Gauführerschule
Eine Gauführerschule (auch Gauschulungsburg) war eine Schulungseinrichtung der NSDAP oder einer ihrer angeschlossenen Verbände und unterstand den jeweiligen Gauleitungen.[1] Ihr Ziel war die „weltanschaulich-politische Ausrichtung“ der Teilnehmer.
Organisation
Der Reichsorganisationsleiter der NSDAP Robert Ley war zugleich als Reichsschulungsleiter für die weltanschauliche Schulung der in der Partei tätigen Politischen Leiter und der Funktionäre in den Gliederungen und angeschlossenen Verbände verantwortlich.
Die Bezeichnung als Gauschulungsburg oder Kreisschulungsburg bedurfte der Genehmigung des Reichsorganisationsleiters. Sie unterstanden der alleinigen Aufsicht des Gauschulungsleiters bzw. Kreisschulungsleiters.[2] Derartige Schulungsstätten sollten in jedem der 43 Gaue eingerichtet werden.
Schulungsstätten der angeschlossenen Verbände werden im Organisationsbuch der NSDAP als Fachschulen bezeichnet. Der Unterricht sollte auf weltanschaulicher Grundlage beruhen und wurde daher von den Schulungsämtern der NSDAP überwacht. Für höchste Funktionen waren Reichsführerschulen bzw. NS-Ordensburgen und Landesführerschulen bzw. Gauschulungsburgen vorgesehen und für Schulungen an unterer Ebene die Ortsgruppenschulungen.[3][4]
Teilnehmer
Zur „weltanschaulichen Schulung“ sollten unmittelbar erfasst werden die Politischen Leiter der NSDAP und alle Parteiredner sowie weitere Mitglieder der NSDAP, die sich freiwillig gemeldet hatten und nach einem Ausleseverfahren zugelassen worden waren. Aufgezählt werden außerdem die Leiterinnen und Walterinnen der NS-Frauenschaft (NSF) und des Deutschen Frauenwerks (DFW) sowie die Obmänner, Walter und Warte der Deutschen Arbeitsfront (DAF) einschließlich der NS-Arbeitsgemeinschaft Kraft durch Freude (KdF), die Obleute der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), des Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes und des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes. Von der weltanschauliche Schulung erfasst werden sollten zudem alle Mitglieder im Nationalsozialistischen Lehrerbund, die Mitglieder im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund und des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes.[5]
Unterricht
Das Aufgabengebiet der gesamten weltanschaulich-politischen Ausrichtung beschreibt das Organisationsbuch der NSDAP als die „Vermittlung nationalsozialistischer grundsätzlicher Stellungnahme zu den Gebieten der Innenpolitik, Außenpolitik, Rassen- und Vererbungslehre, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Geschichte und Geopolitik...“ [6]
Standorte
Gau | Gauschule (Sitz der Schule, Objekt) |
Baden | Gauführerschule I zunächst in Karlsruhe, Bismarckstraße[7], dann Frauenalb (ab 1936 neben der Klosterruine)[8] |
Bayreuth (Bayerische Ostmark) | Gauführerschule I in Weismain[9] |
Groß-Berlin | „Dr. Adolf‐Wagner‐Reichsschulungsburg“ der DAF, Villa von der Heydt, Berlin‐Wannsee, Haus am See, Kaiserstraße 2‒3[10] |
Danzig-Westpreußen | Gauführerschule in Villa Ziese, Ziesestraße in Elbing[11][12] |
Düsseldorf | Gauführerschule Haus Welchenberg bei Grevenbroich[13] |
Essen | Gauführerschule Zeche Hercules in Essen[14] Gauschule Mülheim-Menden (1934-1945)[15] |
Franken | Gauführerschule Schloss Ermreuth (ab 1935)[16] |
Halle-Merseburg | Gauführerschule Schloss Seeburg (Hassegau)[17] Gauführerschule in Roitzsch (Sandersdorf-Brehna)[18] Gauschule III Burg Wettin in Wettin[19] |
Hamburg | Gauführerschule I Hamburg-Eilbeck (Ritterstraße 44 (ab 1933))[20] Gauführerschule II (ab 1937) Barsbüttel (Villa Lunugala (ab 1937))[21][20] Gauführerschule (übergangsweise 1934/35) Hamburg-Volksdorf[22] (Haus Rissen[23]) Gauführerschule Burg Seebergen in Lütjensee[24] |
Hessen-Nassau | Gauführerschule in der Villa Manskopf in Frankfurt a. M.[25] Gauschulungsburg in Kronberg im Taunus 1937-1940[26] |
Kärnten | Schloss Heroldeck in Millstatt am See[27] (Liste der denkmalgeschützten Objekte in Millstatt am See) |
Köln-Aachen | Gauführerschule Feuerschlößchen in Bad Honnef (ab 1934)[28] Gauführerschule II in Engelskirchen Haus Mühlenberg oder Villa Risch[29] |
Kurhessen | Gauführerschule I Melsungen [30] Landerziehungsheim Walkemühle[31] Gauführerschule II in Marburg[32] Gauführerschule III in Ebersburg-Weyhers[33] |
Magdeburg-Anhalt | Gauführerschule im ehem. Bauhaus Dessau[34][35] |
Mainfranken | Gauschulungsburg „Florian Geyer“ in Schloss Gelchsheim [36] |
Mark Brandenburg (Kurmark) | Gauführerschule Dietrich-Eckart-Schule Gehren in Heideblick[37] Gauschulungsburg II Adolf Hitler Lychen ab 21. Juni 1934[38][39] |
Mecklenburg | Gauschule in Schwerin „Nordischer Hof“ (heute Finanzministerium), ab 1935 in der Schlossgartenallee 61 (heute NDR-Landesfunkhaus)[40], |
Moselland (bis 1942 Koblenz-Trier) | Gauschulungsburg Weidtmansches Schlösschen in Koblenz-Metternich[41] Gauschule Kautenbachtal bei Traben-Trarbach (Amt für Beamte)[42] |
München-Oberbayern | Gauschulungsburg Schloss Niedernfels bei Grassau [43] |
Niederdonau | Schulungsburg Gföhl in Schloss Jaidhof[44] |
Niederschlesien | Gauführerschule I, Weißenhof bei Liegnitz[45] Schloss Parchwitz[46] Gauführerschule II, Bischwitz, Landkreis Trebnitz[47] |
Oberdonau | Gauschulungsburg in Gmunden Schloss Cumberland[48] |
Oberschlesien | |
Ost-Hannover | Gauführerschule I, Hermann-Göring-Haus in Steinbeck (Buchholz in der Nordheide), Kreis Harburg [49] |
Ostpreußen | Gauführerschule Rippen bei Ludwigsort[50] Gauschule der DAF Strobjehnen[51] (der DAF) |
Pommern | Gauführerschule Wartin bei Casekow, Kreis Randow[52] |
Sachsen | Gauführerschule I Augustusburg in Hammerleubsdorf (ab Juni 1933)[53] Gauführerschule II in Schloss Friedrichsburg[54] in Heidenau-Großsedlitz (ab Juli 1934)[55][56] Gauschule für Kommunalpolitik und Verwaltung in Pulsnitz (ab 1937)[57] Gauschule Haideberg in Oberlößnitz (ab 1935)[58] DRK-Landesführerschule IV in Radebeul I (ab 1940)[59] |
Salzburg | Gauführerschule Veste Hohenwerfen[60] |
Schleswig-Holstein | Gauführerschule I in Kloster Bordesholm[61](1934–1939)[62] Gebäude Altes Amtshaus Gauführerschule II in Trittau[63] Gauschule Barsbüttel[64][65] |
Schwaben | Gauführerschule in Blaichach (eröffnet am 15. August 1933)[66] Gauschulungsburg Ulrich Graf-Burg in Bachhagel [67][68][69] |
Steiermark | Gauschule Schloss Schielleiten in Stubenberg (Steiermark)[70] Gauschulungsburg Schloss Laubegg in Ragnitz ab 1940[71] |
Sudetenland | |
Süd-Hannover-Braunschweig | Gauführerschule „Bernhard Rust“ in Wennigsen (Deister)[72] |
Thüringen | Staatsschule für Führertum und Politik in Egendorf[73] |
Tirol-Vorarlberg | Gauschule Vomperberg[74][75] in Vomp |
Wartheland | Schulungsburg Waldborn im Landkreis Litzmannstadt[76] |
Weser-Ems | Gauführerschule I in Pewsum (Manningaburg)[77] Haus Krähnholm in Bremen-Lesum (NSV-Gauschule)[78] |
Westfalen-Nord | Gauführerschule Schloss Nordkirchen[79] Gauschulungsburg in Lübbecke, Am Weingarten[80] |
Westfalen-Süd | Gauführerschule I, Josef-Wagner-Schule, Hagen (Westf.)[81] |
Westmark | Gauführerschule in Annweiler am Trifels[82] |
Wien | Reichsschulungsburg Schloss Altkettenhof (ab 1938)[83] |
Württemberg-Hohenzollern | Gauschule in Rötenbach bei Nagold[84] Gauführerschule im Schlössle in Kressbronn am Bodensee[85] Gauschule Neuffen (Amt für Beamte, Bau ab 1937)[86] |
NSDAP/AO |
Einzelnachweise
- ↑ Der Reichsorganisationsleiter der NSDAP (Hrsg.): Organisationsbuch der NSDAP. Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf., 4. Auflage München 1937, S. 176f.
- ↑ Organisationsbuch der NSDAP, S. 182.
- ↑ Carl-Wilhelm Reibel: Das Fundament der Diktatur: Die NSDAP-Ortsgruppen 1932-1945, Schöningh, Paderborn 2002, ISBN 978-3506775283, S. 203.
- ↑ Das Archiv Nachschlagewerk für Politik, Wirtschaft, Kultur. Ausgaben 4-6, 1934. S. 824
- ↑ Organisationsbuch der NSDAP, S. 176.
- ↑ Organisationsbuch der NSDAP, S. 181.
- ↑ Vgl. Der Schulungsbrief, hrsg. vom Reichsschulungsamt der NSDAP und der deutschen Arbeitsfront, I. Jahrgang, 1. Folge (März 1934), S. 20-22 (mit vielen weiteren Angaben zu den Standorten)
- ↑ 1936-1945: Frauenalb wird Gauschulungsburg bei Stiftung Frauenalb.
- ↑ Postkarte1
- ↑ Villa von der Heydt
- ↑ Hans Pfau, Elbinger Heimatseite, Straßenverzeichnis
- ↑ Helga Tödt: Die Krupps des Ostens, Berlin 2012, S. 226
- ↑ H.C. Harten u.a.: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs. Berlin 2006, S. 353.
- ↑ Bundesarchiv Berlin, NS 26/273 fol. 1, Hauptarchiv der NSDAP, gefunden in Führerschule Essen-Ruhr
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ "Neonazis. Nicht nur Pinsel", in: Der Spiegel, Nr. 6/1980, S. 57-58.
- ↑ Schloss Seeburg im Mansfelder Land
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ a b Albert Henze: Hans-Peter de Lorent: Nazipropagandist im System des Gauleiters (2011)
- ↑ Jugendhof Barsbüttel
- ↑ Bildarchiv
- ↑ Beschreibung des Umbaus
- ↑ Uwe Schmidt: Nationalsozialistische Schulverwaltung in Hamburg. Hamburger Historische Forschungen. (pdf 3,24 MB)
- ↑ Foto
- ↑ Kronberg im Taunus, „Gauschulungsburg Kronberg“. Topografie des Nationalsozialismus in Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Historie von Schloss Heroldeck auf castle.cccm.com (engl.)
- ↑ Ansgar Sebastian Klein: Aufstieg und Herrschaft des Nationalsozialismus im Siebengebirge. Klartext Verlag, Essen 2008, ISBN 978-3-89861-915-8, S. 237–239
- ↑ Haus Mühlenberg droht der Abbruch im Archiv des Bergischen Geschichtsvereins Rhein-Berg (2010).
- ↑ Gauführerschule Walkemühle Melsungen
- ↑ „Melsungen, Gauführerschule I“. Topografie des Nationalsozialismus in Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ „Marburg, Gauführerschule II“. Topografie des Nationalsozialismus in Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ „Weyhers, Gauführerschule III“. Topografie des Nationalsozialismus in Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Nachnutzung ab 1. Oktober 1932
- ↑ Ansichtskarte 1942
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Lausitzer Rundschau, 31. Mai 2005: Ein Bauwerk mit Geschichte
- ↑ Lychener Stadtchronik 1934
- ↑ Liste der Baudenkmale in Lychen#Lychen Pannwitzallee 1,2: Heutige Pannwitzschule
- ↑ Archivansichtskarte
- ↑ Petra Weiß: Metternich in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. In: Heimatfreunde Koblenz-Metternich e.V./Petra Weiß (Hg.): Metternich im Spiegel der Jahrhunderte. Beiträge zur Ortsgeschichte. Koblenz 2002, S. 51-80
- ↑ Petra Weiß: Die Stadtverwaltung Koblenz im Nationalsozialismus, Diss. Hagen 2011, S. 156f.
- ↑ Postkarte
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Foto
- ↑ Stübinger: Niederschlesische Schlösser, S. 18.
- ↑ Foto
- ↑ Ansichtskarte: Gmunden, Schoß Cumberland Gauschulungsburg
- ↑ Jürgens/Zapf: Buchholz in der Nordheide, Schubert o.j. S. 31 online-Fassung
- ↑ Bild
- ↑ Bild: Gauschule der DAF
- ↑ Familiengeschichte v. Ramin
- ↑ Ostsachsenprojekt
- ↑ Friedrichsburg in Groß-Sedlitz
- ↑ Mike Schmeitzner: Totale Herrschaft durch Kader? – Parteischulung und Kaderpolitik von NSDAP und KPD/SED, S. 79/ 80
- ↑ Bild ( vom 3. Februar 2014 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Mike Schmeitzner: Totale Herrschaft durch Kader?, S. 85
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Stadt Salzburg, Zeitungsdokumentation, S.124
- ↑ Altes Amtshaus von ca. 1770
- ↑ Bordesholm in alten Ansichten
- ↑ Trittau-Wiki
- ↑ Die Zeit 1948, 6
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Martina Steber: Ethnische Gewissheiten: die Ordnung des Regionalen im bayerischen Schwaben vom Kaiserreich bis zum NS-Regime.
- ↑ Findmitteldatenbank SAB
- ↑ Einträge Bundesarchiv: Reichsschatzmeister der NSDAP; Finanzplanung der Gaue.
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Foto
- ↑ Einträge Bundesarchiv
- ↑ Einträge Bundesarchiv
- ↑ Staatsschule Egendorf
- ↑ Die Gralssiedlung Vomperberg auf www.die-gralsbewegung.org
- ↑ J. Wagner: Mein Weg, 1938
- ↑ Litzmannstadt, Schulungsburg Waldborn beim Deutschen Historischen Museum.
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Geschichte der Villa Krähnholm auf www.sankt-magnus.de
- ↑ Digitales Archiv
- ↑ Digitales Archiv
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Karl Scherer, Otfried Linde, Roland Paul: Psychiatrie im Nationalsozialismus. Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster 1933-1945, S. 24.
- ↑ Altkettenhof
- ↑ Ansichtskarte
- ↑ Digitale Bibliothek
- ↑ Regionale Eliten zwischen Diktatur und Demokratie: Baden und Württemberg 1930-1952, hg. v. Cornelia Rauh-Kühne u. Michael Ruck, Oldenbourg, München 1993, S.98ff.