Kanton Grünstadt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kanton Grünstadt, Briefkopf 1812 (Museum Grünstadt)

Der Kanton Grünstadt (franz.: Canton de Grunstadt) war eine von zehn Verwaltungseinheiten, in die sich das Arrondissement Speyer (franz.: Arrondissement de Spire) im Departement Donnersberg (franz.: Département du Mont-Tonnerre) gliederte. Der Kanton war nach dem Leobener Waffenstillstand in den Jahren 1797 bis 1814 Teil der Ersten Französischen Republik (1798–1804) und des Ersten Französischen Kaiserreichs (1804–1814). Hauptort (chef-lieu) war Grünstadt.

Nachdem die Pfalz 1816 zum Königreich Bayern gekommen war, wurden die Kantone, teilweise mit geändertem Gebietsstand, zunächst beibehalten und waren Teile der Verwaltungsstruktur bis 1852.

Das Verwaltungsgebiet des Kantons Grünstadt lag vollständig im heutigen Landkreis Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz.

Gemeinden und Mairies[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach amtlichen Tabellen aus den Jahren 1798 und 1811 gehörten zum Kanton Grünstadt folgende Gemeinden, die verwaltungsmäßig Mairies zugeteilt waren (Ortsnamen in der damaligen Schreibweise);[1][2] die Einwohnerzahlen (Spalte „EW 1815“) sind einer Statistik von 1815 entnommen;[3] die Spalte „vor 1792 zugehörig“ nennt die landesherrliche Zugehörigkeit vor der französischen Inbesitznahme.[4]

Gemeinde Mairie EW 1815 vor 1792 zugehörig Anmerkungen
Albsheim Albsheim 332 Leiningen-Westerburg seit 1969 Ortsteil von Obrigheim (Pfalz)
Altleiningen und Höningen Altleiningen 560 Leiningen-Westerburg heute Altleiningen
Asselheim Asselheim 779 Leiningen-Westerburg seit 1969 Stadtteil von Grünstadt
Battenberg Bobenheim 310 Leiningen-Dagsburg heute Battenberg (Pfalz)
Bissersheim Groskarlenbach 352 Leiningen-Westerburg  
Bobenheim am Berg Bobenheim 440 Leiningen-Dagsburg  
Carlsberg Carlsberg 2.100 Leiningen-Westerburg  
Colgenstein und Heidesheim Colgenstein 310 Leiningen-Dagsburg seit 1969 Ortsteil von Obrigheim (Pfalz) (Colgenstein-Heidesheim)
Dirmstein Dirmstein 1.500 Hochstift Worms  
Ebertsheim Ebertsheim 420 Leiningen-Westerburg  
Grosbockenheim Grosbockenheim 600 Leiningen-Dagsburg seit 1956 Ortsteil von Bockenheim an der Weinstraße (Großbockenheim)
Groskarlenbach Groskarlenbach 998 Kurpfalz heute Großkarlbach
Grünstadt Grünstadt 3.150 Leiningen-Westerburg  
Hertlingshausen Carlsberg *) Leiningen-Westerburg seit 1969 Ortsteil von Carlsberg
Hettenleidelheim Hettenleidelheim 560 Hochstift Worms  
Kindernheim Kindernheim 700 Leiningen-Dagsburg heute Kindenheim
Kirchheim an der Eck Kirchheim 924 Leiningen-Westerburg heute Kirchheim an der Weinstraße
Kleinbockenheim Kleinbockenheim 546 Leiningen-Dagsburg seit 1956 Ortsteil von Bockenheim an der Weinstraße
Kleinkarlenbach Kleinkarlenbach 450 Leiningen-Dagsburg heute Kleinkarlbach
Laumersheim Laumersheim 900 Hochstift Worms  
Mertelsheim Asselheim 331 Leiningen-Westerburg heute Mertesheim
Mühlheim Albsheim 300 Leiningen-Dagsburg seit 1969 Ortsteil von Obrigheim (Pfalz)
Neuleiningen Neuleiningen 600 Hochstift Worms  
Obersulzen Laumersheim 500 Kurpfalz heute Obersülzen
Obrigheim Obrigheim 530 Leiningen-Westerburg heute Obrigheim (Pfalz)
Quirnheim Quirnheim 430 Merz von Quirnheim damals Herrschaft Bosweiler und Quirnheim
Saussenheim Saussenheim 500 Leiningen-Westerburg seit 1969 Stadtteil von Grünstadt (Sausenheim)
Tieffenthal Tieffenthal 380 Leiningen-Westerburg  
Wattenheim Wattenheim 770 Blumencron  

*) Die Einwohnerzahl von Hertlingshausen ist in Carlsberg enthalten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Republikanischer Stempelabdruck Kanton Grünstadt, 1804 (Museum Grünstadt)

Vor der Annexion des Linken Rheinufers in den französischen Revolutionskriegen (1794) gehörten die Ortschaften im 1798 eingerichteten Verwaltungsbezirk des Kantons Grünstadt überwiegend zur Grafschaft Leiningen-Grünstadt, die auf zwei Leininger Linien aufgeteilt war. Daneben hatten zuvor die Kurpfalz und das Hochstift Worms kleinere Teile des Kantons im Besitz.[4]

Von der französischen Direktorialregierung wurde 1798 die Verwaltung des Linken Rheinufers nach französischem Vorbild reorganisiert und damit u. a. eine Einteilung in Kantone übernommen. Die Kantone waren zugleich Friedensgerichtsbezirke. Der Kanton Grünstadt gehörte zum Arrondissement Speyer im Departement Donnersberg. Der Kanton gliederte sich in 29 Gemeinden, die von 23 Mairies verwaltet wurden.[2]

Nachdem im Januar 1814 die Alliierten das Linke Rheinufer wieder in Besitz gebracht hatten, wurde im Februar 1814 das Departement Donnersberg und damit auch der Kanton Grünstadt Teil des provisorischen Generalgouvernements Mittelrhein. Nach dem Pariser Frieden vom Mai 1814 wurde dieses Generalgouvernement im Juni 1814 aufgeteilt, das Departement Donnersberg wurde der neu gebildeten Gemeinschaftlichen Landes-Administrations-Kommission zugeordnet, die unter der Verwaltung von Österreich und Bayern stand.[5]

Bis 1815 fungierte der lutherische Pfarrer Samuel Köster – ehemaliger Abgeordneter im Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent der Mainzer Republik – als Friedensrichter des Kantons.

Bayerischer Kanton Grünstadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der auf dem Wiener Kongress getroffenen Vereinbarungen kam das Gebiet im Juni 1815 zu Österreich. Die gemeinschaftliche österreichisch-bayerische Verwaltung wurde vorerst beibehalten. Am 14. April 1816 wurde zwischen Österreich und Bayern ein Staatsvertrag geschlossen, in dem ein Austausch verschiedener Staatsgebiete vereinbart wurde. Hierbei wurden die linksrheinischen österreichischen Gebiete zum 1. Mai 1816 an das Königreich Bayern abgetreten.[6]

Der bayerische Kanton Grünstadt gehörte im neu geschaffenen Rheinkreis zunächst zur Kreisdirektion Frankenthal.[7][8] In dieser Zeit wurde die Gemeinde Bobenheim am Berg aus dem Kanton Grünstadt aus- und in den Kanton Dürkheim eingegliedert. Nach der Untergliederung des Rheinkreises in Landkommissariate (1818) gehörte der Kanton Grünstadt zum Landkommissariat Frankenthal.[9]

Zum bayerischen Kanton Grünstadt gehörten nach 1817 insgesamt 28 Gemeinden:[9][10][11]

In einer 1836 erstellten Statistik wurden im Kanton Grünstadt 23.367 Einwohner gezählt, davon waren 7.332 Katholiken, 13.871 Protestanten, 397 Mennoniten und 1.767 Juden.[10]

Im Jahr 1852 wurde der Kanton Grünstadt, so wie alle Kantone in der Pfalz, in eine Distriktsgemeinde umgewandelt.[12]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vollständige Sammlung der Verordnungen und Beschlüsse des Bürger Regierungs-Kommissärs und der Central-Verwaltungen der vier neuen Departemente auf dem linken Rheinufer, Band 1, Ausgabe 2, Wirth, 1798, S. 62, 66 (Google Books)
  2. a b Statistisches Jahrbuch für das Departement von Donnersberg, 1811, S. 187 (Google Books)
  3. Statistisches Jahrbuch für die deutschen Länder zwischen dem Rhein, der Mosel und der französischen Grenze: auf das Jahr 1815, Kupferberg, 1815, S. 138 (Google Books)
  4. a b Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts, Band 3, Sauerländer, Frankfurt 1832, S. 291, 346, 351, 366 (Google Books)
  5. F. W. A. Schlickeysen: Repertorium der Gesetze und Verordnungen für die königl. preußischen Rheinprovinzen, Trier: Leistenschneider, 1830, S. 13 ff. (dilibri.de)
  6. Münchener Vertrag vom 14. April 1816 in G. M. Kletke: Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern ... von 1806 bis einschließlich 1858, Regensburg, Pustet, 1860, S. 310 (Google Books)
  7. W. Tielcke: Schütz´s allgemeine Erdkunde, Band 16, Doll, Wien 1831, S. 134 ff. (Google Books)
  8. Philipp August Pauli: Gemälde von Rheinbaiern, Frankenthal: Enderes u. Hertter, 1817, S. 44 (Google Books)
  9. a b Heinrich Berghaus: Hertha: Zeitschrift für Erd-, Völker- und Staatenkunde, Band 2, Stuttgart: Cotta, 1825, S. 652 (Google Books)
  10. a b Michael Frey: Versuch einer geographisch-historisch-statistischen Beschreibung des kön. bayer. Rheinkreises, Zweiter Theil, Speier: Neidhard, 1836, S. 277 ff. (Google Books)
  11. Amtsblatt der Königl. baierischen Regierung des Rheinkreises vom 26. November 1817: Bekanntmachung vom 17. November 1817, Kantonal-Eintheilung des Rheinkreises (bavarica.digitale-sammlungen.de)
  12. Distrikts- u. Landraths-Gesetz vom 28. Mai 1852, Beck, 1856, S. 3 (Google Books)