Taktisches Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“
Taktisches Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ | |
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Internes Verbandsabzeichen (Wappen) | |
Aufstellung | 20. Juni 1958 |
Staat | Deutschland |
Streitkräfte | Bundeswehr |
Teilstreitkraft | Luftwaffe |
Stärke | ca. 1200 Soldaten |
Unterstellung | Luftwaffentruppenkommando |
Standorte | Kaserne Haus Hardt Nörvenich Fliegerhorst Nörvenich |
Spitzname | Zirkus Boelcke |
Auszeichnungen | Fahnenband Nordrhein-Westfalen (2010) |
Führung | |
Kommodore | Oberst Stefan Kleinheyer[1] |
Luftfahrzeuge | |
Kampfflugzeug/ -hubschrauber |
Eurofighter Typhoon |
Das Taktische Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ (TaktLwG 31 „B“), bis 30. September 2013 Jagdbombergeschwader 31 „Boelcke“, ist ein Traditionsgeschwader der Bundeswehr und gehört zu den ältesten fliegenden Einsatzverbänden der Luftwaffe. Vom 1. Oktober 2013 bis 4. Juli 2016 war das Taktische Luftwaffengeschwader 31 unter Einbeziehung der Taktischen Luftwaffengruppe „Richthofen“ auf dem Fliegerhorst Wittmund zum gleichen Datum, das größte Jet-Geschwader der Luftwaffe.[2] Seit dem 1. Juli 2015 ist das Geschwader dem Luftwaffentruppenkommando in Köln-Wahn unterstellt.
Auftrag
Der Auftrag des TaktLwG 31 „B“ umfasst unter anderem Abriegelung aus der Luft (Air Interdiction), Bekämpfung von feindlichen Luftstreitkräften am Boden (Offensive Counter Air) und Luftnahunterstützung (Close Air Support).
Geschichte
Aufstellungsphase
Das Geschwader wurde bereits 1957 auf dem Fliegerhorst Büchel aufgestellt, da in dieser Zeit der Fliegerhorst Nörvenich umgebaut wurde. Die am 1. Oktober 1957 aufgestellte 1. Staffel ist die älteste Jagdbomber- und Kampfstaffel der deutschen Luftwaffe. Im Januar 1958 begann der Umzug von Büchel nach Nörvenich und das Geschwader wurde offiziell am 20. Juni 1958 auf dem Fliegerhorst Nörvenich in Dienst gestellt. Das Jagdbombergeschwader ist seit dem 20. April 1961 nach dem Jagdflieger des Ersten Weltkriegs Oswald Boelcke (1891–1916) benannt.
Als erster Verband der Luftwaffe wurde das Jagdbombergeschwader 31 am 19. Januar 1959 von der NATO überprüft und dieser nach erfolgreicher Überprüfung unterstellt. Auch in den weiteren jährlichen Bewertungen, die durch Vertreter der NATO-Verbündeten stattfanden, schloss das Geschwader immer mit Bestnoten ab, und es wurde als eines der ersten Geschwader den Krisenreaktionskräften zugeteilt. Das Geschwader erhielt als Erstausstattung die Republik F-84F Thunderstreak, die 1961 durch den Lockheed F-104G Starfighter ersetzt wurde. Das JaboG 31 „Boelcke“ war das erste Geschwader der Luftwaffe, das am 20. Juni 1962 mit dem Starfighter einsatzbereit war. Das Geschwader war zu dieser Zeit in drei Teile aufgeteilt: Den Fliegerhorst (FlgH), die Boelcke-Kaserne und Kaserne Haus Hardt.
Ära Tornado
Auf den Starfighter folgte der Panavia Tornado IDS. Abermals wurde das JaboG 31 als erstes Geschwader mit einem in der Luftwaffe neu eingeführten Flugzeug ausgerüstet. Danach folgte sogar die Aufrüstung zum Panavia Tornado 200 ECR. In der Tornado-Zeit waren in dem Geschwader ca. 4.500 Soldaten/Personen stationiert. Diese bestanden hauptsächlich aus deutschen Luftwaffensoldaten, aus Mitarbeitern der StOV (Standortverwaltung), amerikanischen Verbündeten, Heeressoldaten, die ein Fernmeldezentrum dort betrieben, einer Regionalfahrschule und einem SAR (Search and Rescue/Luftrettungshubschrauber) Kommando uvam.. Die amerikanischen Soldaten galten lange als sog. 3. Staffel, die sie mit dem Bodenkampfflugzeug A-10 „Thunderbolt“ (genannt: Warzenschwein) wahrnahmen.
Am 28. August 1988 führte das Nörvenicher Geschwader einen Flugtag durch, als auf einem ähnlichen Flugtag in Ramstein ein großes Unglück mit ca. 80 Toten passierte.
Das Geschwader war in der alten Form der NATO unterstellt und musste somit an jährlichen Überprüfungen teilnehmen. Eines war der „MaxEval“ (Maximum Evaluation) und der andere war der „TacEval“ (Tactical Evaluation). Hinzu kamen weitere Alarme die von der deutschen Luftwaffe selber auferlegt wurden, auf Anlehnung an den Namen „Zirkus Boelcke“ hatten diese die Bezeichnung „Runde Manege“. Da das Geschwader im Jahr mindestens sechs „Vollalarme“, die je über eine Woche andauerten, durchführte und immer bestanden hat, wurde das Jagdbombergeschwader 31 „Boelcke“ auch das erste Geschwader der Bundeswehr, das sich für den Kreis der Krisenreaktionskräfte qualifiziert hatte. Die Aufrüstung des Geschwaders mit dem Panavia Tornado PA200 erfolgte umgehend.
Im Rahmen der Wiedervereinigung und der Entspannung der Weltkrisenlage wurde der Bestand des Geschwaders immer wieder heruntergefahren. Zu der ersten Oderflut mussten sogar Reservisten eingezogen werden, um den Bedarf zu decken.
Ära Eurofighter
Das JaboG 31 „Boelcke“ wurde als erstes Jagdbombergeschwader der Luftwaffe in Deutschland mit dem Eurofighter Typhoon ausgerüstet.[3] Die ersten vier Flugzeuge dieses Typs landeten am 16. Dezember 2009 in Nörvenich. Am 25. Juni 2010 verließ der letzte Tornado offiziell den Fliegerhorst Nörvenich.[4] Die weitere Aufrüstung mit dem Eurofighter wird länger dauern als geplant, da es Lieferengpässe beim Hersteller gibt.[5] In Nörvenich sollen insgesamt 31 Maschinen stationiert werden. 2011 waren bereits acht Eurofighter vor Ort. Im Mai 2016 hatte das Geschwader 26 Eurofighter, wovon fünf in Wittmund stationiert sind.[6] Dort sollen letztendlich 31 Flugzeuge stationiert werden. Damit wäre das JaboG dann der größte Jet-Verband der Luftwaffe.[7] Der seit 2013 zum Nörvenicher Verband gehörende Standort Wittmund wird am 1. Juli 2016 wieder zu einem eigenständigen Geschwader aufgewertet.[8] Im März 2012 hatte Nörvenich bereits temporär eine Alarmrotte mit dem Eurofighter gestellt.
Am 27. April 2006 wurde der Grundstein für den Neubau des 10,5 Mio. Euro teuren Simulatorgebäudes gelegt. Das Richtfest wurde schon am 25. Oktober 2006 gefeiert. Am 18. Juni 2012 zog der Stab von der Boelcke-Kaserne in Kerpen, die 2015 geschlossen wurde l, zum Fliegerhorst Nörvenich um.
Bedingt durch die Außerdienststellung des Kampfflugzeugs Phantom II beim Jagdgeschwader 71 „Richthofen“ übernahm das JaboG 31 vom 1. Juli 2013 bis 4. Juli 2016 die Verantwortung für die Bereitstellung der Alarmrotte (QRA) auf dem Fliegerhorst Wittmund des JG 71.[9] Vom 1. Oktober 2013 bis zum 4. Juli 2016 war dieser Verband als Taktische Luftwaffengruppe „Richthofen“ dem Taktischen Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ unterstellt. [10]
Gliederung
Das TaktLwG 31 ist dem Luftwaffentruppenkommando unterstellt. Geführt wird der Verband durch einen Kommodore im Dienstgrad eines Obersts.
Gegliedert ist das Geschwader in die Fliegende und die Technische Gruppe. Die Fliegende Gruppe (FlgGrp) umfasst die 1. und 2. fliegende Staffel und die Flugbetriebsstaffel. Diese Gruppe ist für den Einsatz und den Flugbetrieb zuständig. Hier werden z. B. Flugdaten wie Kurse, Betankung, Waffenlast usw. festgelegt.
Die Technische Gruppe (TGrp) setzt sich aus der Instandsetzungs/Elektronikstaffel, der Wartungs/Waffenstaffel und der Nachschub/Transportstaffel zusammen. Diese Gruppe kümmert sich um alle technischen Belange der Luftfahrzeuge (Lfz). Diese beinhalten nicht nur Wartung und Instandsetzung, sondern auch Bewaffnung und Munition, Fallschirmtechnik, Betankung uvm.
Vom Oktober 2013 bis Juli 2016 führte das Geschwader zusätzlich die Taktische Luftwaffengruppe „Richthofen“ in Wittmund.
Kommodore
Nr. | Name | Beginn der Berufung | Ende der Berufung |
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21 | Oberst Stefan Kleinheyer | 19. Dezember 2014 | - |
20 | Oberst Andreas Hoppe | 8. Juli 2010 | 19. Dezember 2014 |
19 | Oberst Ingo Gerhartz | 20. Dezember 2007 | 8. Juli 2010 |
18 | Oberst Michael Kuhn | 30. September 2005 | 20. Dezember 2007 |
17 | Oberst Peter Stammnitz | 31. März 2003 | 30. September 2005 |
16 | Oberst Heinz-Josef Ferkinghoff | 25. Juli 2001 | 31. März 2003 |
15 | Oberst Werner Nemetschek | 3. Mai 1999 | 25. Juli 2001 |
14 | Oberst Gerd Ruge | 29. März 1996 | 3. Mai 1999 |
13 | Oberst Ulrich Schröder | 30. August 1994 | 29. März 1996 |
12 | Oberst Horst Martin | 2. Oktober 1992 | 30. August 1994 |
11 | Oberst Dieter Reiners | 29. September 1988 | 2. Oktober 1992 |
10 | Oberst Joachim Hoppe | 15. Juli 1988 | 12. September 1988 |
9 | Oberst Jörg Böttcher | 17. September 1984 | 14. Juli 1988 |
8 | Oberst Gert Overhoff | 25. März 1980 | 17. September 1984 |
7 | Oberst Theodor Herbert | 24. September 1976 | 25. März 1980 |
6 | Oberst Albert Weber | 19. September 1972 | 24. September 1976 |
5 | Oberst Hans-Joachim Steindorf | 11. September 1968 | 19. September 1972 |
4 | Oberst Paul Monreal | 28. November 1966 | 1. September 1968 |
3 | Oberst Friedrich Obleser | 17. Dezember 1963 | 28. November 1966 |
2 | Oberst Wilhelm Meyn | 17. Dezember 1962 | 17. Dezember 1963 |
1 | Oberstleutnant Gerhard Barkhorn | 1. September 1957 | 16. Dezember 1962 |
Eingesetzte Luftfahrzeugmuster
- Republic F-84F „Thunderstreak“
- Lockheed T-33 „T-Bird“
- Piaggio P.149D „Nasenbär“
- F-104G „Starfighter“
- Dornier Do 27
- Dornier Do-28D
- Panavia Tornado ECR
- Panavia Tornado IDS
- Eurofighter „Typhoon“
- Bell UH 1 D
Zudem ist Nörvenich Forward Operating Base einer amerikanischen Thunderbolt A-10-Staffel.
Unfälle
Seit der Indienststellung des Geschwaders sind 33 Piloten des Geschwaders tödlich verunglückt. Allein bei Abstürzen mit dem Starfighter verloren 18 Soldaten ihr Leben. Tragisch endete die Vorübung für die feierliche Indienststellung des JaboG 31 mit der F-104 G. Bedingt durch räumliche Desorientierung des Leaders stürzte am 19. Juni 1962 eine Vierer-Formation F-104 F bei Frechen ab. Die Piloten waren nicht Angehörige des JaboG 31, sondern gehörten zur 4. Staffel der Waffenschule der Luftwaffe 10, die damals in Nörvenich stationiert war. Alle vier Piloten kamen ums Leben.[11]
Am 23. Juni 2014 kollidierte bei der Übung einer Alarmrotte ein Eurofighter[12] in 2500 Metern Höhe mit einem Learjet der GFD, dem Learjet wurde dabei eines der beiden Triebwerke abgerissen. In der Folge stürzte dieser bei Olsberg-Elpe ab. Dabei verunglückten beide Insassen tödlich.[13][14] Dem beteiligten Eurofighter gelang trotz des Verlustes eines gefüllten Zusatztanks die sichere Heimkehr zu seiner Basis.
Im Mai 2015 wurde der beschädigte Jet mit einem Schwertransport nach Manching in Bayern zur Reparatur gebracht.[15]
Sonstiges
Das Geschwader ist auch bekannt unter seinem Beinamen „Zirkus Boelcke“. Oswald Boelcke (1891–1916) nutzte zirkusähnliche Zelte für die Unterbringung an der Front. Heute ist es eher die liebevolle Beschreibung für den rheinischen Frohsinn und die damit verbundene Lockerheit innerhalb des Geschwaders. Aufgrund dessen haben die heutigen Soldaten der TaktLwG 31 „Boelcke“ den Spitznamen weiter ausgeschmückt: „Zirkus Boelcke – Jeder Soldat eine Attraktion!!!“
Nach einer Kollision erreichte Hauptmann Heltzel 1965 mit dem Starfighter die höchste Landegeschwindigkeit, die je gemessen wurde. Mit 435 km/h gelang ihm der Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.[16]
Um die Verbundenheit der Gemeinde mit dem Geschwader zu dokumentieren wurden an den Ortseingängen am 15. Februar 2016 Hinweisschilder angebracht. Im September 2016 unterzeichneten die Gemeinde Nörvenich und das Geschwader eine Patenschaftsurkunde. [17]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ www.aachener-zeitung.de
- ↑ Realisierungsplanung Luftwaffe (PDF; 686 kB)
- ↑ Artikel zur Einführung des Eurofighter beim JaboG 31 auf Luftwaffe.de
- ↑ www.az-web.de
- ↑ Zeitungsartikel zur Ankunft der ersten Eurofighter
- ↑ www.aachener-zeitung.de
- ↑ Aachener Zeitung vom 25. Mai 2013
- ↑ „Boelcke“-Soldaten werden baltische NATO-Grenze überwachen – Lesen Sie mehr auf: www.aachener-zeitung.de
- ↑ www.aachener-zeitung.de
- ↑ www.nwzonline.de
- ↑ Chronik des Jagdbombergeschwaders 31 „Boelcke“
- ↑ Militärischer Flugbetrieb, vom 26. Mai 2014
- ↑ spiegel.de: Flugzeugabsturz im Sauerland: Letzte Zweifel an Tod der Learjet-Piloten ausgeräumt
- ↑ zeit.de: Kleinflugzeug stürzt nach Zusammenprall mit Kampfjet ab, vom 23. Juni 2014
- ↑ www.focus.de
- ↑ Chronik des Jagdbombergeschwaders 31 „Boelcke“
- ↑ http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/dueren/gute-nachbarschaft-patenschaft-zwischen-noervenich-und-fliegerhorst-1.1448339