Patrick Wieschke

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Patrick Wieschke als Redner auf einer Kundgebung am 25. März 2006 in Breitungen.

Patrick David Wieschke (* 6. Mai 1981 in Eisenach) ist ein deutscher Politiker (NPD) und Neonazi, der auf zahlreichen nationalistischen Demonstrationen und Kundgebungen insbesondere in Thüringen als Anmelder und Redner auftritt. Er zählt zu den aktivsten Rechtsextremisten in Deutschland. Bis 2002 fungierte er als stellvertretender Landesvorsitzender der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ Thüringen, seit 25. März 2006 ist er stellvertretender Kreisvorsitzender der NPD im Wartburgkreis. Inzwischen ist er Bundesorganisationsleiter der NPD und in dieser Funktion Mitglied des NPD-Parteipräsidiums. Er ist zudem seit Mai 2012 Landesvorsitzender der NPD in Thüringen und trat zur Landtagswahl 2014 als deren Spitzenkandidat an. Nachdem Polizeiakten zu Strafanzeigen wegen Misshandlung seiner Mutter und seiner Schwester sowie wegen Missbrauchs einer 12-Jährigen bekannt geworden waren, legte Wieschke seine Bundesämter nieder.

Wieschke als Kameradschaftsführer in Eisenach

Patrick Wieschke wurde bereits zu Anfang der 1990er Jahre in rechtsextremen Jugendcliquen seiner Heimatstadt Eisenach sehr aktiv und trat insbesondere als treibende Kraft des Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Westthüringen (NSAW) und als Anführer der Kameradschaft Eisenach auf. Patrick Wieschke fungierte dabei auch als Pressesprecher beider Organisationen.

1999 meldete Patrick Wieschke erstmals eine Wahlkampfdemonstration der rechtsextremen NPD in Eisenach an. Das NSAW verteilte im Juli 2000 ein antisemitisches Rundschreiben des Geschichtsrevisionisten Manfred Roeder an 2000 Eisenacher Haushalte. Im September 2000 hetzte Wieschke in einem per Postwurfsendung in Schmalkalden verteilten „Bürgerinfo“ gegen die Einrichtung eines Flüchtlingsheimes in der Stadt Schmalkalden. Es müsse sowohl verhindert werden, dass „nun auch Mitteldeutschland im Vielvölkerbrei ertrinken“ soll, als auch der „Verhunzung unserer deutschen Sprache“ entgegengetreten werden. Anlässlich des Todes von Ignatz Bubis rief er 2001 zu einem „Freudenmarsch“ auf. Über diese Provokation wurde in zahlreichen deutschen und internationalen Zeitungen berichtet. Am 28. April 2001 sprach Patrick Wieschke für das NSAW auf einer von der DVU organisierten Veranstaltung in Mosbach, bei der die stärkere Zusammenarbeit der rechtsextremen Parteien und Organisationen in Deutschland koordiniert werden sollte.

Funktionär der „Jungen Nationaldemokraten“

Patrick Wieschke ist Gründungsmitglied der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) in Thüringen. Bis 2002 fungierte er als stellvertretender Landesvorsitzender, Landespressesprecher und JN-Stützpunktleiter in Eisenach.

Sprengstoffanschlag in Eisenach und weitere Strafverfahren

Im Februar 2001 wurde ein Zivilverfahren gegen Patrick Wieschke am Amtsgericht Eisenach angestrengt, da er im Mai 2000 versucht hatte, einen Eisenacher Pfarrer mit zwei Flugblättern, die mit Kameradschaft Eisenach/Patrick Wieschke bzw. Anti-Antifa unterschrieben waren, als „Deutschenhasser“ und „Volksverhetzer“ zu diffamieren. Die beiden Pamphlete warfen ihm mit einer deutlich antisemitischen und rassistischen Wortwahl vor, „auf eine One World Gesellschaft hin(zu)arbeiten“ und für die „volkstodbringende, multikulturelle Gesellschaft“ zu werben.

In der Nacht zum 10. August 2000 war Patrick Wieschke an einem Sprengstoffanschlag an der Eingangstür eines türkischen Imbisses in Eisenach als Anstifter beteiligt. Kurz nach der Detonation wurde er in der Nähe des Tatorts festgenommen. In seinem Rucksack befanden sich Handzettel der JN und Aufkleber zum Todestag von Rudolf Heß.[1] Nicht zuletzt im Zusammenhang mit den gegen ihn geführten Ermittlungen trat Patrick Wieschke am 14. Januar 2002 kurz vor der Gerichtsverhandlung beim Amtsgericht Eisenach als stellvertretender JN-Landesvorsitzender zurück und aus der NPD aus. In einer Presseerklärung führte er als Gründe hierfür „reaktionäre und rückwärtsgewandte Tendenzen im NPD-Kreisverband Wartburgkreis sowie das derzeitige Verhalten des NPD-Bundesvorstands gegenüber kritischen Parteimitgliedern und Freien Nationalisten“ an. Am 29. Mai 2002 wurde Patrick Wieschke vom Landgericht Mühlhausen in der Berufungsverhandlung unter anderem wegen Anstiftung zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und einer Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt.[2] Hinzu kam eine zweite Verurteilung durch das Amtsgericht Eisenach wegen Körperverletzung zu sieben Monaten Jugendhaft. Zwischen U-Haft und Haftantritt organisierte er fast wöchentlich Demonstrationen und Kundgebungen, z.B. gegen ein geplantes Flüchtlingsheim in Gotha, oder trat wie auf dem „1. Tag der nationalen Jugend in Thüringen“ am 1. Juni 2002 in Jena als Redner auf. Am 26. Juni 2002 trat Patrick Wieschke seine Haftstrafe in der JSA Ichtershausen an, die von seinen Kameraden als „Gesinnungshaft in den Kerkern des BRD-Regimes“ stilisiert wurde.

Im Juni 2005 verprügelte Wieschke ein Mitglied seiner Gruppe, weil es sich geweigert hatte, Flugblätter zu verteilen. Das Opfer trug Platzwunden, Prellungen und Hämatome davon.[3] Darauf kam es zum Haftantrag, dem wegen Wiederholungsgefahr stattgegeben wurde.[4] Im November 2005 wurde Wieschke hierfür zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten auf vier Jahre auf Bewährung verurteilt und zu 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit.[5]

Im Februar 2016 wurde Wieschke zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung verurteilt.[6]

Führender Rechtsextremisten-Kader in Westthüringen

Seine Bedeutung als Organisator für die Rechtsextremisten-Szene in Thüringen und das „Nationale und Soziale Aktionsbündnis Westthüringen“ (NSAW) im Besonderen zeigt der Sachverhalt, dass die „gemeinsame Plattform für alle nationalpolitischen Kräfte in Westthüringen“ während seiner Haft im Jahre 2003 zwar noch ca. 40 Anhänger zählte, aber nach Einschätzung des VS „weitgehend inaktiv geblieben“ war.

Schon Ende Mai 2004 wurde Wieschke vorzeitig aus der Haft entlassen und nahm seine politische Arbeit rasch wieder auf. Am 29. Mai trat er gemeinsam mit Kurt Hoppe, dem Landeschef der Deutschen Partei, Ivonne Mädel, Michael Burkert und Frank Schwerdt (NPD) auf dem „Thüringentag der nationalen Jugend“ in Saalfeld als Redner auf. Er leitete im August einen lokalen Rudolf-Heß-Marsch in Eisenach.[7] Seither organisierte Wieschke zahlreiche extrem rechte Demonstrationen und wirkte als Anmelder oder Redner, insbesondere im Rahmen einer Kampagne des „Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Mitteldeutschland“ gegen die Agenda 2010 und Ende 2004/Anfang 2005 auf sogenannten „nationalen Montagsdemonstrationen“ in Eisenach. Anfang Februar störten bürgerliche, als Narren verkleidete Gegendemonstranten und lauschten Wieschke, bevor sie eine Polonaise gegen Nazikäse durchführten.[8]

Gotha als neuer Wirkungskreis

Anfang 2005 zog Patrick Wieschke nach Gotha und organisierte einige Rechtsrockkonzerte mit, vor allem im sogenannten „Grünen Haus“. Gemeinsam mit anderen lokalen Rechtsextremisten gründete er dort auch den rechtsextremen Toringi e.V. Inzwischen steht das „Grüne Haus“ fast leer, man wich daher Anfang 2006 in die „Schenke“ in Beringen aus, die jedoch kurze Zeit später ebenfalls aus hygienischen Gründen und Baumängeln von der Polizei versiegelt wurde. Derzeit ist Wieschke vor allem als Demoorganisator und für die rechtsextremen Zeitungen „Der Rennsteigbote“ (Gotha) und der „Wartburgkreisbote“ (Eisenach, WAK) tätig.

Aktivitäten in Eisenach

Seit Januar 2006 zeigt er sich für das regionale Druckerzeugnis „Wartburgkreis-Bote“ (ehemals „Wartburg-Bote“) mitverantwortlich, mit welchem er versucht, in Eisenach und Umgebung medial Fuß zu fassen. Eine Internetseite für Eisenach, die vorgibt, ein unabhängiges Mitteilungsblatt für Eisenach und Umgebung zu sein, und die damit verbundene „AG Bürgerbeteiligung“ komplettieren die Anstrengungen der NPD in Westthüringen, den Boden für einen Einzug in den Landtag zu bereiten.

Aufgrund einer Intervention der Wartburg-Stiftung wurde es dem „Redaktionskollektiv“ untersagt, die alleinige Bezeichnung „Wartburg“ im Titel zu führen. Der Titel wurde deshalb in „Wartburgkreis-Bote“ geändert. Bei einem Gerichtstermin beim Landgericht Erfurt verzichtete er auf die Bezeichnung „Wartburg-Bote“. In einem weiteren Rechtsstreit zwischen dem Landrat des Wartburgkreises, Reinhard Krebs, und Wieschke unterlag jedoch der Wartburgkreis, welcher der Redaktion den Titel der Zeitschrift untersagen wollte.

Zugleich finden in Eisenach Demonstrationen unter szenetypischen Überschriften statt. Am 8. Mai 2006 fand dementsprechend eine Demonstration „zum Gedenken der in den 30er und 40er Jahren in Europa vertriebenen und ermordeten Deutschen“ statt. Hierbei wurde den Völkern Europas die Schuld für den Einmarsch der deutschen Truppen und die damit verbundenen Opfer zugeschrieben.

Funktionär der NPD

Am 25. März 2006 wurde Wieschke zum neuen stellvertretenden Kreisvorsitzenden der NPD im Wartburgkreis gewählt und kündigte „verstärkte Aktivitäten in und um Eisenach“ an. Gleichzeitig wurde Danny Pfotenhauer als neuer Schatzmeister in den Vorstand aufgenommen, der aufgrund des Anschlages auf den Dönerladen als Mitanstifter ebenfalls zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Beide sind während ihrer Haftzeit von der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V.“ (HNG) betreut worden.

Seit Mitte 2006 tritt Wieschke auch als hauptberuflicher Landesgeschäftsführer der NPD Thüringen, als Landespressesprecher, als kommunalpolitischer Sprecher sowie als Leiter des wirtschaftspolitischen Referats im NPD-Landesvorstand auf.[9] Weiterhin ist er neuerdings als stellvertretender Organisationsleiter der NPD tätig und somit in relativ kurzer Zeit bis in den Bundesvorstand der rechtsextremen Partei aufgestiegen. Sein Praktikum bei der NPD im Schweriner Landtag 2007 wurde aufgrund seiner zahlreichen Vorstrafen mit Kritik goutiert.[10] Das Abgeordnetengesetz in Mecklenburg-Vorpommern verlangt ein Führungszeugnis, weshalb er aufgrund seiner kriminellen Vergangenheit nicht als Referent eingesetzt wurde.[11] Der mecklenburgische Fraktionssprecher der NPD Stefan Rochow kommentierte: Wir haben darüber Bescheid gewusst.[12]

Querfront in Thüringen

Thüringen ist ein besonderes Aktionsfeld von Querfrontstrategen. Der Stern schreibt über „Braun-Rote Kungelei“ in Thüringen: „Mit Hartz IV und Friedensdemos fing es an, gegen G8 marschieren nun beide. Immer hemmungsloser macht sich die NPD über Themen und Wähler der Linken her. Vor allem Thüringen scheint ein regionales Versuchslabor für die ‚linke Rechte‘“.[13]

Politische Mandate

Bei der Kommunalwahl 2009 gelang es Wieschke, für die NPD in den Stadtrat von Eisenach einzuziehen. Die dabei erzielte Stimmenzahl lag bei 2636 Stimmen (5,0 % der abgegebenen Stimmen). Bei der Landtagswahl in Thüringen 2009 erhielt er als Direktkandidat der NPD im Wahlkreis Wartburgkreis II – Eisenach 5,2 % der Erststimmen (1427 Stimmen). Bei der Stadtratswahl 2014 zog er erneut in den Eisenacher Stadtrat ein und trat im September 2014 als Spitzenkandidat der NPD und Direktkandidat im Wahlkreis Wartburgkreis II – Eisenach zur Landtagswahl in Thüringen 2014 an.

Bekanntwerden von Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchs und Misshandlungsvorwürfen

Unmittelbar vor der Landtagswahl in Thüringen 2014 wurde bekannt, dass 2001 gegen Wieschke wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs eines damals 12-jährigen Mädchens ermittelt worden war. Der frühere Eisenacher Polizeichef bestätigte die Echtheit der Unterlagen. Von der Staatsanwaltschaft Mühlhausen wurde das Verfahren 2002 eingestellt, da zu diesem Zeitpunkt gegen ihn wegen des oben erwähnten Sprengstoffanschlags auf einen Eisenacher Döner-Imbiss ermittelt wurde, für den er im Mai 2002 auch verurteilt wurde. Außerdem wurden Polizeiakten bekannt, aus denen hervorgeht, dass Wieschke seine Mutter 1999 am Vorabend einer NPD-Veranstaltung, auf welcher der damals 18-Jährige als Redner auftreten wollte, in leicht alkoholisiertem Zustand in der gemeinsamen Wohnung verprügelt und schon zuvor seine 15-jährige Schwester über einen längeren Zeitraum immer wieder misshandelt hatte. Aufgrund des Vorfalls wurde Wieschkes Auftritt auf der NPD-Veranstaltung polizeilich untersagt.[14] Die NPD scheiterte bei der Wahl an der 5-Prozent-Hürde, so dass Wieschke und seiner Partei der Einzug in den Thüringer Landtag erneut misslang. Wieschke trat in der Folge von seinen Bundesämtern zurück, blieb aber Landesvorsitzender der Thüringer NPD.[15]

Weblinks

  • 7 Tage... unter Rechten. (2014), NDR Fernsehdokumentation von Stefanie Gromes und Lars Kaufmann über Patrick Wieschkes Landtagswahlkampf in Thüringen

Einzelnachweise

  1. Thüringer Allgemeine vom 17. Januar 2002, Lokalausgabe Kyffhäuser
  2. Thüringer Allgemeine vom 17. Januar 2002, Kyffhäuserausgabe
  3. Neonazis prügelt auf Kumpan ein, in: Thüringer Allgemeine vom 28. Mai 2005
  4. Thüringische Landeszeitung vom 25. Juni 2005, Thüringenseite; sowie in: Ostthüringer Zeitung vom 25. Juni 2005, Thüringenseite; sowie in: Leipziger-Volkszeitung, 25. Juni 2005, S. 4, Osterländerausgabe
  5. Thüringische Landeszeitung vom 1. Dezember 2005, Thüringenseite
  6. Ex-NPD-Landeschef Wieschke wegen Volksverhetzung zu Bewährungsstrafe verurteilt Endstations recht, 12. Februar 2016
  7. Vgl. Peter Rossbach, Rechte Kundgebung und eine Gegenveranstaltung gestern auf dem Markt, in: Thüringer Landeszeitung vom 18. August 2004
  8. Kameradschaft rief, Narren kamen, in: Thüringer Allgemeine vom 8. Februar 2005
  9. Rechtsextremistische Macher posieren im Saubermann-Image. Freies Wort vom 17. Oktober 2006
  10. Thüringische Landeszeitung vom 15. November 2007, Eisenacher Ausgabe
  11. Thüringer Allgemeine vom 15. November 2007, Thüringenausgabe; sowie in: Schweriner Volkszeitung vom 15. November 2007, S. 1; sowie in: Hamburger Abendblatt, 15. November 2007, Nr. 267, S. 23
  12. Nordkurier, den 16. November 2007
  13. Holger Witzel: Braun-Rote Kungelei, in: stern.de, 23. Mai 2007.
  14. Johannes Hartl: Patrick Wieschke soll Mutter verprügelt haben In: zeit.de vom 13. September 2014.
  15. Christina Hebel: Ermittlungen gegen Rechtsextremisten: NPD-Politiker Wieschke muss sich aus Parteispitze zurückziehen. www.spiegel.de, 19. September 2014