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Restless-Legs-Syndrom

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Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) bzw. Ruhelose-Beine-Syndrom, auch Wittmaack-Ekbom-Syndrom genannt, ist eine neurologische Erkrankung mit Gefühlsstörungen und Bewegungsdrang in den Beinen (selten auch in den Armen), häufig einhergehend mit unwillkürlichen Bewegungen. Im Deutschen spricht man von unruhigen Beinen, doch setzt sich auch umgangssprachlich zunehmend die Abkürzung RLS – manchmal aufgelöst zu Rast-Loser Schlaf – als Krankheitsname durch.

Die Krankheitszeichen wurden 1685 zum ersten Mal beschrieben. Im Jahre 1861 benannte der deutsche Kliniker Theodor Wittmaack die Erkrankung nach ihrem auffälligsten Symptom, den unruhigen Beinen, als Anxietas tibiarum. Die Bezeichnung Restless Legs wurde 1945 von dem Stockholmer Neurologen Karl Ekbom geprägt.

Symptome

Symptome RLS-Patienten
Schlafstörungen
(alle Formen)
95%
Bewegungsdrang
(Ruhesituation)
95%
Empfindungsstörung
(Ruhesituation)
91%
Beschwerden
(am Tag)
76%
spontane Bewegung
(Ruhesituation)
50%

Häufigkeit der Symptome bei Patienten mit
idiopathischem RLS (nach Trenkwalder 1997)

Das RLS verursacht in Zuständen der Ruhe bzw. Entspannung in den Beinen und/oder Füßen (seltener auch in den Armen und/oder Händen) ein Ziehen, Spannen, Kribbeln, Schmerzen oder sonst wie als unangenehm empfundene Gefühle. Diese Missempfindungen führen bei den Betroffenen zu dem unwiderstehlichen Drang, sich zu bewegen, die Muskeln anzuspannen oder zu dehnen. Die Beschwerden treten meistens – aber keineswegs ausschließlich – am Abend oder in der Nacht bei ruhigem Sitzen oder Liegen im Bett auf. Charakteristisch für das RLS ist die sofortige Linderung durch Muskeltätigkeit, d.h. das Bewegen der betroffenen Gliedmaßen durch Umhergehen, Kniebeugen, Radfahren, periodisches Anspannen usw. Die Symptome kehren jedoch nach einer nur kurzfristigen Besserung für gewöhnlich bereits in der nächsten Ruhesituation unmittelbar wieder zurück.

Die Häufung der Beschwerden abends und nachts (bei vielen Betroffenen grob im Zeitraum zwischen 22:00 und 4:00 Uhr) wird zirkadianen Rhythmen zugeschrieben. Sie geht also wohl nicht allein auf die zu dieser Tageszeit typische körperliche Ruhe zurück. Andererseits können Entspannungssituationen, Langeweile und eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten die Symptome unabhängig von der Tageszeit verstärken.

Häufige Begleiterscheinungen des RLS sind periodische Zuckungen der Beine oder Arme im Schlaf (Periodic Limb Movements), ohne dass diese dem Patienten bewusst sind. Seltener können diese Bewegungen auch im wachen Zustand auftreten. Diese Zuckungen führen oftmals zu unbemerkten Störungen des Schlafes durch wiederholtes kurzes Aufwachen (sogenannte Arousals).

„Idealtypisches“, gestörtes Schlafmuster eines RLS-Patienten (rot). Im Vergleich dazu die Schlafstadien eines Gesunden (blau).

Die quälende Unruhe in den Gliedmaßen und der nicht zu unterdrückende Zwang, sich (z.B. durch Umherlaufen) zu bewegen, hindert die Betroffenen oftmals sehr wirksam daran, ein- und durchzuschlafen. Dabei muss sich der Patient – besonders bei sonst nur leicht ausgeprägten Symptomen – der eigentlichen Ursache für sein Problem nicht bewusst sein.

Das Ausmaß an Schlafmangel durch die Störungen des Schlafs kann bei RLS-Patienten außergewöhnlich groß sein. In der Folge kommt es oft zu chronischer Müdigkeit am Tage, Antriebslosigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Unruhe, Vergesslichkeit und einer Verschiebung des Tag-und-Nacht-Rhythmus. Als häufige Spätfolgen sind bei unbehandeltem Fortbestehen daher allgemeiner Leistungsabfall, soziale Isolation und – als schwerwiegendste Konsequenz – Depressionen zu beobachten.

Betroffene berichten bisweilen auch von weiteren Symptomen, die entweder mit dem gestörten Dopaminstoffwechsel oder den Folgen des Schlafmangels in Zusammenhang stehen könnten. Zu nennen sind hier nächtlicher Heißhunger, Unverträglichkeit von Alkohol und Koffein, chronische Magen-Darm-Beschwerden, Spannungskopfschmerzen und Verschlimmerung des RLS nach sportlichen Anstrengungen oder durch Wärme.

Diagnose

Die Diagnose wird oft erst von einem Neurologen gestellt. Bei der Diagnostik steht die klinische Symptomatik im Vordergrund. Als Werkzeug steht eine validierte Skala zur Feststellung der Schwere des Krankheitsbildes zur Verfügung (RLS Severity Scale). Bereits die einmalige Gabe von L-Dopa bessert die Symptome bei fast allen RLS-Patienten dramatisch, so dass ein Versuch als beweisender Test dienen kann. In unklaren Fällen ist eine Polysomnographie im Schlaflabor erforderlich.

Differentialdiagnostisch abgegrenzt werden muss das RLS von der Polyneuropathie, Radikulopathie, Akathisie, Venenleiden, Wadenkrämpfen (Crampi nocturni), arteriellen Verschlusskrankheit („Schaufensterkrankheit“), Pruritus und Einschlafmyoklonien.

Die Begleiterscheinungen des RLS führen sehr häufig zu einer falschen Diagnose, da die zugrundeliegende Krankheit oftmals nicht gesehen wird. Die ärztliche Annahme, es läge ursächlich eine psychosomatische Störung, eine Depression oder Hypochondrie vor, führt zu typischen langjährigen, durch häufige Arztwechsel geprägten „Patientenkarrieren“, in denen Suizidversuche oder überflüssige Aufenthalte in der Psychiatrie vorkommen können.

Verbreitung

Es wird geschätzt, dass etwa 5–10 % der Bevölkerung in Deutschland vom RLS betroffen sind. Es ist damit eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen überhaupt. 60% der Patienten sind Frauen. Allerdings sind die Symptome bei ca. 80% der Betroffenen nur sehr schwach ausgeprägt, so dass eine ärztliche Behandlung bei ihnen nicht notwendig ist.

Die Erfahrungen in den Schlaflaboren zeigen, dass ein großer Teil (bis zu 20%) der allgemeinen Schlafstörungen durch unerkannte Formen des RLS verursacht werden. Auch Fälle mit anderen Krankheitszuschreibungen wie etwa dem chronischen Müdigkeitssyndrom (CFS) könnten ihre Ursache bisweilen hier haben.

Die Veranlagung zu dieser Krankheit wird sehr wahrscheinlich autosomal-dominant vererbt. Die familiäre Prädisposition ist inzwischen auch durch eine Zwillingsstudie bestätigt worden. Zur Lokalisation des verursachenden Gens wird geforscht. Wird das RLS in einer Familie weitergegeben, so beobachtet man die Tendenz, dass die Symptome mit jeder Generation früher auftreten und stärker ausgeprägt sind (Antizipation).

Formen

Man unterscheidet zwischen einer idiopathischen und einer symptomatischen (sekundären) Form des RLS.

Sekundäre Form

Letztgenannte kann durch Krankheiten bzw. Zustände wie Eisenmangelanämie, Urämie, Arthritis, Parkinson u.a. neurologische Erkrankungen sowie durch eine Reihe von Medikamenten (vor allem Dopaminantagonisten und diverse Antidepressiva) und außerdem durch eine Schwangerschaft verursacht sein. Die sekundäre Form verschwindet für gewöhnlich, wenn ihre Ursache beseitigt wurde, doch kann sie bei gegebener Veranlagung auch der Auslöser für die Manifestation der idiopathischen Form sein.

Idiopathische Form

Die selbständige (idiopathische) Ausprägung der Krankheit wird vermutlich zu 40-50% als genetische Prädisposition vererbt, kann aber auch erworben werden. Oftmals beginnt sie im dritten Lebensjahrzehnt. In leichteren Fällen oder in der Anfangsphase der Erkrankung können Form, Häufigkeit und Stärke der Beschwerden individuell erheblich variieren. Auch wenn die Krankheit als nicht degenerativ gilt, ist eine gewisse Tendenz zur Verschlechterung der Symptomatik mit fortschreitendem Lebensalter festzustellen. Die Zunahme der Beschwerden ist dabei allerdings schleichend und nicht kontinuierlich. Die spontane Besserung des Krankheitsbildes gilt als eher ungewöhnlich. Eine Heilung der idiopathischen Form des RLS durch die Beseitigung der Ursache ist zurzeit noch nicht möglich (Stand: 2005).

Ursachen

Schaubild zur Störung des Dopamin-Stoffwechsels

Die Ursachen des Restless-Legs-Syndroms sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Eine zentrale Rolle spielt der Neurotransmitter Dopamin, die extrapyramidalen Störungen sind sicherlich die Folgen eines veränderten Transmitterstoffwechsels.

Studien mit bildgebenden Verfahren wie der Positronen-Emissionstomographie (PET), der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) und der Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) haben einige umstrittene Ergebnisse bei der Beobachtung des prä- und postsynaptischen dopaminergen Neurotransmittersystems und des Gehirnstoffwechsels geliefert. Diese weisen auf eine Fehlfunktion des zentralen dopaminergen Systems hin. Ob dies durch eine Veränderung bestimmter Gehirnbereiche (etwa der Substantia nigra) verursacht wird oder ob diese Erscheinungen doch nur sekundäre Phänomene des Restless-Legs-Syndroms darstellen, ist noch nicht abschließend geklärt.

Die Untersuchungen haben weiterhin gezeigt, dass während des Auftretens der Symptome eine Aktivierung der roten Nuclei und des Hirnstamms bzw. des Thalamus nahe der Formatio reticularis auftritt. Dies weist auf eine Beteiligung subkortikaler Generatoren hin.

Da kein einzelnes Erklärungsmodell bisher alle klinisch auftretenden Erscheinungen erklären kann, wird angenommen, dass Beeinträchtigungen auf unterschiedlichen neuronalen Ebenen zu verschiedenen Ausprägungen und Kombinationen der Symptome führen.

Parallelen zum Parkinson sind zwar augenscheinlich, doch haben erste Studien keinen Zusammenhang zwischen den beiden Krankheiten feststellen können. RLS-Patienten waren demnach nicht häufiger als der Rest der Bevölkerung von der Parkinson-Krankheit betroffen.

Behandlung

Schema zu den Therapiemöglichkeiten beim RLS.

Die individuell angepasste Behandlung richtet sich nach dem subjektiven Leidensdruck der Patienten. Primär steht meist eine Verbesserung der Schlafqualität im Vordergrund. Eine bedarfsorientierte oder dauernde medikamentöse Therapie dürfte für die Mehrheit der Betroffenen mit ausgeprägter Symptomatik unausweichlich sein.

Bei der sekundären Form des RLS muss nach Möglichkeit die zugrundeliegende Ursache beseitigt werden.

In Fällen, in denen sich die Behandlung mit nur einer bestimmten Wirkstoffgruppe (Monotherapie) als nicht erfolgreich oder nach längerer Anwendung als zunehmend ineffizient erweist, kann der Arzt auch auf die Möglichkeit einer Kombinationstherapie (z.B. Dopaminagonist + L-Dopa) zurückgreifen.

Levodopa (L-Dopa)

Als Therapie bei leichten und nur gelegentlich auftretenden Beschwerden gilt vor allem die Verabreichung von Levodopa (z.B. Restex®, Madopar®), einer Vorstufe von Dopamin, bei Bedarf. Dieses führt zu fast sofortiger Linderung der Beschwerden. Die dauerhafte Gabe kann aber bei einigen Patienten das Krankheitsbild verstärken oder verändern (sogenannte Augmentation), außerdem stellen Nebenwirkungen, Toleranzentwicklung sowie schnelles Abklingen der Wirkung im Laufe der Nacht oftmals ein Problem dar.

Dopaminagonisten

Bei der Behandlung schwerer bzw. täglicher Beschwerden gelten Dopamin-ähnlich wirkende Substanzen (Dopaminagonisten) inzwischen als Mittel der Wahl. Diese Agonisten stimulieren Dopamin-Rezeptoren.

  • Von Mutterkornalkaloiden abgeleitete Dopaminagonisten wie die auch bei der Therapie des Morbus Parkinson eingesetzten Cabergolin (Cabaseril®) und Pergolid (Parkotil®) sind hochwirksame, wenngleich nicht unumstrittene und nebenwirkungsreiche Therapeutika beim RLS. Sie können aber, sofern sie vertragen werden, zeitlich unbegrenzt eingenommen werden und steigern die Lebensqualität der Betroffenen erheblich (ca. 50 % der Anwender sind länger als ein Jahr beschwerdefrei).
  • Die nicht von Mutterkornalkaloiden abgeleiteten Dopaminagonisten Ropinirol (Adartrel®) und Pramipexol (Sifrol®), die beide Anfang 2006 für die Behandlung von RLS zugelassen wurden, stimulieren selektiv D2-Rezeptoren und können daher die Symptome des RLS ebenfalls vermindern.

Opioide

Opioide wie Tilidin (z.B. Valoron N®) oder Oxycodon (Oxygesic®) stehen in schwersten Fällen bei Versagen anderer Therapieversuche als letztes Mittel zur Behandlung zur Verfügung. Außerdem können sie – wie Levodopa – ergänzend zu einer Dopaminagonist-Basistherapie eingesetzt werden. Bei dieser Stoffgruppe steht für die Behandlung des RLS weniger die sonst häufig gewünschte analgetische Wirkung im Vordergrund. Vielmehr wird die dopaminerge Komponente dieser Stoffgruppe ausgenutzt, die über eine Aktivierung zentraler μ-Rezeptoren Einfluss auf extrapyramidal-motorische Mechanismen nimmt.

Auch bei bestimmungsgemäßen Gebrauch durch Schmerzpatienten machen Opiate bei langfristiger, täglicher Einnahme immer körperlich abhängig. Nach längerer Einnahme müssen solche Medikamente daher unbedingt ausgeschlichen werden, da das Restless-Legs-Syndrom bei körperlicher Abhängigkeit von Opiaten auch in besonders schwerer Form als Symptom des Entzugs auftreten kann.

Die Zurückhaltung der Ärzte, Opioide zu verschreiben – sei es, weil diese unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, sei es, weil Bedenken wegen der Gefahr der Abhängigkeit bestehen – verhindert allerdings oftmals eine angemessene Behandlung. Da bei schwersten RLS-Fällen ohnehin nur die Erhaltung einer minimalen Lebensqualität therapeutisches Ziel sein kann, ist die Gefahr einer Abhängigkeitsbildung – unabhängig von der Stoffgruppe – für diese Patientengruppe bedeutungslos.

Sonstiges

Verschiedene Antikonvulsiva – so etwa Gabapentin (Gabax®/Neurontin®) oder Pregabalin (Lyrica®) – haben eine gewisse Wirksamkeit beim RLS gezeigt. Als Ausweichmedikamente oder bei bestimmten Indikationen stehen auch Clonazepam, Carbamazepin, Clonidin und Valproinsäure zur Verfügung.

Unterstützend bzw. in sehr leichten Fällen können auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie etwa die Verbesserung der Schlafhygiene, Sport (u.a. auch gymnastizierende Übungen wie Stretching, Pilates, Yoga, Taijiquan, Qigong), Massagen, Koffein oder das Abduschen mit kaltem Wasser bei einzelnen Patienten Linderung bringen.

Kontraindiziert bzw. sinnlos sind hingegen Behandlungsversuche mit Schlafmitteln, Antidepressiva, Neuroleptika und Betablockern ebenso wie psychotherapeutische Maßnahmen. Besonders negativ wirken sich für den unbehandelten Betroffenen passive Entspannungsmethoden wie Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation oder Meditation aus, da diese die Symptome verstärken.

Siehe auch

Dopamin-Rezeptor, Motoneuron, Parkinson-Medikamente, Polyneuropathie, Fibromyalgie, Chronobiologie

Literatur

Literatur für Betroffene

  • Frithjof Tergau, Marion Zerbst: Wenn die Beine nicht zur Ruhe kommen. Das Restless-Legs-Syndrom. 5. Auflage. Ehrenwirth, München 2001, ISBN 3-431-04017-9
  • Jörn P. Sieb: Restless Legs. Wirksame Hilfe bei unruhigen Beinen. Welche Therapien und neuen Medikamente Ihnen helfen. Endlich wieder erholsam schlafen. Mit wertvollen Tipps von Betroffenen. Trias, Stuttgart 2003, ISBN 3-8304-3099-X

Wissenschaftliche Literatur

  • Claudia Trenkwalder: Restless-legs-Syndrom. Klinik, Differentialdiagnose, Neurophysiologie, Therapie. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-63314-6
  • Peter Clarenbach, Manuela Müller: Restless Legs Syndrom. Die unruhigen Beine. Klinik, Diagnostik, Therapie. Uni-Med, Bremen 2000, ISBN 3-89599-467-7
  • T. C. Wetter, I. Eisensehr, C. Trenkwalder: Functional neuroimaging studies in restless legs syndrome. In: Sleep Medicine. Elsevier, Amsterdam 2004 (5.4.), S.401-406. ISSN 1389-9457
  • M. Hornyak, B. Feige, U. Voderholzer, D. Riemann: Spectral analysis of sleep EEG in patients with restless legs syndrome. In: Clinical Neurophysiology. Elsevier Science, Amsterdam 116.2005,6, S. 1265-1272. ISSN 1388-2457

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