Neudörfl

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Marktgemeinde
Neudörfl
Wappen Österreichkarte
Wappen von Neudörfl
Neudörfl (Österreich)
Neudörfl (Österreich)
Basisdaten
Staat: Österreich
Bundesland: Burgenland
Politischer Bezirk: Mattersburg
Kfz-Kennzeichen: MA
Fläche: 9,01 km²
Koordinaten: 47° 48′ N, 16° 18′ OKoordinaten: 47° 47′ 52″ N, 16° 17′ 48″ O
Höhe: 273 m ü. A.
Einwohner: 4.921 (1. Jän. 2023)
Bevölkerungsdichte: 546 Einw. pro km²
Postleitzahl: 7201
Vorwahl: 02622
Gemeindekennziffer: 1 06 07
Adresse der
Gemeinde­verwaltung:
Rathausplatz
7201 Neudörfl
Website: www.neudoerfl.gv.at
Politik
Bürgermeister: Dieter Posch (SPÖ)
Gemeinderat: (Wahljahr: 2012)
(25 Mitglieder)
13
7
3
1
1
13 
Insgesamt 25 Sitze
Lage von Neudörfl im Bezirk Mattersburg
Lage der Gemeinde Neudörfl im Bezirk Mattersburg (anklickbare Karte)AntauBad SauerbrunnBaumgartenDraßburgForchtensteinHirmKrensdorfLoipersbachMarzMattersburgNeudörflPöttelsdorfPöttschingRohrbach bei MattersburgSchattendorfSieggrabenSigleßWiesenZemendorf-StötteraBurgenland
Lage der Gemeinde Neudörfl im Bezirk Mattersburg (anklickbare Karte)
Vorlage:Infobox Gemeinde in Österreich/Wartung/Lageplan Imagemap
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria
BW

Neudörfl (ungarisch: Lajtaszentmiklós, dt. „St. Nikolaus an der Leitha“, kroatisch: Najderflj) ist eine Marktgemeinde im Bezirk Mattersburg, Burgenland, Österreich.

Geographie

Neudörfl ragt westlich bis Wiener Neustadt und auch nördlich und östlich nach Niederösterreich. Neudörfl an der Leitha grenzt einerseits an die Aulandschaft entlang der Leitha, andererseits an den Zillingdorfer Wald und das Rosaliengebirge.

Neudörfl, kongruent mit der gleichnamigen Katastralgemeinde, ist die einzige Ortschaft sowie der einzige Siedlungsname in der Marktgemeinde.[1]

Geschichte

Vor Christi Geburt war das Gebiet Teil des keltischen Königreiches Noricum und gehörte zur Umgebung der keltischen Höhensiedlung Burg auf dem Schwarzenbacher Burgberg.

Später unter den Römern lag das heutige Neudörfl dann in der Provinz Pannonia.

Im Jahre 1194 wird vom Babenbergerherzog Leopold V. mit einem Teil des Lösegeldes des englischen Königs Richard Löwenherz westlich von Neudörfl die Festungsstadt Wiener Neustadt gegen die Ungarn gegründet.

Bis zum Mongolensturm (1240/1241) war die Bevölkerung rein ungarisch. Im Mittelalter hieß die Gemeinde Röjtökör (von ungarisch rejtek, das Versteck und őr, die Wart).

Neudörfl war seit 25. Februar 1872 Sitz der freimaurerischen Grenzloge Humanitas (Hauptstraße 142),[Anm. 1] einer Tochterloge der Großloge Pest. Als Local-Loge von Wien bzw. sogar von ganz Cisleithanien wurde ihr besondere Bedeutung beigemessen.[2]

Am 5. und 6. April 1874 wurde im damaligen Leithagasthaus (Hauptstraße 154)[3] die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Österreichs) in die Wege geleitet.

Der Ort gehörte, wie das gesamte heutige Mittelburgenland, bis 1920/21 zum ungarischen Komitat Sopron. Ab 1898 musste aufgrund der Magyarisierungspolitik der Budapester Regierung ausschließlich der (bereits bestehende) Ortsname Lajtaszentmiklós verwendet werden.[Anm. 2]

1919, nach Ende des Ersten Weltkriegs, wurde nach zähen Verhandlungen Deutsch-Westungarn (mit Ausnahme von Ödenburg) in den Verträgen von St. Germain und Trianon der Republik Österreich zugesprochen. Der Ort gehört seit 1921 zum damals gegründeten Bundesland Burgenland (siehe auch Geschichte des Burgenlandes).

Marktgemeinde ist Neudörfl seit 1. Juni 1973.[4]

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung


Politik

Bürgermeister ist Dieter Posch (SPÖ), als Amtsleiter fungiert Robert Haider.

Die Mandatsverteilung in der Gemeindevertretung, die mit der Gemeinderatswahl am 7. Oktober 2007 um zwei Sitze erweitert wurde und nunmehr 25 Sitze zählt, ist seit der Wahl am 7. Oktober 2012:

1994 wieder aufgebautes[5] Grenzwächterhäuschen am ehemaligen Übergang von Trans- nach Cisleithanien, 150 m östlich der Leitha-Mitte (Blickrichtung).
Johannes-Nepomuk-Kapelle, 1745 nach einer Pestepidemie vom Pächter des Leithagasthauses dem Brückenheiligen gewidmet.
„Hofleithamühl“, Mitte des 17. Jh. von Graf Nikolaus Esterházy de Galantha erbautes Kastell [6]
Leithagasthaus (ursprünglich: „Hofleithamühl“), 1874 Ort des Gründungsparteitags der österreichischen Sozialdemokratie [7]
Neudörfl (Lajtaszentmiklós), historische Ansichtskarte (um 1900). Gebäude links (Anschnitt): Hauptstraße 1, bis 1911 Volksschule (in der Rudolf Steiner ab 1868 verhältnismäßig früh gut lesen lernte)[8]
Neudörfl (Mitte rechts) und Umgebung um 1873 (Aufnahmeblatt der Landesaufnahme)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Siehe auch: Liste der denkmalgeschützten Objekte in Neudörfl

Wirtschaft und Infrastruktur

Neben mittelständischer Wirtschaft hat auch der Tourismus Bedeutung. Durch den Weinbau und die Buschenschenken (Heurigen) kam der Ort zum Beinamen „Grinzing von Wiener Neustadt“.

Größtes Industrieunternehmen mit etwa 250 Mitarbeitern ist die Firma Neudoerfler Office Systems GmbH, die seit ihrer lokalen Betriebsaufnahme durch Karl Markon am 12. Juni 1946 (als Neudörfler Türen-, Fenster- und Möbelfabrik Ges.m.b.H.)[14] zu einem der führenden Büromöbel-Hersteller Österreichs wurde, mit Exporten nach Deutschland, Schweiz, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Italien.

Mit über 80 Mitarbeitern ist das in den Branchen Elektronik bzw. Gesundheit und Medizintechnik tätige Unternehmen HTP Electronics GmbH ein weiterer bedeutender Wirtschaftsfaktor der Marktgemeinde.[15]

Persönlichkeiten

  • Rudolf Steiner (1861–1925), Begründer der Anthroposophie, verbrachte in Neudörfl einen Teil seiner Kinder- und Jugendzeit. Er schrieb hierüber in der autobiografischen Schrift Mein Lebensgang.[8]
  • Josip Broz Tito (1892–1980), ab 1953 Präsident Jugoslawiens, wohnte von 1912 bis 1913 bei seinem Bruder in Neudörfl, Hauptstraße 3, nachdem er bei Daimler in Wiener Neustadt eine Stelle als Einfahrer (Probechauffeur) gefunden hatte.
  • Eduard Uhl (1813–1892), Jurist und Bürgermeister von Wien, Mitglied der Freimaurerloge Humanitas, Neudörfl.

Söhne und Töchter der Gemeinde

Literatur

  • Festschrift anläßlich der Markterhebungsfeier 29. September 1973 bis 7. Oktober 1973. Neudörfler Jahrbücher, Band 1, ZDB-ID 2295233-0. Marktgemeinde Neudörfl an der Leitha, Neudörfl an der Leitha 1973, OBV, ÖNB.
  • Walter Göhring: Der Gründungsparteitag der österreichischen Sozialdemokratie, Neudörfl 1874. Jugend und Volk, Wien (u.a.) 1974, ISBN 3-8113-7433-8, ISBN 3-7141-7433-8.
  • 100 Jahre Sozialdemokratischer Parteitag. Neudörfl 1974 – Internationale Tagung der Historiker der Arbeiterbewegung. Geschichte der Arbeiterbewegung, Band 8, ZDB-ID 976723-X. Europaverlag, Wien 1976, ISBN 3-203-50601-7.
  • Mitteilungsblatt der Marktgemeinde Neudörfl. Marktgemeinde Neudörfl, Neudörfl 1977–1994, OBV.
  • Franz Schachinger (Hrsg.), Roman Tschirk (Ill.): Neudörfl. Geschichte und Geschichten. Neudörfler Jahrbücher, Band 2, ZDB-ID 2295233-0. Marktgemeinde Neudörfl an der Leitha, Neudörfl an der Leitha 1982, OBV, ÖNB.
  • Marktgemeinde Neudörfl. Neudörfl. In: Adelheid Schmeller-Kitt, Theodor Brückler (Beiträge): Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Mattersburg. Österreichische Kunsttopographie, Band 49, ZDB-ID 515450-9. Schroll, Wien 1993, ISBN 3-7031-0676-X, S. 382–403.
  • Karl Flanner: 1874 in Wiener Neustadt – Neudörfl. Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs. Dokumentation des Industrieviertelmuseums Wiener Neustadt, Band 37, ZDB-ID 2290769-5. Verein Museum und Archiv für Arbeit und Industrie im Viertel unter dem Wienerwald, Wiener Neustadt 1994, OBV.
  • Herbert Radel: 350 Jahre Neudörfl. Dorf an der Grenze. 1644–1994. Gemeinde Neudörfl, Neudörfl 1994.[17]
  • Ferdinand Zörrer: Österreichisches Freimaurermuseum Schloß Rosenau bei Zwettl. Museumsverein Schloß Rosenau, Österreichisches Freimaurermuseum, Rosenau bei Zwettl 1994, OBV. – Inhaltsverzeichnis online (PDF; 97 KB).
  • Neudörfl. Mitteilungsblatt der Marktgemeinde Neudörfl. Erscheint monatlich. Marktgemeinde, Neudörfl 1995–, ZDB-ID 2451277-1, OBV.
  • Rudolf Steiner: Mein Lebensgang. Rudolf-Steiner-Verlag, Dornach, Schweiz 1995, ISBN 3-7274-5701-5.
  • Anton Blaha, Susanne Steiger-Moser: Dunkles Ende für Neudörfls Pfleglinge. Das Landes-Alters- und Siechenheim Neudörfl (1930–1943). In: Brigitte Haberstroh (Hrsg.), Maximilian Huber, Michael Rosecker (Hrsg.): Stolpersteine Wiener Neustadt. Ein Stadtführer des Erinnerns. Verein Alltag-Verlag, Wiener Neustadt 2011, ISBN 978-3-902282-35-4, S. 77–87.
Commons: Neudörfl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Burgenland, Marz–Oberpullendorf, 89. Neudörfl. In: Österreichischer Amtskalender online. Jusline Österreich GmbH (Verlag Österreich), Wien 2002–, OBV.
  2. Kleine Chronik. (…) Eröffnung der Freimaurerloge „Humanitas“. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 2692/1872, 21. Februar 1872, S. 7, Mitte links, (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp, sowie Tagesneuigkeiten. (…) Neue Freimaurerloge. In: Morgen-Post, Nr. 56/1872 (XXII. Jahrgang), 27. Februar 1872, S. 3, Mitte links. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mop.
  3. Heute: Caritas-Hilfseinrichtung mit den Schwerpunkten Asyl/Migration/Integration. – Siehe: Haus Sarah. In: www.caritas-wien.at, abgerufen am 31. August 2011.
  4. Bgld LGBl 1973/16. In: Landesgesetzblatt für das Burgenland, Jahrgang 1973, S. 23. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/lgb.
  5. Radel: 350 Jahre, S. 46.
  6. Neudörfl, ehemaliges Esterházy-Kastell „Hofleithamühl“. In: bundesdenkmalamt.at, März 2007, abgerufen am 11. Oktober 2010.
  7. Göhring: Gründungsparteitag, 1974.
  8. a b Rudolf Steiner: Mein Lebensgang. Philosophisch-anthroposophischer Verlag, Dornach 1925, 1. Kapitel (1861–1872). – Volltext online.
  9. Schmeller-Kitt: Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Mattersburg, S. 393 f.
  10. Schmeller-Kitt: Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Mattersburg, S. 398 f.
  11. Schmeller-Kitt: Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Mattersburg, S. 400, 402.
  12. Schmeller-Kitt: Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Mattersburg, S. 401 f.
  13. Schmeller-Kitt: Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Mattersburg, S. 402.
  14. 1905–1946. In: neudoerfler.com, abgerufen am 11. Oktober 2013.
  15. HTP Electronics GmbH. In: htm-gmbh.at, abgerufen am 11. Oktober 2013.
  16. Radel: 350 Jahre, S. 95 ff.
  17. Ohne ISBN. Kein Bibliotheksstück nachweisbar.

Anmerkungen

  1. Von der Gründung bis 1874 Meister des Stuhls war Franz Julius Schneeberger (1827–1892), der unter dem Pseudonym Arthur Storch ab Ende der 1860er Jahre als Schriftsteller erfolgreich war.
    1869 hatte Schneeberger gemeinsam mit Ludwig Lewis (1799–1890), Universitätsprofessor in Pest und Nestor der ungarischen Freimaurer, eine Logengründung in Cisleithanien versucht, war jedoch gescheitert. Die grundsätzliche behördliche Ablehnung (in der österreichischen Reichshälfte) führte letztlich zum Modell für jenes Provisorium, das die Freimaurerei in Österreich-Ungarn bis 1918 bestimmen sollte: Schneeberger gründete 1869 in Wien den unpolitischen, vor allem mit der Betreuung von Findelkindern beschäftigten Verein Humanitas, der ausschließlich aus Freimaurern bestand, aber keine rituellen Arbeiten vornahm. Für diese war zunächst die auf ungarischem Boden (Ödenburg) behördlich nicht beanstandete Loge Zur Verbrüderung bestimmt. Von dieser Loge aus gründete Schneeberger im ungarischen Neudörfl (Lajtaszentmiklós) die ritualpraktizierende Loge Humanitas, die erste der sogenannten Grenzlogen. – Siehe: H(ubert) Reitterer: Schneeberger, Franz Julius. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 361 f. (Direktlinks auf S. 361, S. 362). – Zu Ludwig Lewis siehe: Inland. (…) Pest (…) Aus Croatien. Freimaurerisches. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 850/1867, 11. Jänner 1867, S. 3, unten links, (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp, sowie Tagesneuigkeiten. (…) Hof- und Personalnachrichten. In: Morgen-Post, Nr. 128/1872 (XXII. Jahrgang), 11. Mai 1872, S. 3 Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mop.
  2. In Band zwei der auf Ungarisch erschienenen Topographie von Ungarn, 1799, findet sich der alphabetische Eintrag Neudorf, zusätzlich vermerkt als Laita Sz. Miklós. – Siehe: András Vályi: Magyar országnak leírása. Band 2. A Királyi Universitásnak betűivel, Buda 1799, S. 678, online.
  3. Johann Knura, Sohn eine Gärtners und selbst gelernter Gärtner aus Kummerau in Mähren, trat als Handwerksbursch in die Dienste des Fabriksbesitzers, der ihn zu seinem Erben machte. Mit seiner Ehefrau Josefine, geb. Kleemann aus Wiener Neustadt, hatte er sich die Villa erbauen lassen, in der seine Witwe 1924 (im Alter von siebzig Jahren) verstarb. Ein Enkel des Ehepaars war der Germanist Rudolf Fahrner (1903–1988). – Siehe: Rudolf Fahrner, Stefano Bianca (Hrsg): Gesammelte Werke. Band 2: Erinnerungen und Dokumente. Böhlau, Köln/Wien 2008, ISBN 978-3-412-20111-1, S. 113 ff., online.