George Cukor

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George Cukor (1973)

George Dewey Cukor ['kjukɔ] (* 7. Juli 1899 in New York City; † 24. Januar 1983 in Los Angeles) war ein US-amerikanischer Filmregisseur und Filmproduzent. Er zählte über Jahrzehnte zu Hollywoods erfolgreichsten Regisseuren und gewann nach vier vergeblichen Anläufen auf der Oscarverleihung 1965 den Oscar für die Beste Regie für My Fair Lady.

Leben

George Cukor wurde 1899 in New York als Sohn von Victor und Helen Cukor, jüdisch-ungarischen Immigranten, geboren. Nach dem bekannten US-Admiral George Dewey (1837–1917) benannt,[1] wuchs er mit seiner älteren Schwester Elise in seiner Geburtsstadt auf und war schon von Jugend an vom Theater fasziniert. Nach seinem Abschluss an der De Witt Clinton High School im Jahr 1916 und einem Jahr im Students Army Training Corps begann er seine Karriere 1918 als Regie-Assistent an einem Theater in Chicago. In den 1920er Jahren war er ein erfolgreicher Broadway-Regisseur und er erfand die Out-of-Town-Try-Outs, wobei Broadway-Produktionen zunächst in anderen Städten vor Publikum ausprobiert werden und erst dann am Broadway ihre Premiere haben. Während der Zeit machte er auch die Bekanntschaft mit der damals noch unbekannten Bette Davis, die ihm zeit ihres Lebens nicht verzieh, dass er sie damals zugunsten von Miriam Hopkins nicht für eine Inszenierung im Tourneetheater (engl.: „summer stock“) engagierte. Cukor arbeitete mit Bühnenstars wie Jeanne Eagels, Laurette Taylor und Ethel Barrymore.

1929 schloss er sich der Karawane von Broadway-Schauspielern an, die mit dem aufkommenden Tonfilm neue Chancen in Hollywood bekamen. Sein erstes Engagement bekam er als Sprachlehrer für die Schauspieler von Im Westen nichts Neues, um kurz danach bei drei Filmen die Co-Regie zu übernehmen. Er machte damals die Bekanntschaft von David O. Selznick, der ihm zu einem Vertrag bei Paramount verhalf. Sein Debüt als Regisseur gab er in Tarnished Lady mit Tallulah Bankhead. Seine Zusammenarbeit mit Kay Francis in Girls About Town gilt heute als einer der besten Pre-Code-Filme mit seinen gewagten Dialogen und doppeldeutigen Situationen. Ein Jahr später überwarf er sich während der Dreharbeiten zu Eine Stunde mit Dir mit Ernst Lubitsch, der am Ende die Regie übernahm und damit nicht nur die Karriere von Maurice Chevalier rettete, sondern auch Musicals wieder in Mode brachte, nachdem ein Überangebot das Genre auf einen Tiefpunkt der Publikumsgunst hatten sinken lassen. Es war wiederum Selznick, der Cukor einen neuen Vertrag mit RKO verschaffte, wo Selznick als ausführender Produzent tätig war. Innerhalb eines Jahres wurde aus Cukor einer der bekanntesten Regisseure der Industrie, nachdem er nicht nur Constance Bennett zu ihrer besten Leistung in What Price Hollywood? geführt hatte, der Urversion für alle späteren A-Star-is-Born-Remakes, sondern auch Katharine Hepburn in ihrem Debüt Eine Scheidung leitete. Der Film behandelte sensibel das Thema Geburtenkontrolle und mentale Erkrankungen. John Barrymore bot eine seiner besten Darstellungen als Mann, der jahrelang in einer Nervenheilanstalt gelebt hatte und am Tag der Hochzeit seiner Tochter (Hepburn) wieder bei der Familie auftaucht.

Endgültig bekannt wurde Cukor im Folgejahr, als er mit der Literaturverfilmung Vier Schwestern nicht nur RKO vor dem Bankrott rettete, sondern auch den Trend für die Verfilmung von Klassikern für die nächste Dekade setzte. Die Geschichte nach dem bekannten Roman von Louisa May Alcott um eine Familie während des Amerikanischen Bürgerkriegs enthielt eine von Katherine Hepburns bekanntesten Charakteren. Später im Jahr ging Cukor gemeinsam mit Selznick zu MGM, wo er gleich die Aufgabe bekam, einen Nachfolger für den Vorjahreserfolg von Menschen im Hotel zu drehen. Auf der Basis eines bekannten Broadwaystücks wurde Dinner um acht zu einem der größten finanziellen Erfolge des Studios in einem Jahr, in dem die Weltwirtschaftskrise ihren Höhepunkt erreichte. In den nächsten Jahren war Cukor Spezialist für aufwändig produzierte, aber meist auch etwas steife Adaptionen von Klassikern. Während David Copperfield noch von den Kritikern gelobt wurde, war die Meinung über Romeo und Julia geteilt, was wohl auch daran lag, dass die Hauptdarsteller bereits 42 (Leslie Howard) bzw. 36 Jahre (Norma Shearer) zählten. Die Verfilmung von Die Kameliendame, die auf Alexandre Dumas’ gleichnamigem Stück basierte, war jedoch ein uneingeschränkter Erfolg, was vorrangig an Greta Garbo lag, die hier ihre beste und kontrollierteste Leistung gab. Von Selznick, der mittlerweile seine eigene Produktionsfirma, Selznick International, gegründet hatte, wurde Cukor 1939 mit der Regie von Vom Winde verweht beauftragt, doch Selznick war mit den fertigen Mustern nicht zufrieden, obwohl diese Szenen später im fertigen Film Verwendung fanden. Außerdem kam Cukor nicht mit Clark Gable zurecht, der am Ende seinen Freund Victor Fleming als Regisseur durchsetzte. Allerdings soll Cukor sich während der Dreharbeiten weiterhin eng mit den Hauptdarstellerinnen Vivien Leigh und Olivia de Havilland über die Konzeption ihrer Rollen ausgetauscht haben. Unmittelbar nach dem Rauswurf bei Selznick bekam Cukor von MGM die Regie von Die Frauen übertragen und musste sich mit den Streitereien der rivalisierenden Stars Norma Shearer und Joan Crawford auseinandersetzen. Der Film wurde zu einer der teuersten Produktionen von MGM, doch spielte er am Ende fast so viel wie Vom Winde verweht ein. Der Ruf von Cukor, gerade aus Frauen gute Darstellungen herauszuholen, wurde in den nächsten beiden Filmen wieder bestätigt. Es gelang ihm, die stagnierende Karriere von Joan Crawford durch zwei gehaltvolle Rollen zu revitalisieren: in Susan und der liebe Gott spielte Crawford eine exaltierte Matrone und Mutter einer halbwüchsigen Tochter. Ein Jahr später war sie in Die Frau mit der Narbe, dem Remake von Ingrid Bergmans En Kvinnas Ansikte, als Frau mit einer Narbe im Gesicht zu sehen, die die Welt hasst. Crawford gab zu, es sei die größte Enttäuschung ihres Lebens gewesen, für die Rolle nicht für den Oscar nominiert zu werden. Die Karriere von Cukor verebbte überraschend schnell, nachdem er mit Die Frau mit den zwei Gesichtern und Her Cardboard Lover zwei finanzielle Reinfälle abgeliefert hatte, die noch dazu die Karrieren ihrer Hauptdarstellerinnen Greta Garbo und Norma Shearer für immer beendeten. Erst 1949 begann er sich von diesem Tief zu erholen. Er drehte einige der besten Filme von Judy Holliday, der er 1950 mit Die ist nicht von gestern völlig überraschend zu einem Oscar verhalf. 1954 drehte er Ein neuer Stern am Himmel mit Judy Garland in der Hauptrolle. Ein später Höhepunkt seiner Karriere war die Verfilmung von My Fair Lady, die nicht weniger als acht Oscars gewann. An den Regisseur erinnert ein Stern auf dem Hollywood Walk of Fame (6378 Hollywood Boulevard).

Würdigung

Cukor stand von Anfang an im Ruf, aus den Schauspielern kontrollierte und ausgereifte Darstellungen herauszuholen. So gewannen Ingrid Bergman (Das Haus der Lady Alquist), Ronald Colman (Ein Doppelleben) und Judy Holliday (Die ist nicht von gestern) unter seiner Regie Oscars und viele andere Schauspieler wurden nominiert. Allerdings seien seine Inszenierungen meist sehr dem Theater verhaftet und machten den Eindruck von abgefilmten Bühnenaufführungen. Seine Verbundenheit mit dem Theater zeige sich auch darin, dass fast alle seine Stoffe auf Bühnenstücken basieren und er so gut wie keine Originaldrehbücher umsetzte. Die Statik zeige sich gut bei Das Haus der Lady Alquist und Ein Doppelleben, die beide sehr eng an den Bühnenvorbildern bleiben. Nur selten habe Cukor besondere Techniken benutzt; die Kameraführung sei oft statisch und wenig beweglich. Auch habe er Studioaufnahmen bevorzugt, die seiner Vorliebe für lange Takes, also Aufnahmen, entgegenkamen. Eine eigene Handschrift, die typisch für seine Filme ist und sie von denen anderer Regisseure unterscheidet, suche man oft vergeblich, was auch daran liege, dass er seine Drehbücher nie selber schrieb und wenig Wert auf die Dialoge zu legen schien. Allerdings hätten die straffe Studiohierarchie und das bei MGM exzessiv betriebene Nachdrehen ganzer Sequenzen entsprechend den Reaktionen der Testaufführungen es den Regisseuren schwer gemacht, einen individuellen Stil zu entwickeln.

Während seiner Zeit bei MGM war er neben Clarence Brown und Robert Z. Leonard der führende Frauenregisseur. Als Erklärung für Cukors gutes Arbeitsverhältnis mit Schauspielerinnen wird die Tatsache angeführt, dass er homosexuell war. Er soll sich deshalb mit den Schauspielerinnen und ihren Rollen identifiziert haben, und zudem soll an den Drehorten kein Klima sexueller Nötigung geherrscht haben.[2] Louise Brooks allerdings bestreitet in ihrer Essaysammlung Lulu in Hollywood vehement diese Theorie und führt als Gegenbeispiel Victor Fleming an, den sie für den begabteren „Frauenregisseur“ hielt.

Filmografie

Auszeichnungen

Oscar/Beste Regie

Weitere

Literatur

  • Franz Everschor: Ein Frauen-Regisseur. Zum 100. Geburtstag von George Cukor. In: film-dienst. 52. Jahrgang Nr. 14/1999, S. 6–9, ISSN 0720-0781.

Weblinks

Commons: George Cukor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Andrew Sarris: The Man in The Glass Closet. In: New York Times. 15. Dezember 1991, S. 1 (Section 7, Column 3, Book Review Desk), ISSN 0362-4331.
  2. Gerhard Midding: Der Mann, der das Schauspiel liebte. In: Tages-Anzeiger. Kultur. Zürich 7. Juli 1999, S. 63.