Gebirge

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Gebirge sind komplexe Landschaftsformen der Erde, die durch eine aus der Tiefebene deutlich herausragende Massenerhebung der Erdoberfläche sowie Geländeformen mit unterschiedlichen Hangneigungen, Reliefformen und Expositionen gekennzeichnet sind.

Grundsätzlich wird zwischen Mittelgebirgen (eher gerundete Gipfel, offener Fels nur lokal, Vegetationsform nur graduell von der Tiefebene verschieden) und Hochgebirgen (eher schroffe Gipfel, landschaftsprägende Felsregionen, deutlich unterschiedliche Vegetationsformen gegenüber dem Umland)[1] unterschieden. Eine Festlegung anhand der Höhe über dem Meeresspiegel ist nicht allgemeingültig und abhängig von den regionalen Verhältnissen; die Unterscheidungsgrenze liegt in Mitteleuropa bei etwa 1500 m.

Praktisch alle Gebirge der Erde waren stark von Vereisungen im Pleistozän betroffen, daher ist die Gestalt der heutigen Gebirge nicht auf die aktuellen klimatischen Verhältnisse zurückzuführen. Die meisten Gebirge und insbesondere die höchsten unter ihnen gehören auch zu den tektonisch aktiven Zonen der Erde, und Hebungen sind in einigen Fällen größer als Abtragungsraten durch Erosion und Denudation. Allgemein verbreitet sind Gebirge von den Polarregionen bis in die Tropen.

Unter den Hochgebirgen werden zwei Grundtypen unterschieden: einen von glazialer Erosion gestalteten und geprägten "Alpen-Typ" mit Hörnern, Karlingen, Trogschultern und Trogtälern und einem mit abgerundeten Formen und von Altflächen dominierten "Rocky-Mountain-Typ", in der glaziale Reliefformen zurücktreten.[2]

Der Himalaya, ein Randgebirge des tibetischen Hochlands, inmitten etlicher anderer, teils verwandter, teils anders entstandener Gebirge

Definition und Sprachgebrauch

Unter einem Gebirge versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch

Das Wort „Berg“ hat hingegen eine regional unterschiedliche Wahrnehmung. Erhebungen wie der Wilseder Berg, der mit nur 169 m ü. NHN die Umgebung Lüneburgs dominiert, würden in Alpenländern allenfalls als Hügel bezeichnet. Im Allgemeinen bezeichnet „Berg“ einen einzelnen Gipfel oder Kammlinie, und „Gebirge“ eine Häufung von mehr oder minder verbundenen Gipfeln, oder eine Häufung von Einzelgebirgen (Gebirgsgruppen oder -züge). „Hügelland“ steht für Ansammlungen von Kleinerhebungen, ohne dass eine genaue Abgrenzung möglich wäre.

Die Geologie hingegen nimmt bei ihrer Definition auf den „Gebirgsfuß“ Bezug:[3] Der Gebirgsfuß bzw. Rumpf eines Gebirges, wenn er freiliegt, ist das Grundgebirge, der bei den jüngeren Gebirgen noch vom Deckgebirge überlagert ist, und dann oft in große Tiefen gedrückt wird (bis in die Moho). „Gebirge“ steht in letzteren Begriffen schon im geologischen Sinne als „Gesteinseinheit“.

Hochländer, wie beispielsweise Tibet, gelten nicht als Gebirge, da sie nur geringe Höhenunterschiede aufweisen. Im Gegensatz dazu kann manches Gebiet an einer Steilküste trotz relativ geringer Meereshöhe als gebirgig gelten.

Siehe dazu: die EU-Definition Gebirgsland: Klassifizierung nach Höhenlage und Steilheit

Gebirgsformen

Hochgebirge der Alpen: Texelgruppe bei Meran
Vorberge der Alpen mit Mittelgebirgscharakter: Bachergebirge bei Maribor

Gebirge lassen sich auch nach ihrer generellen geomorphologischen oder orographischen Form klassifizieren. Maß hierzu sind die Reliefenergie, Dominanz und Schartenhöhe der Einzelgipfel und Gebirgsgruppen:

Bezüglich ihrer Entstehung (Gebirgsbildung) und ihrem inneren Aufbau (Gesteinsprofil) unterscheidet man:

In einem Großgebirge können sich verschiedene Gebirgsformen auch mischen. So zeigt die komplexe Faltungs- und Überschiebungsgeschichte der Alpen zahlreiche Kleinformen anderer Gebirgstypen.

Globale Bedeutungen der Gebirge

Gebirge sind Barrieren und damit haben sie in vielfältiger Weise entscheidende Wirkungen auf die Erde.

Je nach ihrer Höhe und Ausdehnung haben sie großen Einfluss auf Klima und Wettergeschehen. So bleibt beispielsweise Europa durch die von Ost nach West verlaufenden Alpen und Karpaten von den extremen Wetterlagen verschont, die in Nordamerika durch den ungehinderten Luftaustausch zwischen Norden und Süden immer wieder auftreten. In der Westwindzone haben die von Nord nach Süd verlaufenden Gebirge (Rocky Mountains, Anden, Skanden u. a.) erhebliche Auswirkungen auf die Niederschlagsverteilung.

Je höher ein Gebirge ist, desto größer sind auch die klimatischen Unterschiede im Gebirgsraum, da die Lufttemperatur mit zunehmender Höhe abnimmt. Dies führt – in Verbindung mit den gebirgstypischen Niederschlags-, Abfluss- und Bodenverhältnissen – zu höhenabhängigen Wachstumsbedingungen für die Pflanzenwelt, die in vertikal aufeinanderfolgenden Höhenstufen beschrieben werden kann. Das allgemeine Modell orientiert sich an den orographischen Begrifflichkeiten von der „planaren“ Ebene über das „kolline“ Hügelland und das (häufig bewaldete) „montane” Mittelgebirge über den „subalpinen” Grenzraum zwischen Wald- und Baumgrenze ins waldfreie „alpine” Hochgebirge bis hinauf zur Kältewüste der „nivalen” Stufe.

Auf den ersten Blick ähnelt die Abfolge einem verkleinerten Abbild der globalen Klima- und Vegetationszonen von den Tropen zu den Polen. Bei näherer Betrachtung führen jedoch die abweichenden Faktoren wie die Jahres- und Tagesgänge der Temperaturen und die Intensität der Sonneneinstrahlung zu entsprechenden Unterschieden gegenüber den globalen Zonen.

Diese enge Nachbarschaft klimatischer und anderer natürlicher Gegebenheiten macht viele Gebirge zu besonderen Hotspots der Artenvielfalt. Überdies hatten sie immer wieder großen Einfluss auf die Evolution, so zum Beispiel bei der Artenbildung aufgrund räumlicher Trennung oder bei der Auslese speziell angepasster Lebewesen.

Die Verbreitung von Tieren und Pflanzen auf der Erde und damit die Bildung der biogeographischen Regionen wurde maßgeblich durch die Gebirge beeinflusst. So haben etwa die Alpen in Europa nach dem Ende der letzten Eiszeit die Entwicklung einer großen Artenvielfalt in den Wäldern, wie sie in Nordamerika und Ostasien vorkommt, verhindert. Auch die Ausbreitung des Menschen orientierte sich vielfach an Bergzügen. Ähnlich wie bei der Biodiversität konnte sich in den Gebirgen auch eine große kulturelle Vielfalt entwickeln: Kaum anderswo finden sich so viele Sprachen, Ethnien und heterogene Kulturareale auf so engem Raum nebeneinander. Ein gutes Beispiel dafür sind die Papua-Sprachen im gebirgigen Neuguinea.

Seit jeher hat die Vielfalt der Gebirge den Menschen angezogen, der hier aufgrund der besonderen geologischen Gegebenheiten eine Reihe wichtiger Rohstoffe findet: Marmor aus dem Apennin in der Antike, Tannen aus dem Schwarzwald für Schiffsmasten in der frühen Neuzeit oder die sogenannten, heute heiß begehrten Seltenen Erden sind nur drei Beispiele von vielen. Ebenso haben die Besiedler der Berge besondere traditionelle Wirtschaftsformen entwickelt, um die oftmals schwierigen Bedingungen möglichst effizient zu nutzen: etwa die Wander-Viehwirtschaft zwischen Berg und Tal oder die Schaffung der Almen als zusätzliche Weideflächen für das Vieh.

Ausmaße

Der längste oberirdische Gebirgszug der Erde wird von Anden und Rocky Mountains gebildet und reicht etwa 15.000 km von Alaska im Norden bis nach Feuerland im Süden. Man nennt ihn amerikanische Kordilleren. Auch die Gebirge Eurasiens bilden eine ähnlich lange, allerdings stark gegliederte Gebirgskette, weil sie fast gleichzeitig durch die alpidische Geodynamik entstanden sind.

Hingegen haben die erdähnlichen Planeten Venus und Mars kaum solche Bergketten, sondern eher einzelne Massive – was eine Folge der unterschiedlichen Gebirgsbildung ist.

Daneben gibt es lange Gebirgszüge im Meer, die sogenannten mittelozeanischen Rücken. Beispielsweise liegt der mittelatlantische Rücken an der Grenze der Kontinentalplatten von Amerika einerseits und EuropaAfrika andererseits.

Gebirge weltweit

Afrika

Atlas, Hoggar, Kilimandscharo-Massiv, Mount-Kenya-Massiv, Ruwenzori-Gebirge, Brandbergmassiv

Antarktis

Transantarktisches Gebirge

Asien

Australien

Great Dividing Range, Snowy Mountains (auch Australische Alpen), Neuseeländische Alpen

Europa

Bulgarien

Balkangebirge, Šar Planina, Pirin, Rila, Rhodopen, Sakar, Strandscha, Ruen

Deutschland

Hochgebirge

Die Bayerischen Alpen an der Südgrenze Oberbayerns und Schwabens von Bad Reichenhall bis ins Allgäu

Mittelgebirge

Ahrgebirge, Bayerischer Wald, Ebbegebirge, Eggegebirge, Eifel, Elbsandsteingebirge, Elstergebirge, Erzgebirge, Fichtelgebirge, Fränkischer Jura (Altmühlalb), Fränkische Schweiz, Habichtswälder Bergland, Harz, Haßberge, Hunsrück, Kellerwald, Kyffhäuser, Leinebergland, Nordpfälzer Bergland, Odenwald, Rhön, Rothaargebirge, Schwäbische Alb, Schwarzwald, Spessart, Taunus, Teutoburger Wald, Thüringer Wald, Vogelsberg, Weserbergland, Westerwald, Wiehengebirge, Zittauer Gebirge

Österreich

Hochgebirge
Mittelgebirge

Schweiz

Liechtenstein

Italien, Frankreich

Tschechien, Polen, Slowakei

Übriges Europa

Nordamerika

Südamerika

Anden (Kordilleren), Bergland von Guayana, Brasilianisches Bergland

Siehe auch

Portal: Berge und Gebirge – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Berge und Gebirge

Weblinks

Wiktionary: Gebirge – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Berge und Gebirge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dietrich Barsch & Nel Caine 1984: The Nature of Mountain Geomorphology. Proceedings of a Workshop of the Arbeitsgemeinschaft für Vergleichende Hochgebirgsforschung in December 1982 in Munich (Nov.; 1984), Mountain Research and Development, 4: 287-298. Hier S. 288
  2. Dietrich Barsch & Nel Caine 1984: S. 291
  3. Gebirge. In: Meyers Lexikon online. Archiviert vom Original am 16. Juni 2008; abgerufen am 8. März 2013.