Rhyton
Als Rhyton (neutr., Plural Rhyta, griechisch ῥυτόν) bezeichnet man ein gewöhnlich einhenkeliges Trinkgefäß oder Spendegefäß zum Ausgießen von Trankopfern durch eine Öffnung im unteren Bereich. Oft kommen Rhyta in Form von Tierprotomen wie Stier- oder Widderkopf vor.
Entwicklung und Formen
Im anatolischem Tiliura, einer hattischen Stadt im Lande Pala nahe Nerik und Liḫzina, wurde eine Tonfigur des hattischen Gott Taru (identisch mit Tarhunna) aus der Zeit um 1300 v. Chr. gefunden, der als Rhyton mit Stierkopf[1] auf vier Beinen gestützt dargestellt wurde. Es ist eine der ältesten Formen eines Rhyton. Ein hethitisches Hirschrhyton der Norbert Schimmel-Sammlung aus Anatolien stammt aus dem 15. bis 13. Jahrhundert v. Chr.
Rhyta, die aus der kretominoischen Kultur stammen, sind menschen- oder tierförmig gestaltet. Diese gibt es in der griechischen Keramik sowohl bemalt als auch unbemalt. Auch bei Etruskern und in Apulien sind Rhyta gefunden worden. Im persischen Achämenidenreich sind verschiedene Rhyta belegt, die auch Pferde und sogar Reiter zeigen. Dies zeigt, dass sich die Mode auch unter Reitervölkern und Persern verbreitete. Es liegt nahe, dass Trinkhörner dem Rhyton vorausgingen, dass aber Gerätschaften aus Horn nicht erhalten bzw. bislang nicht nachweisbar sind.
Trinkgefäße aus Hörnern sind aus Colchis, Georgien z.B. Kantsi und am Kuban im Kaukasus, im Thrakisch-Kimmrischem Fundhorizont, von skythischen Steinstelen, aus dem antiken Griechenland als Keras und auch bei Germanen als Sumbel und Kelten bekannt, wobei besonders Reitervölkern eine regelrechte Trinkhornmode bescheinigt wird, die ab dem 5. Jhd. v. Chr. einsetzt.
Nachleben
Während des 19. Jahrhunderts wurde die Form des Rhyton im Zuge der verschiedenen „orientalischen“ Moden für das Kunsthandwerk wieder populär. Diesmal wurde sie allerdings nicht zu kultischen, sondern zu rein dekorativen Zwecken verwendet. Insbesondere im Viktorianischen Zeitalter im Vereinigten Königreich und im zweiten Kaiserreich Napoléons III. in Frankreich fanden sich derartige Gefäße als schmückender Zierat der Salons.
Literatur
- Klaus Tuchelt: Rhyton. In: Enciclopedia dell’Arte Antica, Classica e Orientale Bd. 6, Rom 1965, S. 675–683.
- Ingeborg Scheibler: Rhyton. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 10, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01480-0, Sp. 1010–1011.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Reallexikon der Assyriologie; De Gruyter, Berlin (1987-1990); Bd. 7; S. 18f. ISBN 3-11-010437-7