Wetterrisiko

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Zuckerrüben während einer Dürre
Köln: Hochwasser (April 1983) und Dürre am Rhein (August 2003)

Das Wetterrisiko besteht in der Betriebswirtschaftslehre aus der Ungewissheit, ob die Witterung die Beschaffung, Produktion und/oder den Vertrieb von Gütern und Dienstleistungen beeinträchtigt.

Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Witterung ist ein Umweltzustand, der das Handeln des Menschen beeinflussen kann. Dieser Umweltzustand kann vom Menschen nicht beeinflusst werden, sondern ist als Datenparameter von den betroffenen Wirtschaftssubjekten hinzunehmen. Vom Wetterrisiko sind alle Wirtschaftssubjekte betroffen (Privathaushalte, Unternehmen, Staat). Bei Privatpersonen kann es sich auf deren Vermögen (als Sachschaden am Eigentum) oder die hiervon beeinträchtigten Personen (als Personenschaden) auswirken. Es kann sich bei Unternehmen als Markt- oder Finanzrisiko erweisen, das die Umsatzerlöse und die Ertragslage beeinträchtigen kann.[1] Bei einem Staat kann sich das Wetterrisiko auf die Staatsausgaben auswirken, wenn der Staat bei Naturkatastrophen hilft[2] und/oder auf die Staatseinnahmen, wenn das Steueraufkommen wegen Beeinträchtigung der Unternehmensprozesse abnimmt. Durch das Wetterrisiko entstandene Schäden werden allgemein als Wetterschaden bezeichnet, der ein operationelles Risiko darstellt.[3]

Wetterrisiken können jedoch auch positive Auswirkungen haben wie die Hitzewelle in Europa 2003 gezeigt hat, als die Getränkeindustrie überdurchschnittliche hohe Gewinne erwirtschaftete.[4] Dabei dürfen jedoch die entstandenen immensen Schäden in anderen Bereichen nicht übersehen werden.

Wetterdaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wetterdaten sind technische Daten, die bei der Quantifizierung von Wetterrisiken eine entscheidende Rolle spielen.[5] Das Wetterrisiko zeigt sich an zu hohen oder zu niedrigen Lufttemperaturen (Hitzewelle, Kältewelle), Luftdruck, Luftfeuchtigkeit (Dürre, Feuchtigkeit, Trockenheit), Niederschlag (Hagel, Schneesturm, Starkregen), Sonnenstunden, Wasserstand (Hochwasser, Niedrigwasser, Überschwemmung), Windgeschwindigkeit (Sturm, Orkan). Extremwetter liegen vor, wenn bestimmte Grenzwerte unter- oder überschritten werden. Zeigt beispielsweise der Pegel Niedrigwasser oder Hochwasser an, wird die Binnenschifffahrt eingestellt.

Betroffene Wirtschaftszweige[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wetterrisiken wirken sich auf Wirtschaftszweige unterschiedlich aus:[6]

Auch die Eisenbahn ist vom Wetterrisiko betroffen, so dass der im Herbst 1966 eingeführte WerbesloganAlle reden vom Wetter. Wir nicht.“ den Kunden falsche Signale vermittelte. Böschungsbrände, beschädigte Oberleitungen oder Schneeverwehungen zeigen, dass auch die Bahn das Wetterrisiko einkalkulieren muss.

Risikomanagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Risikomanagement kann durch Prävention verhindern, dass Wetterrisiken zu einer Betriebsstörung oder Betriebsunterbrechung führen. Beispielsweise kann eine robustere Technik[8] wie wetterfeste Gebäude (Hochwasserschutz), technische Anlagen oder Maschinen und Redundanzen (Notstromaggregate) für eine Minimierung oder Verhinderung von Ausfallrisiken sorgen. Schwachstellen sind auf ihre Wettertauglichkeit zu prüfen.

Darüber hinaus gibt es Maßnahmen der Risikobewältigung, die zu einer Risikoüberwälzung der Wetterrisiken auf andere Risikoträger führen:

Wirtschaftliche Aspekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wetterrisiken nehmen durch globale Erwärmung und Klimawandel zu, so dass Risiko- und Krisenmanagement sich stärker auf diese Thematik einstellen müssen. Wetterrisiken können zu Betriebsstörungen oder Betriebsunterbrechungen, Fehlproduktion, Lieferengpässen, Unterbrechungen der Lieferketten (insbesondere bei der Just-in-time-Produktion) oder Verspätungen führen. Insbesondere in der Landwirtschaft können wetterbedingte Missernten Knappheit von bestimmten Agrarprodukten verursachen, so dass die eintretende Angebotslücke die Agrarpreise ansteigen lässt.[11]

Zur Quantifizierung der Wetterrisiken trug das Met Office bei, der britische Wetterdienst. In einer im November 2001 veröffentlichten Studie antworteten 500 Unternehmen branchenübergreifend, dass ihnen jährlich 12,7 Mrd. US-Dollar aufgrund ungünstiger, aber als normal einzustufender Witterungsbedingungen verloren gehen (das sind 9 % des britischen Bruttoinlandsprodukts).[12] Mathematisch können die Wetterdaten mittels Varianz und Standardabweichung quantifiziert werden, wobei der Betriebszweck eines Unternehmens von Art und Anzahl der Wetterdaten beeinflusst werden kann.[13] Die europäische Hitzewelle im August 2003 brachte Schäden von mindestens 10 Mrd. Euro.[14]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Antje Schirm, Wetterderivate – Finanzmarktprodukte für das Management wetterbedingter Geschäftsrisiken, in: Finanz-Betrieb 11, 2000, S. 724
  2. Udo Rettberg, Die Stürme umschiffen, in: Handelsblatt, 2008, S. 26
  3. Markus Heinrich/Markus Reif/René Perrot/Roland Eller, Kompaktwissen Risikomanagement, 2010, S. 28
  4. Andreas Deubel, Risikomanagement mit Wetterderivaten, 2009, S. 19
  5. Nina Leistner, Wetterderivate als Instrument der Risikosteuerung in Energieversorgungsunternehmen, 2008, S. 96
  6. Nina Leistner, Wetterderivate als Instrument der Risikosteuerung in Energieversorgungsunternehmen, 2008, S. 66 ff.
  7. Andreas Eckstein/Axel Liebetrau, Insurance & Innovation 2013, 2013, S. 4 ff.
  8. Matthias Hofmann, Risikomanagement für Offshore-Windparkprojekte, 2009, S. 111
  9. PricewaterhouseCoopers (Hrsg.), Weather derivatives, 2009, Folie 21
  10. Oliver Henschel, Lexikon Eventmanagement, 2010, S. 195
  11. Friedrich Lütge, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 1960, S. 180
  12. Andreas Deubel, Risikomanagement mit Wetterderivaten, 2009, S. 20
  13. Antje Schirm, Wetterderivate – Einsatzmöglichkeiten und Bewertung, 2001, S. 13
  14. Der Spiegel Nr. 31/2013 vom 31. Juli 2013, Die vergessene Jahrhundertkatastrophe, S. 48