Rauischholzhausen
Rauischholzhausen Gemeinde Ebsdorfergrund Koordinaten: 50° 45′ 35″ N, 8° 53′ 4″ O
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Höhe: | 235 m ü. NHN |
Fläche: | 8,79 km²[1] |
Einwohner: | 1100[2] |
Bevölkerungsdichte: | 125 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1974 |
Postleitzahl: | 35085 |
Vorwahl: | 06424 |
Dorfansicht
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Rauischholzhausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Ebsdorfergrund im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Der Ort hat etwa 1100 Einwohner.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Rauischholzhausen liegt an der südlichen Nahtstelle des Amöneburger Beckens zum Vorderen Vogelsberg auf einer Talsohlenhöhe von etwa 220 m ü. NHN. Das Nachbardorf Roßdorf (Stadt Amöneburg) ist nur gut einen Kilometer nordöstlich entfernt, zum Ebsdorfergrund-Ortsteil Wittelsberg sind es etwa zwei Kilometer in westliche Richtung.
Der Ort wird vom aus Süden kommenden und in Richtung Roßdorf abfließenden Rülfbach durchflossen und wird somit als einziger Ortsteil der Großgemeinde zur Ohm und nicht zur Zwester Ohm entwässert.
Ein eigenes Segment im Südwesten des alten Dorfes nimmt der Rauische Hof der alten Dorfherrenfamilie Rau von Holzhausen ein, der heute von der Justus-Liebig-Universität Gießen bewirtschaftet wird. Das spätgotische (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts) Herrenhaus mit den markanten, für seine Zeit typischen Türmchen gilt als Wahrzeichen des Ortes.
Am Ortsrand befinden sich Schlosspark und Schloss Rauischholzhausen, errichtet nach 1873 von Ferdinand Eduard von Stumm und heute ebenfalls durch die Uni Gießen bewirtschaftet, sowie wenige Überreste der mittelalterlichen Siedlung Breydenborn.
Am westlichen Ortsrand befindet sind eine 1880/81 erbaute evangelische Kirche, umgeben von einem Friedhof. Die zuvor im Ort befindliche Kirche wurde abgerissen.
Des Weiteren findet sich in unmittelbarer Nähe des Dorfes ein jüdischer Friedhof mit Grabmalen aus dem 19./20. Jahrhundert. Er diente als gemeinsamer Begräbnisplatz der jüdischen Gemeinden von Ebsdorf, Leidenhofen, Mardorf, Rauischholzhausen, Roßdorf, Schweinsberg und Wittelsberg.[3]
Bekanntere Persönlichkeiten der nicht mehr existenten jüdischen Gemeinde von Rauischholzhausen waren Isaak Rülf, Gutmann Rülf und Schlomo Friedrich Rülf.
Geschichte
Erstmalige Erwähnung findet Rauischholzhausen im Jahre 750 im Urkundenbuch des Klosters Fulda. Im Jahre 759/779 wurde Rauischholzhausen das erste Mal urkundlich erwähnt.[1]
Zur Unterscheidung von den zahlreichen anderen Holzhausen-Orten wurde im Jahre 1934[1] der Name der ortsadeligen Familie Rau von Holzhausen vorangestellt.
Am 1. Juli 1974 verlor Rauischholzhausen im Rahmen der Gebietsreform in Hessen die Selbständigkeit und wurden mit den vorher ebenfalls selbständigen Gemeinden Ebsdorfergrund, Beltershausen, Ebsdorf, Ilschhausen, Leidenhofen und Hachborn durch Landesgesetz zur neuen Großgemeinde Ebsdorfergrund zusammengeschlossen.[4][5]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Rauischholzhausen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- vor 1803: Heiliges Römisches Reich, Kurmainz[7] (Strittig zwischen Kurmainz und Hessen)
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel (durch Reichsdeputationshauptschluss), Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg
- ab 1806: Kurfürstentum Hessen, Amt Amöneburg
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Amöneburg
- ab 1815: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Amt Amöneburg
- ab 1821: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain (Trennung von Justiz (Justizamt Kirchhain) und Verwaltung)[8]
- ab 1848: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
- ab 1866: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- am 1. Juli 1974 wurde Rauischholzhausen als Ortsteil der neu gegründeten Gemeinde Ebsdorfergrund eingegliedert.
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Bevölkerung
Einwohnerentwicklung
Belegte Einwohnerzahlen bis 1967 sind:[1]
• 1577: | 39 Hausgesesse |
• 1747: | 59 Haushalte |
• 1749: | 2 adlige Burgsitze, 56 kontribuable Häuer, 5 Mühlen; zusammen 419 Einwohner. |
• 1838: | 634 Einwohner (46 nutzungsberechtigte, 39 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 36 Beisassen). |
Rauischholzhausen: Einwohnerzahlen von 1749 bis 1967 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1749 | 419 | |||
1834 | 580 | |||
1840 | 592 | |||
1846 | 631 | |||
1852 | 653 | |||
1858 | 651 | |||
1864 | 691 | |||
1871 | 626 | |||
1875 | 681 | |||
1885 | 615 | |||
1895 | 683 | |||
1905 | 702 | |||
1910 | 710 | |||
1925 | 682 | |||
1939 | 722 | |||
1946 | 1.052 | |||
1950 | 1.095 | |||
1956 | 964 | |||
1961 | 946 | |||
1967 | 1.054 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1] |
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1830: | 466 evangelische 24 jüdische Einwohner |
• 1861: | 573 evangelisch-lutherisch, 2 evangelisch-ref., 78 jüd. Einwohner, 1 Mitgl. abweichender Sekten. |
• 1961: | 852 evangelische (= 90,06 %), 83 katholische (= 8,77 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1725: | 2 Ziegler genannt |
• 1749. | Erwerbspersonen: 22 Leineweber, 1 Wollweber mit 2 Gesellen, 6 Schneider, 3 Schuhmacher, 3 Stellmacher, 2 Schmiede, 1 Küfer, 1 Drechsler, 2 Maurer, 5 Müller, 1 Barbier, 1 Schlachter, 1 Schreiner, 1 Branntweinbrenner, 1 Mühlenarzt, 8 Tagelöhner und -innen, 6 Juden. |
• 1838: | Familie: 26 Ackerbau, 39 Gewerbe, 54 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 158 Land- und Forstwirtschaft, 199 Produzierendes Gewerbe, 31 Handel und Verkehr, 83 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Literatur
- Annamaria Junge: „Niemand mehr da“. Antisemitische Ausgrenzung und Verfolgung in Rauischholzhausen 1933–1942. Jonas Verlag, Marburg 2012, ISBN 978-3-89445-462-3
- Franz Kaiser: Rauisch-Holzhausen, das ehemals freie Reichsdorf. E. Mauersberger, Marburg 1975, DNB 750881887
- Literatur über Rauischholzhausen in der Hessischen Bibliographie
- Suche nach Rauischholzhausen im Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks

- Ortsteil Rauischholzhausen. In: Internetauftritt. Gemeinde Ebsdorfergrund
- Rauischholzhausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h Rauischholzhausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 2. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Der Ortsteil im Internetauftritt der Gemeinde Ebsdorfergrund, abgerufen im August 2015
- ↑ Gemeinde Ebsdorfergrund Kreis Marburg-Biedenkopf, Jüdischer Friedhof bei www.alemannia-judaica.de
- ↑ Der Hessische Minister des Innern: Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 13 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 403.
- ↑ Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Land Hessen. (Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006).
- ↑ Georg Landau: Beschreibung des kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 424 (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August., (kurhessGS 1821) S. 223-224