Geschichte der Raumfahrt

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Visionäre und Vordenker

Die Geschichte der Raumfahrt beginnt im frühen 20. Jahrhundert. Der Russe Konstantin Ziolkowski entwickelte in den 1900er Jahren die Theorie des Raketenantriebs und hatte unter anderem die Idee zur Flüssigkeitsrakete und zur Mehrstufenrakete. Es blieb jedoch bei der Theorie - er unternahm niemals irgendwelche Versuche, tatsächlich Raketen zu entwickeln.

Der US-Amerikaner Robert Goddard begann in den 1910er Jahren erste Überlegungen zum Bau von Raketenmotoren und über Raumflüge zum Mond und zum Mars. Er wurde wegen seiner Visionen als Phantast abgetan und geriet in Bezug auf die Raumfahrt fast vollständig in Vergessenheit. Er gilt aber als "Vater der Raketentechnik". 1926 konnte er eine selbstentwickelte Flüssigkeitsrakete erstmals erfolgreich testen und erzielte auch einige Erfolge mit seinen Raketen. Erst im Zuge der Raketenentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihm die verdiente Anerkennung zu teil.

1923 veröffentlichte der Deutsch-Österreicher Hermann Oberth sein bekanntestes Werk Die Rakete zu den Planetenräumen, mit dem er versuchte, den Deutschen die Idee der Raumfahrt schmackhaft zu machen. Obwohl der zunächst in Siebenbürgen tätige Wissenschafter mit diesem Buch die theoretischen und technischen Grundlagen für Raketen und Raumfahrt legte, wurde es in den meisten Kreisen nicht ernst genommen und als Science-Fiction-Literatur abgetan.
Oberth experimentierte mit dem Bau von Raketen und erkannte, dass nur Flüssigtreibstoff genügend Leistung entwickeln könne, um große Höhen zu erreichen. Ab den 1940er Jahren publizierte er zur Optimierung von mehrstufigen Raketen. 1955 stieß Oberth in Huntsville (Alabama)/USA zu seinem ehemaligen Schüler Wernher von Braun, der zum Leiter des amerikanischen Raketenprogramms aufgestiegen war.

Sein Schüler Max Valier (1895?1930) aus Südtirol (damals noch Österreich) griff diese Ideen in Innsbruck, Wien und München auf und wurde darüber wissenschaftlicher Autor. Mit Unterstützung Oberths veröffentlichte er 1924 das Buch Der Vorstoss in den Weltenraum (6 Auflagen bis 1930) und beschrieb - auch für Laien verständlich - ein Entwicklungsprogramm zur Raketentechnik. Vom Prüfstand über Raketenfahrzeuge und Flugzeuge führte es bis zum Raumrakete. Seine Experimente folgten diesem Weg, auch mit Fritz von Opel, erfolgreich mit Raketenantrieben für Autos, Schienenfahrzeuge und Flugzeuge, mit diversen Antriebsarten und Brennstoffen. Er starb jedoch bei Versuchen mit Flüssigtreibstoff, als 1930 eine Brennkammer auf dem Prüfstand explodierte, und gilt als erstes Opfer der Raumfahrt.

In den späten 20er Jahren gab es in Deutschland durch den Verein für Raumschiffahrt und Fritz Langs Stummfilm Die Frau im Mond einen regelrechten Boom des Raumfahrtgedankens. Dies führte zur Errichtung des Raketenflugplatzes Berlin in Berlin-Reinickendorf, der für die ersten praktischen Versuche mit Raketentechnik in Deutschland genutzt wurde.

Zu den Raumfahrtpionieren zählt auch Eugen Sänger (*1905 Böhmen, +1964 Berlin). 1923 regte ihn Oberths Buch zu speziellen Studien in Graz an (Flugzeugbau und Konstruktion, TU Graz). Wegen Widerständen einiger Professoren änderte er seine Dissertation "Raketenflugtechnik" (1929) in Richtung Flugzeugbau. Treibstoff-Experimente führten zum Buch "Raketenflugtechnik" (1933) - eines der Standardwerke der Raumfahrtliteratur. 1936 wechselte Sänger zur Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) Berlin-Adlershofen und erforschte den minimalen Energieaufwand für erdnahe Umlaufbahnen, weshalb der europäische Raumgleiter (Projekt ca. 1970-80?) nach ihm benannt wurde.
Die Weiterentwicklung Flugzeug - Raumflugzeug sollte nicht nur energetisch günstig, sondern auch ein Ausweg aus dem Rüstungswettlauf sein. So gründete Sänger die Internationale Astronautische Föderation IAF, förderte die internationale Raumfahrt-Kooperation und wurde 1962 an den neuen Lehrstuhl "Elemente der Raumfahrttechnik" der TU Berlin berufen, wo er 1964 während einer Vorlesung starb.

Die A4/V2-Rakete und der erste bemannte Raketenflug

Wernher von Braun wurde ab 1929 ein Mitarbeiter Oberths und ab 1937 der technische Leiter des Entwicklungsprogramms für militärische Raketen in Kummersdorf und später in Peenemünde. 1939 stellt von Braun in Kummersdorf die Rakete Aggregat 1 (A1) fertig, die aufgrund einer Fehlkonstruktion nicht flugfähig war. Das Nachfolgemodell, die A2, startet erfolgreich und erreicht bereits einige Kilometer Höhe. Die A3 (1936 entwickelt) ist bereits so groß, dass zu ihrem Test ein Umzug nach Peenemünde zwingend erforderlich wird, der Test schlägt jedoch fehl.

Start einer V2 am 24. Juli 1950

1942 schließlich ist die erste A4 fertiggestellt. Nach einem fehlgeschlagenen Startversuch hebt die A4 - auch als V2 für Vergeltungswaffe 2 bekannt - schließlich im März 1942 vom Boden ab. Über die nächsten Monate wird die Flugleistung der A4 kontinuierlich gesteigert, bis sie schließlich als Waffe einsatzbereit ist.

Der erste bemannte Raketenflug, allerdings mit tödlichem Ausgang, fand am 1. März 1945 auf dem Truppenübungsplatz Heuberg in der Schwäbischen Alb mit einer von Erich Bachem entwickelten Kleinrakete (Ba 349, Natter) statt. Der Pilot, Luftwaffenleutnant Lothar Sieber, starb vermutlich schon während des Fluges, bevor sich die Rakete in den Boden rammte.

Während die Sowjets ihr eigenes, bereits bestehendes Programm um etwa 3500 deutsche Facharbeiter sowie Konstruktionspläne der V2 erweiterten, wurden von den USA mit Wernher von Braun und dem Großteil seiner engsten Mitarbeiter die beinahe komplette Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Peenemünde in die USA gebracht. Braun, der im 3. Reich bereits Probleme bekommen hatte, weil er seine eigenen Raumfahrtträume für wichtiger als die militärischen Vorgaben gehalten hatte, ging nur allzu gerne und sollte in den folgenden Jahren an beinahe allen großen Raumfahrtprojekten der USA federführend beteiligt sein.

Sputnik und die frühe Raumfahrt in der Sowjetunion

Sergej Koroljow begann in den 30er Jahren in der Sowjetunion mit dem Bau von Raketen. Im Zuge der Stalinschen Säuberungen wurde auch er verhaftet, erst nach seiner Freilassung 1944 konnte wieder an Raketenentwicklungen mitarbeiten. Er wurde später der Chefkonstrukteur des sowjetischen Raketenprogramms. Koroljows Name wurde lange vor der Öffentlichkeit geheimgehalten - offizielle Verlautbarungen sprachen nur von "der Chefkonstrukteur".

Zu seinem ersten großen Erfolg gehört der Start von Sputnik 1 am 4. Oktober 1957 - das erste mal war ein künstlicher Satellit in die Erdumlaufbahn geschossen worden. Da Sputnik fortwährend Funksignale von sich gab, fand dieses Ereignis weltweite Beachtung und versetzte dem Westen den so genannten Sputnik-Schock. Das Gewicht des Sputnik-Satelliten ließ mit über 80 Kilogramm keinen Zweifel am militärischen Potential der Trägerrakete: Die UdSSR besaß nun Interkontinentalraketen. In den USA wurde die Raumfahrt zunehmend zum Politikum und Wahlkampfthema. Präsidentschaftskandidat John F. Kennedy kommentierte den Sputnik-Start mit den Worten: "Falls die Sowjets den Weltraum kontrollieren, dann können sie die Erde kontrollieren, so wie in den vergangenen Jahrhunderten diejenige Nation die Kontinente beherrschte, die auch die Weltmeere kontrollierte."

Die sowjetische Raumfahrt schritt weiter zügig voran und Sputnik 2 brachte noch im selben Jahr mit der Hündin Laika das erste Lebewesen in den Weltraum. Sputnik 5 brachte schließlich 1960 eine ganze Reihe von Lebewesen nicht nur in den Orbit, sondern auch wieder sicher zurück auf die Erdoberfläche.

Der nächste entscheidende Schritt erfolgte am 12. April 1961, als Juri Gagarin mit der Wostok 1 als erster Mensch die Erde umkreiste. Zum Vergleich: Der erste US-Amerikaner im Weltall (Alan Shepard) führte einige Wochen später am 5. Mai 1961 im Rahmen des Mercury-Programms lediglich einen 16-minütigen suborbitalen Flug durch, er erreichte also nicht einmal die Umlaufbahn um die Erde.

Der erste Weltraumspaziergang, also das Verlassen einer Raumkapsel nur geschützt durch einen Raumanzug, gelang schließlich Alexej Leonow am 2. März 1965. Leonow kam allerdings nur knapp mit dem Leben davon.

Der UdSSR gelangen auch die erste harte (Lunik 2, 1959), sowie weiche Mondlandung (Luna 9, 1966) und bereits 1959 erfolgte mit Lunik 3 die erste Mondumrundung, die das erste Photo der - von der Erde aus nicht sichtbaren - Mondrückseite lieferte. Mit Luna 16 und Luna 20 gelang es auch, Mondgestein zurück zur Erde zu bringen, und 1970 erfolgte die Fahrt des ersten unbemannten Roboterfahrzeugs auf dem Mond (Lunochod 1). Im gleichen Jahr glückte auch mit Venera 7 die erste weiche Landung auf der Venus.

Die Aufholjagd der USA und die Reise zum Mond

Am 25. Mai 1961 hielt US-Präsident John F. Kennedy seine berühmt gewordene Rede, in der er versprach, "noch vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond zu landen und sicher zur Erde zurückzubringen." 1962 gelang es den USA schließlich mit John Glenn den ersten US-Amerikaner sicher in den Orbit und zurück zu bringen. Das Mercury-Programm erhielt nun einen Nachfolger, das Gemini-Projekt. Im Rahmen dieses Programms wurden verschiedene Techniken erprobt, die alle für die spätere Mondlandung notwendig sein würden. Ein wichtiger Schritt waren die Missionen Gemini 6 und 7, die kurz aufeinanderfolgend gestartet wurden, um die Annäherung zweier Raumfahrzeuge zu erproben - ein Ankopplungsmanöver fand allerdings noch nicht statt, dies wurde erstmals mit Gemini 8 erfolgreich erprobt.

Datei:Apollo11Crew.jpg
Apollo 11 Crew: Neil Armstrong, Michael Collins, Buzz Aldrin - Quelle: NASA

Als Trägersystem für die Apollomissionen wurde die Saturn-Rakete entwickelt, die am 9. November 1967 ihren Jungfernflug hatte. Mit der Apollo 7-Mission wurde das vollständige System erstmals im bemannten Einsatz getestet, einer einfachen Erdumkreisung, und schon mit der Apollo 8-Mission 1968 wurde erstmals der Mond umrundet.

Am Abend des 20. Juli 1969 landete Apollo 11 auf dem Mond. Neil Armstrong verließ um 3 Uhr 56 UT die Landefähre und betrat als erster Mensch den Mond mit dem legendär gewordenen Ausspruch:

That's one small step for [a] man, one giant leap for mankind.
(Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit).
Original Tonaufzeichnung der NASA (.wav Format, 260kb)

Am 7. Dezember 1972 fand mit Apollo 17 die bisher letzte bemannte Reise zum Erdtrabanten statt.


Weitere wichtige Schritte

Die erste Wostokmission und die Apollomissionen gelten als Meilensteine im Bereich der bemannten Raumfahrt, aber nach dem Ende des Apollo-Programms verließ kein Mensch mehr die unmittelbare Nähe der Erde. Die Anstrengungen konzentrierten sich nun verstärkt auf die unbemannte Raumfahrt, auf die kommerzielle Nutzung des Orbits, sowie auf die permanente Etablierung der Menschheit im Orbit.

Mit Saljut 1 wurde am 19. April 1971 die erste Raumstation in den Orbit gebracht. 1981 erfolgte mit dem US-amerikanischen Space Shuttle Columbia der erste Start einer Raumfähre. Zwei tragische Unfälle trübten die ansonsten gute Erfolgsbilanz der Shuttles: Die Explosion der Challenger am 28. Januar 1986 kurz nach dem Start und der Absturz der Columbia am 1. Februar 2003 kurz vor der Landung. Im Frühjahr 1986 startete die Sowjetunion die Raumstation Mir, die mit einer Betriebsdauer von 15 Jahren die bislang erfolgreichste Raumstation war. Seit November 2000 ist die Internationale Raumstation ISS permanent bemannt, der weitere Ausbau der Station wurde aber nach dem Columbia-Unglück vorläufig eingestellt und die Besatzung auf zwei Mann reduziert. Am 15. Oktober 2003 gelang es der Volksrepublik China mit einer Rakete vom Typ Langer Marsch CZ-2F als dritter Nation nach der Sowjetunion und den USA Menschen ins All zu bringen.

Siehe auch: Raumfahrt, Liste der bemannten Raumfahrtmissionen, Liste der unbemannten Raumfahrtmissionen, Russische Raumfahrt, Europäische Raumfahrt, Katastrophen der Raumfahrt

Literatur

  • Geschichte der Raumfahrt, Werner Buedeler, Sigloch Edition, ISBN 3-89393-194-5 (! Reicht nur bis Anfang der 80er Jahre !)
  • Geschichte der Raumfahrt, Günther Siefarth, Beck'sche Reihe 2153, ISBN 3-406-44753-8 (Berichtsstand: Ende 2000)

Weblinks