Adolf Brütt

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Adolf Brütt
Adolf Brütt in Weimar 1909 vor seinem für Berlin bestimmten Mommsen.

Adolf Brütt vollständig: Adolf Carl Johannes Brütt (* 10. Mai 1855 in Husum; † 6. November 1939 in Bad Berka), Sohn des Malers Barthold Friedrich Brütt, war ein deutscher Bildhauer und Medailleur[1]. Brütt war der Gründer der Weimarer Bildhauerschule und Gießerei, die am 1. November 1905 eröffnet wurde und mit den Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst zusammenwirkte. 1910 ging Brütt nach Berlin zurück und Gottlieb Elster wurde sein Nachfolger. Vor den später vom Weimarer Bauhaus genutzten Lehrwerkstätten und Meisterateliers im so genannten Kunstgewerbeschulbau stand bis etwa 1926 Brütts „Mädchenfigur“ (1907). Das Ateliergebäude der Bildhauerschule mit Bildgießerei sowie die 1907 im angebauten Südflügel eröffnete Kunstgewerbeschule Weimar gehören seit 1996 zum geschützten UNESCO-Welterbe.

Leben

Kiel

Brütt wurde in Kiel bei A. Müllenhoff als Steinmetz ausgebildet und wirkte auf seiner Wanderschaft unter anderem am Schloss Linderhof mit. Ein Stipendium der Kieler Spar- und Leihkasse ermöglichte ihm ein Studium an der Berliner Akademie, wo er mehrere Jahre verblieb (1875 — 78), darunter drei Semester als Schüler von Schaper. Als Meisterschüler des Bildhauers Leopold Rau (1847–1880) wurde er mit dem Frühwerk von Friedrich Nietzsche bekannt. In den folgenden Jahren arbeitete er u. a. in der Münchener Werkstatt von Karl Begas, dem Bruder des neobarocken Bildhauers Reinhold Begas.

Berlin 1883 bis 1905

1883 wanderte Brütt zusammen mit seinem Schulfreund Hans Olde nach Italien. Im selben Jahr heiratete Brütt und baute sich einen Stadtbahnbogen am Schiffbauerdamm zum Atelier aus und hatte bald Erfolg. Sein Fischer (1887; früher vor der Nationalgalerie in Berlin; jetzt in Flensburg, ein neuer Guss in Heikendorf bei Kiel), seine Eva (1889, Nationalgalerie Berlin, heute Stadttheater Flensburg, Bronzevariante Schloss Gottorf) und seine Schwerttänzerin (1891/93; Rathaus Kiel) machten ihn international berühmt (Goldmedaille Weltausstellung Paris 1900), die 1893 Leitfigur der Münchner Secession wurde, zu deren Gründungsmitgliedern Brütt zählte. Seine Schülerin Anita Nordenholz formte die Figur zum Kämpfenden Weib für den Internationalen Frauenkongress Berlin 1904 um. Dementsprechend spiegelt seine Diana (1903, Nationalgalerie Berlin) eher die Emanzipation des nackten weiblichen Körpers, als Brütts Jagdbegeisterung, die ihn dann mit dem für die deutsche Jagdgesetzgebung bedeutenden Weimarer Rechtsanwalt Georg Mardersteig verband.

Brütt war Mitbegründer der den Sezessionen nahestehenden Akademie Fehr [2] in Berlin, hatte den Professorentitel, war Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und deren Senator.

Tine-Brunnen in Husum

Ab 1902 setzte Brütt sein Wirken in seiner Geburtsstadt Husum fort, für die er bereits die 1898 enthüllte Büste des Dichters und Schriftstellers Theodor Storm geschaffen hatte. Es entstanden u. a. das als Tine-Brunnen bekannte Asmussen-Woldsen-Denkmal, das zu einem Wahrzeichen der Stadt wurde. Wie schon beim Provinzialdenkmal für Kaiser Wilhelm I. vor dem im Zweiten Weltkrieg zerstörten Hauptbau der Christian-Albrechts-Universität Kiel mit dem Relief der Vernichtung des dänischen Kriegsschiffes „Christian VIII.“ vor Eckernförde 1849 monumentalisierte Brütt die Ereignisse des Deutschen Reichskrieges gegen Dänemark: Standbild des Generals Freiherr Karl von Wrangel im Flensburger Stadtpark, 27. September 1903 enthüllt und Friedrich von Esmarch in Tönning, 1904. Für Schleswig-Holstein schuf Brütt auch die erhaltenen Bismarck-Standbilder für den Knivsberg und für Altona in einer Grünanlage an der Königstraße (Schleepark, Nähe Behnstraße).

Das seinerzeit hochgeschätzte Standbild des Markgrafen Otto des Faulen (Denkmalgruppe 12) entstand 1899 für die Siegesallee,[3] die Gruppe Friedrich Wilhelm II. (Gruppe 29) folgte 1900. Am 18. Dezember 1901 war die Siegesallee feierlich vollendet. Die Enthüllung von Brütts Bildnisbüste Carl Humann im Pergamon-Museum verband das Projekt der Siegesallee programmatisch mit dem antiken Sieg über die in Kleinasien eingefallenen Gallier.

Im Zuge der Ergänzung der ursprünglich vorgesehenen 32 Gruppen um die Gruppen 33 und 34 schuf Brütt 1903 die Gruppe Kaiser Friedrich, auf dessen Konzept die Gesamtanlage ursprünglich zurückgeht. Auf eine Anregung von Adolph von Menzel geht die anschließende Errichtung von Brütts Standbild Wilhelm Prinz v. Preußen in der Uniform der Freiheitskriege zurück. Dadurch war der Bezug zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche mit den dann in Weimar vollendeten Marmorreliefs von Brütt hergestellt. 1903 erhielt er auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine große Goldmedaille.

Weimar 1905 bis 1910

Seit seinem Otto der Faule suchte sich Brütt vom Berliner Historismus zu lösen. Brütt war befreundet mit dem einflussreichen Berliner Bankier Felix Koenigs († 1900), dessen eigentlich als Keimzelle eines Berliner Sezessions-Museums gedachten Nachlass er der Berliner Nationalgalerie überwies, die dadurch 1901 zu Werken von Französischen Impressionisten und von Auguste Rodin kam. Zum Künstlerkreis um Koenigs hatten auch der Bildhauer Max Klinger und Brütts Jugendfreund, der Maler Hans Olde, gehört. Zum Aufbau des Neuen Weimar berief ihn Olde 1905 zum Professor für Bildhauerei an der Weimarer Kunstschule, wo Brütt die genannte Weimarer Bildhauerschule und Bronzegießerei aufbaute.

Gedenktafel am Haus Hegelstraße 2, in Weimar

Das in Weimar entstandene marmorne Sitzbild Theodor Mommsens (1909) ist Hintergrund von Heiner Müllers Langgedicht „Mommsens Block“ anlässlich dessen Rückführung an seinen alten Standort vor der Berliner Humboldt-Universität.[4] Brütts Nacht (1907), die seine frühe Begegnung mit dem Werk von Friedrich Nietzsche durch Leopold Rau verarbeitet, steht heute in der Bauhaus-Universität in Weimar.

Zusammen mit seinen Schülern schuf Brütt die Marmorreliefs von Dichtern und Musikern in der Eingangshalle des 1908 eröffneten neuen Hoftheaters in Weimar. Das Bildnis Friedrich Schillers wurde Grundlage der von Staatsminister Carl Rothe 1909 gestifteten Schillerplakette der Deutschen Schillerstiftung, die 1910 dem Dichter Paul Heyse verliehen wurde.[5]

Brütts als städtebaulicher Angelpunkt konzipiertes Reiterbild des Großherzogs Carl Alexander, enthüllt am 24. Juni 1907, gemahnte an dessen Eintreten für den Deutschen Verfassungsstaat von 1849 im Schleswig-Holsteinischen Krieg. Zeitgleich errichtet mit der denkmalrechtlichen Unterschutzstellung der von Carl Alexander geschirmten Weimarer Altstadt, stand es dem in Weimar verankerten politischen Zugriff auf Berlin im Wege, wurde 1938 entfernt und ist seit 1946 verschollen. 2003–2005 vergegenwärtigte eine Arbeit von Dieter M. Weidenbach das Reiterbild Brütts auf dem Originalsockel vor Weimars Altstadt. Seit dem 1. Mai 2005 steht diese Vergegenwärtigung Carl Alexanders vor dem Jagdzeughaus in Bad Berka.

Noch in Weimar konzipierte Brütt den Rathausbrunnen für Kiel in der Form des Rolandbildes und schuf damit im Anschluss an seine 1904 der Stadt Kiel gestiftete „Schwerttänzerin“ im Vorfeld der geplanten Berliner Olympiade von 1916 ein exemplarisches Monumentalwerk männlicher selbstbewusster Aktdarstellung – wobei das „bronzezeitliche“ Schwert das Standbild mit der eingeschmolzenen Sockelgruppe des Kaiser-Wilhelm-Denkmals „Schleswig-Holstein“ verband und auf die vorpreußische Landesgeschichte verwies. Anlässlich der Neugestaltung des Rathausvorplatzes zu den Olympischen Sommerspielen 1972 wurde die Statue um 180° gedreht und blickt seitdem in Richtung Rathaus. Der Geistkämpfer des Bildhauerkollegen Ernst Barlach wurde nach dem Ersten Weltkrieg das Gegenstück zu Brütts Werk.

Werk-Auswahl

Personen, Ereignisse

  • 1887 Der Fischer, auch "Gerettet" genannt, Bronze, 176 cm, Erworben von der Berliner Nationalgalerie steht sie heute als Leihgabe auf den Flensburger Museumsberg. Die Gruppe wird von der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft als Emblem benutzt
  • 1888 Statuette Phryne, Bronze, 52 cm, Husum, Nissenhaus
  • 1889 Eva, Bronze, 169 cm, Skulpturenpark Schloss Gottorf, Schleswig, Landesmuseum
  • 1896 Schwerttänzerin, Bronze, 206 cm, Kiel, Rathausrotunde
  • 1890 Steuermann, Bauplastik, Kupfer-Treibarbeit, ca 400 cm, heute Kiel, NDR-Gebäude
  • 1894 Fischerei, Marmor, ca 220 cm, Berlin, Turmhalle im Roten Rathaus
  • 1896 Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I, Bronze, ca 300 cm, Kiel, Schlossgarten
  • 1898 Standbild Bismarck, Bronze, ca 300 cm, Hamburg-Altona, Grünanlage an der Königstraße
  • 1899 (Enthüllung) Gruppe 12 der Siegesallee, Standbild Otto von Wittelsbach der Faule, Büsten Thilo von Brügge und Thilo von Wardenberg, Marmor, überlebensgroß, beschädigt erhalten, Zitadelle Spandau
  • 1900 (Enthüllung) Gruppe 29 der Siegesallee, Standbild Friedrich Wilhelm II, Büsten Großkanzler Graf Carmer und Immanuel Kant, Marmor, überlebensgroß, kopflos erhalten, Zitadelle Spandau
  • 1900 Apostel Thomas und Apostel Jakobus, Sandstein, ca 500 cm, Berlin, außen am Dom
  • 1901 Weibliche Figur, Bronze, 43 cm, Husum, Nissenhaus; auch verkleinert als Porzellan-Figur vermarktet
  • 1902 Asmussen-Woldsen-Brunnen, auch Tine-Brunnen, Granitbrunnen mit ca 200 cm hoher Bronze-Plastik, Husum, Marktplatz
  • 1903 (Enthüllung) Gruppe 33 der Siegesallee, Standbild Friedrich III, Deutscher Kaiser, Büsten Generalfeldmarschall Blumenthal und Hermann von Helmholtz, Marmor, überlebensgroß, nur Büste Blumenthal erhalten, Zitadelle Spandau
  • 1903 Standbild General Wrangel, Bronze, ca 300 cm, Flensburg, Stadtpark
  • 1904 Standbild Wilhelm Prinz von Preußen, Marmor, ca 250 cm, Berlin-Tiergarten, Kleine Luisen-Insel nahe Philharmonie
  • 1906 (Einweihung) Reliefs aus dem Leben Kaiser Wilhelms I, Carrara-Marmor, Berlin-Charlottenburg, Turm-Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
  • 1907 Nacht, Marmor, ca 200 cm, Kunstschule Weimar
  • 1909 Opus 100, Marmor, 83 cm, Berlin-Wedding, Warteraum Krematorium Gerichtstraße
  • 1909 Sitzbild Theodor Mommsen, Marmor, ca 250 cm, Berlin-Mitte, Ehrenhof der Humboldt Universität
  • 1912 Schwertmann, Bronze, ca 300 cm, Kiel, Rathausmarkt
  • 1913 Waidwund, Marmor, 185 cm, Berlin-Schöneberg, Rathaus, Brandenburghalle
  • 1926 Frauenhaar, Marmortorso, 95 cm, Kiel, Kunsthalle

Porträts

Schüler

Nachlass

Der Nachlass Adolf Brütts kam an das Nissenhaus-Nordfriesische Museum, heute NordseeMuseum Husum-Nissenhaus in Husum.

Würdigung

Brütt ist Inhaber der Goldenen Medaillen der Ausstellung von Berlin, Paris, Melbourne, St. Louis 1904 und Chicago 1893.

Bad Berka ehrte Brütt 1928 durch die Ehrenbürgerschaft.

Literatur

  • Seite 109 - Adolf Brütt in: "Allgemeines Lexikon der bildenden Kunstler von der Antike bis zur Gegenwart", FÜNFTER BAND. UNTER MITWIRKUNG VON MEHR ALS 300 FACHGELEHRTEN DES IN- UND AUSLANDES. HERAUSGEGEBEN VON ULRICH THIEME. VERLAG: E. A. SEEMANN, LEIPZIG 1911
  • Cornelius Steckner: Der Bildhauer Adolf Brütt. Husum 1978, = Schriften des Nissenhauses - Nordfriesisches Museum in Husum Nr. 13
  • Cornelius Steckner: Die Sparsamkeit der Alten. Kultureller und technologischer Wandel zwischen 1871 und 1914 in seiner Auswirkung auf die Formgebung des Bildhauers Adolf Brütt (1855–1939) (= Neue Kunstwissenschaftliche Studien Bd. 11) Frankfurt/M. / Bern 1981, ISBN 3-8204-6897-8, X, 128 S. 57 Abb.
  • Cornelius Steckner: Der Bildhauer Adolf Brütt. Schleswig-Holstein. Berlin. Weimar. Autobiographie und Werkverzeichnis. (Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek. Hrsg. Dieter Lohmeier. Band 9). Heide 1989. ISBN 3-8042-0479-1
  • Cornelis Steckner: Der Bildhauer Adolf Brütt. Autobiographie und Werkverzeichnis. Verl.-Anst. Boyens, Heide 1989 ISBN 978-3-8042-0479-9 - vergriffen - NUR Antiquarisch
  • Vor-Reiter Weimars, Die Großherzöge Carl August und Carl Alexander im Denkmal. Hrsg. Freundeskreis des Goethe National-Museums, Glaux, Jena 2003, ISBN 3-931743-53-5.

Weblinks

Commons: Adolf Brütt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Künstler. Adolf Brütt. Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst e.V., abgerufen am 30. Oktober 2015.
  2. [Werbung/Reklame Akademische Schule für bildende Kunst Conrad Fehr, Berlin-riedenau] - Akademie Fehr auf e-bay
  3. Karikatur des Standbilds von Markgraf Otto dem Faulen „Lustige Blätter“ 1899
  4. Sinn und Form, 1993, S. 206–211
  5. schillerstiftung.de
  6. Hertzog, Rudolph. In: Bezirkslexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins