Valle Leventina
Die Valle Leventina (deutsch meist kurz Leventina, veraltet Livinental) ist ein Tal im Kanton Tessin in der Schweiz.
Geographie
Die Leventina wird vom Fluss Ticino durchflossen und erstreckt sich von Airolo am Südende des Gotthardpasses bis nach Biasca. Zusammen mit dem westlich gelegenen Val Bedretto bildet sie den Distretto di Leventina (Bezirk Leventina).
Das Tal liegt auf einer auf europäischer Ebene sehr wichtigen Verkehrsachse. Der am oberen Ende der Leventina liegende Gotthardpass hat die Geschichte des Tales durch die Jahrhunderte stets beeinflusst. Durch die Leventina fuhr früher die alte Gotthardstrasse, später die Gotthardbahn und dann die Autobahn A2, welche Chiasso mit Basel verbindet. In Bodio befindet sich das Südportal des zukünftigen längsten Eisenbahntunnels der Welt (NEAT), in Polmengo bei Faido hat es einen Zwischenangriff.
Die Leventina hat zahlreiche Seitentäler, die wichtigsten davon sind das Val Piumogna bei Dalpe, das Val Chironico bei Chironico und das Val d'Ambra bei Personico auf der rechten Seite, sowie das Val Canaria bei Airolo und das Val Piora oberhalb von Piotta auf der linken Seite. Im Val Piora befinden sich der Ritom Stausee und der v.a. bei den Biologen wohl bekannte Cadagnosee.
Das Tal ist durch Schluchten in drei Teilen unterteilt.
Alta Leventina
Der obere Teil des Tals liegt oberhalb der Piottino-Schlucht und wird Alta Leventina genannt. Zur Alta Leventina gehören die Gemeinden Airolo, Quinto, Prato Leventina und Dalpe, sowie die im westlich gelegenen Val Bedretto liegende Gemeinde Bedretto. Die Talsohle der Alta Leventina liegt zwischen 950 Meter bei Rodi-Fiesso und 1150 m bei Airolo. Eine weitere Schlucht, die Stalvedro-Schlucht befindet sich im Alta Leventina kurz unterhalb des Dorfs Airolo. Obwohl diese Schlucht früher ebenfalls ein Hindernis auf der Passstrasse war, spielt sie bei der Unterteilung des Tales keine Rolle, da sie mit keinem Höhenunterschied verbunden ist.
Media Leventina
Die Media Leventina ist der mittlere Teil des Tales von der Piottino-Schlucht bis zur Biaschina-Schlucht südwestlich von Lavorgo. Zur Media Leventina gehören die Gemeinden Osco, Mairengo, Faido, Calpiogna, Campello, und Chironico. Die Talsohle der Media Leventina liegt zwischen 650 m bei Lavorgo und 750 m oberhalb von Faido.
Bassa Leventina
Der Teil unterhalb der Biaschina Schlucht bis Biasca wird Bassa Leventina genannt und hat einen rein südlichen Charakter. Zur Bassa Leventina zählen die Gemeinden Giornico, Bodio, Pollegio und Personico. Die Gemeinden Anzonico, Cavagnago und Sobrio gehören zwar zum Circolo die Giornico, werden jedoch manchmal zum Media Leventina gezählt. Die Talsohle der Bassa Leventina liegt zwischen 300 und 400 Meter hoch.
Dialekt
Im Leventina spricht man italienisch, allerdings einen Dialekt, der dem Rätoromanischen stark angenähert ist (vor allem im Alta Leventina). Vor allem im oberen Teil des Tals ist auch der Einfluss von Norden her spürbar: Viele Worte stammen zum Beispiel in Airolo aus dem Deutschen. Innerhalb des Leventinas haben alle Gemeinden je ihren eigenen Unter-Dialekt, in Gemeinden mit mehreren Ortschaften wie zum Beispiel Airolo oder Quinto haben sogar diese ihren eigenen Unterdialekt.
Wie im übrigen Tessin wird leider der Dialekt immer weniger gesprochen und viele Ausdrücke verschwinden vom Sprachgebrauch. Dafür verantwortlich sind zum Einen das Verschwinden der landwirtschaftlichen Kultur, welche die Alpentäler während Jahrhunderte geprägt hat und zum Anderen die geringe Anzahl Einheimischen, die noch im Tal leben. Anders als in der Deutschschweiz, wo der Dialekt eine hohen Stellenwert geniesst, gibt es im Tessin viele, die sich schämen, ihre alte Sprache zu sprechen. Dialekt zu sprechen wird in manchen Kreisen verpönt, was zu einem Rückgang der Sprache führte. Ferner führte die Einwanderung vieler italienischen Arbeiter zu einer grösseren Durchmischung zwischen den Bevölkerungsgruppen.
Geschichte
Die Leventina hat immer eine zentrale Rolle bei der Überquerung der Alpen gespielt da es zum Gotthardpass führt. Früher wurde das Tal vom Kanton Uri beherrscht, welcher ins Leventina Landvögte schickte. In diesem Zusammenhang ist die Revolte der Leventiner von 1755 in Erinnerung geblieben, welche von den Urner blutig beendet wurde. Dabei wurden drei mutmassliche Anführer auf dem Platz des Hauptortes Faido geköpft. Früher hatte es zwischen den Urner und den Mailänder schon Schlachten zur Kontrolle des Leventinatal gegeben. Bekannt ist besonders die Schlacht bei Giornico, der Battaglia dei Sassi Grossi bei Giornico von 1478.