ein Drittel der Türken) als nicht ausreichend gleichgestellt. So kritisierte die Europäische Kommission in ihrer „Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt“ vom 4. Oktober 2004 ausdrücklich, dass die Aleviten nach wie vor nicht als muslimische Minderheit anerkannt sind.

Am 29. September 2005 trafen sich die 25 Botschafter der EU-Staaten in Brüssel, um Verhandlungsziele für die Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober festzulegen. Österreich blockierte eine Einigung und forderte als einziges Mitgliedsland, der Türkei neben einer Vollmitgliedschaft auch eine Alternative anzubieten. Am 27. September wiederholte der dänische Premier Rasmussen die schon auf früheren EU-Gipfeln geäußerten Bedenken, ob die EU einen Türkei-Beitritt verkraften könne. Auch EVP-Abgeordnete im EU-Parlament traten für eine Alternative (privilegierte Partnerschaft) zur Vollmitgliedschaft der Türkei ein, obwohl die EVP am 26. Januar 2005 beschloss, der AKP einen Beobachterstatus als Vorstufe für eine spätere Mitgliedschaft in der EVP zu gewähren.[1]

Am 3. Oktober 2005 konnten sich alle 25 europäischen Außenminister in Luxemburg auf einen gemeinsamen Rahmentext einigen. Österreich verzichtete auf seine Forderung, der Türkei als Alternative zur Vollmitgliedschaft ein anderes Modell anzubieten, was die Türkei vehement abgelehnt hatte. Letztlich blieb es bei dem Satz: „Gemeinsames Ziel der Verhandlungen ist die Mitgliedschaft“. Als Kompromiss wird nun am Ende der Beitrittsverhandlungen, nach 10 bis 15 Jahren, nicht nur geprüft, ob die Türkei die Beitrittskriterien erfüllt, sondern auch ob die Europäische Union deren Aufnahme wirtschaftlich und politisch verkraften kann. Damit sind die Hürden für die Aufnahme so hoch wie noch nie zuvor für einen Kandidaten. Da die Türkei diesen Bedingungen umgehend zustimmte, konnten die Beitrittsverhandlungen wie vorgesehen formell noch am 3. Oktober beginnen. Gleichzeitig wurden zur Überraschung vieler Beobachter auch die Verhandlungen mit Kroatien wieder aufgenommen. Für diesen Schritt hatte sich die österreichische Regierung stark gemacht, sie dementierte jedoch zugleich offiziell, diese Entscheidung mit der Türkei-Frage verknüpft zu haben.

Am 9. November 2005 veröffentlichte der Erweiterungskommissar Olli Rehn die jährliche Beurteilung. Darin werden der Türkei Fortschritte im politischen und wirtschaftlichen Gebiet attestiert. Kritisiert wird vor allem die Lage der Menschenrechte, Meinungsfreiheit und der Schutz von Minderheiten. Exemplarisch kritisiert der Bericht den später eingestellten Prozess gegen Orhan Pamuk wegen seiner Äußerungen zum Völkermord an den Armeniern.

„Der Wandel geht in diesem Jahr langsamer voran. Die Umsetzung der Reformen ist nicht ausgewogen. Deshalb sind große Anstrengungen nötig auf dem Feld der Meinungsfreiheit, bei den Frauenrechten, bei den Gewerkschaften und den Rechten der nicht-muslimischen Religionsgemeinschaften.“

Olli Rehn: Erweiterungskommissar der EU

Im März 2006 wird die Öffnung des zweiten Verhandlungskapitels zum Thema Bildung und Kultur verzögert. Einige EU-Staaten (u. a. Frankreich und Deutschland) fordern die Verbindung des Kapitels mit Fragen der Menschenrechte und der Kurdenfrage. Andere EU-Staaten, allen voran England und Finnland, lehnen eine Politisierung des rein auf Harmonisierung der Rechtsnormen ausgelegten Themas ab. Das Thema Menschenrechte käme planmäßig erst im Kapitel Justiz und Inneres auf die Tagesordnung.

Im Fortschrittsbericht 2006 stellt die EU der Türkei ein miserables Zeugnis aus. Im Bericht werden Mängel bei der Abschaffung der Folter, dem Versuch, Kontrolle über die Armee zu gewinnen, und der Chance auf freie Meinungsäußerung aufgeführt.[2][3] Da die Türkei sich bis zum EU-Gipfel im Dezember 2006 weigerte das Ankara-Protokoll (ein Zusatzprotokoll zum Ankara-Abkommen von 1963) zu ratifizieren, beschloss der Europäische Rat auf dem Gipfel die Suspendierung von acht Verhandlungskapiteln.

Am 10. Januar 2007 kamen der damalige türkische Außenminister und heutige Staatspräsident Abdullah Gül, der Staatsminister für die EU Ali Babacan und alle Vertreter der zuständigen Ministerien zusammen. Es wurde beschlossen sich einen eigenen, von der EU unabhängigen, Reformplan zur Erfüllung der Beitrittskriterien zu erstellen. Laut diesem Plan soll das Kapitel Justiz und Grundrecht und das Kapitel Justiz, Freiheit und Sicherheit bis Oktober 2009 abgeschlossen sein. Alle anderen Kapitel bis 2013. Um dieses Ziel zu erreichen sollen Gesetze geändert (z. B. Vereinsgesetz) bzw. neue Gesetze verabschiedet werden.[4][5]

Am 6. Mai 2007 wurde Nicolas Sarkozy zum Staatspräsident Frankreichs gewählt. Er machte Wahlkampf mit dem Versprechen den Beitrittsprozess der Türkei zu stoppen und durch Verhandlungen für eine andere Art der privilegierten Zusammenarbeit zu ersetzen. Er hat politische Vorbehalte gegen die für Juli 2007 geplante Eröffnung des Kapitels zu Wirtschafts- und Währungspolitik. Die französische Regierung verhinderte am 24. Juni 2007 die Eröffnung des Dritten Kapitels „Wirtschafts- und Währungspolitik“ der Beitrittsverhandlungen.[6]. Am 27. August 2007 revidierte Sarkozy seine Position zum EU-Beitritt der Türkei und stellte unter Bedingungen eine Forstsetzung der Beitrittsgespräche in Aussicht.[7]

Am 22. Juli 2007 wurde bei einer vorgezogenen Parlamentswahl die AKP von Regierungschef Erdoğan als Regierungspartei bestätigt. Sie hat auch nach der Wahl die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament. Im Gegensatz zu den Oppositionsparteien CHP und MHP hat die AKP mit einer Fortführung des EU-Kurses um Stimmen geworben. Die anderen Parteien hatten eine EU-skeptischere Linie verfolgt.[8]

Nach erfolgter Parlamentswahl und Wahl von Abdullah Gül zum Präsidenten hielt Regierungschef Erdoğan am 31. August 2007 eine Grundsatzrede mit der Ankündigung der Erhöhung des Reformtempos. Der Annäherungskurs würde auch unabhängig von der Eröffnung neuer Kapitel vorangetrieben. Zudem solle eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Folter verfolgt werden.[9]

Durch die im Herbst 2007 verstärkt aus dem Irak heraus durchgeführten Anschläge der Terrororganisation PKK wurde die Aufmerksamkeit der türkischen Regierung weg von den Reformen hin zur PKK gelenkt. Insbesondere die von der EU angemahnten Verbesserungen bei den Minderheitenrechte der Kurden waren durch die neue Gewalt innenpolitisch nicht opportun. Entsprechend negativ fiel auch der Fortschrittsbericht 2007 aus, in dem vor allem mangelhafte Religionsfreiheit für Christen und unzureichende Meinungsfreiheit bemängelt wurden. Gelobt wurde die demokratische Beilegung des Rechtsstreits zwischen Regierung und Opposition um die Wahl Abdullah Gül zum türkischen Präsidenten gegen die auch das türkische Militär Vorbehalte geäußert hatte.[10]

Verhandlungen

Kapitel Screening Verhandlung
1. Freier Warenverkehr abgeschlossen suspendiert
2. Freizügigkeit der Arbeitnehmer abgeschlossen
3. Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr abgeschlossen suspendiert
4. Freier Kapitalverkehr abgeschlossen
5. Vergaberecht abgeschlossen
6. Gesellschaftsrecht abgeschlossen
7. Schutz geistiger Eigentumsrechte abgeschlossen
8. Wettbewerbsrecht abgeschlossen 28. Juni 2006 eröffnet
9. Finanzdienstleistungen abgeschlossen suspendiert
10. Informationsgesellschaft und Medien abgeschlossen
11. Landwirtschaft und ländliche Entwicklung abgeschlossen suspendiert
12. Lebensmittelsicherheit, Veterinärpolitik und Pflanzenschutz abgeschlossen
13. Fischerei abgeschlossen suspendiert
14. Verkehrspolitik abgeschlossen suspendiert
15. Energie abgeschlossen
16. Steuerpolitik abgeschlossen
17. Wirtschafts- und Währungspolitik abgeschlossen
18. Statistiken abgeschlossen 26. Juni 2007 eröffnet[6]
19. Sozialpolitik und Beschäftigung[1] abgeschlossen
20. Unternehmens- und Industriepolitik abgeschlossen 29. März 2007 eröffnet
21. Transeuropäisches Verkehrsnetz abgeschlossen
22. Regionalpolitik und Koordination der strukturpolitischen Instrumente abgeschlossen
23. Justiz und Grundrechte abgeschlossen
24. Justiz, Freiheit und Sicherheit abgeschlossen
25. Wissenschaft und Forschung abgeschlossen abgeschlossen
26. Bildung und Kultur abgeschlossen
27. Umwelt abgeschlossen
28. Verbraucher- und Gesundheitsschutz abgeschlossen
29. Zollunion abgeschlossen suspendiert
30. Beziehungen nach Außen abgeschlossen suspendiert
31. Außenpolitik, Sicherheits- und Verteidigungspolitik abgeschlossen
32. Finanzkontrolle abgeschlossen 26. Juni 2007 eröffnet[6]
33. Finanz- und Haushaltsbestimmungen abgeschlossen
34. Institutionen
35. Andere Fragen
1 inklusive Antidiskriminierung und Gleichberechtigung von Geschlechtern

Verhandlungsschwierigkeit:

  • sehr leicht/egal
  • leicht
  • mittel
  • schwer
  • sehr schwer
  • unmöglich
  • Geopolitische Aspekte eines EU-Beitritts der Türkei

    Die geopolitische Bedeutung der Türkei ist zwar erheblich (sei es in Zentralasien wie dem Nahen Osten), doch ergibt sich daraus eine schwer kalkulierbare Situation mit positiven wie negativen Aspekten. Während die USA lange Zeit vor allem nur die positiven Seiten sahen, sind viele europäische Staaten derzeit skeptisch.

    Ein Beitritt der Türkei würde viele noch zu lösende Konflikte in den Aufgabenbereich der EU-Politik stellen. Die Konflikte in den Nachbarstaaten der Türkei, auf die die EU derzeit wenig Einfluss nimmt, könnten im europäischen Tagesgeschäft eine stärkere Rolle spielen. Dies bringt die notwendige Absicherung der Grenzen vor einem Übergreifen der Krisen in den europäischen Raum mit sich. Eine Absicherung wird aber jetzt schon über die Mitgliedschaft der Türkei in der NATO gewährleistet.

    Die EU-Mitgliedschaft bringt für die Türkei auf der militärischen Ebene einen Autonomieverlust mit sich. Mit einem von der EU abhängigen Militär wäre es ihr nicht mehr möglich, die regionalen Begebenheiten selbst zu interpretieren und sich beispielsweise autonom für eine Aktivität zu entscheiden oder dagegen. So würde sie Souveränität abgeben müssen. Eine militärisch enger an Europa gebundene Türkei würde evtl. für die USA weiter an Attraktivität gegenüber Irak verlieren.

    Die EU müsste ihre Interessen neu abwägen und in den Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien eingreifen, in dessen Zuge sie auf Russland Rücksicht nehmen muss. Damit würde sie jedoch letztendlich auf eine Ebene mit den USA steigen, da ihr Einfluss bis in den Mittleren Osten reichen würde. Dies ist auch der Grund, warum die USA einen Türkeibeitritt befürworten. Sie könnten von den guten Beziehungen zur EU und von deren Lage profitieren, ob im militärischen oder im energiepolitischen Sinne.

    Der Einfluss, den ein Türkeibeitritt auf die Energiepolitik der EU nehmen könnte, lässt sich nicht abschätzen. Die Energieprobleme in Europa, z. B. in Italien oder Griechenland, ließen sich unter einer Türkeimitgliedschaft leichter lösen. Gelder aus dem Strukturfonds der EU könnten die Infrastruktur der Pipelines verbessern und Unternehmen aus dem ganzen Kontinent könnten dort investieren. Der enorme Wasservorrat der Türkei wäre bedeutend für die Union. Allerdings würde die EU im selben Moment mit Irak und Syrien über die Lösung des Euphrat-Tigris-Streitpunktes verhandeln müssen. Der Bau von Staudämmen im Rahmen des Südostanatolien-Projekts führt auf Seiten Syriens zu der Befürchtung, dass die Türkei eines Tages die Wasserversorgung als politisches Druckmittel einsetzen könnte.

    Pro und Contra eines EU-Beitritts

    Die Kontroverse um den Beitritt der Türkei in die Europäische Union berührt viele Themenkreise. Einerseits führt die Türkei immer wieder die Versprechen und vertraglichen Zusagen der Europäischen Union an. Beitrittsgegner hingegen zweifeln an der politischen und gesellschaftlichen Reife der Türkei und heben die kulturellen Unterschiede hervor.

    Politische Zusagen

    Befürworter

    Seit 40 Jahren bestehen politische Zusagen an die Türkei für die Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft. Jedoch besteht die EU als politische Union noch nicht so lange. Ab 1997 wurden hingegen die Zusagen von der EU mehrfach erneuert. Somit beziehen sie sich nunmehr explizit auf eine EU-Mitgliedschaft. Seit 1999 ist die Türkei offizieller Beitrittskandidat. Seit 2005 laufen die Verhandlungen mit dem Ziel eines Beitritts.

    Gegner

    Die alten Zusagen der EU bezogen sich nach Argumentation der Gegner auf die Europäische Gemeinschaft und nicht zwangsläufig auch auf die ihrer Weiterentwicklung, der heutigen EU. Auch wurde bis 1989 wiederholt das Ansuchen der Türkei auf Mitgliedschaft zurückgewiesen. Des Weiteren wird von Gegnern darauf hingewiesen: die EU betone, dass die Verhandlungen „offen“ geführt werden und nicht notwendigerweise erfolgreich beendet werden. Der Beitritt stünde sowohl unter der Bedingung einer vollständigen Umsetzung des Gemeinschaftrechtes als auch der Integrationsfähigkeit der EU selbst.

    Weltanschauung

    Ein weiteres Argumentationsfeld ist die Frage nach der Identität der EU. Beobachter halten dies für einen zentralen Grund für eine ablehnende Haltung der Beitrittsgegner. Sie vermuten, dass eine christliche Türkei bereits Mitglied der EU wäre.[11]

    Befürworter

    Befürworter des türkischen EU-Beitritts führen ins Feld, dass die EU vor allem eine Wertegemeinschaft sei, nicht jedoch eine Gemeinschaft, die sich auf einen speziellen Glauben beziehe. Demnach spiele für die Aufnahme der Türkei einzig und allein die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien eine Rolle. Somit könne der islamische Glaube kein Ablehnungskriterium gegen den Beitritt sein. Entscheidend sei allein, dass die Türkei rechtlich und gesellschaftlich die Werte, die in den Kopenhagener Kriterien festgeschrieben sind, umsetze. Dieses Argument wird durch die Tatsache gestützt, dass eine große Gruppe innerhalb der EU keiner Religion angehört, sondern sich beispielsweise als Atheisten oder Humanisten definiert. So bewegt sich in Deutschland die Gruppe der Konfessionslosen stetig auf die 40%-Marke zu und auch die Anzahl der Muslime steigt an. Umstritten ist aber, ob die Türkei die Religionsfreiheit garantiert, zu der in negativer Ausprägung auch das Recht gehört, keine Religion zu haben. Dieser Minderheitenschutz dürfte noch nicht in ausreichendem Maße gewährleistet sein. Gleichwohl hat der Staat Vatikanstadt keine Bedenken gegen einen EU-Beitritt der Türkei, wenn alle Beitrittsbedingungen erfüllt sind.[12]

    Zudem habe die Türkei, im Gegensatz zu vielen anderen Staaten mit überwiegend muslimischer Bevölkerung, eine längere Tradition der Westorientierung (vergleiche Geschichte der Türkei). Sie habe schon im Osmanischen Reich angefangen und sich verstärkt durch die Reformen in der Zeit der Republikgründung durch Atatürk fortgesetzt. Seit 2001 führe die Türkei weitgehende gesetzliche Reformen durch, um den europäischen Normen gerecht zu werden. Außerdem bekenne sich die Türkei ausdrücklich zum Laizismus.

    Gegner

    Beitrittsgegner befürchten, dass durch den Beitritt der „islamischen Türkei“ die Identität der EU als Gemeinschaft, die durch abendländische Traditionen und christlich-religiöse Werte geprägt sei, schwinden könne und sich die gemeinsame Basis für eine weitergehende politische Integration auflöse, zumal eine gemeinsame Verfassung noch nicht verabschiedet wurde.

    Menschenrechte

    Befürworter

    Ein weiteres Argument der Befürworter ist, dass ein Beitritt zur EU die Demokratie und die Lage der Menschenrechte in der Türkei weiter stärken würde. Sie sehen darin ein wirksames Mittel, den islamischen Fundamentalismus weiter zurückzudrängen. Die erfolgreiche Integration der Türkei in die EU und die damit einhergehende Wohlstandssteigerung werde für viele islamisch geprägte Länder eine Vorbildfunktion haben. Eine demokratische und stabile Türkei würde beweisen, dass Islam und Demokratie kein Widerspruch sind. Im Kampf gegen Diskriminierungen und für eine Gleichstellungspolitik ist der angestrebte EU-Beitritt ein wichtiger Bezugspunkt und Druckmittel, um nationale Reformen und Projekte anzustreben, durchzusetzen und so die Situation von Frauen beispielsweise entscheidend zu verbessern (Neusüß/ Holz 2006).

    Gegner

    Kritiker eines Beitritts räumen zwar positive Schritte von Seiten der Türkei ein, sie argumentieren aber, dass nicht nur das kurzfristige Verhalten eines Landes Maßstab sein dürfe. Selbst wenn Kultur als etwas Veränderliches verstanden werde, ist die Stabilität der gegenwärtigen Reformschritte in der Türkei umstritten, auf der einen Seite wegen starker islamistischer Kräfte und auf der anderen Seite wegen des Militärs. Auch wenn diese Gefahren für die Türkei durch einen Beitritt vermindert werden könnten, scheinen sie manchen als zu groß um damit das Projekt der EU in den nächsten Jahrzehnten zu belasten. Außerdem bestünden immer noch weitgehende Defizite hinsichtlich der Verwirklichung der Menschenrechte sowie der Erfüllung der weiteren Kopenhagener Kriterien.

    So könnten auch die schon erfolgten Reformen zur Gleichstellung von Mann und Frau nur bedingt als Erfolg gewertet werden. Die Frage ist, inwieweit sie nur eine Politik „von oben“ darstellen, oder ob sie tatsächlich wirkliche gesellschaftliche Veränderung bewirken können. Gleichzeitig bemängeln Kritiker der Gegner aber auch eine eurozentristische Doppelmoral, die der Komplexität der türkischen Geschlechterverhältnisse nicht gerecht wird (Neusüß/Holz 2006).

    Die kurdischen Regionen litten immer noch an den Folgen des Krieges, welche der Staat erfolglos gegen die Untergrundorganisation PKK führt und nach der laut Aussagen der Gesellschaft für bedrohte Völker 2,4 Millionen Kurden zwischen 1980 und 1999 von der türkischen Armee aus ihren mehr als 3.400 zerstörten Dörfern vertrieben worden sind.

    Die Türkei bestreite immer noch, dass ein Völkermord an den Armeniern sowie ein Völkermord an den Aramäern stattgefunden habe. Der türkische Staat verweigere christlichen Kirchen wie auch den Aleviten die Gleichberechtigung mit dem sunnitischen Islam. So werde diesen Religionsgemeinschaften zum Beispiel der öffentlich-rechtliche Status vorenthalten.

    Sicherheit

    Befürworter

    Von Befürwortern wird argumentiert: Ohne die Aufnahme der Türkei sei es fraglich, ob die EU die weltpolitische Rolle spielen kann, die sie anstrebt. Erst durch die Aufnahme der Türkei erhalte die EU die „kritische“ Größe, um auch zukünftig wirtschaftlich eine wichtige Rolle auf der Welt gegenüber Regionen wie Asien, Nord- und Südamerika zu spielen.

    Die türkische Regierung zeige sich für die Lösung des Zypernkonflikts offen. Sie hat den Annan-Plan – welcher durch den griechisch-zypriotischen Teil abgelehnt wurde, unterstützt, der eine Neuorganisation des zypriotischen Staates unter Einbeziehung von Griechen und Türken vorsah. Jedoch sei der Zypernkonflikt noch nicht gelöst worden. Die Türkei erkennt die Regierung des EU-Mitglieds Zypern nicht als Repräsentant der gesamten Insel an und hält in Nordzypern weiterhin Truppen stationiert. Zudem verweigert die Türkei die Zollunion auf Zypern auszudehnen. Die Türkei hat mit der EU das Ankara-Protokoll über die Ausdehnung der Zollunion auf die zehn neuen Mitglieder ausgehandelt, dieses jedoch bis heute nicht ratifiziert. Sie verweigert griechisch-zypriotischen Schiffen daher den Zugang zu türkischen Häfen. Allerdings kommt auch die EU ihren politischen Zusagen nicht nach, die wirtschaftliche Isolation Nordzyperns 2004 zu beenden. Die AKP-Regierung unter Erdoğan hat im Juni 2006 klar gestellt, dass sie eher die Beitrittsgespräche scheitern ließe als das türkische Embargo gegen Südzypern aufzuheben, ohne dass gleichzeitig auch das Embargo gegen Nordzypern aufgehoben wird.

    In Zeiten des internationalen islamistischen Terrorismus sei die Aufnahme eines islamisch geprägten Staates in die EU auch ein geostrategischer Vorteil. Die geografische Lage der Türkei inmitten arabischer Staaten im Süden und weiterer islamischer Staaten im Osten biete der EU die Möglichkeit, die Türkei als vermittelnden Brückenstaat in der islamischen Welt zu nutzen, denn die EU hätte durch den Beitritt ein Dreiländereck mit dem Irak und dem Iran und eine Verantwortung für die Vielzahl der Konflikte in diesem Gebiet. Auf diese Weise diene die Türkei dem Dialog und schwäche zudem einen potenziellen islamischen Block, da die Türkei fortan nur mehr dem laizistisch-westlichen Weltbild zur Verfügung stehen werde.

    Gegner

    Das Argument, ein Beitritt der Türkei sei Vorbild für andere islamisch dominierte Staaten aus der Organisation der Islamischen Konferenz und ein Zeichen der Kooperationsbereitschaft des Westens mit diesen, ist nach Ansicht vieler Beitrittsgegner nicht schlüssig, weil die Türkei nach Eigendefinition ein laizistischer Staat sei und zudem in der arabisch-islamischen Welt aus historischen (osmanischer Imperialismus), ethnischen und religiösen Gründen (Türken werden wegen ihrer relativen Liberalität oft nicht als „echte Muslime“ bzw. Sunniten angesehen, und auch mit den Schiiten verbindet sie nichts) isoliert sei. Zudem wird von Kritikern argumentiert, dass die EU mit der Aufnahme der Türkei in den Kurdenkonflikt sowie tiefer in den Konfliktherd hineingezogen werde, da die außenpolitische Grenze der EU sich mit der Aufnahme der Türkei in dieser Region befinde. Alle Staaten, die dann Nachbarn der EU würden (Syrien, Irak, Iran, Armenien und Georgien), enthalten derzeit viel Konfliktpotential, und die Türkei würde nach Ansicht von Beitrittsgegner ihnen gegenüber ganz andere Prioritäten setzen als die EU-27.[13]

    Wirtschaftliche Auswirkungen

    Gegner des EU-Beitritts wie Befürworter verweisen auf die wirtschaftliche Lage in der Türkei.

    Befürworter

    Auch Portugal war zum Zeitpunkt seines Beitritts wirtschaftlich ähnlich schwach wie die Türkei und arbeitete sich durch neue Möglichkeiten von Transfer und Investition zu einem gleichberechtigten Wirtschaftspartner hoch. Polen war 1997, als es die Beitrittsverhandlungen aufnahm, in einer vergleichbaren wirtschaftlichen Situation wie die Türkei heute.

    Momentan liegt das Wirtschaftswachstum der Türkei deutlich über dem der Staaten der Europäischen Union. Bulgarien und Rumänien (BNE 2004: 2.248 € bzw. 2.100 € pro Person), die 2007 beigetreten sind, sind wirtschaftlich deutlich schwächer als die Türkei (BNE 2006: 5.247 € p.P.). Gemeinsam weisen sie etwa 40 % der Bevölkerungsgröße der Türkei auf.

    Der Beitritt der Türkei würde den Europäischen Binnenmarkt um weitere 76 Millionen Konsumenten erweitern und so diesen gegenüber den Wirtschaftsräumen Nord-Amerika und Asien attraktiver machen. Mit dem erhofften Anstieg des Wohlstandes in der Türkei könnten Länder wie Deutschland durch höhere Exporte in die Türkei wirtschaftlich von einem türkischen Beitritt profitieren.

    Von Seiten der Türkei ist eine Ausdehnung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit nur logisch, denn die EU ist weithin der einzige große Absatzmarkt für türkische Produkte.

    Auch im Hinblick auf die drohende Anspannung auf dem Energiemarkt, könnte die Türkei als EU-Mitglied eine wichtige Stellung einnehmen. Über die Türkei verliefen zukünftig wichtige Öl- und Gaspipelines aus dem Kaukasus und den zentralasiatischen Turkstaaten (vergleiche Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline und Südkaukasus-Pipeline), was die Abhängigkeit Europas vom Öl und Gas aus dem Nahen Osten und Russland senken würde.

    Da die Europäische Union wirtschaftliche wie strategische Interessen an der Türkei hat, ist es notwendig und fair, dass diese in ihrem Fortschritt von der EU unterstützt wird und sich dadurch stabilisieren kann.

    Gegner

    Das neue Beitrittsland sei relativ arm und würde Netto-Empfänger von EU-Geldern, so die Beitritts-Gegner. Die Industriezweige, auf denen ein großer Teil des türkischen Wirtschaftswachstums der letzten Jahrzehnte beruht hat, würden besonders unter der Einführung und strengen Durchsetzung von EU Auflagen und dem steigenden Lohnniveau leiden, so dass es in diesen Bereichen zu massivem Stellenabbau oder zur Verlagerung ins Nicht-EU Ausland und damit zu weiterer Verarmung kommen würde.

    Gegner argumentieren, ob für solch einen positiven Impuls nicht schon die bereits bestehenden, weit reichenden Handelsabkommen mit der Türkei ausreichen. Darüber hinaus ist der türkische Markt aufgrund seiner vergleichsweise geringen Kaufkraft für die EU nicht der wichtigste Absatzmarkt.

    Kosten

    Da die Kosten des Türkeibeitritts vom Entwicklungsstand der Türkei abhängen, sind sie heute schwer prognostizierbar.

    Befürworter

    Bei der Sorge um die von der EU dann zu zahlenden Agrarsubventionen in Höhe von jährlich 9 Mrd. € verweisen Befürworter des Beitritts hingegen auf die Sonderregelungen, die hier bereits gegenüber beigetretenen Ländern des ehemaligen Ostblocks bestünden. Zudem sei fraglich, ob die Agrarsubventionen in ihrer jetzigen Form in zehn Jahren noch existierten.

    Gegner

    Laut einer Studie der EU-Kommission würde die Mitgliedschaft der Türkei jährlich zwischen 16,5 und 27,5 Milliarden Euro Kosten für die Gemeinschaft verursachen. Das entspricht etwa den Kosten für die zehn neuen EU-Mitglieder, die zusammen etwa so viele Einwohner wie die Türkei haben oder 0,2 Prozent des EU-Bruttoinlandsproduktes (BIP). Diese Prognose beruht auf der Annahme, dass die derzeitige Praxis der Agrar- und Strukturpolitik der Europäischen Union bestehen bleibt.[14]

    Die dann anstehenden Zahlungen aus den Strukturfonds zur Entwicklung des ländlichen Raums und Förderung armer Regionen (insgesamt 2,3 Mrd. € jährlich) führen nach Vorstellung von Befürwortern aber nicht zu Mehrausgaben, da sie andernfalls in ein anderes Land geflossen wären. Allerdings ist zu erwarten, dass sich die Bilanz zwischen Einzahlungen in den Haushalt der Europäischen Union und Erhalt von Geldern aus den europäischen Fonds für einige Mitgliedstaaten ändert, so dass ihre individuellen Kosten der EU-Mitgliedschaft als Nettozahler ansteigen.

    Integration

    Gegner

    Für die politische Beweglichkeit der EU könnte es problematisch werden, die EU weiter zu erweitern, bevor nicht die inneren Probleme um die Abstimmungsmodi gelöst werden. Jedes Land bedeutet gegenwärtig eine weitere Vetomacht, auch in Bezug auf eine Reform der Abstimmungsmodi. Dieses Argument gilt zumindest solange, bis die Probleme mit der Ratifikation der EU-Verfassung ausgeräumt worden sind.

    Die Türkei wäre mit einer Bevölkerung von 76 Millionen Menschen nach Deutschland das zweitbevölkerungsreichste Land der EU und erhielte damit erhebliches Gewicht gegenüber Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Dazu kommt, dass die Bevölkerung in Westeuropa und insbesondere Osteuropa abnimmt, und Prognosen davon ausgehen, dass die Bevölkerung der Türkei im Jahr 2050 auf 90 Millionen angewachsen sein werde. Gegner befürchten einen dadurch bedingten zu hohen Einfluss der Türkei in der EU.

    Beitrittsgegner führen weiter an, dass durch die Aufnahme der Türkei die Grenzen der EU verschwimmen würden, so dass es kein Argument mehr gebe, Staaten wie Russland, Kasachstan und Marokko die Aufnahme zu verweigern. Wie solle die EU ihre Grenzen definieren, wenn nicht geographisch?

    Befürworter

    Diesem Argument wird gegenübergestellt, dass für diese Länder von der EU keine Versprechen für eine Aufnahme vorlägen, und bei jedem Beitrittsgesuch fallspezifisch entschieden werden könne. Außerdem wurde mit der Republik Zypern bereits ein Land in die EU aufgenommen, das zu 100 % auf dem asiatischen Kontinent liegt und weiter von Zentraleuropa entfernt ist als die Türkei. Es gibt auch Gebiete der ehemaligen Kolonialstaaten (Frankreich, England), die viel weiter entfernt sind als Zypern.

    Die Türkei ist zwar geographisch eindeutig Asien zuzuordnen, aber betrachtet man Europa unter infrastrukturellen Aspekten, ist die Türkei bereits Europa zugehörig. Die Türkei ist im europäischen Staatenverband fest integriert und ist beispielsweise aus den Zeiten der Gastarbeiter-Zuwanderung in Mitteleuropa zahlreich durch EU-Bürger vertreten. Die Türkei ist auch Mitglied aller wichtigen europaweiten Organisationen (OECD, OSZE, EBWE, Europarat u. a.) mit Ausnahme der EU. Sie gehörte zu den zwölf Staaten, welche die Europäische Menschenrechtskonvention vorbereitet hatten.

    Einwanderung

    Einer Hochrechnung der Kommission zufolge könnten bis zu 2,7 Mio. Türken nach einem Beitritt ihr Land verlassen und in anderen EU-Ländern leben und arbeiten wollen. Das entspricht etwa 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU. Übergangsfristen für die volle Freizügigkeit könnten die Einwanderer aber – ähnlich wie bei der EU-Erweiterung 2004 – regulieren. Österreich hat angekündigt, die Freizügigkeit für türkische Arbeitnehmer permanent beschränken zu wollen. Das Osteuropa-Institut in München rechnet mit bis zu vier Millionen Zuwanderern.[15]

    Befürworter

    Es ist nach Ansicht von Befürwortern fraglich, ob es zu dem befürchteten Zuwandererstrom aus der Türkei nach Westeuropa kommen würde. Der Zuwandererstrom, der nach der Aufnahme Spaniens erwartet wurde, sei damals nicht eingetreten. Zudem sei die Aufnahme der Türkei erst in 10 bis 15 Jahren, mit anschließendem langem Übergangszeitraum von bis zu 7 Jahren in Bezug auf die Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit, angedacht. Des Weiteren könne jeder EU-Mitgliedsstaat im Falle der Türkei die Freizügigkeit für immer ausschließen, wenn das vertraglich so vorgesehen werde. Diese Möglichkeit ziehen einige EU-Länder in Erwägung. Bei so einem langen Zeitraum könne die Türkei bei einem weiterhin starken Wirtschaftswachstum die wirtschaftliche Kluft zu Westeuropa schließen. Mit dem steigenden Wohlstand werde auch der Immigrationsdruck nach Westeuropa sinken.

    Gegner

    Zuwanderung aus der Türkei ist nach Ansicht der Gegner letztlich nicht zwangsläufig an eine EU-Mitgliedschaft gebunden. Sollte sie in Zukunft tatsächlich erwünscht sein, so seien die Steuerungsmöglichkeiten bei einem Nicht-EU-Mitglied größer als im Rahmen der (Personen-) Freizügigkeit. Dies gelte zumindest dann, wenn die EU von der derzeit diskutierten permanenten Beschränkung der Freizügigkeit für Türken keinen Gebrauch mache.

    Ein Vergleich mit Spaniens Beitritt ist nach Meinung der Gegner schwer möglich, da bereits bedeutende Minderheiten von Türken in der EU weiteren türkischen Zuwanderern ein anderes Sozialisationsumfeld ermöglichen.

    Bevölkerungspolitik

    Befürworter

    Durch die Aufnahme der Türkei werde den alternden Gesellschaften der EU-Länder eine „Verjüngung“ zugeführt, was auch zu einer Dynamisierung der EU beitragen könne. Zudem verfüge die Türkei über eine hohe Zahl von gut ausgebildeten Akademikern (2004 waren 1,6 Mio. Türken an den Universitäten des Landes eingeschrieben). Mit ihnen ließe sich der in Deutschland und anderswo in der EU abzeichnende zukünftige Fachkräftemangel reduzieren.

    Gegner

    Die Problematik einer „überalternden“ Bevölkerungen in Europa lasse sich durch den Beitritt auch nicht so einfach lösen, da es sich dabei um einen komplexen Sachverhalt handele. Beides – der Bevölkerungsrückgang wie die Zuwanderung – habe positive wie auch negative Aspekte und es sei fraglich, ob das erforderliche Ausmaß an Zuwanderung von der Bevölkerung überhaupt erwünscht wäre bzw. ob überhaupt die notwendigen Arbeitsplätze vorhanden wären, um das erforderliche Bruttonationaleinkommen zu erwirtschaften. Denn bereits jetzt fehlen in der EU Arbeitsplätze und es ist nicht absehbar, ob sich diese Entwicklung der fehlenden Arbeitsplätze in der EU in der Zukunft umkehre.

    Standpunkte der Bevölkerung

    Türkei

    Viele Bürger der Türkei schätzen die Werte des freien Europa und sind bereit, für einen Beitritt Kompromisse einzugehen. Das sieht man schon allein daran, dass in der Türkei ein spürbarer Wille zu Reformen und Europäisierung vorhanden ist, wie z. B. die Abschaffung von Todesstrafe und Folter, die Hinarbeitung zu einem Rechtsstaat oder der schrittweisen Entmachtung des Militärs zeigt.

    Allerdings gibt es auch gesellschaftliche Gruppen, die gegen einen Beitritt opponieren. Beispielsweise versucht eine nationalistische Juristenvereinigung mit Klagen die Liberalisierung der Türkei zu behindern. So hatte sie versucht, die erste offizielle Konferenz zum Völkermord an den Armeniern gerichtlich zu untersagen und zeichnet sich verantwortlich für medienwirksame Klagen gegen Journalisten und Schriftsteller wegen Beleidigung des Türkentums, der Republik und der Institutionen und Organe des Staates nach § 301/1 des neuen Strafgesetzbuchs.

    Einer Umfrage der International Strategic Research Organization (ISRO) zufolge ist die Unterstützung der türkischen Öffentlichkeit für einen Beitritt von 75 % in 2004 auf 50 % im November 2006 gefallen.[16] Es gibt Stimmen, die dies als Reaktion auf die ablehnende Haltung vieler EU-Staaten und -Bürger zurückführen. Ferner ist dies wohl auch in den nicht eingelösten EU-Versprechen bezüglich der Aufhebung der Isolation Nordzyperns und dem gleichzeitigen Abverlangen neuer Zugeständnisse durch die Türkei (z. B. Übergabe der nordzypriotischen Stadt Famagusta) begründet.

    Im Jahr 2007 ist die politische Befürwortung eines Beitritts von Seiten der türkischen Bevölkerung weiter zurückgegangen. Mittlerweile tritt vermehrt eine anti-amerikanische und anti-europäische Grundeinstellung auf. Dies geht einher mit einer Erstarkung des türkischen Nationalismus, welcher durch die wieder aufgeflammten Terrorangriffe der PKK und Gleichgültigen Reaktion der USA und EU hierauf begünstigt wird.

    Europäische Union

    39 % der EU-Bürger sind nach einer Sonderumfrage zwischen März und Mai 2006[17] des Eurobarometers für den Beitritt, sobald die Türkei alle ihr von der EU auferlegten Bedingungen erfüllt, 48 % dagegen. Gegenüber der Herbstumfrage 2005 stieg der Anteil der Befürworter um 8 %, und der Anteil der Gegner sank um 7 %.

    Innerhalb der „alten“ EU-Ländern gibt es in Schweden, den Niederlanden und Dänemark eine absolute und in Großbritannien, Spanien, Irland und Portugal eine relative Mehrheit für einen Beitritt. Dem Eurobarometerbericht zufolge sind die Österreicher mit 81 % Gegnern am skeptischsten, gefolgt von den Deutschen und Luxemburgern mit 69 %. In Frankreich, Finnland und Belgien gibt es ebenfalls eine absolute und in Italien eine relative Mehrheit gegen einen Beitritt.

    Mittlerweile räumt auch die AKP-Regierung ein, dass „die Ablehnung des […] angestrebten türkischen EU-Beitritts dort am höchsten in den Mitgliedstaaten ist, wo die Zahl der Türken besonders hoch bzw. ihre Integration – aus welchen Gründen auch immer – verbesserungswürdig ist“.[18]

    Eine Aufnahme der Türkei gegen den Willen der meisten EU-Bürger könnte den Unmut über die Europäische Union erhöhen. Gerade nach den Referenden gegen die Ratifikation der EU-Verfassung scheint dies problematisch. Es könnte sogar ein Desintegrationsprozess in Gang gesetzt werden, der viele Errungenschaften der heutigen Union in Frage stellen würde.

    Sobald in Frankreich oder Österreich die zugesagten Referenden über eine Aufnahme der Türkei in die EU stattfinden und sich eine Mehrheit gegen einen Beitritt der Türkei ausspricht, wäre der Beitritt gescheitert. Weil die Referenden wahrscheinlich am Ende der Beitrittsverhandlungen stehen – so sie dann noch stattfinden oder notwendig sind – sind schon deshalb Aussagen über deren möglichen Ausgang spekulativ.

    Die Standpunkte der Bevölkerung in den größten EU-Staaten:

    Ein EU-Beitritt der Türkei ist zu befürworten, FR IT GB DE SP
    … weil die Türkei bereits große Bemühungen im Modernisierungsprozess unternommen hat, um der EU beizutreten. 39 27 24 30 26
    … weil die Türkei geographisch zur EU gehört. 29 33 31 26 38
    … weil ein Beitritt der Türkei die Bedeutung Europas noch weiter unterstützen würde. 25 24 18 18 18
    … weil die finanzielle Belastung schnell durch verstärktes Wachstum verringert werden würde. 19 16 13 22 23
    … weil zahlreiche Türken mit den gleichen Unterschieden in ihrem Land leben müssen wie andere EU-Länder. 22 8 14 35 15
    … weil die Türkei aus kultureller Sicht zur EU gehört. 17 23 12 17 14
    … weil sich Europa schon lange für einen EU-Beitritt der Türkei engagiert. 18 14 10 22 11
    … weil durch eine Ablehnung des Beitritts die Islamisten in der Türkei an Bedeutung gewinnen würden. 25 9 15 15 11
    Andere Gründe 1
    Keine Begründung 45 12 1 3
    Ein EU-Beitritt der Türkei ist abzulehnen, FR IT GB DE SP
    … weil in der Türkei die Menschenrechte nicht ausreichend respektiert werden. 39 32 28 43 32
    … weil es zu viele religiöse und kulturelle Unterschiede gibt. 34 44 29 43 28
    … weil die Frauen in der Türkei nicht dieselben Rechte wie Frauen in anderen EU-Ländern haben. 25 15 17 31 31
    … weil die Türkei nicht zu Europa gehört. 25 11 18 19 10
    … weil dann mehr Immigranten in andere EU-Länder strömen. 21 20 17 16 18
    … weil der Beitritt die Kriminalitätsrate (Drogen, Prostitution, Menschenhandel) in Europa erhöhen und Terroristen anlocken würde. 12 15 10 14 21
    … weil der Lebensstandard und das wirtschaftliche Wachstum der Türkei gerade einmal die untere Mindestgrenze der anderen EU-Länder erreicht hat. 9 10 13 11 16
    … weil bereits zu viele Länder in der Europäischen Union sind. 14 6 16 8 6
    … weil im Zuge eines Beitritts viele Unternehmen wegen den niedrigen Produktionskosten in die Türkei abwandern würden. 17 5 3 5 5
    Andere Gründe 1
    Keine Begründung 37 10 1 1

    Angaben in Prozent. Mehrfachnennungen möglich. Studie veröffentlicht in der französischen Zeitung Le Figaro.

    Alternative Konzepte zum Beitritt

    Jenseits einer Vollmitgliedschaft der Türkei wurden aus verschiedenen Seiten alternative Modelle zur Diskussion gestellt. Die beiden prominentesten Beispiele hierfür sind das von der deutschen CDU/CSU vorgestellte Modell der Privilegierten Partnerschaft, das von der ÖVP übereinstimmend geteilt wird, und das von der Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) ausgearbeitete Konzept einer Abgestuften Integration.[19]

    Da die Türkei einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gemäß Art 49 EUV gestellt hat und diese Bestimmung, die das Beitrittsprocedere regelt, nur den Beitritt oder im Fall des Scheiterns der Verhandlungen den Nichtbeitritt kennt, ist eine privilegierte Partnerschaft für die Türkei europarechtlich nicht möglich. Hierbei ist dieses Argument aber durch eine Änderung des Vertrages aufhebbar und hängt letztlich am politischen Willen der Mitgliedstaaten zur Aufnahme der Türkei. Ansonsten hätte die Türkei eine Assoziation gemäß Art 310 EGV beantragen müssen. Auch deshalb konnten sich die 25 EU-Staatschefs am 17. Dezember 2004 auf „offenere“ Verhandlungsziele nicht restlos einigen.

    Haltung der Parteien in Deutschland

    In [[Deutschland vertreten insbesondere die CDU [20] und die CSU die Ansicht, dass die Türkei nicht der EU beitreten, sondern den Status einer so genannten „privilegierten Partnerschaft“ annehmen solle,[21] wogegen die SPD[22] und Bündnis 90/Die Grünen[23] mehrheitlich den Beitritt befürworten. Auch Die Linke ist für einen Beitritt.[24] Die Haltung der FDP zu einem Beitritt der Türkei ist nicht einheitlich.

    Insgesamt gibt es also eine parlamentarische Mehrheit für einen Türkei-Beitritt in Deutschland.

    Siehe auch

    Literatur

    Weblinks

    Dossiers
    Plädoyers für einen Beitritt
    Plädoyers gegen einen Beitritt

    Fußnoten

    1. Das Parlament: Konservative für Beobachterstatus, 31. Januar 2005
    2. n-tv: Miserables Zeugnis – EU kritisiert Türkei, 30. Oktober 2006
    3. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Beitrittsverhandlungen: EU sagt Treffen mit Türkei und Zypern ab, 2. November 2006
    4. Today’s Zaman: Turkey to wrap up political reforms before end of 2009, 2. April 2007
    5. ORF: Ankara verstärkt Europa-Kurs, 17. April 2007
    6. a b c Frankfurter Allgemeine Zeitung: EU-Beitrittsverhandlungen: Frankreich bremst Türkei-Gespräche, 26. Juni 2007
    7. Deutsche Welle: Sarkozy bietet im Streit um EU-Beitritt Ankaras Kompromiss an, 27. August 2007
    8. Die Zeit: Türkei: Erdogans AKP erzielt deutlichen Sieg, 22. Juli 2007
    9. Spiegel Online: Türkei: Erdogan will Reformtempo erhöhen, 31. August 2007
    10. ZEIT online: EU-Erweiterung: Brüssel mahnt: Mehr Tempo bei Reformen, 06. November 2007
    11. Der Standard: Christliche Türkei wäre längst in der EU, Kolumne von Gerfried Sperl, 1. Juli 2007
    12. eubusiness.com: Vatican not against Turkey’s EU membership: spokesman, 26. November 2006
    13. Die Welt: EU profitiert nicht von einem Türkei-Beitritt, 10. November 2004
    14. n-tv: Türkischer EU-Beitritt – Auswirkungen, 15. Dezember 2004
    15. Die Welt: „Vier Millionen Zuwanderer“, Interview mit Wolfgang Quaisser, 15. Dezember 2004
    16. Wahlen in der Türkei 2007, Dossier auf EurActiv.com
    17. Attitudes towards European Union Enlargement, veröffentlicht im Juli 2006 (PDF; 876 KB)
    18. Diaspora: Warum das Heim-Wahlrecht der Türken die Integration behindert, Cem Özdemir in Spiegel Online, 28. März 2007
    19. Für eine Abgestufte Integration. Zur Debatte um den EU-Beitritt der Türkei, Studie von Cemal Karakas, HSFK-Standpunkte, 4/2005
    20. Spiegel: CDU beschließt neues Grundsatzprogramm
    21. Türkei: Partnerschaft statt EU-Mitgliedschaft, Angela Merkel in der WELT, 16. Oktober 2004
    22. Warum die Türkei in die EU gehört, Gerhard Schröder in der WELT, 13. Oktober 2004
    23. Gehört die Türkei nach Europa?, Hintergrundpapier von MdEP Heide Rühle, August 2005
    24. Linkspartei für EU-Beitritt der Türkei, wenn Menschenrechte eingehalten werden, Pressemitteilung der Partei Die Linke, 09. August 2005]