Liste von zwischen 1945 und 1951 in der Trizone und der Bundesrepublik Deutschland hingerichteten Personen
Die vorliegende Liste bietet einen Überblick über Personen, die zwischen 1945 und 1951 in der Trizone bzw. der Bundesrepublik Deutschland hingerichtet wurden.
Organisation der Liste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Als Rahmendaten für die Aufnahme in diese Liste gelten der Mai 1945, in dem der Zweite Weltkrieg (in Europa) mit der Annahme der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches endete, sowie der Juni 1951, als die letzten Hinrichtungen durch die Militärjustiz der westalliierten Besatzungsmächte auf deutschem Staatsgebiet vollzogen wurden.
Erfasst werden zwei Personengruppen:
1. Personen, die zwischen 1945 und 1949 von deutschen Zivilgerichten in den drei westlichen Besatzungszonen des ehemaligen deutschen Reiches auf Grund von Bestimmungen des Strafgesetzbuches aufgrund von zivilen Vergehen, die sie begangen hatten, nach Landesrecht zum Tode verurteilt und anschließend auf Grund eines von einem zivilen Gericht in der Trizone verhängten Todesurteils von zivilen Strafvollstreckungsorganen der damals bestehenden deutschen Länder hingerichtet wurden.
Die in der Zeit zwischen der Aufhebung des Deutschen Reiches als einem Zentralstaat von den Justizen der einzelnen westdeutschen Länder durchgeführten Hinrichtungen endeten im Jahr 1949 mit der Verabschiedung des Grundgesetzes. Dieses bestimmte die Abschaffung der Todesstrafe als einer Strafform innerhalb seines Geltungsbereiches. Praktisch bedeutete dies, dass nach der Bildung der Bundesrepublik als einem (westdeutschen) Gesamtstaat im Jahr 1949 auch die Justizen der einzelnen westdeutschen Länder (die nun zu Bundesländern eines föderalen Gesamtstaates wurden) gemäß dem Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ bzw. infolge der Anwendung des Grundsatzes „Lex superior derogat legi inferiori“ („das höherrangige Gesetz verdrängt das niederrangige“) im Falle des Kollidierens der Rechtsbestimmungen von zwei Rechtsinstanzen (Bundesrecht als Recht des Gesamtstaates und Landesrecht als dem Recht, das in einem bestimmten teilautonomen Land des Gesamtstaates gilt), wobei diese Rechtsinstanzen als Systeme in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehen (das Bundesrecht gilt als höherrangig als das Landesrecht), das übergeordnete Recht (Bundesrecht) das Landesrecht „aussticht“ bzw. eine Bestimmung des Bundesrechtes eine in Widerspruch zu ihr stehende Bestimmung des Landesrechts aussticht. In Bezug auf die Anwendung der Todesstrafe bedeutete dies, dass die Bestimmung des Bundesrechtes, das die Anwendung derselben verbot, die Bestimmungen einzelner Bundesländer, die die Anwendung derselben erlaubten, „ausstach“ und ihre Anwendung, obschon sie geltendes Landesrecht waren, aufgrund ihrer Nicht-im-Einklang-mit-dem-Bundesrecht-Stehens blockierten, so dass die Todesstrafe vorsehenden Bestimmungen einzelner Bundesländer fortan de facto nicht mehr angewendet wurden, obschon sie technisch weiterhin geltendes (Landes-)Recht darstellten.
2. Personen, die zwischen 1945 und 1951 von britischen, französischen oder US-amerikanischen Militärgerichten oder von interalliierten Militärgerichten, an denen Vertreter der Militärjustiz von mindestens zwei dieser drei Staaten (und zum Teil auch der Sowjetunion) mitwirkten, zum Tode verurteilt und im Gebiet der drei westlichen Besatzungszonen hingerichtet wurden. Hiervon waren vor allem Angehörige des deutschen Militär- und Staatsapparates betroffen, die sich während des Zweiten Weltkriegs der Begehung von Kriegsverbrechen schuldig gemacht hatten.
Da die Militärjustiz der drei Besatzungsmächte in den westdeutschen Gebieten in ihrer Tätigkeit von dem einheimischen Recht in den jeweiligen Gebieten völlig unabhängig war, waren die alliierten Militärgerichte in ihrer Rechtsprechung entsprechend auch von dem zivilen Landesrecht und (ab 1949) vom Bundesrecht völlig unabhängig. Dementsprechend war die alliierte Militärjustiz in Westdeutschland nach 1949 nicht an das vom Grundgesetz ausgesprochene Hinrichtungsverbot gebunden, so dass sie weiterhin Todesurteile verhängte und bis 1951 auch vollstreckte. Zu diesem Zeitpunkt verzichteten die Westalliierten im Zuge des sich verschärfenden Ost-West-Konfliktes, aufgrund des verstärkten Bestrebens der Westmächte, Westdeutschland in ihr politisch-militärisches Bündnissystem einzubinden, auf die weitere Durchführung von Hinrichtungen deutscher Kriegsverbrecher, da sie damit die deutsche Bevölkerung für einen engeren politischen Anschluss an die Westmächte umstimmen wollten.
Hinrichtungen durch die westdeutsche Ziviljustiz (1945 bis 1949)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes (24. Mai 1949), das die Strafform der Todesstrafe aufhob, verhängten deutsche Gerichte in den drei westlichen Besatzungszonen vierunddreißig Todesurteile. Von diesen wurden fünfzehn vollstreckt. In Berlin, wo das Grundgesetz in diesem Punkt keine Gültigkeit hatte, wurde die Todesstrafe erst 1951 durch eine separate Regelung abgeschafft. Die letzte dort vollstreckte Hinrichtung fand am 12. Mai 1949 statt.
Trizone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 18. Februar 1949: Richard Schuh (* 2. Oktober 1920 in Remmingsheim; † 18. Februar 1949 in Tübingen). Schuh wurde 1948 wegen eines Anfang 1948 begangenen Raubmordes durch das Landgericht Tübingen zum Tode verurteilt und im Februar 1949 in Tübingen durch die Guillotine hingerichtet. Seine Tötung gilt als die letzte zivile Hinrichtung in Westdeutschland.
West-Berlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 11. Mai 1949: Berthold Wehmeyer (* 7. Juni 1925 in Berlin; † 11. Mai 1949 ebenda), Schlosser. Wehmeyer erwürgte am 22. April 1947 zusammen mit einem Helfer in Wusterhausen südlich von Berlin die 60-jährige Eva Kusserow, um in den Besitz von Kartoffeln zu gelangen. Die Täter versteckten die Leiche in einem Feld bei Wusterhausen. Nach seiner Identifizierung als Tatbeteiligter wurde Wehmeyer wegen Mordes und Vergewaltigung vor dem Berliner Schwurgericht angeklagt. Das Gericht befand ihn im Urteil vom 5. Juli 1948 für schuldig und verurteilte ihn wegen Mordes zum Tode sowie wegen Vergewaltigung zu einer Zuchthausstrafe von fünf Jahren. Sein Helfer erhielt sechs Jahre Zuchthaus. Die Urteilsrevision wurde zurückgewiesen. Wehmeyer wurde am frühen Morgen des 11. Mai 1949 im Hinrichtungsraum des Zellengefängnisses in der Lehrter Straße mit dem Fallbeil hingerichtet.
Hinrichtungen durch die alliierte Militärjustiz (1945 bis 1951)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach dem Zweiten Weltkrieg verurteilten alliierte Militärgerichte in den drei westlichen Besatzungszonen 5025 Personen. Davon wurden 806 Personen (i. e. 16,03 % aller Verurteilten) zum Tode verurteilt. Von diesen 806 Todesurteilen wurden 486 (= 60,29 % der ergangenen Todesurteile) vollstreckt. In den Fällen der 320 (= 39,7 %) zum Tode verurteilten Personen, auf deren Hinrichtung verzichtet wurde, erfolgte meist Begnadigung zu lebenslanger Haft, dem fast immer weitere Gnadenerweise folgten, so dass die betreffenden Personen fast alle zwischen 1950 und 1956 wieder in Freiheit gelangten.[1]
Die meisten der in den drei westlichen Besatzungszonen durchgeführten Hinrichtungen wurden im alliierten Kriegsverbrechergefängnis War Criminal Prison No. 1 in Landsberg am Lech (Amerikanische Besatzungszone), im Kriegsverbrechergefängnis im Zuchthaus Hameln und in Werl (Britische Besatzungszone) sowie in Rastatt, Sandweier und Wittlich (Französische Besatzungszone) vollstreckt.
Liste vollstreckter Todesurteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland
Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland:
Datum | Person | Alter | Land des Militärgerichtes | Anmerkung | Hinrichtungsort |
---|---|---|---|---|---|
24. Mai 1949 | Uli Schmidt | 35 | Frankreich | Rastatter Prozesse | Rastatt |
18. Juni 1949 | Albert Rinkel | 37 | Frankreich | Rastatter Prozesse | Rastatt |
29. Juni 1949 | Caspar Schmidt | 25 | Großbritannien | illegaler Schusswaffengebrauch | Hameln |
29. Juni 1949 | Friedrich Wilhelm Theilengerdes | 54 | Großbritannien | Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Oldenburg | Hameln |
31. Aug. 1949 | Mieczysław Antonowicz | 22 | Großbritannien | illegaler Schusswaffengebrauch | Hameln |
31. Aug. 1949 | Roman Klinski | 26 | Großbritannien | illegaler Schusswaffengebrauch | Hameln |
6. Dez. 1949 | Jerzy Andziak | 23 | Großbritannien | Polizistenmord und illegaler Schusswaffengebrauch | Hameln |
12. Juni 1950 | Fritz Suhren | 42 | Frankreich | Rastatter Prozesse | Sandweier |
12. Juni 1950 | Hans Pflaum | 48 | Frankreich | Rastatter Prozesse | Sandweier |
12. Juni 1951 | Paul Blobel | 56 | USA | Einsatzgruppen-Prozess | Landsberg am Lech |
12. Juni 1951 | Werner Braune | 42 | USA | Einsatzgruppen-Prozess | Landsberg am Lech |
12. Juni 1951 | Erich Naumann | 46 | USA | Einsatzgruppen-Prozess | Landsberg am Lech |
12. Juni 1951 | Otto Ohlendorf | 44 | USA | Einsatzgruppen-Prozess | Landsberg am Lech |
12. Juni 1951 | Oswald Pohl | 58 | USA | Prozess Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS | Landsberg am Lech |
12. Juni 1951 | Georg Schallermair | 56 | USA | Dachauer-Nebenprozess | Landsberg am Lech |
12. Juni 1951 | Hans-Theodor Schmidt | 51 | USA | Buchenwald-Hauptprozess | Landsberg am Lech |
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Ullrich Kröger: Die Ahndung von NS-Verbrechen vor westdeutschen Gerichten und ihre Rezeption in der deutschen Öffentlichkeit 1958–1965, unter besonderer Berücksichtigung von ‚Spiegel‘, ‚Stern‘, ‚Zeit‘, ‚SZ‘, ‚FAZ‘, ‚Welt‘, ‚Bild‘, ‚Hamburger Abendblatt‘ , ‚NZ‘ und ‚Neuem Deutschland‘. Hamburg 1973, S. 357.