Neunkirchen (Modautal)

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Neunkirchen
Gemeinde Modautal
Wappen von Neunkirchen
Koordinaten: 49° 44′ N, 8° 46′ OKoordinaten: 49° 43′ 59″ N, 8° 46′ 29″ O
Höhe: 510 (502–527) m ü. NHN
Fläche: 1,92 km²[1]
Einwohner: 176 (30. Juni 2020)[2]
Bevölkerungsdichte: 92 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Eingemeindet nach: Brandau
Postleitzahl: 64397
Vorwahl: 06254

Neunkirchen ist der zweitkleinste Ortsteil der Gemeinde Modautal im Odenwald und die höchstgelegene Ortschaft im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg.

Geographische Lage

Neunkirchen liegt im Vorderen Odenwald an der Neunkircher Höhe (605 m ü. NHN), der höchsten Erhebung im hessischen Odenwald. Südwestlich des Ortes verläuft die Landesstraße 3399. Angrenzende Ortschaften sind Brandau im Westen, Lützelbach im Nordnordwesten, Steinau im Nordosten, Winterkasten im Süden und Gadernheim im Südwesten. Ein weiterer Nachbarort ist Laudenau im Südosten.

Geschichte

Ortsgeschichte

Das Dorf wurde im Jahre 1222 erstmals urkundlich genannt. Im Jahr 1347 verkaufte Erkinger von Rodenstein alles, was er zu Neunkirchen besaß, dem Grafen Wilhelm von Katzenelnbogen. 1433 verkauften auch die Brüder Hermann und Konrad von Rodenstein ihren Anteil an Lützelbach dem Grafen Philipp von Katzenelnbogen. Im 16. Jahrhundert stand das Dorf den Junkern von Rodenstein zu, der Landgraf von Hessen hatte die Cent- und Hohe Obrigkeit mit Gebot und Verbot.[1]

In den historischen Dokumenten ist der Ort im Laufe der Jahrhunderte mit wechselnden Ortsnamen belegt:[1] Nuenkirchen (1222), Nuwenkirchen (Ende 14. Jahrhundert), Nunkirchen (1433), Neunkirchen (1748).

Neunkirchen lag im Gerichtsbezirk der Zent Oberramstadt. Die Zent war in sogenannte „Reiswagen“ eingeteilt, denen jeweils ein Oberschultheiß vorstand, die dem Zentgrafen unterstellt waren. Dieser Bezirk hatte einen Frachtwagen (Reiswagen) einschließlich Zugtieren und Fuhrknechten für Feldzüge bereitzustellen. Neunkirchen gehörte zum „Brandauer Reiswagen“, dem auch die Orte Brandau, Allertshofen, Hoxhohl, Herchenrod, Lützelbach, Ernsthofen, Neutsch, Klein-Bieberau und Webern angehörten. Die gesamte Zent Oberramstadt war dem Amt Lichtenberg zugeteilt. Diese Einteilung bestand noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.[3]

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Neunkirchen:

»Neunkirchen (L. Bez. Reinheim) luth. Pfarrdorf; liegt 212 St, von Reinheim und beinahe auf dem Gipfel der sogenannten Neunkircher Höhe, die 2364 Hess. (1820 Par.) Fuß über der Meeresfläche erhaben ist. Der Ort hat 15 Häuser und 102 luth. Einwohner. Man findet eine schöne 1742 erbaute Kirche, die wegen des hellen Anstrichs weit sichtbar ist, ein ganz massives Pfarrhaus und unter dem Schatten einer schönen alten Linde einen Springbrunnen, der auf einer solchen Höhe eine merkwürdige Erscheinung ist. Auf der Spitze des Bergs, der mit kolossalen Granitblöcken übersäet ist, genießt man eine herrliche, ganz unbeschränkte Aussicht bis zu den Vogesen, dem Donnersberg, dem Taunus; man erblickt den Rhein von Speier bis gegen Mainz, Frankenstein, Lichtenberg, Otzberg, die Ebene gegen Frankfurt hin, das odenwäldische Gebirge und unter diesem den hervorragenden Katzenbuckel. – Der Tradition nach gab zur Erbauung der Kirche ein Gesundbrunnen die Veranlassung. Es siedelten sich nach und nach mehrere Familien an, und die Rodensteiner und Andere pfarrten ihre Unterthanen ein. Der älteste bekannte Geistliche ist Rudolph von Rodenstein, ein Bruder Heinrichs und Erkingers, und erscheint 1360. Erkinger von Rodenstein verpfändete 1347 den Ort an Wilhelm II. von Katzenellenbogen. Diese Pfandschaft muß aber wieder abgelößt worden seyn, indem Neunkirchen 1413 von Herrmann von Rodenstein um 200 fl. an die Pfalz versetzt wurde.«[4]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden Neunkirchen und Lützelbach auf freiwilliger Basis am 31. Dezember 1971 in die Gemeinde Brandau eingegliedert und am 1. Januar 1977 kraft Landesgesetz mit, der am 1. April 1971 gebildeten Gemeinde Modautal, und weiteren Gemeinden zur neuen Gemeinde Modautal zusammengeschlossen.[5][6] Für Neunkirchen wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten bzw. Herrschaftsgebiete und deren untergeordnete Verwaltungseinheiten, in denen Neunkirchen lag:[1][8][9]

Gerichte

Neunkirchen gehörte zur Zent Oberramstadt und zeitweise Reichelsheim. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das „Hofgericht Darmstadt“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen. Damit war für Neunkirchen das Amt Lichtenberg zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Zentgerichte hatten damit ihre Funktion verloren.

Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lichtenberg das Gericht erster Instanz, zweite Instanz war das Hofgericht Darmstadt. Es folgten:[1]

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

• 1629: 00 8 Hausgesesse[1]
• 1637:   verwüstet[1]
• 1806: 096 Einwohner, 14 Häuser[10]
• 1829: 102 Einwohner, 15 Häuser[4]
• 1867: 101 Einwohner, 13 Häuser[12]
Neunkirchen: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2020
Jahr  Einwohner
1791
  
81
1800
  
88
1806
  
96
1829
  
102
1834
  
120
1840
  
113
1846
  
116
1852
  
107
1858
  
103
1864
  
100
1871
  
111
1875
  
104
1885
  
94
1895
  
96
1905
  
99
1910
  
89
1925
  
92
1939
  
87
1946
  
201
1950
  
165
1956
  
121
1961
  
124
1967
  
119
1970
  
111
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2007
  
152
2010
  
157
2011
  
156
2015
  
146
2020
  
176
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; 1791[13]; 1800[14]; Gemeinde Modautal[15]; Zensus 2011[16]

Religionszugehörigkeit

• 1829: 102 lutheranische (= 100,00 %) Einwohner[4]
• 1961: 105 evangelische (= 84,68 %), 15 katholische (= 12,10 %) Einwohner[1]

Politik

Für Neunkirchen besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Neunkirchen) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus drei Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen 2016 ist Sabrina Bormuth Ortsvorsteherin.[17]

Wappen und Flagge

Wappen

Wappen von Neunkirchen
Wappen von Neunkirchen

Blasonierung: In goldenem Schild auf einer schwarzen in ein Kreuz auslaufenden Spitze aufgelegt ein silberner Quell, auf den Seiten rechts eine rote Glocke, links eine rote Büchse.[18]

Das Wappen wurde der damaligen Gemeinde Neunkirchen (Odenwald) im Landkreis Darmstadt am 2. September 1963 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.

Flagge

Die Flagge wurde am gemeinsam mit dem Wappen am 2. September 1963 durch das Hessische Innenministerium genehmigt.

Flaggenbeschreibung: „Auf in rot und weiß geständertem Flaggentuch auf den Kreuzpunkt aufgelegt das Gemeindewappe.“

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Regelmäßige Veranstaltungen

Literatur

Commons: Neunkirchen – Sammlung von Bildern

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als gescheiterter Versuch einer erneuten Reichsgründung.
  2. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lichtenberg) und Verwaltung.
  3. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  4. Am 31. Dezember 1971 zur Gemeinde Brandau.
  5. Am 1. Januar 1977 als Ortsbezirk zur Gemeinde Modautal.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Neunkirchen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 23. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Institut für Landesgeschichte, abgerufen am 27. Mai 2018.
  2. Zahlen und Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im November 2020.
  3. Ferdinand Dieffenbach: Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart. Literarische Anstalt, Darmstadt 1877, S. 254 (online bei Google Books).
  4. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 167 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II 330–334) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 318, § 9 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
  6. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 234.
  7. a b Hauptsatzung. (PDF; 36 kB) §; 6. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im Februar 2019.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC 894925483, S. 43 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. a b Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
  11. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  12. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 62 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 122 (Online in der HathiTrust digital library).
  14. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 124 (Online in der HathiTrust digital library).
  15. Haushaltspläne 2017 bis 2019 (Vorbericht: Einwohner – Statistik). (PDF) In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, S. 30 ff, abgerufen im Juli 2019.
  16. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  17. Ortsvorsteher. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im November 2019.
  18. Genehmigung eines Wappens und einer Flagge der Gemeinde Neunkirchen, Landkreis Darmstadt, Regierungsbezirk Darmstadt vom 2. September 1963. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1963 Nr. 38, S. 1100, Punkt 967 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,6 MB]).
  19. Darmstädter Echo, Freitag, 4. Dezember 2015, S. 20