Strassenbahn Neuenburg

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Boudry–Neuchâtel
Endbahnhof Neuchâtel Place Pury Littorail
Endbahnhof Neuchâtel Place Pury Littorail
Streckennummer (BAV):213
Fahrplanfeld:215, bis 2013: 213
30d (vor 1982)
Streckenlänge:8.85 + 0.830 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Stromsystem:600 Volt =
0.000 Boudry Littorail Endpunkt R15
Boudry Tuilière
zum musée du tram
Boudry Les Isles (bis 9. Dezember 2018)
0.830 Cortaillod
0.600 Chantier
Areuse
1.460
0.000
Areuse Littorail
Colombier NE Les Chézards
3.140 Colombier NE Littorail
Colombier NE Allées Littorail
Fehlerprofil (+0.04)
4.570 Auvernier Littorail
Neuchâtel Serrières Ruau
6.960 Neuchâtel Port-de-Serrières
Neuchâtel Champ-Bougin
Neuchâtel Evole
8.860 Neuchâtel Place Pury Littorail
Endpunkt R15

Die Strassenbahn Neuenburg ist eine 8,85 Kilometer[1] lange, meterspurige Strecke, die von Neuenburg über Auvernier und Colombier nach Boudry führt. Sie wurde 1892 eröffnet und von der Transports en commun de Neuchâtel et environs (TN), ursprünglich Compagnie des Tramways de Neuchâtel (TN), seit den 1980er Jahren als Eisenbahn betrieben. Die Linie gehört seit 2012 zum Verkehrsunternehmen Transports Publics Neuchâtelois SA (transN) und wird seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2013 von der Linie 215, bis dahin Linie 5, bedient.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Überlandstrecke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tramlokomotive für Adhäsions- und Zahnradbetrieb Nr. 2 „Cortaillod“
Triebwagen 42 und 44 in der einstigen Endschleife Place Pury
Triebwagen 44 aus dem Jahr 1902 in der ehemaligen Endschleife Boudry, 1979
Abzweig nach Cortaillod mit Zweirichtungswagen 83, einem von drei Schweizer Standardwagen in Neuenburg
Ehemalige Bahnbrücke über die Areuse, heute ein Fuss- und Radweg
Bahnhof Boudry, links die neue Wagenhalle, 2009

Die einstige Überlandstrassenbahn von Boudry nach Neuenburg, samt einem 830 Meter[2] langen Nebenast von Areuse nach Cortaillod, wurde am 16. September 1892 von der ehemaligen Gesellschaft Régional Neuchâtel–Cortaillod–Boudry (NCB) eröffnet. Ursprünglich handelte es sich um eine Dampfstrassenbahn. Der am 24. Dezember 1892 in Betrieb genommene, mit bis zu 89 Promille ansteigende Abschnitt vom Hafen zum Bahnhof Neuenburg war mit einer Zahnstange des Systems Riggenbach versehen. Er konnte von den Tramlokomotiven für gemischten Zahnrad- und Adhäsionsbetrieb befahren werden, die 1892 von Krauss (Nr. 1 „Neuchâtel“, Nr. 2 „Cortaillod“) und 1895 von Jung (Nr. 4 „Colombier“) geliefert wurden. Als reine Adhäsionsmaschinen verkehrten zudem eine Krauss-Tenderlokomotiven Nr. 3 („Boudry“) von 1892 und Nr. 5 („Auvernier“) von 1898.[3] Die Lokomotive 4 wurde 1898 auf reinen Adhäsionsbetrieb umgebaut und erhielt einen neuen Kessel von SLM. Sie konnte 1901 an die Chemins de fer Électriques de la Gruyère verkauft werden, wo sie zunächst als Baulokomotive und bis 1929 als thermische Reserve diente.[4] Die übrigen Loks wurden 1903 ebenfalls als Bauloks verkauft.[5] Auch alle nicht mehr benötigten Wagen fanden einen Käufer.

Ab 1898 wurde die Steilstrecke mit drei elektrischen Tramwagen im Adhäsionsbetrieb befahren. 1902 erfolgte die Elektrifizierung der restlichen Strecke mit 600 Volt Gleichstrom. Nach der Fusion der beiden Tram-Gesellschaften wurde die Strecke zum Bahnhof als Linie 6 des Stadtnetzes weiter betrieben. Im Gegensatz zu den Stadtlinien, die ab 1910 sämtlich die Innenstadtschleife „Tour-de-Ville“ befuhren, erhielt die Überlandstrecke an der Place Pury eine separate Endschleife mit einem Abstellgleis und einem Verbindungsgleis zum Stadtnetz.[6] Die Zweigstrecke nach Cortaillod wurde von Areuse aus im Anschlussverkehr betrieben,[7] diese Züge erreichten als einzige nicht das Zentrum von Neuenburg. Am 2. Juni 1984 wurde der Seitenast der Linie 5 durch die Autobuslinie 5b ersetzt, heute wird er von der Linie 613 bedient.

Am 28. Juni 1945 stiessen zwei Tramzüge in einer Kurve auf der eingleisigen Strecke zwischen Colombier und Auvernier zusammen. Das aus Boudry kommende Tram hatte in Colombier die Kreuzung des hauptsächlich mit Schülern besetzten, verspäteten Gegenkurses nicht abgewartet. Durch die Kollision wurden die beiden vorderen Plattformen eingedrückt und vierzig Personen zum Teil schwer verletzt. Fast genau an derselben Stelle hatte sich bereits am 30. März 1925 ein ähnlicher, allerdings weniger folgenschwerer Unfall ereignet.[8]

Seit der Anfang der 1980er Jahre erfolgten Modernisierung wird die Strecke meist Littorail genannt. Hierbei handelt es sich um eine Zusammensetzung der Begriffe Littoral (französisch für Küstenstreifen im Allgemeinen, beziehungsweise für die Küstenregion am Neuenburgersee im Speziellen) und rail (französisch für Schiene, auch im Sinne von Bahn verwendet).

1988 wurde die Endschleife an der Place Pury durch eine zweigleisige Stumpfendstelle ersetzt. Auch in Boudry, wo die Züge zuvor das Stationsgebäude umfahren hatten, wurde die Anlage Mitte der 1980er Jahre entsprechend verändert.[9] Die dortige Remise wurde 1983 abgerissen,[10] unweit davon entstand eine größere Wagenhalle.

Die als Zugkategorie Regio klassifizierten Züge zwischen Boudry und Neuenburg führen nur die zweite Wagenklasse und verkehren tagsüber überwiegend im starren 20-Minuten-Takt, in den Hauptverkehrszeiten alle 15 Minuten. Sie bedienen dabei insgesamt zwölf Stationen, deren mittlerer Abstand 805 Meter beträgt. Die Strecke ist durchgehend unabhängig vom Strassenverkehr trassiert und durchgehend eingleisig, Zugkreuzungen sind in den Bahnhöfen Areuse, Colombier, Auvernier und Neuchâtel Port-de-Serrières möglich. Die Strecke wird im automatischen Streckenblockverfahren betrieben und ist mit Drucktastenstellwerken ausgerüstet. Sie wird mit Zweirichtungsfahrzeugen betrieben, die offizielle Reisezeit beträgt je nach Fahrtrichtung 16 beziehungsweise 18 Minuten.

Stadtstrecken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zug auf der Linie 3 vor der Talstation der Standseilbahn Ecluse-Plan, 1976

Die erste Stadtstrecke Neuenburgs – sie führte nach Saint-Blaise – ging am 16. September 1893 in Betrieb und wurde mit Gas betrieben. Aufgrund technischer Probleme mit den Gasmotorwagen wandelte man sie am 22. Dezember 1894 in eine Pferdebahn (Rösslitram) um. Hierfür beschaffte man sechs kleine leichte Wagen denen jeweils ein Pferd vorgespannt wurde. 1897 erfolgte schliesslich die Elektrifizierung. Diese erste Strecke wurde vom Unternehmen Tramway Neuchâtel–Saint-Blaise (NSB) gebaut, welches dann 1901 mit der NCB zur Compagnie des Tramways de Neuchâtel vereinigt wurde.

Das Stadtnetz wurde anschliessend weiter ausgebaut und erreichte 1926 mit 27 Kilometern Streckenlänge seine grösste Ausdehnung.[11] Zeitweise verkehrten sechs Stadtlinien, sie waren mit 1, 2, 3, 4, 6 und 7 nummeriert. In den Jahren 1940 bis 1976 ersetzte man sie sukzessive durch Trolleybusse.

Fahrzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

TransN Be 4/8 035 am Place Pury in Neuchâtel
TransN Be 4/8 033 bei der Einfahrt in Boudry
Trieb- und Steuerwagen Be 4/4 der ersten Lieferung mit runden Scheinwerfern auf der Überlandstrecke, 1981
Aus Genua übernommene Gelenktriebwagen an der Kreuzungsstation Auvernier, 1970er Jahre
Der historische Motorwagen Ce 2/2 76, hier 2011 bei der Museumsbahn Blonay–Chamby

Für die Strecke Boudry–Neuenburg standen bis 2019 zehn ausschliesslich hochflurige Fahrzeuge zur Verfügung: sechs vierachsige Triebwagen des Typs Be 4/4 mit den Nummern 501–504 (Baujahr 1981; zunächst runde Scheinwerfer) und 505–506 (Baujahr 1988; rechteckige Scheinwerfer)[12] sowie vier Steuerwagen (Bt) mit den Nummern 551 bis 554 (Baujahr 1981).[13] Diese beiden Fahrzeugtypen sind von der Generation FB 2000 der Forchbahn beziehungsweise vom «Tram 2000» der Verkehrsbetriebe Zürich abgeleitet. Die Wagenkästen stammen von Schindler, die Drehgestelle von SIG und die elektrische Ausrüstung von ABB-Sécheron.[12] Die Fahrzeuge wurden in der Zwischenzeit sukzessive ausrangiert und abgebrochen.[14]

Für die Strecken Boudry–Neuenburg und Areuse–Cortaillod stand bereits früher stets ein gesonderter Fahrzeugpark zur Verfügung, darunter auch vier 1962 gebraucht aus Genua übernommene Gelenktriebwagen, die mit der Aufstockung des Fahrzeugparks 1988 ausrangiert wurden.

Im Jahr 2018 kaufte die TransN von den Appenzeller Bahnen die fünf Be 4/8, die zuvor auf der Bahnstrecke St. Gallen–Trogen im Einsatz standen. Nach diversen Anpassungen, darunter die Entfernung der Fahrtrichtungsanzeiger und Neulackierung, wurde das erste Fahrzeug mit der neuen Nummer 032 im April 2019 nach Neuenburg überführt.[15] Damit stehen erstmals Niederflurwagen zur Verfügung.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Willen: Strassenbahnen der Schweiz. Triebwagen. Orell Füssli Verlag, Zürich 1978, ISBN 3-280-00998-7
  • Sébastien Jacobi: Neuchâtel en Tram 1890–1990. Eigenverlag Sébastien Jacobi, Neuchâtel 1989
  • Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel. Verlag Eisenbahn, Villigen AG, 1991, ISBN 3-85649-054-X
  • Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel II. Verlag Eisenbahn, Villigen AG, 1992, ISBN 3-85649-060-4

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Strassenbahnen in Neuchâtel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans E. Wägli, Schienennetz Schweiz, 3. Auflage, 2010, Seite 93
  2. Tramways de Neuchâtel: Linie 5 Areuse-Cortaillod (Teil 3/4), online auf bebrail.ch, abgerufen am 2. Dezember 2022
  3. Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel, S. 65 ff
  4. Michel Grandguillaume, Gérald Hadorn, Sébastien Jarne, Jean-Louis Rochaix: Voies étroites de Veveyse et de Gruyère. BVA, Lausanne 1984, ISBN 2-88125-003-3, Seite 214
  5. Alfred Moser: Der Dampfbetrieb der Schweizerischen Eisenbahnen 1847–1966. Birkhäuser Verlag Basel und Stuttgart 1967, Seite 405 und 407.
  6. Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel II, S. 123
  7. Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel II, S. 92
  8. Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel II, S. 90
  9. Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel II, S. 83
  10. Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel, S. 143
  11. Die Strassenbahn Neuenburg auf www.eisenbahn-bilder.com
  12. a b Veränderungen bei TN in Neuchâtel in: Stadtverkehr10/89, S. 28 ff.
  13. Claude Jeanmaire, Yves Merminod: Les Tramways de Neuchâtel II, S. 14
  14. Christian Ammann, Stephan Frei: Neues in Kürze. In: Eisenbahn Amateur. Nr. 12. SVEA, 2020, ISSN 0013-2764, S. 555.
  15. Armand Wilhelmi: Vom Appenzellerland an die Neuenburger Riviera (3). Eisenbahn Amateur, 12. April 2019, abgerufen am 24. Mai 2021.