Gebhard Ullmann

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Mit Ullmann/Swell´s Chicago Plan im club W71 (Weikersheim 2018)
Gebhard Ullmann im Jazzclub Unterfahrt (München 2013)

Gebhard Ullmann (* 2. November 1957 in Bad Godesberg) ist ein deutscher Jazzmusiker (Saxophone, Flöten, Bassklarinette) und Komponist.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ullmann hatte in seiner Jugend zunächst klassischen Querflötenunterricht. Ab 1976 studierte er an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg Flöte und Saxophon und nahm daneben Saxophonunterricht bei Herb Geller und Dave Liebman. Er studierte außerdem von 1976 bis 1982 in Hamburg Medizin. Bereits in dieser Zeit arbeitete er mit dem Gitarristen Andreas Willers im Duo, aber auch in einer Bluesband sowie einem Trio mit Keyboards und dadaistischen Vokalimprovisationen.

Seit 1983 lebte er in Berlin und prägte dort die Szene entscheidend mit. Zudem lebte er seit 1999 in New York City und leitete unterschiedlichste Formationen sowohl in Berlin als auch in NYC. 1984 entwickelten Ullmann und Willers mit Niko Schäuble das gemeinsame Quartett Out to Lunch, das internationale Tourneen unternahm, auf großen Festivals spielte und mit Enrico Rava tourte und aufnahm. 1987 spielten Willers und Ullmann als Minimal Kidds mit Trilok Gurtu, später traten sie mit Steve Argüelles auf und nahmen mit Bob Stewart, Marvin Smitty Smith sowie Phil Haynes auf. 1991 begann er mit dem Ta Lam Projekt, eine seiner spektakulärsten Besetzungen (bis zu zehn Holzbläser plus Akkordeonist Hans Hassler), mit dem er weltweit auf Festivals gastierte und vier Tonträger veröffentlichte.

1993 rief er zusammen mit Soul-Note-Gründer Giovanni Bonandrini das Projekt Basement Research ins Leben, zunächst ein Quartett mit Ellery Eskelin (später Tony Malaby), Drew Gress und Phil Haynes entwickelte es sich zu einem Quintett (mit Julian Argüelles, Steve Swell, John Hébert später Pascal Niggenkemper und Gerald Cleaver).

Weitere Projekte sind das Clarinet Trio (mit Jürgen Kupke und Michael Thieke bzw. Theo Nabicht, 5 CDs auf Leo Records), das Trio BassX3 (dieses kombiniert zwei Kontrabässe – Chris Dahlgren und Peter Herbert, später Clayton Thomas – mit seiner Bassklarinette und Bassflöte), das transatlantische Quartett Conference Call (mit Michael Jefry Stevens, Joe Fonda und George Schuller), das ebenfalls transatlantische Quartett The Chicago Plan (mit Steve Swell, Fred Lonberg-Holm und Michael Zerang). 2014 veröffentlichte er das Double Trio de Clarinettes (das Clarinet Trio zusammen mit dem französischen Trio de Clarinettes), das Berliner Quartett GULF of Berlin sowie eine Duo-Produktion mit der Vokalistin Almut Kühne. In letzterem Projekt wie auch in einem neuen Solo Programm arbeitete er erstmals mittels sampling und looping. 2017 veröffentlichte er anlässlich seines 60. Geburtstags die erste CD mit dem elektro/akustischen Trio Das Kondensat (mit Oliver Potratz und Eric Schaefer) und gab ein Duokonzert beim Jazzfest Berlin mit dem Schlagzeuger und Pianisten Tyshawn Sorey. 2019 veröffentlichte er mit dem Viertelton-Pianoquartett mikroPULS (mit Hans Lüdemann, Oliver Potratz und Eric Schaefer) ein Album.[1]

Ullmann arbeitet zudem als Komponist und schrieb Werke für diverse Kammermusikbesetzungen einschließlich zwei Streichquartette und diverse Solo-Kompositionen für verschiedenen Blasinstrumente. Er schrieb mehrere größere Werke für klassisches Orchester sowie die Neuvertonung des Films Berliner Stilleben von László Moholy-Nagy (1929) für das BuJazzO plus Chor im Rahmen des Projekts 'Klingende Utopien – 100 Jahre Bauhaus'. 2021 schrieb er seine erste Symphonie unter dem Titel Symphonische Verwebungen für Orchester, Stimme, Klavier und Perkussion. Diese und andere seiner Kompositionen werden seit 2021 vom Wiener Verlag Universal Edition vertrieben.

2022 veröffentlichte Ullmann seinen 65. Tonträger als Bandleader/Co-Leader. Als Sideman war er tätig bei in der Springtime von Günter Lenz, in George und Ed Schullers Projekt Schulldogs, im Quartett des New Yorker Gitarristen Scott DuBois, im Berliner Projekt Stereo Lisa, in Chris Dahlgrens Lexicon, in The Silent Jazz Ensemble, der Berliner Grossformation Die Elefanten, in Hannes Zerbes Jazz Orchester, im Berliner Orchester der Pianistin Satoko Fujii und im Projekt Septych des belgischen Pianisten Bram De Looze.

Ullmann arbeitet u. a. mit Paul Bley, Satoko Fujii, Armand Angster, Sylvain Kassap, Michael Rabinowitz, Ernst-Ludwig Petrowsky, dem Ensemble Percussion de Guinee, Han Bennink, William Parker, Herb Robertson, Bob Moses, Keith Tippett, Frank Gratkowski, Bobby Previte, Glen Moore, Lauren Newton, Andrew Cyrille, Sylvie Courvoisier, Alexander von Schlippenbach, Willem Breuker, Michael Riessler, Rita Marcotulli, Dieter Glawischnig, Tom Rainey, Sergeij 0Starostin, Beñat Achiary, Frank Möbus oder Ivo Papasov. Mit Baby Sommers großformatiger Brotherhood & Sisterhood gastierte er 2023 bei JazzBaltica.[2]

Weiterhin arbeitete er in verschiedensten Theater- und genreübergreifenden Projekten u. a. mit Otto Sander oder dem Heiner-Müller-Projekt von Hannes Zerbe.

Preise und Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für seine Arbeit erhielt er den Julius Hemphill Composition Award (1999) in zwei Kategorien, (gemeinsam mit Willers) den Preis der Deutschen Phonoakademie (1983) und (ebenfalls gemeinsam mit Andreas Willers) den Jazzpreis des SWF (1987) sowie eine ganze Reihe von Stipendien und Preisen der Stadt Berlin. Die zweite CD seines Ta Lam-Projekts wurde mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik 1995 als beste Jazz CD des Jahres ausgezeichnet. Down Beat hat seine CDs Final Answer (2002), The Bigband Project (2004) und New Basement Research (2008) Poetry in Motion (2008) News? No News! (2010) Ta Lam 11 – Mingus! (2011) Clarinet Trio 4 (2012) und „Hat And Shoes“ (2015) unter den besten Tonträgern des jeweiligen Jahres aufgeführt. Andere renommierte Magazine und Onlineseiten wie AllAbout Jazz New York vergeben regelmäßig Höchstbewertungen für Gebhard-Ullmann-Veröffentlichungen. Die CD Transatlantic erhielt den renommierten Choc des Jazz Magazine in Frankreich. Seit 2005 wurde Ullmann im Kritiker-Poll des Down Beat regelmäßig in der Kategorie „Rising Star“ aufgeführt. Im Jahr 2017 erhielt er den ersten Jazzpreis der Stadt Berlin und 2022 den Deutschen Jazzpreis in der Kategorie Holzbläser.

Diskographische Hinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lexigraphischer Eintrag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gebhard Ullmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Christoph Wagner: Bis einem fast der Kopf platzt… In: Jazzthetik. Abgerufen am 15. Juli 2023.
  2. Baby Sommer's Brotherhood & Sisterhood. In: zdf.de. 25. Juni 2023, abgerufen am 15. Juli 2023.