Gustav von Goßler

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Gustav v. Goßler

Gustav Konrad Heinrich von Goßler (* 13. April 1838 in Naumburg (Saale); † 29. September 1902 in Danzig) war ein deutscher Verwaltungsjurist und Ministerialbeamter. Er leitete das Preußische Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. Er war Reichstagspräsident und Oberpräsident der Provinz Westpreußen.

Leben

Herkunft und Familie

Gustav Konrad Heinrich von Goßler war ein Sohn von Karl Gustav von Goßler (1810–1885) und Sophie von Mühler (1816–1877), der Tochter des preußischen Staats- und Justizministers Heinrich Gottlob von Mühler.[1] Aus dieser Ehe stammen vier Söhne: außer Gustav die drei Generäle Heinrich Wilhelm Martin von Goßler (1841–1927), Konrad Ernst von Goßler (1848–1933) und Albert Theodor Wilhelm von Goßler (1850–1928).

Gustav von Goßler hatte am 14. Juni 1867 auf Gut Georgenburg im Landkreis Gumbinnen Mathilde von Simpson (* 15. April 1847 in Wensöwen bei Marggrabowa, Ostpreußen; † 13. Februar 1901 in Danzig) geheiratet. Sie war Tochter von George William von Simpson. Aus der Ehe gingen zwei Söhne (einer starb als Kleinkind) und drei Töchter hervor. Ein Sohn war der spätere Autor und Landrat der Kreise Naugard und Westprignitz Wilhelm Gustav von Goßler (1883–1945).

Die Tochter Mathilde Sophie Emilie von Goßler (* 1872) heiratete 1904 Ernst Reinhold Gerhard von Glasenapp.

Werdegang

Gustav Konrad Heinrich von Goßler beendete seine Schulzeit am Kneiphöfischen Gymnasium in Königsberg. Anschließend studierte er an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Albertus-Universität Königsberg Rechtswissenschaft. An der Friedrichs-Universität Halle wurde er zum Dr. iur. promoviert. Um 1855 lernte er Theodor Fontane kennen[2] und stellte 1888 den Antrag für die Verleihung des Ritterkreuzes des Hohenzollernschen Hausorden an Fontane.[3] Während seines Studiums wurde er Mitglied des Corps Saxo-Borussia Heidelberg.[4] Er trat als Auskultator 1859 in die juristische Laufbahn als preußischer Beamter ein. 1861 wurde er Referendar und 1864 Assessor am Oberlandesgericht in Insterburg. Von 1865 bis 1874 war er Landrat des Kreises Darkehmen. Ab 1874 war er Hilfsarbeiter im preußischen Innenministerium, wo er mit der Ausführung der neuen Kreisordnung betraut wurde. 1877 wurde er im Reichstagswahlkreis Regierungsbezirk Gumbinnen 4 Reichstagsabgeordneter und schloss sich der Deutschkonservativen Partei an. 1878 nahm er eine Stellung am Preußischen Oberverwaltungsgericht an, die ihn aber nur wenig befriedigte. Der damalige preußische Kultusminister Robert Viktor von Puttkamer holte ihn dann auch 1879 als Unterstaatssekretär in sein Ministerium. 1881 wurde er zudem zum Reichstagspräsidenten gewählt. Noch im selben Jahr trat er am 17. Juni die Nachfolge von Puttkamers als Minister für geistliche, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (Unterrichtsminister) an, der das Innenministerium übernommen hatte.

Beherrschendes Thema im Kultusbereich war der sich allmählich entschärfende Kulturkampf mit der Katholischen Kirche. Von Goßler hielt am Schulaufsichtsgesetz von 1872 fest und geriet dabei in eine Auseinandersetzung mit dem Zentrums-Politiker Ludwig Windthorst, der für die Wiederherstellung der geistlichen Schulaufsicht eintrat. Auch widmete sich von Goßler den Minoritäten in den polnisch besiedelten Gebieten. Er stellte sich gegen das verstärkte Vordringen der polnischen Sprache und verbannte die polnische Unterrichtssprache aus den Volksschulen, auch aus dem Religionsunterricht, den häufig polnische Geistliche hielten. Dies unterdrückte die polnische, vorwiegend katholische Minderheit in den Ostgebieten des Deutschen Reiches.

1884 ermöglichte Gustav von Goßler Gottfried Berthold ein Studienaufenthalt in Neapel.[5] Er verlängerte auch seinen Lehrauftrag in Göttingen 1885.[6] Er legte auch ein Augenmerk auf die Berufungspolitik der Universität, u. a. mit der Berufung von Friedrich Althoff.

Seiner konservativen Gesinnung und seinem humanistischen Bildungsbegriff folgend, hielt er an der Vorrangstellung des humanistischen Gymnasiums fest und stellte sich gegen den stärkeren Ausbau der Realschulen und damit gegen den Kaiser. Aus diesen Gründen und auch, weil die Staatsleitung die Unterstützung der katholischen Partei nötig hatte, schied er, gescheitert an einer Reform des preußischen Schulwesens, 1891 nach zehn Jahren aus dem Ministeramt. Vom Kaiser wegen seiner Tatkraft und Redegewandtheit dennoch hochgeschätzt, wurde er 1902 zum Oberpräsidenten der erst kürzlich wieder verselbständigten Provinz Westpreußen mit Amtssitz in Danzig ernannt. Auch hier stellte er sich entschieden gegen die polnischstämmigen Bevölkerungsteile. Neben seinem Vorgehen gegen die polnische Sprache in den Volksschulen zog er vermehrt deutsche Bauern aus den Westteilen des Reiches heran, um das deutsche Bevölkerungselement in der Provinz zu stärken. Besonderes Augenmerk richtete er als westpreußischer Oberpräsident (1892–1902) auf die von 1898 bis 1904[7] erfolgte Errichtung der Technischen Hochschule Danzig.

Zur Stärkung der Wehrkraft erließ er 1881 den Goßler’schen Spielerlaß, der die ökonomische Voraussetzung für regelmäßigen Turnunterricht in den Gymnasien wurde. Die wurde zur Voraussetzung der Spielbewegung. Um dies organisatorisch zu unterfüttern, schloss er sich auch dem Zentralausschuß zur Förderung der Jugend und Volksspiele an.[8][9][10]

Ehrungen

Straßenschild Goßlerstrasse, Berlin

Veröffentlichungen

  • Auf seine Initiative: Die Naturwissenschaftlichen und medicinischen Staatsanstalten Berlins: Festschrift für die 59. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte, 1886.
  • Ansprachen und Reden. Berlin 1890.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Gothaisches genealogisches Taschenbuch der briefadeligen Häuser – Seite – ULB Düsseldorf. S. 272 ff., abgerufen am 26. März 2018.
  2. Roland Berbig: Theodor Fontane Chronik. Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-021560-1, S. 471 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Roland Berbig: Theodor Fontane Chronik. Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-021560-1, S. 2960 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Kösener Corpslisten 1930, 71/531.
  5. Katharina Ruttig, Thomas Friedl, Volker Wissemann: „Ob Dir es sauer wird mit Deiner Nahrung und Ackerwerk, das lass dich nicht verdriessen, denn Gott hat es also geschaffen“: Gottfried Dietrich Wilhelm Berthold (1854–1937), ein Beitrag zur Geschichte der Biologie an der Georgia Augusta Göttingen. Universitätsverlag Göttingen, 2012, ISBN 978-3-86395-022-4, S. 46 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Katharina Ruttig, Thomas Friedl, Volker Wissemann: „Ob Dir es sauer wird mit Deiner Nahrung und Ackerwerk, das lass dich nicht verdriessen, denn Gott hat es also geschaffen“: Gottfried Dietrich Wilhelm Berthold (1854–1937), ein Beitrag zur Geschichte der Biologie an der Georgia Augusta Göttingen. Universitätsverlag Göttingen, 2012, ISBN 978-3-86395-022-4, S. 50 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Gundolf Keil: Robert Koch (1843–1910). Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 73–109, hier: S. 90 f.
  8. Eerke U. Hamer: Die Anfänge der „Spielbewegung“ in Deutschland.(= Beiträge und Quellen zu Sport und Gesellschaft. Band 3). Arena Publ., London 1989, ISBN 0-902175-48-3.
  9. Arnd Krüger: Gesinnungsbildung durch Turnunterricht oder „Pro patria est dum ludere videmur“. In: R. Dithmar, J. Willer (Hrsg.): Schule zwischen Kaiserreich und Faschismus. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1981, S. 102–122.
  10. Gerd Steins (Hrsg.): Spielbewegung – Bewegungsspiel, 100 Jahre Gossler’scher Spielerlass. Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin, 7. Mai – 24. Juni 1982. Forum für Sportgeschichte, Berlin 1982, DNB 930675185.
  11. Mitglieder der Vorgängerakademien. Gustav Heinrich Konrad von Goßler. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 30. März 2015.