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„Blasenkrebs“ – Versionsunterschied

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== Diagnostik ==
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[[Datei:Blasentumor.jpg|mini|Blasenkrebs in der FDG-PET/CT-Darstellung]]
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Da die meisten Karzinome durch eine [[Hämaturie]] auffallen, muss zuerst eine Ursache dieses Symptoms an der Niere ausgeschlossen werden. Dazu empfiehlt sich eine [[Sonografie|Ultraschalluntersuchung]] der Nieren und Harnblase. In manchen Fällen kann ein Blasentumor schon durch diese Untersuchung festgestellt werden. Ebenso können durch ein [[Urografie|Urogramm]], bei dem intravenös gegebenes [[Kontrastmittel]] über den Urin ausgeschieden wird und in mehreren [[Röntgenaufnahme]]n eine Darstellung von Nieren und Harnwegen möglich ist, Hinweise auf ein Harnblasenkarzinom gewonnen werden. Auch eine [[Computertomographie]] (CT) kann den Tumor erfassen. Ebenso kann sie für die Suche nach vergrößerten [[Lymphknoten]] eingesetzt werden. Sie stellt aber nur Lymphknoten ab einer Größe von 1&nbsp;cm dar und ist somit von begrenzter diagnostischer Aussagekraft und geringem Wert beim Blasenkarzinom. Für die [[Magnetresonanztomographie]] (MRT) gilt im Grunde das Gleiche. Eine weitere Maßnahme ist eine [[Zytodiagnostik|zytodiagnostische]] Untersuchung ([[Urinstatus#Zellen|Urinzytologie]]). Dabei werden abgeschilferte Oberflächenzellen im Urin, die aus der Blase und den Harnwegen kommen, mikroskopisch untersucht. Diese Untersuchung besitzt bei schlecht differenzierten Tumoren eine [[Beurteilung eines Klassifikators#Sensitivität und Falsch-Negativ-Rate|Sensitivität]] von rund 80–90 %. Bei noch gut differenzierten Tumoren ist die Chance, den Krebs zu entdecken, aber nicht zufriedenstellend.<ref name="huland" /> Mit dem Test auf das im Urin freigesetzte [[Nukleäres Matrixprotein 22|nukleäre Matrixprotein 22]] (NMP 22) steht ein Tumormarker für das Harnblasenkarzinom zur Verfügung. Der Test besitzt eine höhere Sensitivität als die normale Urinzytologie, aber eine geringere [[Spezifität]]. Er kann somit die Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung im Frühstadium nachzuweisen, in Kombination mit herkömmlichen Diagnostikmethoden erhöhen.<ref>H. B. Grossman, E. Messing, M. Soloway, K. Tomera, G. Katz, Y. Berger, Y. Shen: ''Detection of bladder cancer using a point-of-care proteomic assay.'' In: ''JAMA.'' 293(7), 16. Feb 2005, S. 810–816. PMID 15713770.</ref> Dagegen bewertet der [[IGeL-Monitor]] des MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) nach einer systematischen Recherche der wissenschaftlichen Literatur den NMP2-Test zur Früherkennung von Harnblasenkrebs als „tendenziell negativ“. Der Test erscheine selbst für Hochrisikogruppen als wenig treffsicher und lasse keine Hinweise auf einen Nutzen erkennen. Zudem brächten Früherkennungsuntersuchungen immer die Gefahr mit sich, Fehlalarme auszulösen und zu unnötigen Untersuchungen und Behandlungen zu führen.<ref>IGeL-Monitor, ''[https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/nmp22-test-zur-frueherkennung-von-harnblasenkrebs.html Bewertung des NMP22-Tests zur Früherkennung von Harnblasenkrebs]'', abgerufen am 8. Oktober 2018.</ref>
Da die meisten Karzinome durch eine [[Hämaturie]] auffallen, muss zuerst eine Ursache dieses Symptoms an der Niere ausgeschlossen werden. Dazu empfiehlt sich eine [[Sonografie|Ultraschalluntersuchung]] der Nieren und Harnblase. In manchen Fällen kann ein Blasentumor schon durch diese Untersuchung festgestellt werden. Ebenso können durch ein [[Urografie|Urogramm]], bei dem intravenös gegebenes [[Kontrastmittel]] über den Urin ausgeschieden wird und in mehreren [[Röntgenaufnahme]]n eine Darstellung von Nieren und Harnwegen möglich ist, Hinweise auf ein Harnblasenkarzinom gewonnen werden. Auch eine [[Computertomographie]] (CT) kann den Tumor erfassen. Ebenso kann sie für die Suche nach vergrößerten [[Lymphknoten]] eingesetzt werden. Sie stellt aber nur Lymphknoten ab einer Größe von 1&nbsp;cm dar und ist somit von begrenzter diagnostischer Aussagekraft und geringem Wert beim Blasenkarzinom. Für die [[Magnetresonanztomographie]] (MRT) gilt im Grunde das Gleiche. Eine weitere Maßnahme ist eine [[Zytodiagnostik|zytodiagnostische]] Untersuchung ([[Urinstatus#Zellen|Urinzytologie]]). Dabei werden abgeschilferte Oberflächenzellen im Urin, die aus der Blase und den Harnwegen kommen, mikroskopisch untersucht. Diese Untersuchung besitzt bei schlecht differenzierten Tumoren eine [[Beurteilung eines Klassifikators#Sensitivität und Falsch-Negativ-Rate|Sensitivität]] von rund 80–90 %.
Mit der [[Liquid Biopsy]] des Urins konnte aufgezeigt werden, dass [[Leukozyt|Immunzellen]], die im Urin gefunden wurden, repräsentativer für die Diagnostik eines [[Blasenkrebs|Blasenkarzinoms]] waren, als Immunzellen aus dem Blut, was darauf schließen lässt, dass das Verfahren mittels Urin anstelle des Blutes dazu beitragen kann, die Reaktion auf eine [[Immuntherapie]] genauer zu überprüfen. [[T-Lymphozyt]]en kommen im Urin normalerweise bei gesunden Personen nicht vor. Entscheidend ist, dass die T-Zellen mit denen in der Tumorumgebung des Blasenkarzinoms übereinstimmen, unabhängig vom Krebsstadium und dem Behandlungsverlauf. Die Immuntherapie ist für Krebsarten, die schwer zu behandeln sind, vielversprechend, jedoch sprechen nur 30–40 Prozent der Patienten auf eine Immuntherapie an. Diese können damit identifiziert werden.<ref>[https://medicalxpress.com/news/2018-09-urine-liquid-biopsies-bladder-cancer.html Urine liquid biopsies could help monitor bladder cancer treatment], 26. September 2018. Abgerufen am 23. Februar 2019.</ref><ref name="PMID28410618">A. Di Meo, J. Bartlett u.&nbsp;a.: ''Liquid biopsy: a step forward towards precision medicine in urologic malignancies.'' In: ''Molecular cancer.'' Band 16, Nummer 1, 04 2017, S.&nbsp;80, {{DOI|10.1186/s12943-017-0644-5}}, PMID 28410618, {{PMC|5391592}} (Review).</ref>
Bei noch gut differenzierten Tumoren ist die Chance, den Krebs zu entdecken, aber nicht zufriedenstellend.<ref name="huland" /> Mit dem Test auf das im Urin freigesetzte [[Nukleäres Matrixprotein 22|nukleäre Matrixprotein 22]] (NMP 22) steht ein Tumormarker für das Harnblasenkarzinom zur Verfügung. Der Test besitzt eine höhere Sensitivität als die normale Urinzytologie, aber eine geringere [[Spezifität]]. Er kann somit die Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung im Frühstadium nachzuweisen, in Kombination mit herkömmlichen Diagnostikmethoden erhöhen.<ref>H. B. Grossman, E. Messing, M. Soloway, K. Tomera, G. Katz, Y. Berger, Y. Shen: ''Detection of bladder cancer using a point-of-care proteomic assay.'' In: ''JAMA.'' 293(7), 16. Feb 2005, S. 810–816. PMID 15713770.</ref> Dagegen bewertet der [[IGeL-Monitor]] des MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) nach einer systematischen Recherche der wissenschaftlichen Literatur den NMP2-Test zur Früherkennung von Harnblasenkrebs als „tendenziell negativ“. Der Test erscheine selbst für Hochrisikogruppen als wenig treffsicher und lasse keine Hinweise auf einen Nutzen erkennen. Zudem brächten Früherkennungsuntersuchungen immer die Gefahr mit sich, Fehlalarme auszulösen und zu unnötigen Untersuchungen und Behandlungen zu führen.<ref>IGeL-Monitor, ''[https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/nmp22-test-zur-frueherkennung-von-harnblasenkrebs.html Bewertung des NMP22-Tests zur Früherkennung von Harnblasenkrebs]'', abgerufen am 8. Oktober 2018.</ref>
Bei unauffälligem Befund in der normalen Weißlichtendoskopie kann eine photodynamische [[Fluoreszenzdiagnostik|Blaulichtendoskopie]] unter Umständen Hinweise auf Tumorherde geben. Besteht trotz unauffälligen feingeweblichen Befundes weiterhin Tumorverdacht (Urincytologie, Marker), ist eine genauere Abklärung der oberen Harnwege zwingend erforderlich, da diese ebenfalls von Urothel ausgekleidet sind.
Bei unauffälligem Befund in der normalen Weißlichtendoskopie kann eine photodynamische [[Fluoreszenzdiagnostik|Blaulichtendoskopie]] unter Umständen Hinweise auf Tumorherde geben. Besteht trotz unauffälligen feingeweblichen Befundes weiterhin Tumorverdacht (Urincytologie, Marker), ist eine genauere Abklärung der oberen Harnwege zwingend erforderlich, da diese ebenfalls von Urothel ausgekleidet sind.



Version vom 25. Februar 2019, 14:22 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
C67 Bösartige Neubildung der Harnblase
D09.0 Carcinoma in situ der Harnblase
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Als Blasenkrebs (Blasenkarzinom) werden allgemein von der Harnblase ausgehende bösartige Geschwülste (bösartige Tumoren) bezeichnet. Als ursächlich für die Entstehung von Blasenkrebs gelten chronische Entzündungen (einschließlich Parasiteninfektionen), Tabakkonsum, die Aufnahme bestimmter chemischer Substanzen (beispielsweise aromatische Amine wie 2-Naphthylamin), Strahlenexposition und abwehrunterdrückende Medikamente. Behandelt wird der Harnblasenkrebs je nach Ausdehnung mit einer transurethralen Resektion der Harnblase (TUR-B), der kompletten Entfernung der Blase, einer lokalen Chemotherapie oder auch einer Strahlentherapie in Kombination mit einer systemischen Chemotherapie. Die Heilungsaussichten sind bei früh entdecktem Krebsleiden gut, bei bereits ausgedehnter Erkrankung mit Metastasen jedoch gering.[1]

Häufigkeit (Epidemiologie)

Das Blasenkarzinom gilt (Stand vor 2006) insgesamt als die fünfthäufigste bösartige Tumorerkrankung des Menschen. Das Risiko für Männer, an Blasenkrebs zu erkranken, ist rund dreimal so hoch wie das Risiko von Frauen. Blasenkarzinome sind der vierthäufigste Tumor bei Männern und der zehnthäufigste bei Frauen. Man zählte rund 30 Neuerkrankungen pro Jahr auf 100.000 Männer und 8 Neuerkrankungen pro Jahr auf 100.000 Frauen. In der Bundesrepublik Deutschland traten pro Jahr rund 16.000 neue Fälle von Blasenkrebs auf.[2]

Das Durchschnittsalter des Auftretens variiert je nach Quelle[2], in Deutschland für Frauen bei 76 Jahren, für Männer bei 74 Jahren (Stand 2014).[3] Erkrankungen bei Patienten jünger als 50 Jahre sind selten.[4] In Industrieländern ist Harnblasenkrebs rund sechsmal häufiger als in Entwicklungsländern,[5] die Häufigkeit der Erkrankung stieg während des 20. Jahrhunderts insgesamt an. Bei der Erstdiagnose wird zu rund 75 % ein oberflächliches Karzinom gefunden. In 20 % der Fälle ist es bereits invasiv und in 5 % liegen schon Metastasen vor.[2] Harnblasenkrebs tritt dabei oft gleichzeitig an verschiedenen Stellen innerhalb der Blase auf. Nach erfolgreicher Heilung tritt der Tumor häufig wieder auf (Rezidiv).[4]

Ursachen

Aromatische Amine

Der Kontakt zu aromatischen Aminen (2-Naphthylamin, Benzidin) ist der am längsten bekannte Risikofaktor. In zahlreichen Berufen ist der Kontakt zu solchen krebsverursachenden Stoffen möglich und Blasenkrebs als Berufskrankheit anerkannt. Dazu zählen Arbeiter in der Chemie-, Stahl- und Lederindustrie, Automechaniker sowie Zahntechniker und Friseure. Die aromatischen Amine werden in der Leber durch Kopplung mit Hydroxygruppen und Glucuronsäure wasserlöslich gemacht, damit der Körper sie im Urin ausscheiden kann. Dabei entwickeln sie allerdings eine krebserregende Potenz. Aromatische Amine können durch das Enzym N-Acetyltransferase inaktiviert werden. Dabei haben einige Menschen, bei denen aufgrund eines genetischen Polymorphismus eine höhere Aktivität des Enzyms entsteht, ein geringeres Risiko, an Harnblasenkrebs zu erkranken.[2] Laut einer spanischen Studie sind diese Polymorphismen so weit verbreitet, dass sie bei rund 31 % der Blasenkrebserkrankungen eine Rolle spielen könnten.[6]

Tabakrauchen

Tabakrauchen ist der wichtigste Risikofaktor für Blasenkrebs, was in der Öffentlichkeit nicht allgemein bekannt ist. In einer Befragung urologischer Patienten gaben zwar fast alle einen Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs an, aber nur 34 % wussten, dass Blasenkrebs durch Rauchen verursacht werden kann.[4][7] Die Menge der insgesamt konsumierten Tabakprodukte korreliert dabei linear mit dem Risiko, an einem Harnblasenkarzinom zu erkranken. Es erhöht sich je nach Konsumverhalten und -dauer um das Zwei- bis Sechsfache. Als Ursache wird das Vorkommen aromatischer Amine wie des 2-Naphthylamin im Rauch angesehen.[2] Ob das Beenden eines Nikotinmissbrauchs nach dem Auftreten des Krebses die Prognose der Erkrankung verbessern oder ein Wiederauftreten verhindern kann, ist bisher (2002) noch nicht abschließend geklärt.[8]

Laut einer Studie aus dem Jahr 2011 ist Tabakrauchen bei Männern für 50 Prozent und bei Frauen für 52 Prozent aller Blasenkrebserkrankungen verantwortlich. Für aktive Raucher wurde ein 4-fach erhöhtes, für ehemalige Raucher ein 2,2-fach erhöhtes Risiko einer Erkrankung errechnet.[9]

Chronische Entzündungen

Chronische Entzündungen im Bereich der Blase erhöhen ebenso das Risiko für eine bösartige Neubildung. Dazu zählen langjährige Blasensteinleiden und chronische Harnwegsinfekte. In Afrika und Teilen der arabischen Welt ist die durch Parasiten ausgelöste Schistosomiasis ein wichtiger Risikofaktor für das Entstehen von Blasenkrebs. Durch Entzündungen ausgelöste Karzinome sind in der Regel Plattenepithelkarzinome. Als Ursache wird eine Bildung von Nitrosaminen im Rahmen der Entzündungsreaktion angenommen.[2]

Bestrahlung

Ebenso ist eine Strahlentherapie im Beckenbereich ein Risikofaktor für ein Blasenkarzinom.[2][10]

Medikamente

Weitere iatrogene Risikofaktoren stellen einige Medikamente dar. Chlornaphazin, ein Mittel zur Behandlung der Polycythaemia vera, und Phenacetin, ein Schmerzmedikament, fördern die Bildung von Harnblasenkrebs. Der erstgenannte Wirkstoff ist seit 1963 nicht mehr im Handel,[2] der zweitgenannte wurde 1983 vom Markt genommen. Als weiteres Medikament kann das Immunsuppressivum Cyclophosphamid eine hämorrhagische Zystitis auslösen und dadurch Blasenkrebs begünstigen. Bei korrekter Anwendung zusammen mit dem Wirkstoff Mesna ist das Krebsrisiko allerdings vernachlässigbar gering.[2] Das Zytostatikum Chlornaphazin, welches bis 1963 bei der Behandlung der Polycythaemia vera eingesetzt wurde, löste bei rund einem Drittel der behandelten Patienten Harnblasenkarzinome aus.[11]

Auch das orale Antidiabetikum Pioglitazon steht im Verdacht, Blasenkrebs auslösen zu können. Die US-amerikanische Food and Drug Administration veröffentlichte 2011 und 2016 aktualisierte Sicherheitsinformationen, die auf das potentielle Risiko hinweisen.[12][13][14][15]

Süßungsmittel

Künstliche Süßungsmittel wie Saccharin und Cyclamat haben in Tierversuchen nachweislich das Auftreten von Harnblasenkrebs erhöht. Die Wirkung beim Menschen ist umstritten, da die Mehrheit der Studien am Menschen diesen Effekt nicht nachgewiesen hat. Zudem sind die Studien im Tierversuch insoweit nicht relevant, als die Substanzen mit einer Kanüle direkt in die Blase injiziert wurden. Die beobachteten Tumore sind eher mit der Penetration der Nadeln zu assoziieren als mit dem Süßungsmittel.[16] Auch zum Konsum von Kaffee ist die Forschungslage bisher nicht eindeutig.[2]

Wasser

Eine spanische Fallkontrollstudie kam zu dem Ergebnis, dass chloriertes Wasser das Risiko für Blasenkrebs erhöhe. Demnach haben Menschen, die chloriertes Wasser tranken, ein um 35 Prozent erhöhtes Risiko auf Blasenkrebs. Schwimmen im Chlorwasser steigere die Gefahr sogar um 57 Prozent.[17] Studien mit großer Fallzahl aus der Volksrepublik China und der Republik China (Taiwan) kamen zu dem Ergebnis, dass Arsenkontaminationen im Trinkwasser das Risiko für Blasenkrebs steigerten.[5]

Ernährung

Statistisch hat ein hoher Gesamtverzehr von Obst einen leicht schützenden Effekt gegen Blasenkrebs. Der genaue Mechanismus, über den diese Schutzwirkung erfolgt, ist bisher aber noch nicht aufgeklärt. Ein schützender Effekt von Vitamin E wird in der Literatur debattiert, ist allerdings nicht belegt.[18]

Symptome

Das klassische Symptom des Blasenkrebses ist die Beimengung von Blut im Urin, ohne dass dabei Schmerzen auftreten. Dies kann mit dem bloßen Auge erkennbar sein (Makrohämaturie) oder auch nur im Labor bei einer Untersuchung des Urins auffällig werden (Mikrohämaturie). Der Tumor kann in seltenen Fällen auch Schmerzen verursachen, wenn durch geronnenes Blut die Harnröhre verstopft wird. Im Spätstadium kann es durch einen großen Tumor zu einem Harnstau oder einer Nierenstauung kommen (wenn der Tumor den Blasenaus- oder -eingang verlegt) und damit verbunden zu Schmerzen im Bereich der Harnblase oder den Flanken. Falls Knochenmetastasen vorliegen, machen sich diese häufig durch Schmerzen der betroffenen Skelettanteile bemerkbar.[5]

Diagnostik

Blasenkrebs in der FDG-PET/CT-Darstellung

Da die meisten Karzinome durch eine Hämaturie auffallen, muss zuerst eine Ursache dieses Symptoms an der Niere ausgeschlossen werden. Dazu empfiehlt sich eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und Harnblase. In manchen Fällen kann ein Blasentumor schon durch diese Untersuchung festgestellt werden. Ebenso können durch ein Urogramm, bei dem intravenös gegebenes Kontrastmittel über den Urin ausgeschieden wird und in mehreren Röntgenaufnahmen eine Darstellung von Nieren und Harnwegen möglich ist, Hinweise auf ein Harnblasenkarzinom gewonnen werden. Auch eine Computertomographie (CT) kann den Tumor erfassen. Ebenso kann sie für die Suche nach vergrößerten Lymphknoten eingesetzt werden. Sie stellt aber nur Lymphknoten ab einer Größe von 1 cm dar und ist somit von begrenzter diagnostischer Aussagekraft und geringem Wert beim Blasenkarzinom. Für die Magnetresonanztomographie (MRT) gilt im Grunde das Gleiche. Eine weitere Maßnahme ist eine zytodiagnostische Untersuchung (Urinzytologie). Dabei werden abgeschilferte Oberflächenzellen im Urin, die aus der Blase und den Harnwegen kommen, mikroskopisch untersucht. Diese Untersuchung besitzt bei schlecht differenzierten Tumoren eine Sensitivität von rund 80–90 %.

Mit der Liquid Biopsy des Urins konnte aufgezeigt werden, dass Immunzellen, die im Urin gefunden wurden, repräsentativer für die Diagnostik eines Blasenkarzinoms waren, als Immunzellen aus dem Blut, was darauf schließen lässt, dass das Verfahren mittels Urin anstelle des Blutes dazu beitragen kann, die Reaktion auf eine Immuntherapie genauer zu überprüfen. T-Lymphozyten kommen im Urin normalerweise bei gesunden Personen nicht vor. Entscheidend ist, dass die T-Zellen mit denen in der Tumorumgebung des Blasenkarzinoms übereinstimmen, unabhängig vom Krebsstadium und dem Behandlungsverlauf. Die Immuntherapie ist für Krebsarten, die schwer zu behandeln sind, vielversprechend, jedoch sprechen nur 30–40 Prozent der Patienten auf eine Immuntherapie an. Diese können damit identifiziert werden.[19][20]

Bei noch gut differenzierten Tumoren ist die Chance, den Krebs zu entdecken, aber nicht zufriedenstellend.[2] Mit dem Test auf das im Urin freigesetzte nukleäre Matrixprotein 22 (NMP 22) steht ein Tumormarker für das Harnblasenkarzinom zur Verfügung. Der Test besitzt eine höhere Sensitivität als die normale Urinzytologie, aber eine geringere Spezifität. Er kann somit die Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung im Frühstadium nachzuweisen, in Kombination mit herkömmlichen Diagnostikmethoden erhöhen.[21] Dagegen bewertet der IGeL-Monitor des MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) nach einer systematischen Recherche der wissenschaftlichen Literatur den NMP2-Test zur Früherkennung von Harnblasenkrebs als „tendenziell negativ“. Der Test erscheine selbst für Hochrisikogruppen als wenig treffsicher und lasse keine Hinweise auf einen Nutzen erkennen. Zudem brächten Früherkennungsuntersuchungen immer die Gefahr mit sich, Fehlalarme auszulösen und zu unnötigen Untersuchungen und Behandlungen zu führen.[22] Bei unauffälligem Befund in der normalen Weißlichtendoskopie kann eine photodynamische Blaulichtendoskopie unter Umständen Hinweise auf Tumorherde geben. Besteht trotz unauffälligen feingeweblichen Befundes weiterhin Tumorverdacht (Urincytologie, Marker), ist eine genauere Abklärung der oberen Harnwege zwingend erforderlich, da diese ebenfalls von Urothel ausgekleidet sind.

Die endgültige Diagnose erfolgt nach endoskopischer Entfernung (TUR-B) des Tumors durch eine feingewebliche Untersuchung. Bei der Erstoperation sollten neben der Entfernung endoskopisch eindeutiger Befunde zusätzlich vier Biopsien aus normal erscheinender Blasenschleimhaut und eine von dem in der Prostata verlaufenden Teil der Harnröhre entnommen werden, um ein Carcinoma in situ nicht zu übersehen.[2][23]

Nach der Operation sollte ein Staging erfolgen, das die Frage nach dem Lokalbefund außerhalb der Blase sowie dem Vorliegen von Metastasen beantwortet.[2] Blasenkarzinome metastasieren über den Blutweg am häufigsten in Lunge, Leber und das Skelett.[24] Eine CT-Untersuchung des Beckens zum Aufspüren vergrößerter Lymphknoten, eine Ultraschalluntersuchung der Leber, eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs zur Suche nach Metastasen in der Lunge sowie ein Szintigramm der Knochen werden dafür empfohlen.[2] Eine PET-Untersuchung besitzt für Blasenkrebs nur unzuverlässige Aussagekraft.[5]

Klassifikation

Schematische Darstellung der Klassifikation der Tumorausdehnung beim Harnblasenkarzinom

Die Einordnung von Schleimhauttumoren folgt nach der TNM-Klassifikation. Das Blasenkarzinom stellt hierbei keine Ausnahme dar. Die Klassifikation ist in der folgenden Tabelle grob umrissen:

TNM-Klassifikation[25]
T Ta Nicht invasives papilläres Carcinoma in situ des Urothels
Tcis Nicht invasives Carcinoma in situ
T1 Einwachsen unter die Schleimhaut in das submuköse Bindegewebe (Unterformen: T1a: oberhalb der Schleimhautmuskelschicht; T1b: unterhalb der Schleimhautmuskelschicht)
T2 Einwachsen in die Muskelschicht der Harnblase (Unterformen: T2a: innere Hälfte, T2b: bis in die äußere Hälfte)
T3 Hinauswachsen über die Muskelschicht der Harnblase (Unterformen: T3a: nur mikroskopisch erkennbar, T3b: mit dem bloßen Auge sichtbar)
T4 Einwachsen in Nachbarorgane (Unterformen: T4a: Prostata, Gebärmutter, Scheide, T4b: Becken- oder Bauchwand)
N N0 Keine lokalen Lymphknoten befallen
N1 Einzelner befallener Lymphknoten kleiner als 2 cm
N2 einzelner Lymphknoten von 2 bis 5 cm Durchmesser oder mehrere befallene Lymphknoten < 5 cm
N3 Lymphknoten über 5 cm
M M0 Keine Fernmetastasen nachgewiesen
M1 Fernmetastasen nachgewiesen (Unterformen: M1a: Metastasen in nichtregionalen Lymphknoten; M1b: sonstige Fernmetastasen)
Stadieneinteilung nach UICC[26]
Stadium 0a Ta N0 M0
Stadium 0is Tis N0 M0
Stadium I T1 N0 M0
Stadium II T2 oder T2b N0 M0
Stadium IIIA T3a oder T3b oder T4a N0 M0
T1-4a N1 M0
Stadium IIIB T1-4a N2 oder N3 M0
Stadium IVA T4b N0 M0
beliebiges T beliebiges N M1a
Stadium IVB beliebiges T beliebiges N M1b

Neben der Klassifikation der Ausdehnung des Tumors wird im Rahmen einer feingeweblichen Untersuchung auch ein Grading durchgeführt. Seit 2004 umfasst das Grading laut den Kriterien der WHO nur noch zwei Möglichkeiten, entweder High- oder Low-grade. Low-grade-Karzinome sind dabei besser differenziert und haben eine bessere Prognose als High-grade Karzinome mit vielen Atypien. Es zählt beim Grading jeweils der am schlechtesten differenzierte Anteil des Tumors unabhängig von seinem Anteil am Gesamttumor.[25] Daneben ist im deutschsprachigen Raum eine Einteilung verbreitet, welche die Tumoren von G1 bis G3 nach dem Differenzierungsgrad einteilt. Dabei stellt G1 einen relativ wenig atypischen Tumor und G3 einen sehr schlecht differenzierten Tumor dar. G2 liegt zwischen diesen beiden Extremen.[2]

Pathologie

Urothelkarzinom der Blase – Die Krebszellen zeigen veränderte, unterschiedliche Zellkerne, die Schichtung des Gewebes ist aufgehoben und wachsen ins umliegende Gewebe ein.

Der häufigste in der Harnblase vorkommende bösartige Tumor ist das vom Urothel der Harnblase ausgehende urotheliale Karzinom. Es können auch Plattenepithelkarzinome vorkommen. Diese entstehen auf der Basis einer Metaplasie des normalen Urothels zu Plattenepithel. Dieser Prozess wird durch die chronische Entzündung durch eine Schistosomiasis ausgelöst, die in Teilen Afrikas und der arabischen Welt endemisch ist. Sehr selten sind drüsige Adenokarzinome und neuroendokrine Karzinome. Ebenso sehr selten können sich auch von der Muskelschicht der Harnblase ausgehend Sarkome bilden.[4]

Makroskopie

Mit bloßem Auge lassen sich Harnblasentumoren makroskopisch in zwei Arten einteilen. Einerseits gibt es Tumoren, die sich flach über die Oberfläche des Organs (solide Tumoren) ausdehnen, andererseits solche, die warzenartig (papillär) in das Lumen der Harnblase einwachsen. Der Augenschein gibt dabei keinen Hinweis auf die Invasivität des Tumors.[27]

Histologie

Histologisch zeigt der häufigste Typ ein Urothelgewebe mit „krebstypischen“ Atypien. Die Zellkerne sind verändert, verstärkt angefärbt, sehen nicht gleich aus und sind in ihrer Polarität voneinander verschieden. In seiner Gesamtheit zeigt das Epithel eine Aufhebung der Schichtung und ein Fehlen der am Gesunden zu beobachteten Ausreifung von der unteren zur oberflächennahen Schicht. Die restlichen Typen zeichnen sich durch beim Gesunden nicht vorhandene Typen von Oberflächengewebe in der Harnblase aus, welches auch atypisch verändert ist.[4]

Das Eindringen des Tumors in tiefere Schichten der Harnblase findet meist in kleinen Zellgruppen statt. Diese sind häufig von einer Entzündungsreaktion aus Lymphozyten und Plasmazellen umgeben.[5]

Eine Sonderform des Urothelkarzinoms ist die „Nested-Variante“. Diese zeigt nur geringe Zellatypien und auch immunhistologisch keine besonderen Auffälligkeiten, wächst aber oft bösartig in das umgebende Gewebe ein. Erkennbar ist sie an der nestartigen Anordnung von Tumorzellen. Durch das vergleichsweise harmlose morphologische Erscheinungsbild kann die Diagnose erschwert werden, wenn die Invasion in tiefere Schichten nicht durch das Biopsatmaterial erfasst wird.[28]

Immunhistochemie

Die Deckzellen des Urothels bilden auch beim Gesunden Zytokeratin aus. Wie bei anderen Karzinomen ist auch bei Harnblasentumoren immunhistochemisch eine Expression von Zytokeratin nachweisbar.[25] Mit einem gegen das Protein Uroplakin gerichteten Antikörper kann der urotheliale Charakter des Tumors belegt werden.[29] Der Differenzierungsgrad und die eventuelle Malignität der Tumorzellen kann unter anderem durch eine Färbung mit dem Proliferationsmarker Ki-67 abgeschätzt werden, der in Teilung befindliche Zellen markiert. Je mehr Zellen sich in Teilung befinden, desto aggressiver verhält sich im Allgemeinen der Tumor.[30] Auch eine vermehrte Ansammlung von p53-Protein im Zellkern hat eine ungünstige prognostische Bedeutung.[31]

Molekularpathologie

Die bereits mit bloßem Auge getroffene Einteilung zwischen soliden und papillären Tumoren spiegelt sich auf genetischer Ebene wider. Die papillären Tumoren zeigen Veränderungen auf beiden Armen des Chromosoms 9. Die soliden Tumoren zeigen als genetische Hauptveränderung eine Mutation des Tumorsuppressorgens p53 auf Chromosom 17.[27]

Therapie

Behandlung des Tumors

Die Therapie erfolgt in Stadienabhängigkeit unter Berücksichtigung der Lebensumstände des Patienten (biologisches Alter, Komorbiditäten, Lebenserwartung) mit verschiedenen Methoden.

Das Carcinoma in situ kann durch die Instillation von Bacillus Calmette-Guérin (BCG) in die Blase behandelt werden. Dabei handelt es sich um attenuierte Tuberkuloseerreger. Diese lösen eine Entzündungsreaktion in der Harnblase aus, durch welche die Tumorzellen vernichtet werden können. Die Behandlung umfasst einen bis zwei Zyklen. Dabei stellt sich bei rund zwei Dritteln der Patienten ein langfristiger Erfolg ein. Mit drei und mehr Zyklen waren 2008 sogar 90,8 % nach 3 Jahren rückfallfrei.[32] Der Therapieerfolg sollte langfristig über die mikroskopische Untersuchung abgelöster Blasenzellen aus dem Urin erfolgen. Bei einem Rezidiv oder Therapieversagen ist eine operative Entfernung der Blase angezeigt.[2][33]

Oberflächliche Tumore (pTaG1 bis pT1G2) werden durch eine TUR-B entfernt. Im Rahmen der Behandlung oberflächlicher Tumoren ist die Instillation von Chemotherapeutika, wie beispielsweise Mitomycin C, empfohlen. Diese sollte direkt nach der Operation erfolgen. Patienten mit einem schlechten Grading und Nachweis von atypischen Zellen in den initialen Zufallsbiopsien haben ein höheres Rezidivrisiko. Deshalb ist bei ihnen eine intensive Instillationstherapie durchzuführen, die sich je nach Therapieschema über mehrere Monate erstrecken kann.[2] Lebenslange Nachsorge mit endoskopischen und cytologischen Kontrollen ist obligat.

Einen Sonderfall stellt der pT1G3-Tumor dar. Der Tumor ist noch nicht muskelinvasiv, hat aber wegen seiner schlechten Differenzierung ein hohes Risiko der Metastasierung. Insbesondere bei Vorliegen eines Rezidivs ist die radikale Blasenentfernung die Methode der Wahl.[34]

Muskelinvasive Blasenkarzinome werden durch eine radikale Blasenentfernung behandelt. Dabei müssen zahlreiche umliegende Organe oder Organteile mit entnommen werden, bei einer Frau zusätzlich die Gebärmutter, die Eierstöcke sowie Eileiter, bei Männern die Prostata und die Samenblase. Ist die Harnröhre auch vom Tumor befallen, muss sie bei beiden Geschlechtern entfernt werden. Da es sich hierbei um einen vergleichsweise großen Eingriff handelt, liegt die Sterberate während des Eingriffs selbst bei optimaler Durchführung bei 2–3 %. Der Effekt von Chemotherapien vor und nach der Operation ist noch Gegenstand von Studien.[2] Im Falle von Lymphknotenmetastasen wird die Entfernung der Lymphknoten bis zur Hauptschlagadergabel empfohlen.[5]

Als Alternative zur Radikaloperation kommt eine Strahlentherapie oder Radiochemotherapie in Betracht. Urothelkarzinome gehören zu den strahlenempfindlichen Tumoren und können mit gutem Erfolg mit Bestrahlung vernichtet werden. Die Strahlentherapie, evtl. in Kombination mit strahlenverstärkender Chemotherapie, erreicht gleiche Überlebensraten wie eine Radikaloperation, aber etwa 70 % aller Patienten können dadurch ihre Blase mit guter Blasenfunktion erhalten. Dies kann insbesondere bei Patienten, bei denen aufgrund Alter oder Vorerkrankungen eine Operation kritisch eingeschätzt werden muss, eine Alternative zu einem operativen Vorgehen darstellen.[35]

Metastasierte Harnblasenkarzinome werden standardmäßig mit einer Chemotherapie behandelt. Dabei gibt es unterschiedliche Therapieschemata, bei denen jeweils eine Kombination mehrerer Wirkstoffe verabreicht wird. Die verschiedenen Kombinationen unterscheiden sich dabei in ihrer Wirksamkeit wie in der Häufigkeit und dem Auftreten von Nebenwirkungen. Da die Kombinationstherapie sich der Behandlung mit nur einem Präparat überlegen gezeigt hat, ist letztere obsolet geworden. In Einzelfällen kann auch die operative Entfernung einer Metastase sinnvoll sein. Der Einsatz von neuen Medikamenten, die zielgerichtet Rezeptoren an den Tumorzellen blockieren, z. B. Trastuzumab und Lapatinib, befindet sich zurzeit in klinischer Erprobung.[24] Bei Patienten, bei denen aufgrund hohen Alters oder schlechten allgemeinen Gesundheitszustandes eine Blasenentfernung zu riskant erscheint, kann auch eine Chemotherapie durchgeführt werden. Die Überlebensrate und -zeit sind dabei geringer als bei operierten Patienten.[2]

Harnableitung nach Entfernung der Blase

Bei Patienten, deren Harnblase entfernt wurde, gibt es mehrere Möglichkeiten, den Harn abzuleiten. Man unterscheidet kontinente und sogenannte nasse Ableitungen.

Eine Möglichkeit ist die Anlage einer Neoblase als Harnblasenersatz. Dazu wird ein ausgeschaltetes Dünndarmsegment (Ileum) zu einer Kugel vernäht und an die Harnleiter sowie an die Harnröhre angeschlossen. Da der Blasenschließmuskel bei der Blasenentfernung erhalten bleibt, sind die Patienten zu einem hohen Prozentsatz kontinent und scheiden den Urin wie gewohnt über die Harnröhre aus.[2]

Eine weitere Methode ist das Einpflanzen der Harnleiter in den unteren Abschnitt des Dickdarms (Colon sigmoideum) nach Coffey. Der Urin wird dann zusammen mit dem Stuhl über die Darmaustrittsöffnung (Kloake) ausgeschieden. Diese Methode ist weitgehend verlassen worden zugunsten der Mainz-Pouches. An der Verbindungsstelle zwischen Harnleiter und Darm kann nach rund einem Jahrzehnt eine Bildung von Karzinomen beobachtet werden.

Der Urin kann auch über einen künstlich geschaffenen Ausgang (Urostoma) in der Bauchwand abgeleitet werden. Dazu wird etwa ein sogenannter Ileum-Conduit angelegt: aus dem Dünndarm (Ileum) wird ein Segment entnommen, an die Harnleiter angeschlossen und mit dem Stoma verbunden. Auch eine Ersatzblase aus Darmanteilen kann über ein Stoma abgeleitet werden, sie wird dann als Pouch bezeichnet. Diese Methoden stellen eine Option für Patienten dar, denen im Rahmen der Operation auch die Harnröhre entfernt werden musste.[2]

Bei allen Ableitungen mit Darmsegmenten ist die Kontrolle des Säure-Base-Haushalts erforderlich, da durch Rückresorption von Urin eine Übersäuerung (Azidose) entstehen kann; gegebenenfalls ist eine Therapie der Azidose mit Bikarbonat angezeigt.

Die einfachste Form der Harnableitung ist die Harnleiter-Hautfistel. Hierbei werden die Harnleiter direkt in die Haut eingenäht. Der Vorteil besteht in einer geringeren Belastung durch die Blasenentfernung, da das Bauchfell nicht grundsätzlich eröffnet werden muss. Nachteilig ist die dauerhafte Schienung der Harnleiter mit regelmäßigen Schienenwechseln.

Prognose

Die Aussicht auf Heilung hängt sehr ab von der Ausdehnung des Tumors bei Behandlungsbeginn. Patienten im Stadium T1 haben eine 5-Jahres-Überlebensrate von rund 80 %. Im Stadium T2 fällt diese bereits auf circa 60 %, im Stadium T3 beträgt sie 30–50 %. Von den Patienten, bei denen ein T4-Tumor festgestellt wird, leben nach 5 Jahren trotz optimaler Therapie nur noch 20 %.[4] Weitere Faktoren für eine schlechte Prognose sind Lymphknotenmetastasen, Infiltration der Harnröhre, mehrere Tumorenorte innerhalb der Blase sowie eine Tumorgröße über drei Zentimeter.[5]

Medizingeschichte

1895 wurde von dem deutschen Chirurgen Ludwig Rehn der Zusammenhang zwischen Arbeit in der anilinverarbeitenden Industrie und der Entstehung von Blasenkrebs festgestellt. Seitdem ist Blasenkrebs eine anerkannte Berufskrankheit.[4] In den 1950er Jahren entwickelten US-amerikanische Chirurgen die Ableitung des Urins über den Darm und erarbeiteten die Methode der Bildung einer Neoblase aus Darmanteilen.[36][37]

Ökonomische Aspekte

Die durchschnittlichen Kosten der Behandlung eines Patienten mit Blasenkrebs in den USA betrugen zwischen 96.000 und 187.000 Dollar. Insgesamt wurden in den Vereinigten Staaten 2001 3,7 Milliarden Dollar für Diagnose und Therapie dieser Krebsart ausgegeben.[38]

Literatur

  • R. Hautmann, H. Huland: Urologie. 3., überarb. Auflage. Springer, Heidelberg u. a. 2006, ISBN 3-540-29923-8.
  • R. Rubin, D. Strayer u. a.: Rubin’s Pathology. 5. Auflage. Kluwer, Philadelphia 2008, ISBN 978-0-7817-9516-6. (englisch)
  • J. A. Efstathiou u. a.: Bladder sparing approaches to invasive disease. In: World J Urol. 24, 2006, S. 517–529.
  • C. Weiss u. a.: Radiochemotherapy with cisplatin and 5-fluorouracil after transurethral surgery in patients with bladder cancer. In: Int J radiat Oncol Biol Phys. 68, 2007, S. 1072–1080.

Weblinks

Commons: Urothelkarzinome der Blase – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Blasenkrebs – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Dieter Jocham, Andreas Böhle: Systematische Chemotherapie beim Urothelkarzinom. Deutsches Ärzteblatt, 1996, abgerufen am 16. Oktober 2017.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u Hartwig Huland, M. G. Friedrich: Harnblasenkarzinom. In: Richard Hautmann, Hartwig Huland: Urologie. 3. Auflage. Heidelberg 2006, S. 202–212.
  3. Krebs - Krebs in Deutschland 2013/2014 - Häufigkeiten und Trends. (PDF) Eine gemeinsame Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V., abgerufen am 10. Oktober 2018.
  4. a b c d e f g Ivan Damyanov: The Lower Urinary Tract and Male Reproductive System. In: R. Rubin, D. Strayer et al.: Rubin’s Pathology. 5. Auflage. Philadelphia 2008, S. 752–758.
  5. a b c d e f g J. N. Eble, G. Sauter, J. I. Epstein, I. A. Sesterkenn (Hrsg.): World Health Organization Classification of Tumours- Pathology and Genetics of Tumours of the Urinary System and Male Genital Organs. Lyon 2004, S. 90–108.
  6. M. García-Closas, N. Malats, D. Silverman, M. Dosemeci, M. Kogevinas, D. W. Hein, A. Tardón, C. Serra, A. Carrato, R. García-Closas, J. Lloreta, G. Castaño-Vinyals, M. Yeager, R. Welch, S. Chanock, N. Chatterjee, S. Wacholder, C. Samanic, M. Torà, F. Fernández, F. X. Real, N. Rothman: NAT2 slow acetylation, GSTM1 null genotype, and risk of bladder cancer: results from the Spanish Bladder Cancer Study and meta-analyses. In: The Lancet. 366(9486), 20–26. Aug 2005, S. 649–659. PMID 16112301.
  7. A. M. Nieder, S. John, C. R. Messina, I. A. Granek, H. L. Adler: Are patients aware of the association between smoking and bladder cancer? In: J Urol. 176, 2006, S. 2405–2408. PMID 17085114.
  8. P. Aveyard, P. Adab, K. K. Cheng, D. M. Wallace, K. Hey, M. F. Murphy: Does smoking status influence the prognosis of bladder cancer? A systematic review. In: BJU Int. 90, 2002, S. 228–239. PMID 12133057.
  9. rme/aerzteblatt.de: Rauchen erklärt die Hälfte aller Blasenkrebserkrankungen. In: aerzteblatt.de. 17. August 2011, abgerufen am 2. Februar 2015.
  10. K. Golka, P. Goebbel, A. Rettenmeier: Ätiologie und Prävention des Harnblasenkarzinoms. In: Deutsches Ärzteblatt. Jg. 104, Heft 11, S. 719–723.
  11. D. Schmähl: Iatrogenic Carcinogenesis. In: Journal of Cancer Research and Clinical Oncology. 99(1-2), 1981, S. 71–75. PMID 7251640.
  12. FDA Safety Alerts: FDA Drug Safety Communication: Update to ongoing safety review of Actos (pioglitazone) and increased risk of bladder cancer.
  13. FDA Drug Safety Communication: Updated FDA review concludes that use of type 2 diabetes medicine pioglitazone may be linked to an increased risk of bladder cancer. FDA, 12. Dezember 2016, abgerufen am 17. Oktober 2017 (englisch).
  14. Deutsches Ärzteblatt: Pioglitazon: FDA prüft mögliches Blasenkrebsrisiko. 20. September 2010.
  15. Pioglitazon: Studie bestätigt Blasenkrebsrisiko. In: Deutsches Ärzteblatt. 14. August 2012, abgerufen am 17. Oktober 2017.
  16. M. R. Weihrauch, V. Diehl: Artificial sweeteners--do they bear a carcinogenic risk?- Review. In: Ann Oncol. 2004.
  17. Cristina M. Villanueva u. a.: Bladder Cancer and Exposure to Water Disinfection By-Products through Ingestion, Bathing, Showering, and Swimming in Pools. In: Am. J. Epidemiol. Band 165, Nr. 2, 2007, ISSN 0002-9262, S. 148–156, doi:10.1093/aje/kwj364.
  18. M. P. Zeegers, E. Kellen, F. Buntinx, P. A. van den Brandt: The association between smoking, beverage consumption, diet and bladder cancer: a systematic literature review. In: World Journal of Urology. 21, 2004, S. 392–401. PMID 14685762.
  19. Urine liquid biopsies could help monitor bladder cancer treatment, 26. September 2018. Abgerufen am 23. Februar 2019.
  20. A. Di Meo, J. Bartlett u. a.: Liquid biopsy: a step forward towards precision medicine in urologic malignancies. In: Molecular cancer. Band 16, Nummer 1, 04 2017, S. 80, doi:10.1186/s12943-017-0644-5, PMID 28410618, PMC 5391592 (freier Volltext) (Review).
  21. H. B. Grossman, E. Messing, M. Soloway, K. Tomera, G. Katz, Y. Berger, Y. Shen: Detection of bladder cancer using a point-of-care proteomic assay. In: JAMA. 293(7), 16. Feb 2005, S. 810–816. PMID 15713770.
  22. IGeL-Monitor, Bewertung des NMP22-Tests zur Früherkennung von Harnblasenkrebs, abgerufen am 8. Oktober 2018.
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