Hasankeyf
Hasankeyf | ||||
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Der Tigris in Hasankeyf, im Fluss die Pfeiler der 1116 erbauten Brücke | ||||
Basisdaten | ||||
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Provinz (il): | Batman | |||
Koordinaten: | 37° 43′ N, 41° 25′ O | |||
Einwohner: | 3.129[1] (2012) | |||
Telefonvorwahl: | (+90) 488 | |||
Postleitzahl: | 72350 | |||
Kfz-Kennzeichen: | 72 | |||
Struktur und Verwaltung (Stand: 2013) | ||||
Bürgermeister: | Abdülvahap Kusen (AKP) | |||
Landkreis Hasankeyf | ||||
Einwohner: | 6.702[1] (2012) | |||
Fläche: | 530 km² | |||
Bevölkerungsdichte: | 13 Einwohner je km² | |||
Kaymakam: | Ceyhun Dilşad Taşkın | |||
Webpräsenz (Kaymakam): |
Hasankeyf (altgriechisch Κιφας, kurdisch Heskîf, aramäisch Hesna/Hesno, Hsenkep oder Hesno d-kepo, von syrisch ܚܨܢ ܟܐܦܐ Ḥéṣn Kayfa) ist eine antike Stadtfestung am Tigris und ein heutiger Landkreis in der türkischen Provinz Batman.
Der türkische Name Hasankeyf bedeutet wörtlich „Hasans Freude“, was eine Verballhornung des arabischen Namen حصن كيفا / Ḥiṣn Kayfā ist. Ḥiṣn Kayfā bedeutet „Felsenfestung“ oder „Felsenburg“. Die Römer nannten die Stadt Kip(h)as, Kephe, Cepha oder Ciphas. Dies wiederum dürfte von dem syrischen Wort Kifa für „Fels“ abzuleiten sein (Syrisch und Arabisch sind verwandte Sprachen).
Inhaltsverzeichnis
Von der Gründung bis zum 12. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Geschichte von Hasankeyf wird erst in den ersten Jahrhunderten nach christlicher Zeitrechnung greifbar. Der Ort lag in jenem Teil Nordmesopotamiens, den seit dem 3. Jahrhundert sowohl die (Ost-)Römer als auch die persischen Sassaniden beanspruchten. Daher wechselten die Machthaber zunächst oft. Wohl bald nach 363 bauten die Römer hier eine Grenzfestung, die den wichtigen Tigrisübergang kontrollieren sollte: Man nannte diese Grenzfestung Kiphas und konnte die Sassaniden in den Folgejahren zumeist abwehren; erst 608 gelang diesen unter Chosrau II. die Einnahme des Ortes, den sie aber 630 an die Römer zurückgaben. Wohl 638, im Laufe der islamischen Expansion, eroberten dann die Araber den Ort. Seit diesem Zeitpunkt lebten die Christen dieser Gegend unter islamischer Oberhoheit, zuerst unter den Umayyaden, dann unter den Abbasiden. Die Hamdaniden herrschten hier von 906–990 und nach ihnen die kurdischen Marwaniden von 990–1096. Hasankeyf besaß bis dahin keine besondere strategische Bedeutung für die Moslems.
Ab 1101 wurde Hasankeyf unter den Artukiden zum Zentrum ausgebaut. Die Artukiden stammen von Artuk, einem General des Seldschukenherrschers Malik Schah I., ab. Sie herrschten bis 1232, waren aktive politische Akteure und bauten die Stadt aus. Sie bauten eine Medrese, Wasserkanäle, die zur Burg hin hochreichten, und eine neue Brücke über den Tigris.
Historie ab dem 13. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1232 fiel die Stadt an die Ayyubiden. 1260 wurde die Stadt von den Mongolen überrannt. Hülegü verschonte Hasankeyf, als er hörte, dass dessen Herrscher ein Ayyubide war. 1301 überfiel Hülegüs Nachkomme Ghazan die Stadt. Nach der Zerstörung bauten die Ayyubiden die Stadt wieder auf. Viele der Bauwerke stammen aus dieser Zeit. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts stagnierte die Entwicklung. Von 1461 bis 1482 regierten die Akkoyunlar. Die Ayyubiden gewannen Hasankeyf zwar wieder, gerieten dann aber unter den Druck der Safawiden. 1515 gewannen die Osmanen dieses Gebiet und überließen den Ayyubiden die Verwaltung der Stadt. Dies war eine Strategie des Sultans, um die lokalen kurdischen Herrscher gegen die Safawiden zu gewinnen. Die Herrschaft der Ayyubiden endete 1524 und die Osmanen schlugen Hasankeyf dem Eyâlet Diyarbakır zu.
Im 16. Jahrhundert soll die Stadt an die 10.000 Einwohner gehabt haben, davon 60 % Christen. Damals war das zu Hasankeyf gehörende Gebiet allerdings größer und umfasste ganz Batman, Siirt und Teile von Mardin. Mit der Zeit verlor Hasankeyf immer mehr an Größe und Bedeutung, behielt bei den Kurden jedoch den Status einer Kultstätte bzw. eines nationalen Erbes. Während des Genozids an den Armeniern 1915–1917 war Hasankeyf ein wichtiger Vernichtungsort, da sich Deportationsrouten dort kreuzten.
Die Bevölkerungszahl sank in den letzten 20 bis 30 Jahren dramatisch.
Das umstrittene Staudamm-Projekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Zuge des Südostanatolien-Projekts, das die Schaffung vieler Staudämme – wie auch des Ilısu-Staudamms – im Südosten der Türkei zum Ziel hat, plant der türkische Staat, Hasankeyf unter Wasser zu setzen. Dagegen regt sich bis heute nationaler, meist kurdischer, und internationaler Protest. Ungeachtet dessen hat die Türkei Anfang August 2006 mit dem Bau des Staudamms begonnen. Am 15. Dezember 2006 gewährte der Schweizer Bundesrat den Firmen Alstom, Colenco, Maggia und Stucky Exportrisikogarantien in Höhe von 225 Millionen Franken für das Ilısu-Staudammprojekt. Von den etwa hundert angeführten Auflagen sollten mindestens 25 „zufriedenstellend“ erfüllt werden.
Am 26. März 2007 genehmigten auch das deutsche[2][3] und das österreichische[4] Regierungskabinett Kreditgarantien für am Bauprojekt beteiligte einheimische Unternehmen, da die vorgegebenen Kriterien erfüllt seien. Teile der antiken Stadt sollen versetzt und in einem Kulturpark wieder aufgebaut werden. Kritiker vermelden aber, dass nur ein kleiner Teil der antiken Schätze bewahrt werden wird.
Die Schweiz stoppte die Exportrisikogarantie, genau wie Deutschland und Österreich, nachdem trotz erheblicher Verbesserungen des Projekts Auflagen für den Umwelt- und Kulturgüterschutz nicht zufriedenstellend erfüllt worden waren[5].
Im Februar 2010 gab der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan bekannt, dass seine Regierung neue Kreditgeber gefunden hat und somit der Staudamm gebaut werden kann. Die Finanzierung des höchst umstrittenen Projekts war fraglich geworden, nachdem Deutschland, Österreich und die Schweiz im Sommer 2009 Kreditbürgschaften gekündigt hatten. Anfang 2016 beschloss das türkische Parlament endgültig, das Projekt umzusetzen.[6] Die Staumauer wurde im Juli 2017 fertig gestellt.[7]
Am 12. Mai 2017 wurde das Zeynel-Bey-Mausoleum mit einem speziellen Transporter versetzt, um einer Überflutung zu entgehen. Es befindet sich nun 2 km entfernt im neuen Hasankeyf-Kulturpark.[8] Weitere acht bedeutende Gebäude sollen demnächst umgesetzt werden.[9]
Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Die 1116 vom Artukiden Fahrettin Karaaslan erbaute Brücke, heute eine Ruine. Teile der alten Brücke bestanden aus Holz, das man entfernte, wenn Feinde die Stadt bedrohten.
- Der artukidische Palast
- Die ayyubidische Ulu Cami
- Der kleine Palast der Ayyubiden
- Felsenwohnungen
- Zeynel-Bey-Mausoleum, Grabmal des Sohnes von Uzun Hasan aus dem 15. Jahrhundert
Verschiedene Bilder von Hasankeyf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- S. Ory: Ḥiṣn Kayfā. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd 3. Brill, Leiden 1986–2002 ISBN 90-04-08114-3 S. 506–509
- A. Fink: Der arabische Dialekt von Hasankeyf am Tigris (Osttürkei). Geschichte – Grammatik – Texte – Glossar. Harrassowitz, Wiesbaden 2017 (Semitica Viva 57), ISBN 978-3-447-10898-0
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

- Staudamm bedroht Kulturschätze von Hasankeyf ARTE-Beitrag (22 min Video) von Michael Enger, Deutschland 2007
- „Lokaler Widerstand gegen den geplanten Ilisu-Staudamm“, NZZ, 17. Oktober 2006
- „Ilisu-Staudamm: Bundesrat bewilligt Exportrisikogarantie“, Basler Zeitung, 15. Dezember 2006
- „Grünes Licht für türkischen Staudamm - Proteste“ (Memento vom 20. Juni 2009 im Internet Archive), ORF, 27. März 2007, mit Audio-Datei, 1:27 Min.
- Beitrag des NDR zu ttt vom 5. Juli 2009: Rettet Hasankeyf – Künstler protestieren gegen Mega-Staudamm (Memento vom 5. Januar 2010 im Internet Archive) (mit Video)
- Fotos von Hasankeyf
- Fotos
- noch mehr Fotos
- WEED: Der Ilisu-Staudamm im Südosten der Türkei
- Türkei: Wasser als Waffe. Mit ihren Staudämmen kann die Türkei Syrien und dem Irak das Wasser abdrehen, von Elke Dangeleit, Telepolis, 15. April 2017
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ a b Türkisches Institut für Statistik (Memento vom 27. Juni 2013 im Webarchiv archive.is), abgerufen 14. Juli 2013
- ↑ „Land unter für deutschen Export“, die tageszeitung, 28. März 2007
- ↑ "Exportkreditgarantie für Ilisu-Staudamm" (Memento des Originals vom 11. Mai 2008 im Internet Archive)
Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Bundeswirtschaftsministerium
- ↑ „Ilisu-Projekt. Republik Österreich erteilt Exportgarantie“ (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., wienweb.at, 26. März 2007
- ↑ „Keine Garantien für umstrittenen Ilisu-Damm “, NZZ online, 7. Juli 2009
- ↑ Hasankeyf: 12.000 Jahre Geschichte werden geflutet, Meldung der DTJ vom 29. Januar 2016
- ↑ Ilısu Barajı'nın gövdesi tamamlandı, Meldung der Hürriyet vom 29. Juli 2017
- ↑ Türkei rettet 1100-Tonnen-Grabstätte, Meldung auf www.n-tv.de vom 12. Mai 2017
- ↑ Hasankeyf'teki Kültürel Miras Bir Bir Taşınıyor, Meldung der Milliyet vom 27. Juli 2017