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Habicht

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Habicht

Habicht (Accipiter g. gentilis), adultes Männchen
Laute des Habichts/?

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Greifvögel (Accipitriformes)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Gattung: Habichte und Sperber (Accipiter)
Art: Habicht
Wissenschaftlicher Name
Accipiter gentilis
(Linnaeus, 1758)
Habichthorst

Der Habicht (Accipiter gentilis) ist ein Greifvogel, der zur Familie der Habichtartigen (Accipitridae) gehört. Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst die arktischen bis subtropischen Zonen der Holarktis. Habichte ernähren sich überwiegend von kleinen bis mittelgroßen Vögeln und Säugetieren bis zu einem Gewicht von etwa 1,0 kg. Die Art ist nicht gefährdet.

Der Naturschutzbund Deutschland und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern haben den Habicht zum „Vogel des Jahres 2015“ in Deutschland gewählt.[1]

Beschreibung

Habicht im Jugendkleid im Flug

Habichte sind mittelgroße Greifvögel; die Körperlänge beträgt 46–63 cm, die Spannweite 89–122 cm. Das Gewicht liegt zwischen 0,52 kg bei den kleinsten Männchen und 2,2 kg bei den größten Weibchen. Die große Spanne ist auf die deutliche Größen- und Gewichtszunahme von Südwesten nach Nordosten und den starken reversen Geschlechtsdimorphismus bezüglich der Körpergröße zurückzuführen. Das Weibchen ist etwa so groß wie ein Mäusebussard, das Männchen („Terzel“) ist deutlich kleiner. So wogen beispielsweise im Osten Deutschlands adulte Männchen im Mittel 724 g, adulte Weibchen 1133 g, die Flügellänge betrug bei adulten Männchen aus demselben Gebiet im Mittel 314 mm, bei Weibchen 353 mm.[2]

Die Flügel sind relativ kurz, breit und an ihren Spitzen gerundet, der Schwanz ist relativ lang. Diese Merkmale sind typisch für die überwiegend waldbewohnenden Vertreter der Gattung Accipiter, sie ermöglichen keine extremen Fluggeschwindigkeiten, jedoch eine hohe Wendigkeit auf engem Raum. Ausgewachsene (adulte) Habichte sind auf der Oberseite schiefergraubraun, auf der Unterseite weiß mit einer dunkelbraunen Querbänderung. Jungvögel sind bis zur ersten Mauser oberseits bräunlich, auf der Unterseite hellgelb, gelb, beige, orange oder lachsfarben mit einer senkrechten Tropfen- oder Strichzeichnung.

Das Großgefieder zeigt in allen Kleidern eine deutliche Bänderung auf weißem bis beigebraunem, bei Jungvögeln auf gelblichem Grund. Die Beine sind gelb, ebenso die Wachshaut des Schnabels. Die Iris der Augen ist bei Jungvögeln hellgelb und färbt sich mit zunehmendem Alter in dunkelgelb, orange oder kirschrot. Dies ist aber vom Individuum abhängig, ein sechsjähriger Habicht kann also dunklere Augen haben als ein zwölfjähriger.

Die Gefiederzeichnung ist bei den Geschlechtern sehr ähnlich, adulte Männchen sind auf der Oberseite etwas dunkler und mehr blaugrau als adulte Weibchen und zeigen eine etwas kontrastreichere Kopfzeichnung.

Lautäußerungen

Habichte rufen fast ausschließlich in Horstnähe. Häufigster Ruf ist ein scharfes, oft gereihtes „gik, gik, gik“ („Gickern“), das allgemein bei Erregung, z. B. bei Störungen geäußert wird und besonders häufig während der Balz von Januar bis März zu hören ist.[3] Diese Rufe sind bei ruhigem Wetter mehrere Hundert Meter weit hörbar. Der Kontaktruf zwischen den Brutpartnern ist ein kurzes, nicht sehr auffallendes „gjak“, das zum Beispiel einer Beuteübergabe oder der Ablösung bei der Brut vorausgeht. Falls der Partner nicht sofort reagiert, wird leise „gegickert“ oder ähnlich wie die Jungvogel langgezogen „hiiäh“ gerufen. Bei der Kopulation rufen beide Partner ein relativ hohes, gereihtes „wirr, wirr, wirr“. Sehr auffallend sind auch die lauten Bettelrufe der Jungvögel nach dem Ausfliegen, die wie „hiiiiääh“ oder „klijäh“ klingen („lahnen“) und ebenfalls häufig wiederholt werden.

Verbreitung und Lebensraum

Verbreitungsgebiete des Habichts:
  • Ganzjähriges Vorkommen
  • Überwinterungsgebiete
  • Habichte besiedeln in mehreren Unterarten die Nadelwälder der Taiga und der Gebirge (die sogenannten boreomontanen Wälder) sowie die Wälder der gemäßigten und der mediterranen Zone der gesamten Paläarktis, in Nordamerika ist das Vorkommen überwiegend auf die boreomontanen Wälder beschränkt. In der westlichen Paläarktis fällt die nördliche Verbreitungsgrenze mit der nördlichen Grenze der borealen Nadelwälder (Taiga) in Skandinavien, Finnland und Russland zusammen, im Süden reicht die Verbreitung im Westen bis Nordafrika, weiter östlich bis Griechenland, Kleinasien und den Norden Irans.

    Die für ein Vorkommen des Habichts zwingend erforderlichen Habitatvoraussetzungen beschränken sich in Europa auf einen für die Horstanlage geeigneten (über ca. 60 Jahre alten) Baumbestand und ein ausreichendes Angebot mittelgroßer Vögel und Säugetiere. Innerhalb ihres europäischen Verbreitungsgebietes besiedeln Habichte daher Wälder aller Art und Größe. Der Habicht kommt hier sowohl in großen, geschlossenen Waldgebieten wie auch in der offenen Kulturlandschaft vor, wenn dort zumindest einzelne Feldgehölze vorhanden sind.

    Aus Gründen, die bisher unklar sind, ist das Vorkommen des Habichts in Nordamerika auf naturnahe Wälder beschränkt, er gilt dort als stenöker Bewohner von Urwäldern, vergleichbar etwa mit dem Status des Auerhuhns in Mitteleuropa.

    Urbane Populationen

    Der Habicht ist eine von zurzeit weltweit mindestens 20 Greifvogelarten, die auch in oder im Umfeld von Städten (urbanen Habitaten) leben. Die Besiedlung urbaner Habitate durch Habichte ist ein relativ neues Phänomen, bis Ende der 1960er Jahre gab es entsprechende Beobachtungen nur sporadisch. Die urbanen Populationen sind bisher auf Europa beschränkt, zurzeit sind derartige Populationen aus Berlin, Köln, Saarbrücken, Hamburg und Kiew bekannt.

    Unterarten

    Amerikanischer Habicht (A. g. atricapillus), Männchen

    Die Abgrenzung der in der Paläarktis vorkommenden Unterarten ist komplex und wird in der Wissenschaft intensiv diskutiert. Die Übergänge zwischen den Unterarten sind meist fließend. Je nach Autor unterscheiden sich Anzahl und geographische Abgrenzung der Unterarten daher oft erheblich. Die folgende Darstellung basiert im Wesentlichen auf dem Handbuch der Vögel Mitteleuropas (Band 4, 1989).

    Insgesamt werden zurzeit zehn Unterarten anerkannt, davon drei in Nordamerika:

    • A. g. gentilis (Linnaeus, 1758):[4] Nord- und Mitteleuropa, südlich bis zu den Pyrenäen, südlichen Alpen und Karpaten, östlich bis zum mittleren Russland
    • A. g. marginatus (Piller & Mitterpacher, 1783):[5] Südlich an Nominatform anschließend, Spanien und Marokko bis Kaukasus und Elburs; dunkler und etwas kleiner als Nominatform
    • A. g. arrigonii (Kleinschmidt, O, 1903):[6] Korsika und Sardinien; noch dunkler und kleiner als A. g. marginatus
    • A. g. buteoides (Menzbier, 1882):[7] Nordöstlich an Nominatform anschließend, von Nordschweden, nach manchen Autoren aber auch erst von der Kola-Halbinsel an östl. bis West- und Mittelsibirien etwa bis zur Lena, südlich bis an den Rand der Taigazone; größer und besonders im Jugendkleid deutlich heller als Nominatform
    • A. g. albidus (Menzbier, 1882):[8] Nordöstliches Sibirien bis Kamtschatka; noch größer als A. g. buteoides, mit einer grauen und einer sehr auffallenden weißen Morphe
    • A. g. schvedowi (Menzbier, 1882):[9] Südlich von A. g. buteoides und A. g. albidus in der Waldsteppenzone und in den temperaten Laubwäldern Ostasiens bis einschließlich Hokkaidō; Färbung und Größe etwa wie A. g. marginatus
    • A. g. fujiyamae (Swann & Hartert, 1923):[10] Auf der japanischen Hauptinsel Honshū, sehr dunkel, wohl kleinste Unterart
    • A. g. atricapillus (Wilson, A, 1812):[11] Größter Teil Nordamerikas; blaugraue Oberseite, sehr kontrastreiches Kopfmuster, ad. Individuen mit fein gestrichelter und gesprenkelter Unterseite und karminroter Iris. Artstatus für diese und die folgenden zwei Unterarten wird diskutiert (dann A. atricapillus)[12][13]
    • A. g. laingi (Taverner, 1940):[14] Vancouver Island und Haida Gwaii vor der Küste der kanadischen Provinz British Columbia; dunkler als A. g. atricapillus
    • A. g. apache van Rossem, 1938:[15] Montane Bereiche im Grenzgebiet Mexiko/USA; heller als A. g. atricapillus

    Insgesamt ist in der Paläarktis entsprechend der Bergmann'schen Regel eine deutliche Größen- und Gewichtszunahme des Habichts von Südwesten nach Nordosten festzustellen.

    Jagdweise und Ernährung

    Habicht mit Beute

    Habichte erjagen ihre Beutetiere überwiegend aus dem bodennahen Flug oder vom Ansitz aus in einem kurzen, schnellen und sehr wendigen Verfolgungsflug direkt auf dem Boden oder im bodennahen Luftraum. Dabei werden natürliche Strukturen wie Hecken, Bäume, im Siedlungsraum aber auch Häuser sehr geschickt für einen gedeckten Anflug genutzt. Seltener werden aus dem hohen Kreisen heraus im Sturzflug Vögel im freien Luftraum oder in Bodennähe angejagt. Im Frühjahr und Sommer suchen Habichte systematisch in höherer Vegetation und auf Bäumen nach Nestern und erbeuten so zahlreiche nestjunge Vögel. Bei kleineren Vogelarten wird dabei häufig das ganze Nest mit Inhalt gegriffen, die leeren Nester sind dann häufig an den Rupfplätzen zu finden. Auch die Jagd zu Fuß wurde bei Habichten beobachtet, dabei werden zum Beispiel Maulwürfe erbeutet, auf dicht bewachsenen Inseln werden so auch brütende Stockenten geschlagen.

    Die Beute wird mit den Füßen (Fängen) gegriffen und getötet, die Krallen der sehr kräftigen ersten und zweiten Zehe werden dabei so lange in die Beute gebohrt, bis diese aufhört, sich zu bewegen. Im Zusammenwirken mit den relativ langen Beinen ermöglicht diese Tötungsmethode dem Habicht die Nutzung von vergleichsweise sehr großen und wehrhaften Beutetieren.

    Habichte ernähren sich in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet fast ausschließlich von kleinen bis mittelgroßen Vögeln und Säugetieren. Eher selten, z. B. im Winter, gehen sie auch an Aas. Im Süden des Verbreitungsgebietes werden auch Reptilien regelmäßig erbeutet. Amphibien, Fische und Wirbellose werden von Habichten sehr selten als Nahrung genutzt. Das Gewicht der Beutetiere beträgt zwischen 5 g und 3,5 kg, in Mitteleuropa reicht das Beutespektrum bei Vögeln vom Goldhähnchen bis zu Gänsen, bei Säugern von Mäusen bis zu erwachsenen Kaninchen und halbwüchsigen Hasen. Kleine bis mittelgroße Greifvögel und Eulen werden regelmäßig erbeutet, in Mitteleuropa vor allem Sperber und Turmfalken, aber auch Mäusebussarde und Milane, nestjung oder eben flügge werden auch noch Fischadler und Schreiadler geschlagen. Überwiegend werden jedoch Tiere mit einer Körpermasse von 0,05–1,0 kg genutzt, in Mitteleuropa vor allem Tauben, Drosseln, Rabenvögel und Hühnervögel. In der Taiga Skandinaviens und Russlands dominieren in der Nahrung Raufußhühner, daneben spielen Ringeltauben, Rabenvögel und Eichhörnchen eine wichtige Rolle.

    Raumnutzung

    Die Größe des Aktionsraums ist unter anderem abhängig vom Geschlecht, Alter, Status (verpaart, unverpaart) des untersuchten Individuums, außerdem von der Jahreszeit und dem lokalen Nahrungsangebot. In Hamburg beflogen Männchen zur Brutzeit eine Fläche von im Mittel 8,6 km2,[16] in Schleswig-Holstein 13–55 km2,[17] in Arizona/USA 18 km2[18] und in Alaska/USA 39,8 km2.[19]

    Außerhalb der Brutzeit umfassten Reviere von Männchen in Schleswig-Holstein 5–64 km2, von Weibchen im selben Gebiet 16–59 km2.[17] In Mittelschweden beflogen Männchen im Winter eine Fläche von im Mittel 51 km2 (18–80 km2), Weibchen im Mittel 62 km2 (32–92 km2).[20] In Nordfinnland schließlich waren die winterlichen Home-ranges von adulten Männchen im Mittel 88 km2 groß (79 bis 97 km2), von jugendlichen (juvenilen) Männchen 110 km2 (50–170 km2), von adulten Weibchen 69 km2 (48–94 km2), von juvenilen Weibchen 67 km2 (31–103 km2).[21] Die Übersicht zeigt die deutliche Zunahme der Reviergröße mit zunehmendem Breitengrad, diese Zunahme hat sicher ihren Grund in der nach Norden vor allem im Winter stark abnehmenden Beutetierdichte.

    Fortpflanzung

    Territorialverhalten

    Habichte sind monogam und streng territorial. Das Revier wird durch häufiges „gickern“ (vgl. Lautäußerungen) und durch Schauflüge markiert. Bei diesen Schauflügen werden in geradem Flug die Flügel langsam tief nach unten und wieder nach oben geschlagen. Dringen fremde Artgenossen in das Revier ein, wird zuerst durch Rufe versucht, den Eindringling zu vertreiben, anschließend durch Annäherung und weitere Rufe. Im Gegensatz zu anderen Greifvögeln erfolgen direkte Angriffe mit Körperkontakt bei Habichten im Rahmen territorialer Auseinandersetzungen offenbar nur als allerletztes Mittel. Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, dass eine solche Auseinandersetzung wegen der auf die schnelle Tötung von relativ großen Wirbeltieren spezialisierten Füße und Krallen für beide Parteien mit einem erheblichen Risiko verbunden ist.

    Brutbiologie

    Eier des Habichts
    Habicht (Accipiter g. gentilis), Nest mit vier ca. 30 Tage alten Jungvögeln

    Habichte bauen große, voluminöse Nester (Horste) ausschließlich auf Bäumen. Das Mindestalter der für den Horstbau genutzten Bäume liegt bei etwa 60 Jahren. Innerhalb größerer Waldgebiete bevorzugt der Habicht Altholzbestände mit fast 100 % Kronenschluss, diese Bestände sind im Sommer in Bodennähe wegen des geringen Lichteinfalls oft sehr dunkel. Für den Horstbau werden meist die dominanten Bäume eines Bestandes genutzt, bevorzugt an einer kleinen Schneise oder an einem Weg. Die Horste werden, meist im Wechsel mit weiteren Horsten innerhalb des Brutreviers, oft über Jahre benutzt.

    Mit Beginn der Balz wird der zur Brut gewählte Horst mit grünen Zweigen aufgebaut, diese Begrünung wird bis ins späte Nestlings­alter fortgesetzt. Habichte machen eine Jahresbrut, die Eiablage erfolgt in Mitteleuropa meist Mitte März bis Mitte April, die Gelegegröße beträgt ein bis fünf, meist zwei bis vier Eier. Die Eier sind ungezeichnet und blassgrün bis blassblau. Die Jungvögel schlüpfen nach einer Brutzeit von 37 bis 39 Tagen. Im Vergleich zu anderen Greifvogelarten (z. B. den Echten Adlern der Gattung Aquila, Bussarden oder Weihen) sind nestjunge Habichte untereinander sehr friedlich, Verluste durch Geschwistertötungen sind daher sehr selten. Die Jungvögel sind mit etwa 40–45 Tagen flügge. Sie verlassen drei bis sechs Wochen nach dem Ausfliegen das elterliche Revier.

    Wanderungen

    Die Art ist in Mitteleuropa Standvogel, Jungvögel zeigen eine ungerichtete Dispersion. Die Ansiedlungsentfernungen zum Geburtsort liegen in Mitteleuropa meist unter 30 km.

    Bestand und Gefährdung

    Da Habichte häufig jagdlich genutzte Arten wie den Fasan sowie Hausgeflügel und Brieftauben erbeuten, wurden sie in weiten Teilen ihres Verbreitungsgebietes von Jägern und Kleintierzüchtern verfolgt. Innerhalb Europas wurde die Art in Großbritannien ausgerottet (letzte Bruten 1893 und 1938–1951, Wiederbesiedlung ab 1965, 1991 wurden dort wieder 230 Paare gezählt), in den übrigen Ländern wurden die Bestände bis Ende des 19. Jahrhunderts drastisch reduziert, eine vollständige Ausrottung erfolgte jedoch in keinem weiteren Land. Im Gegensatz zu anderen Greifvogelarten (vor allem Seeadler (Haliaeetus albicilla), Sperber (Accipiter nisus) und Wanderfalke (Falco peregrinus)) war der Habicht durch die europaweite Anwendung von DDT bis Anfang der 1970er Jahre kaum betroffen. Nach der Unterschutzstellung des Habichts etwa ab Anfang der 1970er Jahre war in vielen Teilen Europas wie auch Deutschlands eine deutliche Bestandszunahme zu verzeichnen, beispielsweise in den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen sowie in Brandenburg und Berlin. Die Anzahl der Brutpaare wird in Deutschland für das Jahr 2014 auf 11.500–16.500 (davon etwa 100 in der Stadt Berlin),[22] für Österreich im Jahr 2000 auf 2000–2300 und für die Schweiz für 1995 auf 1400–1600 geschätzt.[23]

    Mensch und Habicht

    Ein von der Polizei beschlagnahmtes junges Habichtweibchen, das illegal gefangen wurde
    Flagge der Azoren

    Da der Habicht auch Hausgeflügel erbeutet, sind im Volksmund Namen wie Stoßvogel, Stoßfalk, Hühnerräuber, Hühnerfresser, Hühnerstößer, Hühnerhabicht, Hühnergeier, Hennenhacht oder auch geflügelter Teufel für die Art entstanden.[24]

    Außerdem haben sich im Laufe der Jahrhunderte einige abergläubischen Praktiken etabliert, um diesen von Tauben und Hühnern fernzuhalten. Diese sind bzw. waren von Region zu Region unterschiedlich. In der Oberpfalz beispielsweise sollte das Ausreißen von drei Habichtfedern, die man anschließend in eine andere Gemeinde brachte, das eigene Geflügel vor seinen Angriffen schützen.

    In Westfalen dagegen sollte es helfen, wenn man neben das junge Federvieh einen blanken Kessel setzte.

    Andere Rituale sind an die Osterfeiertage gebunden: Wer an Karfreitag die Hühner durch einen hölzernen Reifen ließ, schützte sie gleichfalls vor dem Habicht. Komplizierter ist ein anderes überliefertes Ritual: Von allen auf dem Ostertisch stehenden Speisen musste etwas rund um den Hof gestreut werden, und dazu war folgender Spruch aufzusagen:

    Habicht, Habicht
    hier gebe ich dir ein Osterlamm
    friß mir keine Hühner auf

    Ähnlich wie auch für Eulen überliefert, sollte auch ein erjagter Habicht, der an der Stalltür aufgehängt wurde, den Hof vor Hexen schützen und andere Greifvögel fernhalten.[25]

    Die Stammburg der Habsburger, die Habsburg im Schweizer Kanton Aargau, soll nach einer Legende von ihrem Erbauer Habichtsburg genannt worden sein, als sich ein Habicht auf dem Schlossgemäuer niederließ. Wahrscheinlicher ist jedoch eine Benennung nach dem altdeutschen Wort „hab“/„haw“ als Bezeichnung für „Flussübergang“.

    Die Flagge der Azoren führt einen Habicht. Er verweist darauf, dass sich der Name der Inseln von seiner portugiesischen Bezeichnung Açor ableitet. Allerdings beruht diese auf einem Fehler. Die Seeleute, die den Inseln ihren Namen gaben, hatten Mäusebussarde (Buteo buteo) auf den Inseln vorgefunden. Habichte kommen auf den Azoren nicht vor.

    Literatur

    • Rob G. Bijlsma: Ecologische Atlas van de Nederlandse Roofvogels. Schuyt & Co, Haarlem 1993, ISBN 90-6097-348-8.
    • Stanley Cramp, K. E. L. Simmons: Handbook of the Birds of Europe the Middle East and North Africa – The Birds of the Western Palearctic. Band 2. Oxford University Press, Oxford/New York 1980.
    • Urs N. Glutz von Blotzheim, K. M. Bauer, Einhard Bezzel: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 4, 2. Auflage. AULA-Verlag, Wiesbaden 1989.
    • Dick Forsman: The Raptors of Europe and the Middle East. A Handbook of Field Identification. T. & A. D. Poyser, London 1999, ISBN 0-85661-098-4.
    • E. J. M. Hagemeijer, M. J. Blair (Hrsg.): The EBCC Atlas of European Breeding Birds: Their Distribution and Abundance. T. & A. D. Poyser, London 1997.
    • V. Looft, G. Busche: Vogelwelt Schleswig-Holsteins. Band 2: Greifvögel. Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1981.
    • L. Artmann, N. Kenntner, C. Neumann, S. Schlegl: Der Habicht – Vom Waldjäger zum Stadtbewohner. Oertel + Spörer Verlag, Reutlingen 2014.
    • Carl von Linné: Systema Naturae per Regna Tria Naturae, Secundum Classes, Ordines, Genera, Species, Cum Characteribus, Differentiis, Synonymis, Locis. 10. Auflage. Band 1. Imprensis Direct Laurentii Salvii, Stockholm 1758 (online [abgerufen am 12. April 2015]).
    • Adriaan Joseph van Rossem: A Mexican Race of the Goshawk (Accipter gentilis (Linnaeus)). In: Proceedings of the Biological Society of Washington. Band 51, 1938, S. 99–100 (online [abgerufen am 12. April 2015]).
    • Alexander Wilson: American Ornithology or, the Natural History of the Birds of the United States: Illustrated with Plates Engraved and Colored from Original Drawings taken from Nature. Band 6. Bradford and Inskeep, Philadelphia 1812 (online [abgerufen am 12. April 2015]).
    • Otto Kleinschmidt: Astur gentilis arrigonii form.nov. In: Ornithologische Monatsberichte. Band 11, Nr. 10, 1903, S. 152–153 (online [abgerufen am 13. April 2015]).
    • Harry Kirke Swann, Ernst Hartert: Mr. H. Kirke Swann exhibited a new Goshawk from Japan on behalf of Dr. Hartert and himself, and made the following remarks. In: Bulletin of the British Ornithologists’ Club. Band 43, Nr. 280, 1923, S. 170 (online [abgerufen am 13. April 2015]).
    • Percy Algernon Taverner: Variation in the American Goshawk. In: The Condor. Band 42, Nr. 3, 1940, S. 157–160 (englisch, online [PDF; 264 kB; abgerufen am 13. April 2015]).
    • Matthias Piller, Ludwig Mitterpacher: Iter per Poseganam Sclavoniae provinciam, mensibus Junio, et Julio anno 1782, susceptum a Mathia Piller et Ludovico Mitterpacher. Typis Regiae Universitatis, prostat apud J. M. Weingand et J. G. Köpf, Budapest 1783.
    • Michail Alexandrowitsch Menzbier: Орнитологическая география Европейской России. Band 2. Uchenia Zapiski Imperatorskovo Moskovskii Univ. Otdel Estestvennoistoricheskii, Moskau 1882.
    • Helen Macdonald: H is for Hawk. 2014. (deutsch: H wie Habicht. 2015, ISBN 978-3-7934-2298-3)
    Commons: Habicht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. Der Habicht ist Vogel des Jahres 2015. Naturschutzbund Deutschland (NABU), 17. Oktober 2014, abgerufen am 7. Dezember 2014.
    2. Udo Bährmann: Über das Variieren des Habichts. In: Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden. 28; 1965, S. 65–94; dort weitere Maße.
    3. Stimmbeispiel
    4. Carl von Linné, S. 89.
    5. Matthias Piller u. a., S. 28.
    6. Otto Kleinschmidt, S. 152.
    7. Michail Alexandrowitsch Menzbier, S. 440.
    8. Michail Alexandrowitsch Menzbier, S. 438.
    9. Michail Alexandrowitsch Menzbier, S. 439.
    10. Harry Kirke Swann u. a., S. 170.
    11. Alexander Wilson, S. 80, Tafel 52, Figur 3.
    12. Florian Kunz, Anita Gamauf, Frank E. Zachos, Elisabeth Haring: Mitochondrial phylogenetics of the goshawk Accipiter [gentilis] superspecies. April 2019, Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research 57(1776), DOI:10.1111/jzs.12285
    13. George Sangster: The taxonomic status of Palearctic and Nearctic populations of northern goshawk Accipiter gentilis (Aves, Accipitridae): New evidence from vocalisations. Vertebrate Zoology 72, 2022, 445–456 | DOI: 10.3897/vz.72.e85419
    14. Percy Algernon Taverner, S. 160.
    15. Adriaan Joseph van Rossem, S. 99.
    16. C. Rutz: Raum-zeitliche Habitatnutzung des Habichts - Accipiter gentilis - in einem urbanen Lebensraum. Diplom-Arbeit. Univ. Hamburg 2001, S. 22 ff.
    17. a b F. Ziesemer: Untersuchungen zum Einfluss des Habichts auf Populationen seiner Beutetiere. In: Beitr. z. Wildbiologie. 2; 1983, ISBN 3-88847-008-0.
    18. D. J. Bright-Smith, R. W. Mannan: Habitat use by breeding male Northern Goshawks in northern Arizona. In: Stud. Avian Biol. 16; 1994, S. 58–65 zit. in: Christian Rutz: Raum-zeitliche Habitatnutzung des Habichts - Accipiter gentilis - in einem urbanen Lebensraum. Diplom-Arbeit. Univ. Hamburg 2001, S. 28.
    19. K. Titus, C. J. Flatten, R. E. Lowell: Northern Goshawk ecology and habitat relationships on the Tongass National Forest. In: Rep. prepared for the For. Serv., Alaska Dept. of Fish and Game, Div. of Wildl. Conser. Juneau, Alaska. Zit. in: Christian Rutz: Raum-zeitliche Habitatnutzung des Habichts - Accipiter gentilis - in einem urbanen Lebensraum. Diplom-Arbeit. Univ. Hamburg 2001, S. 28.
    20. P. Widén: The hunting habits of Goshawks Accipiter gentilis in boreal forests of central Sweden. In: Ibis. 131; 1989, S. 205–213.
    21. R. Tornberg, A. Colpaert: Survival, ranging, habitat choice and diet of the Northern Goshawk Accipiter gentilis during winter in Northern Finland. In: Ibis. 143; 2001, S. 41–50.
    22. Bild der Wissenschaft. Heft 02/15, 16. Januar 2015.
    23. T. Mebs, D. Schmidt: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Biologie, Kennzeichen, Bestände. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-440-09585-1, S. 293.
    24. Habicht. Landesbund für Vogelschutz in Bayern, abgerufen am 9. Oktober 2021.
    25. Bächtold-Stäubli: Handbuch des deutschen Aberglaubens. Band 3, Stichwort: Habicht.