Horst Ruprecht (Regisseur)

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Horst Ruprecht (* 19. Juni 1938 in Teplitz-Schönau, Tschechoslowakei) ist ein deutscher Regisseur, Ensembleleiter, Schauspieldirektor sowie Schauspielpädagoge.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruprecht absolvierte von 1954 bis 1956 eine kaufmännische Ausbildung in Halle/Eisleben. Wegen einer Lungenerkrankung wurde er nicht zum Wehrdienst bei der NVA eingezogen. Von 1960 bis 1962 studierte er an der Staatlichen Schauspielschule, der Vorgängerin der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin, unter der Direktion von Rudolf Penka und Wolfgang Heinz und hospitierte am Berliner Ensemble und am Deutschen Theater. Von 1962 bis 1964 wurde er mit einer Absolventengruppe an das Landestheater Parchim verpflichtet. Seine erste Inszenierung Der entfesselte Wotan (1963), eine Komödie von Ernst Toller, wies bereits sein starkes Regietalent aus und wurde auf Gastspielen u. a. in Berlin und Schwerin gezeigt. 1964 absolvierte er eine Regieaspirantur bei Fritz Bennewitz am DNT Weimar.

Von 1965 bis 1969 wurde er Assistent/Dozent an der Deutschen Hochschule für Filmkunst Potsdam-Babelsberg in der Fachrichtung Schauspiel. Seiner mit Studenten (u. a. Winfried Glatzeder, Jaecki Schwarz, Regina Beyer, Madeleine Lierck) erarbeiteten Inszenierung des satirischen Lustspiels Die Kampagne von Joachim Knauth 1968 (im Jahr des Prager Frühlings) wurden von verschiedenen Gremien der Hochschule antisozialistische Tendenzen unterstellt. Nur das pro domo des scheidenden Rektors Konrad Schwalbe verhinderte die Absetzung. Die drastische Inszenierung wurde zur Freude des Publikums innerhalb des Spielplans des Hans-Otto-Theaters Potsdam gezeigt. Nach der erfolgreichen Gastinszenierung Der Himbeerpflücker von Fritz Hochwälder am Theater Nordhausen war Ruprecht dort von 1969 bis 1972 Oberspielleiter. Wichtigste überregional stark beachtete Inszenierung war Die Soldaten nach J.M.R. Lenz.

Intendant Albert Bussmann holte ihn als Oberspielleiter an das Meininger Theater und förderte seine produktive, kreative Arbeit mit dem Ensemble maßgeblich. Zum szenischen Ereignis der Meininger Zeit wurde 1973 die Inszenierung Napoleon oder Die hundert Tage von Christian Dietrich Grabbe mit Gastspielen u. a. in Berlin und Leipzig. Das Landestheater Halle (Intendant Ulf Reiher) verpflichtete ihn 1974 als 1. Spielleiter/Schauspieldirektor. Im Gegensatz zur von der SED-Kulturpolitik gefeierten Ära Gerhard Wolfram/Horst Schönemann, bestimmten unter seiner Leitung andere Intentionen die Hallische Theaterarbeit. Höhepunkte waren die DDR-Erstaufführung von Geschichten aus dem Wiener Wald von Ödön von Horváth, Dantons Tod von Georg Büchner, die DDR-Erstaufführung Scherz, Satire von Chr. D. Grabbe, die die DDR-Erstaufführung des sowjetischen Stückes Im Morgengrauen ist es noch still (diese war bei den Ostberliner Festtagen ein umjubeltes Gastspiel) sowie Jutta oder die Kinder von Damutz von Helmut Bez 1978, die zum kulturpolitischen Eklat führte. Der neue Intendant Günther Schröder verlangte nach der Premiere im Auftrag der SED-Bezirksleitung Änderungen, die der Regisseur nicht akzeptierte. Die Inszenierung wurde abgesetzt. 1979 – nach weiteren Einmischungsversuchen der Parteileitung des Landestheaters in die künstlerische Arbeit – kam es zum endgültigen Bruch und Ruprecht verließ das Theater. Einladungen zu Gastinszenierungen in die Bundesrepublik in den frühen 1980er Jahren durfte er nicht wahrnehmen.

Von 1979 bis 1986 arbeitete Ruprecht intensiv an den Schauspielhochschulen in Berlin (Ernst Busch) und Leipzig (Hans Otto), am Studio Halle des DDR-Fernsehens und gelegentlich als Gastregisseur in Erfurt und Weimar. 1986 engagierte ihn der Generalintendant der Bühnen der Stadt Magdeburg Karl Schneider als Schauspieldirektor. Die Magdeburger Jahre bis 1990 waren mit einem jungen Ensemble produktiv. Die dortige Arbeit fand über Festivaleinladungen auch überregional starke Beachtung. Eine Einladung des österreichischen Autors Peter Turrini, unterstützt vom ehem. österreichischen Bundeskanzler Franz Vranitzky, ermöglichte ihm nach einer Petition bei Kurt Hager (SED-Politbüro) Gastinszenierungen von 1989 bis 1992 in Salzburg und Wien.

1992 inszenierte Ruprecht als Gast am Schauspiel Leipzig Horváths Geschichten aus dem Wiener Wald und wurde dort in der Folge Schauspieldirektor. Obwohl er Favorit des Rates der Stadt Leipzig für die 1995 ausgeschriebene Position des Intendanten war, er war künstlerisch unumstritten und hatte große Publikums- und Presseerfolge aufzuweisen, wurde der bis 1996 laufende Vertrag bereits 1994 im Konflikt aufgelöst. Seit 1996 ist Ruprecht als Gastregisseur an verschiedenen Theatern tätig. Besonders die Intendanten Wolfram Krempel (Stadttheater Ingolstadt), Karin H. Veit (Schlosstheater Celle), Dieter Gackstetter (Landestheater Coburg) und Gerhard Weber (Theater Trier) luden ihn regelmäßig zu Gastinszenierungen ein. Seine programmatische, ensembleprägende Theaterarbeit jedoch, geschult an Meyerhold und Brecht, aber auch an Juri Petrowitsch Ljubimow und Andrzej Wajda, konnte er im wiedervereinten Deutschland nicht fortsetzen.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teilnahme an Festivals[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1974: Berliner Festtage und Messegastspiel Leipzig mit Napoleon oder Die hundert Tage von Christian D. Grabbe (Meininger Theater)
  • 1975: Berliner Festtage und Wiedereröffnung des Deutschen Nationaltheaters Weimar mit Im Morgengrauen ist es noch still von Boris Wassiljew (Landestheater Halle)
  • 1976: Arbeiterfestspiele Dresden mit Im Morgengrauen ist es noch still von Boris Wassiljew (Landestheater Halle)
  • 1987: Erstes nationales Theaterfestival der DDR mit Happy End von Brecht/Hauptmann/Weill (Bühnen der Stadt Magdeburg)
  • 1988: Berliner Festtage mit Und die Liebe höret nimmer auf Schnitzler-Horváth-Abend (Bühnen der Stadt Magdeburg)
  • 1989: Zweites nationales Theaterfestival der DDR mit Sonntagskinder von Gerlind Reinshagen (Bühnen der Stadt Magdeburg)
  • 1989: Shakespearetage Weimar mit Annabella oder Schade dass sie eine Hure war von John Ford (Bühnen der Stadt Magdeburg)
  • 1993: Euro-Szene Leipzig mit König Ubu von Alfred Jarry (Schauspiel Leipzig)
  • 1994: Avantgarde Festival „Kontakte“ Toruń (Polen) mit König Ubu von Alfred Jarry (Schauspiel Leipzig)
  • 1994: Duisburger Akzente mit Von Menschen und Haien von Brecht/Jarry „Dreigroschenoper/König Ubu/Lux in Tenebris“ (Schauspiel Leipzig)

Inszenierungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1963 bis 1989[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1990[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen:[1]

TV und Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutsche Hochschule für Film und Fernsehen

Fernsehfilme

  • 1970 Prüfung zu Dritt (Deutscher Fernsehfunk/DFF)
  • 1992 Genosse Brüggemann von Gerald Szyszkowitz (NDR/MDR/WDR/SR/ORF)

Fernsehspiele

  • 1971 Herr Geldhab von Aleksander Fredro (DFF, u. a. mit Madeleine Lierck, Günther Schubert, Julius Theurer)
  • 1972 Herr Leonida und die Reaktion von Caragiale (DFF, u. a. mit Carola Braunbock, Wilhelm Thielmann)
  • 1978 Valentin und Valentina sowjetisches Gegenwartsstück (DFF, u. a. mit Karin Weser, Werner Stempel)
  • 1978 Kieselstein am Meeresstrand oder Anatomie eines Mordes von Natasa Tanska (DFF, am Sendetag aus ideologischen Gründen verboten)
  • 1981 Der Schwarzkünstler von Emil Gött (DFF, u. a. mit Jenny Gröllmann, Hanjo Hasse, Gunther Sonneson)
  • 1982 Katharina in der Klemme von M.Domanski (DFF, u. a. mit Jenny Gröllmann, Heinz Behrens, Erwin Berner)
  • 1983 Mutter darf nicht heiraten (DFF, u. a. Christel Peters, Thomas Thieme)
  • 1980/86 Diverse Fernsehlustspiele (DFF/Studio Halle)

Theateraufzeichnungen

  • 1971 Der Maulheld von Joachim Knauth nach Plautus (Theater Nordhausen/DFF)
  • 1976 Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung von Christian Dietrich Grabbe (Landestheater Halle/DFF)
  • 1978 Geschichten aus dem Wiener Wald von Ödön von Horváth (Landestheater Halle/DFF)
  • 1983 Held Ulysses von Harald Gerlach nach Ludvig Holberg (Städtische Bühnen Erfurt/DFF)
  • 1991 Der Prozess von Schamgorod von Elie Wiesel (Salzburger Landestheater/ORF)

Darstellung Ruprechts in der bildenden Kunst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Presseberichte unterschiedlicher Presseorgane der DDR, der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs sowie Hörfunkkritiken
  2. Porträt Horst Ruprecht. In: Deutsche Fotothek. 1967, abgerufen am 15. September 2023.