Schlacht um Saipan

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Schlacht um Saipan
Teil von: Zweiter Weltkrieg; Pazifikkrieg

Karte der Schlacht um Saipan
Datum 15. Juni 1944 bis 9. Juli 1944
Ort Saipan (Marianen)
Ausgang Amerikanischer Sieg
Konfliktparteien
Befehlshaber

Admiral Richmond K. Turner,
General Holland M. Smith

General Yoshitsugu Saito,
Admiral Takeo Takagi

Truppenstärke

71.000 Soldaten und Marineinfanteristen,
200 Amphibienpanzer

26.000 japanische Soldaten,
4.000 koreanische Zwangsarbeiter

Verluste

3.500 Tote,
12.000 Verwundete

26.000 Tote,
2.000 Verwundete,
391 Gefangene

Zivilisten:
4.000 koreanische Zwangsarbeiter,
12.000 Japaner
Amerikanische Nachschubtruppen landen auf Saipan

Die Schlacht um Saipan war eine größere Schlacht im Rahmen des Pazifikkriegs während des Zweiten Weltkrieges. Sie fand im Juni 1944 bei der Eroberung der Marianen-Inseln durch die US-Marineinfanteristen auf der Hauptinsel Saipan statt, die von den japanischen Verteidigern unter General Yoshitsugu Saito stark befestigt wurde. Am 9. Juli wurde die Insel als gesichert gemeldet, obwohl versprengte japanische Einheiten den Kampf fortsetzten. Die Spuren der Schlacht sind heute noch auf Saipan zu sehen und werden von japanischen und amerikanischen Touristen und Veteranen besucht.

Vorgeschichte

Saipan stand von 1899 bis 1914 unter deutscher Verwaltung (Deutsch-Neuguinea). Nach dem Abzug der deutschen Kolonialtruppen 1918 übernahm das Japanische Kaiserreich die Insel und baute dort 1930 ein Flugfeld. Seit 1935 operierten landgestützte japanische Flugzeuge von diesem Rollfeld aus. 1940, kurz vor dem Ausbruch des Pazifikkrieges, befahl die japanische Regierung unter Premierminister Hideki Tojo den Bau starker Verteidigungsanlagen auf den Inseln des Zentralpazifiks, unter ihnen auch die Marianen. Saipan und Tinian wurden 1941 zu starken Festungen ausgebaut, während die Insel Guam, die Anfang 1942 von japanischen Soldaten erobert wurde, 1943 befestigt wurde. Auf Saipan waren Ende 1942 etwa 6.000 Soldaten stationiert, die im Laufe des Jahres 1943 durch weitere 20.000 verstärkt wurden. Auch die 2. japanische Panzer-Brigade wurde auf der Insel stationiert. Hierzu wurden auch zahlreiche Zwangsarbeiter aus der koreanischen Zivilbevölkerung rekrutiert, die am Ausbau der noch nicht vollendeten Verteidigungsanlagen arbeiten sollten.

Nach der Schlacht um Midway zeichnete sich für die US-Streitkräfte eine Wende im Pazifikkrieg ab; Grund hierfür war die neuentwickelte Taktik des sogenannten Island Hopping, bei der die am stärksten befestigten feindlichen Stützpunkte nicht angegriffen wurden und nur einige Inseln erobert wurden. Mit dieser Taktik waren bereits die Salomonen, Gilbert- und Marshallinseln, sowie fast ganz Neuguinea zurückerobert worden. Der US-Stab beschloss Anfang 1944, mit derselben Taktik auch die 6000 km von Hawaii entfernten Marianen unter US-Kontrolle zu bringen.

Absichten

Die Marianen liegen rund 2400 km von den japanischen Hauptinseln entfernt, was der Reichweite des neuen amerikanischen B-29 Superfortress Bombers entsprach. Deswegen beabsichtigten die Joint Chiefs of Staff im Mai 1944, als der Operationsplan der Eroberung der Marianen zur Durchführung freigegeben wurde, die beiden wichtigen Flugfelder East- und Isley Field auf der Insel Saipan zu nutzen, um Luftangriffe auf das japanische Festland zu führen. Eine Errichtung von weiteren Luftwaffenbasen auf den Marianen ermöglichte dazu die Kontrolle über den Zentralpazifik, da landgestützte US-Flugzeuge diesen Sektor überwachen konnten. Somit wurde die Fast Carrier Task Force im Zentralpazifik nicht mehr benötigt.

Außerdem konnte durch die Eroberung der Marianen ein Luftriegel zwischen das japanische Mutterland und Indonesien getrieben werden, von welchem die Japaner viele Rohstoffe, unter ihnen das kriegswichtige Erdöl, bezogen. Durch auf den Marianen stationierte US-Flugzeuge konnten die feindlichen Schiffskonvois, die von Borneo und Java nach den Philippinen fuhren, bombardiert werden. Auch konnten die Marianen als Nordflanke und wichtige Luftbasis bei der von den JCS bereits in Erwähnung gezogenen Rückeroberung der Philippinen dienen.

Ablauf der Schlacht

Die Bombardierungen und der Beschuss von Saipan begannen am 13. Juni 1944. Fünfzehn Kriegsschiffe, darunter die Schlachtschiffe USS Colorado, Pennsylvania, Massachusetts und South Dakota, feuerten insgesamt 165.000 Granaten auf die Insel, während etwa 200 Bomber und Jagdflieger der 7th Air Force Saipan Tag und Nacht bombardierten. Dabei wurden zum ersten Mal im Krieg große Mengen an Napalmbomben benutzt. Die kaiserlichen Flugzeuge auf der Insel versuchten, die US-Luftangriffe abzuwehren, wobei die japanischen Verluste 67 Maschinen betrugen. Die 7th Air Force verlor 33 Flugzeuge.

Landung

Der Landungsstrand Red Beach 2 um 13:00 Uhr. Marineinfanteristen werden durch japanische Truppen beschossen

Die Landung auf Saipan begann wie geplant am 15. Juni um 7:00 Uhr. Mehr als 300 Landungsschiffe (LSM, LVT und Amtracks) brachten etwa 8.000 Marines der 2. und 4. Marineinfanteriedivision sowie etwa 200 M4 Sherman-Amphibienpanzer an die beiden Landungsabschnitte der Westküste von Saipan (Codenamen Red Beach 1 und Red Beach 2) an Land. Vier Zerstörer näherten sich während der Operation der Küste, um auf ausgewählte Ziele im Innenland zu feuern, wobei die Einsätze der B-24 Liberator Bomber der 7th Air Force abgesagt wurden. Während der Landungsoperationen wurden die Amtracks, die vor der Küste abwarteten, jedoch durch die japanischen Artilleriebatterien am Berg Tapochau unter Beschuss genommen. Dabei wurden etwa 20 Amtracks zerstört, doch um 8:00 Uhr stellten die Japaner den Beschuss ein, um Munition zu sparen. Sobald die ersten Marines an Land waren, wurden sie aus den Bunkeranlagen der ersten Strandverteidigungslinie beschossen, die etwa 50 Meter vom Strand entfernt gebaut war. Durch Flammenwerfer-Einsatz und Beschuss durch Zerstörer konnten diese Stellungen bis zum Abend überwunden werden. Dabei kamen 400 Marines sowie 2.000 Japaner um. Um 22:00 Uhr hatten die Marines einen Brückenkopf von 10 km Breite und 1 km Tiefe errichtet. Zwei nächtliche Gegenangriffe durch insgesamt 5.000 japanische Soldaten, die sich in der Magicienne Bay gesammelt hatten, konnten unter schweren US-Verlusten durch MG-Feuer zurückgeschlagen werden, und um 24:00 Uhr wurde auch die japanische Panzerbrigade, die die Insel verteidigte, in einem Gefecht gegen amerikanische Sherman-Panzer aufgerieben.

Am Morgen des 16. Juni landeten Einheiten der amerikanischen 27th Infantry Division auf Saipan und starteten nun zusammen mit den erschöpften Marines den Vorstoß zum Aslito Flugfeld, wobei sie auf heftige Gegenwehr durch die japanischen Truppen der zweiten Verteidigungslinie stießen. General Yoshitsugu Saito befahl auch in dieser Nacht Gegenangriffe, die wieder von den amerikanischen Truppen zurückgeschlagen wurden. Am 18. Juni wurde das Flugfeld durch Einheiten der 4. Marinedivision erreicht. Nach erbitterten Gefechten gegen ein 1.200 Mann starkes feindliches Flugfeldbataillon, unterstützt durch die letzten 30 japanischen Chi-Ha-Panzer, konnte Aslito Field gesichert werden und am 22. Juni landete die erste amerikanische Maschine, eine F4U Corsair des Marine Corps, auf dem Rollfeld, nun in Isley Field umbenannt.

Die japanische Marine wurde von der Invasion Saipans überrascht, da sie den Angriff weiter südlich erwartet hatte, in den Palau-Inseln. Admiral Toyoda Soemu sah nun die Möglichkeit, die Kräfte der US-Navy, die um Saipan versammelt waren, anzugreifen. Am 15. Juni gab Soemu den Befehl zum Angriff an Admiral Jisaburo Ozawas Kombinierte Flotte durch. Die folgende Schlacht in der Philippinensee brachte eine verheerende Niederlage für die Japanische Marine, die dabei drei Flugzeugträger und 400 Flugzeuge verlor, während die amerikanischen Verluste nur etwa 120 Maschinen betrugen. Die Garnisonen auf den Marianeninseln konnten nach dieser Niederlage nicht mehr von der Marine versorgt und verstärkt werden.

Reorganisation der japanischen Verteidigung

Marineinfanterist mit Flammenwerfer greift eine japanische Position im Norden Saipans an. 7. Juli 1944
Marineinfanteristen suchen hinter einem M4 Sherman-Panzer Deckung im Laufe der Kämpfe im Norden der Insel. 8. Juli 1944

Nach der Vernichtung der kombinierten Flotte in der Philippinensee war die Schlacht für die etwa 12.000 Mann starken Verteidiger Saipans hoffnungslos, da nun keine Verstärkung mehr eintreffen konnte. Doch gemäß dem Bushidō-Codex entschieden sich die japanischen Truppen, trotzdem gegen die Amerikaner weiterzukämpfen. General Saito setzte in einer Stabskonferenz mit Admiral Takagi Takeo und Admiral Nagumo Chūichi, Kommandeur der 2.000 Marinesoldaten auf Saipan, eine neue Verteidigungsstrategie fest: er sammelte die erschöpften Truppen der 43. Infanteriedivision und der 9. selbstständigen gemischten Brigade sowie die letzten 10 Panzer der 2. Panzer-Brigade im leicht zu verteidigenden Hinterland, um sie zu reorganisieren. Die japanischen Soldaten bemannten daraufhin die vor der Schlacht gebauten Befestigungslinien, größtenteils Bunker, Stacheldrahtrollen und Panzersperren, um eine stabile Verteidigung vor dem wichtigen Flugfeld East Field zu organisieren. Sie nutzten auch die vielen natürlichen Höhlen als zusätzliche Verteidigungspositionen, vor allem in den Hügelketten im Zentrum der Insel und auf dem Berg Tapochau, wo mehr als 600 MG-Nester gebaut wurden.

Die japanischen Soldaten nutzten diese Positionen, um sich am Tag zu verstecken und in der Nacht überraschende Banzaiangriffe zu führen. Die Amerikaner entwickelten daraufhin Taktiken, um die Höhlen auszunehmen. Sogenannte Korkenzieher-Teams wurden eingesetzt: Gruppen von sechs Soldaten, die mit Flammenwerfern und Handgranaten jeden Bunker und jede Höhle sprengen sollten. Die US-Truppen wurden bei ihrem Vormarsch Richtung Flugplatz durch heftigen Artillerie- und Fliegerbeschuss unterstützt: dabei spielten die Navajo Codetalker eine Schlüsselrolle bei der Codekommunikation zur Lenkung der Schiffs- und Feldartillerie, da es den Japanern nicht möglich war, deren komplexe Sprache zu übersetzen. Hunderte Verteidigungsstellungen und Höhlen wurden zerstört, sodass am 1. Juli der Berg Tapochau und die wichtige Kleinstadt Garapan erobert werden konnten. Doch die amerikanischen Soldaten der 27. Infanteriedivision und die Marines wurden immer noch durch Sprengfallen und Scharfschützen aufgehalten. Am 2. Juli betrugen die Gesamtverluste der US-Truppen etwa 2.000 Tote, während weitere 4.000 Mann verwundet wurden.

Ende der Schlacht

Marineinfanteristen feuern mit einem erbeuteten feindlichen Typ 92 Bataillonsgeschütz gegen die japanischen Höhlen, nördlich von Garapan, 4. Juli 1944

Am 5. Juli hatten sich die überlebenden Japaner, etwa 5.000 Soldaten zusammen mit 20.000 Zivilisten, bis zur Nordspitze der Insel zurückziehen müssen und wurden durch eine US-Panzerbrigade eingekesselt, sodass keine weiteren Rückzugsmöglichkeiten mehr bestanden. Munition, Verpflegung, schwere Waffen, Panzerabwehrkanonen, Maschinengewehre, Fernmeldegerät sowie Fahrzeuge waren nur noch in sehr geringen Mengen vorhanden und die Verteidigungspositionen waren zum größten Teil zerstört worden. Am 6. Juli hatte jeder japanische Soldat nicht mehr als 60 Schuss Munition. General Yoshitsugu Saito löste am 7. Juli die 43. Infanteriedivision auf. Am Abend, nach einer letzten Lagebesprechung in seinem Gefechtsstand zusammen mit Admiral Takagi, Admiral Nagumo, General Hirakushi und Major Igeta, gab er seinen verbliebenen Truppen den Befehl zu einem letzten Selbstmordangriff, der in der Nacht des 7. Juli erfolgte. Zwölf Soldaten mit einer roten Flagge gingen in Richtung der feindlichen Linien, gefolgt von 4.000 Japanern, die meisten nur mit Bambusspeeren bewaffnet. Bei diesem Angriff wurden die amerikanischen Soldaten des 1. und 2. Infanteriebataillons, 105. Infanterieregiment, eingekesselt und komplett aufgerieben, doch der Banzaiangriff wurde um 5:00 Uhr am Morgen des 8. Juli durch heftiges Artilleriefeuer des 5. Artilleriebataillons gestoppt. Der Angriff kostete die Japaner 3.900 Mann. Die amerikanischen Verluste betrugen 644 Tote und 2.000 Verwundete. General Saito, Admiral Takagi, Admiral Nagumo sowie die Offiziere Igeta und Hirakushi hatten in den ersten Stunden des 8. Juli in einer Höhle in der Nordspitze Saipans Seppuku begangen.

Verluste

Seebestattung von gefallenen amerikanischen Soldaten

Im Laufe der 20-tägigen Schlacht verloren fast 44.000 Menschen ihr Leben: darunter waren etwa 24.000 Soldaten der Kaiserlichen japanischen Armee und rund 3.500 Marineinfanteristen und GIs der US-Streitkräfte. Dazu kommen geschätzte 12.000 japanische Zivilisten und 4.000 koreanische Zwangsarbeiter.
Die hohe Zahl an Todesopfern unter der Zivilbevölkerung der Insel Saipan kommt vor allem auch dadurch zustande, dass sich viele von ihnen wegen der Angst vor den Amerikanern, die von der japanischen Propaganda unter den Zivilisten verbreitet wurde, lieber von der felsigen Nordspitze der Insel in den Tod stürzten, als sich den amerikanischen Besatzern zu ergeben. Die japanischen Soldaten hingegen begingen rituell Seppuku, indem sie sich mit Shin-Gunto Katanas oder Pistolen töteten. Wie die amerikanischen Augenzeugen berichten, erschossen die kaiserlichen Truppen auch Zivilisten, um zu verhindern, dass sie sich den Amerikanern ergaben. Zu dem so genannten suicide cliff pilgern noch heute jährlich tausende Japaner, um ihrer gestorbenen Landsleute zu gedenken.

Schlussbetrachtungen

Der Fall der Insel Saipan hatte vor allem eine demoralisierende Wirkung auf die japanischen Truppen der beiden Nachbarinseln Tinian und Guam, die wenige Tage später ebenfalls von amerikanischen Marineinfanteristen angegriffen und erobert wurden. Auf Saipan kämpften jedoch 46 Soldaten unter Hauptmann Sakae Oba weiter, bis sie im Dezember 1945 kapitulierten. Die Amerikaner nutzten die beiden Flugfelder East- und Isley Field auf Saipan fortan für ihre ausgedehnten B-29 Luftangriffe auf Japan. Die Bomber, die an diesen Luftangriffen teilnahmen, wurden jedoch nicht durch Jagdflugzeuge begleitet und waren deshalb den japanischen Abfangjägern ausgeliefert. Mit der Eroberung der Flugfelder auf der Insel Iwojima im März 1945 konnten die B-29 Bomber durch P-51 Mustang Jagdflugzeuge eskortiert und verteidigt werden, doch die beiden B-29 Bomber Enola Gay und Bockscar, die die beiden Atombomben Little Boy und Fat Man abwarfen, starteten von der Insel Tinian aus. Japan kapitulierte daraufhin, 14 Monate nach dem Fall Saipans.

Nach Kriegsende wurden Saipan und Guam von der UNO unter amerikanische Verwaltung gestellt und nehmen seit 1978 den Status eines mit den USA assoziierten Staates ein. Heute nutzen die US-Streitkräfte vor allem Guam als wichtigen Luftwaffenstützpunkt im Pazifik. Saipan hingegen wird als größte Insel und Hauptstadt der nördlichen Marianen sowie als ehemaliger Kriegsschauplatz noch heute vor allem von japanischen und südkoreanischen Urlaubern und Veteranen der Schlacht besucht.

Verleihungen der Medal of Honor

Sieben Soldaten wurden für ihren Einsatz bei der Schlacht mit der Medal of Honor, der höchsten militärischen Auszeichnung der Vereinigten Staaten geehrt:

  • Pfc. Harold Agerholm
  • Sgt. Thomas Baker
  • Pfc. Harold Epperson
  • GySgt. Robert McCard
  • Lt Col. William O'Brien
  • Cpt. Benjamin Salomon
  • Sgt. Grant Timmerman

Filme

Weblinks