Focke-Wulf Fw 200

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Focke-Wulf Fw 200
Focke-Wulf Fw 200 OY-DAM Dania
Fw 200 der dänischen Det Danske Luftfartselskab A/S, (1939)
Typ Langstreckenverkehrsflugzeug/Seeaufklärer
Entwurfsland

Deutsches Reich NS Deutsches Reich

Hersteller Focke-Wulf
Erstflug 27. Juli 1937
Stückzahl 276

Die Focke-Wulf Fw 200Condor[1] (von den Alliierten auch als „Kurier“ bezeichnet) ist ein viermotoriges Tiefdecker-Langstreckenverkehrsflugzeug für 26 Passagiere und vier Mann Besatzung, das bei Focke-Wulf in Bremen entwickelt wurde. Von den 276 gebauten Fw 200 verwendete die Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg 263 Maschinen als Seeaufklärer, Fernbomber und Transportflugzeug.

Geschichte

Zivile Nutzung

Das Muster absolvierte nach nur einem Jahr Entwicklungszeit am 27. Juli 1937 seinen Erstflug. Die anschließenden Probeflüge waren so überzeugend, dass die Lufthansa sofort die erste Serie in Auftrag gab. So folgten einige Fw 200 A und die erste größere Serienversion, die Fw 200 B. Am 10. August 1938 flog die Fw 200 V1 „Condor“ (D-ACON), Werk-Nr. 2000, der Lufthansa unter dem Kommando von Flugkapitän Alfred Henke und mit Hptm. Rudolf von Moreau (2. Pilot), Paul Dierberg (Oberfunker-Maschinist) und Walter Kober (Oberflugzeugfunker) als erstes landgestütztes Passagierlangstreckenflugzeug nonstop die 6371,302 Kilometer lange Strecke von Berlin-Staaken zum Floyd Bennett Field in New York City in 24 Stunden, 56 Minuten und 12 Sekunden; dies entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 255,499 km/h. Auf dem Rückflug vom Floyd Bennett Field nach Berlin-Tempelhof legte die Maschine eine Strecke von 6392 km in 19 Stunden und 55 Minuten zurück; dies entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 321 km/h.

Böttcherstraße (Bremen), Gedenktafel Condor Rekordflug
Focke-Wulf Fw 200 B „Condor“ der Lufthansa (Modell)

Beide Flüge wurden von der FAI als Flugweg-Rekorde, 2. Kategorie (Rekord mit Besatzung), anerkannt.[2]

Am 28. November 1938 startete die D-ACON mit derselben Besatzung und mit Bordwart Georg Kohne (Focke Wulf) und Konsul Heinz Junge (Direktor der Focke-Wulf-Flugzeugbau GmbH Berlin) von Berlin-Tempelhof aus zu einem weiteren Rekordflug mit drei Zwischenlandungen in Basra, Karachi und Hanoi nach Tokio (Ankunft in Tokio am 30. November 1938). Bei diesem Flug flog die Condor insgesamt 13.844 km in 46 Stunden und 18 Minuten. Dies entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 192 km/h (incl. Bodenzeiten in Basra, Karachi und Hanoi).[3] – Auf dem Rückflug musste D-ACON in der Cavite-Bucht vor Manila am 6. Dezember 1938 wegen eines Defektes der Treibstoffleitung notwassern.

Am 27. Juni 1939 startete die D-AXFO mit Flugkapitän Alfred Henke und Flugkapitän Günther Schuster zum ersten Flug eines Landflugzeuges von Deutschland nach Südamerika (11.100 km, Flugzeit 34:48 h). Dabei überquerte sie den Südatlantik von Banjul nach Natal in der Rekordzeit von 9:47 h und erreichte am 29. Juni 1939 Südamerika.[4]

Außer von der Lufthansa wurde die Fw 200 auch von der dänischen Det Danske Luftfartselskab (DDL) und der brasilianischen Cruzeiro do Sul betrieben.

Die Fw 200 „Condor“ konnte im Liniendienst mit 30 Personen an Bord 1500 Kilometer weit fliegen.[5]

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs stürzte die deutsche Fw 200 „Hessen“ bei Egglkofen im Landkreis Mühldorf am Inn ab; die Leichen wurden erst 1952 geborgen.

Militärische Nutzung

Fw 200 C-3 (Luftwaffenversion)
Focke-Wulf Fw 200 C (Luftwaffenversion)

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Fw 200 für militärische Zwecke mit mäßigem Erfolg modifiziert. Sie war als Seeaufklärer und Fernbomber jedoch konstruktionsbedingt nur eine Notlösung. In Ausnahmefällen bildete sie mit U-Booten eine Kampfgemeinschaft.

Die sogenannten „Führermaschinen“ Adolf Hitlers waren ebenfalls umgebaute Fw 200. Die Fw 200 C-4/U1, W.Nr. 0137, Stammkennzeichen CE+IB, war mit einem speziellen Sesselfallschirm und einer Notluke ausgerüstet, über die Hitler hätte aussteigen können.

Die Arbeit an der Umkonstruktion zum Bomber begann 1939 auf Ersuchen der an einem solchen Projekt interessierten Kaiserlich Japanischen Heeresluftstreitkräfte. Diese Version hatte stärkere Triebwerke und erhielt die Bezeichnung Fw 200 C; vor der Fertigstellung der ersten Maschine brach jedoch der Krieg aus, und das Projekt wurde sofort von der deutschen Luftwaffe für den Einsatz als Seeaufklärer aufgegriffen. In der Zwischenzeit wurden die zivilen Fw 200 B und die wenigen Nullserienmaschinen der C-Reihe als Transportmaschinen in den Truppendienst geholt. Während der Schlacht von Stalingrad gingen neun Condor-Frachtmaschinen verloren. Eine Fw 200 C-3/U2, WNr. 0034, fiel auf dem Flugplatz Pitomnik sowjetischen Truppen intakt in die Hände und wurde am Forschungsinstitut der Luftstreitkräfte umfassend getestet.[6] Drei weitere bei Kriegsende in Produktionsstätten im unfertigem Zustand vorgefundene Exemplare wurden mithilfe deutscher Arbeitskräfte komplettiert und bis 1950 bei der Polarluftflotte eingesetzt.[7] Die Serienfertigung wurde bis Anfang 1944 mit den Nachfolgemustern C-1, -2, -3, -4, -6 und -8 fortgesetzt, insgesamt wurden 263 Flugzeuge der militärischen Varianten gebaut, die fast alle im Kampfgeschwader 40 zum Einsatz kamen.

Keines der Baumuster erlangte jedoch Bedeutung als schwerer Bomber, was an den grundsätzlichen Eigenschaften des Flugzeugs lag, deren Umkonstruktion einer Neuentwicklung gleichgekommen wäre.

  • Der Luftwaffe fehlte es an einem viermotorigen schweren Bomber. Für eine Massenfertigung war die Fw 200 jedoch niemals ausgelegt: Die Zelle war nicht modular aufgebaut, eine mit der Junkers Ju 88-Produktion vergleichbare dezentrale Massenfertigung war dadurch nicht möglich. Die Maschine war als Bomber eine Notlösung und im beladenen Zustand für tieffliegende Bombenangriffe (unter 1000 Meter) zu träge.
  • Die ausgezeichnete Aerodynamik, das geringe Eigengewicht und die gute Innenraumnutzbarkeit fußten auf der konischen Rumpfform, die sowohl den Einbau eines Heck-Waffenstandes als auch eines modernen Bombenschützenstandes äußerst kompliziert gestalteten.
  • Die tragende Außenhaut, die das gute Gewicht/Zuladungsverhältnis ermöglichte, machte den Einbau einer externen Bombenabwurfhalterung notwendig, da die Zelle selbst keine Bomben mit einem höheren Gewicht als 250 kg fassen konnte; zudem verlief mittig entlang des Zellenbodens ein Längsholm, sodass ein Bombenschacht nur asymmetrisch einzubauen war, was zu Lasten von Statik, Schwerpunktlage und Aerodynamik ging.
  • Der Flügelholm kreuzte die Passagierkabine direkt unter deren Boden, was das Flugzeug als Passagiermaschine sehr modern und praktisch machte. Dies stand jedoch der Anbringung der Abwurfzuladung im Flugzeugschwerpunkt entgegen, die zur Erhaltung der Schwerpunktlage nach dem Bombenabwurf für sichere Flugeigenschaften unerlässlich ist. Die Auslegung als tiefer Mitteldecker war aber die Grundlage der hervorragenden Wendigkeit ohne servounterstützte Ruderanlage.
  • Ohne definierte Trennstellen waren Tragflächen, Zelle und Leitwerk nicht einzeln demontierbar. Es war daher kaum möglich, auf Frontflughäfen eine havarierte Fw 200 wieder instand zu setzen.
  • Pilotensitze und Kampfstationen waren teilweise ungepanzert und boten für den militärischen Einsatz schlechte Blick- bzw. Schussfelder (kein zentraler Heckschütze).
  • Das Fahrwerk war für feste Landepisten konzipiert, nicht jedoch für Feldflugplätze.
  • Selbstabdichtende Tanks waren nicht eingebaut; die Motorgondeln waren weder beschusssicher noch mit einer Brandbekämpfungseinrichtung versehen.

Mit den einzelnen Baumustern wurden zwar stufenweise einzelne Mängel behoben, jedoch erreichte die Fw 200 niemals eine Tauglichkeit im Sinne eines strategischen Frontflugzeugs.

Lediglich mit ihrer Reichweite konnte sie lange und großflächig den Atlantik und das Nordpolarmeer abfliegen und mit dem „Hohentwiel“-Radar Schiffe orten und überraschend angreifen, wie z. B. im Oktober 1940 die Empress of Britain vor der Nordwestküste Irlands. In dieser Rolle bezeichnete sie Churchill als „Geißel des Atlantiks“. Flugkapitän Werner Thieme berichtete, dass der längste Flug 15 Stunden und 56 Minuten dauerte und von Vaernes nach „Germanialand“ in Grönland reichte, wo die Besatzung ein eingefrorenes Wetterschiff der Marine mit Nachschub versorgte. Dazu wurde zusätzlich per Hand Treibstoff aus vier 200-Liter-Fässern in die Treibstofftanks umgepumpt.

Gegen Kriegsende, als die Überfalltaktik der Fw 200 an Wirksamkeit verlor, wurden einige Condor wieder zu Transporteinsätzen für Hitler und seinen Stab abkommandiert. Eine geplante Entwicklung mit größerer Spannweite und V-Motoren größerer Leistung, die Fw 300, kam über das Entwurfsstadium nicht hinaus.

Wiederaufbau

Seit 2003 wird im Airbus-Werk Bremen (80 % der Arbeiten und etwa 50 Mitarbeiter) sowie bei Lufthansa Technik in Hamburg und Rolls Royce Oberursel eine Fw 200, die am 26. Mai 1999 im Trondheimfjord im Auftrag des Deutschen Technikmuseums Berlin gehoben wurde, restauriert und wiederaufgebaut. Die Maschine war am 22. Februar 1942 von Flugkapitän Werner Thieme wegen des Defektes einer Landeklappe, die eine reguläre Landung unmöglich machte, in einer Art „gesteuertem Absturz im Fjord“ niedergebracht worden. Alle sechs Besatzungsmitglieder konnten sich retten.

Das 1981 von norwegischen Wissenschaftlern entdeckte und unter Wasser stabil aussehende Wrack war 1999 bei der Bergung am Hebekran zerbrochen.

Bei Lufthansa-Technik werden das Heck und das Fahrwerk gebaut. 2011 wurde das Innenstück der linken Tragfläche fertiggestellt; später sollen Außenflügel und Klappen folgen. [8] Dann folgt die rechte Tragfläche. Eingebaut werden auch zwei originale Bramo-Motoren, die antiquarisch erworben werden konnten. Diese taten vermutlich an einer Dornier Do 24 Dienst.

Das Projekt leidet unter dem Mangel an Originalkonstruktionsplänen und guten Fotografien. Vieles muss daher nicht nur nachgebaut, sondern nachkonstruiert werden, was den Prozess extrem langwierig macht.

Bis 2020 soll das Flugzeug von etwa 60 freiwilligen Helfern, meist Flugzeugbauern im Ruhestand, in ehrenamtlicher Arbeit fertiggestellt sein. Das Flugzeug wird nach der Rekonstruktion das einzige existierende Exemplar dieses Typs sein und soll im Deutschen Technikmuseum Berlin ausgestellt werden.[9]

Ende 2009 wurden zudem Teile einer in der Nähe von Voss (Hordaland) in Norwegen abgestürzten Maschine geborgen, die für einen Wiederaufbau verwendet werden können.[10]

Technische Daten

Fw 200 C-3[11]

  • Triebwerke: vier luftgekühlte Neun-Zylinder-Sternmotoren BMW-Bramo 323 R-2 mit einer Startleistung von je 1.000 PS (1.100 PS mit C3-Treibstoff)
  • Spannweite: 32,84 m
  • Länge: 23,85 m
  • Höhe: 6,30 m
  • Leergewicht: 14.180 kg
  • Abfluggewicht: maximal 27.000 kg
  • Besatzung: 6 Mann
  • Höchstgeschwindigkeit: 380 km/h bei 22 t Gewicht, 406 km/h bei 17,6 t Gewicht (Werte für Kampfleistung in 5.000 m Höhe)
  • Dienstgipfelhöhe: 6.450 m bei 22 t Gewicht, 8.400 m bei 17,6 t Gewicht
  • größte Reichweite: 4.490 km in 4.000 m Flughöhe (maximaler Treibstoff), C-3/U2 bis zu 6.400 km
  • Bewaffnung: ein MG FF (20 mm), fünf MG 15 (7,92 mm), obere Kampfstände teils vorbereitet für Einbau MG 131 anstatt MG 15
    • Bombenzuladung: 1.230 kg bei vollen Tanks, maximal 5.400 kg möglich. Rumpfwanne beschränkt auf 1.000 kg, je 1.400 kg unter den beiden äußeren Motorgondeln, je 1.800 kg an den Außenflügeln möglich.

Literatur

  • R. G. Grant: Fliegen. Die Geschichte der Luftfahrt. Dorling Kindersley Verlag GmbH, Starnberg 2003, ISBN 3-8310-0474-9.
  • Kenneth Munson: Die Weltkrieg II-Flugzeuge. Alle Flugzeuge der kriegführenden Mächte. 20. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-87943-302-X.
  • Heinz J. Nowarra: Focke Wulf Fw 200 „Condor“. Die Geschichte des ersten modernen Langstreckenflugzeuges der Welt. Bernard & Graefe, Koblenz 1988, ISBN 3-7637-5855-0.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Focke-Wulf Fw 200 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nach damaliger Firmentradition trugen alle Focke-Wulf-Flugzeuge intern Vogelnamen.
  2. „Condor“-Rekord-Flüge Berlin – New York – Berlin, Deutsche Lufthansa AG, Köln, Firmenarchiv
  3. „Condor“-Rekord-Flug Berlin-Tokio, Deutsche Lufthansa AG, Köln, Firmenarchiv
  4. Deutsche Wochenzeitschrift 1939
  5. Lufthansa, DLH 3050-14-3
  6. Andrei Alexandrov, Gennadi Petrov: Die deutschen Flugzeuge in russischen und sowjetischen Diensten 1914–1951. Band 2. Tussa, Illertissen, ISBN 3-927132-45-4, S. 188.
  7. Wladimir Kotelnikow: Fw 200 in Russland. Deutscher Beutevogel in der Arktis. In: Klassiker der Luftfahrt. Nr. 3, 2016, S. 48–53.
  8. Mitteilung des Pressedienst Bremen vom 19. Januar 2012
  9. Artikel in der Badischen Zeitung vom 11. Juni 2016, online, abgerufen am 11. Juni 2016
  10. Artikel auf http://www.trefall.net Deutscher Bericht hierzu und hier (Memento vom 16. Mai 2005 im Internet Archive)
  11. Fw 200 C-3 Handbuch, Stand 1941