Sonografischer Softmarker

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Der Ausdruck sonografischer Softmarker wird in der Pränataldiagnostik gebraucht und bezeichnet solche Besonderheiten, deren vorgeburtlicher (pränataler) Nachweis durch Ultraschalluntersuchungen gestellt wird und die mit einer statistisch gesehen meist leichten Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Chromosomenbesonderheit und/oder körperlicher Fehlbildungen und/oder bestimmter Erkrankungen beim ungeborenen Baby in Verbindung gebracht werden können.

Sonografische Softmarker werden mittels Ultraschall, häufig beim Feinultraschall (sonografische Feindiagnostik/Organscreening), oder der Doppler-Sonographie nachgewiesen bzw. ausgeschlossen.

Isoliert auftretende sonografische Softmarker, also entsprechende Besonderheiten, die ohne weitere Auffälligkeiten bestehen, sind oft harmlos.

Kombiniert auftretende sonografische Softmarker, also entsprechende Besonderheiten, die in Zusammenhang mit anderen Besonderheiten bestehen, erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Veränderungen beim Baby.

Als sonografische Softmarker werden z. B. betrachtet:

Vergrößerte Nackentransparenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine ungewöhnlich große Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Ungeborenen. Eine vergrößerte Nackentransparenz gilt als Softmarker für

Dorsonuchales Ödem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Dorsonuchales Ödem wird eine ausgeprägte Flüssigkeitsansammlung bezeichnet, die an großen Teilen des Rückens (dorsal) sowie im Hinterkopf- und Nackenbereich (nuchal) des ungeborenen Kindes besteht. Es gilt als Softmarker für insbesondere:

Hydrops fetalis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Hydrops fetalis wird eine große Flüssigkeitsansammlung bezeichnet, die sich oft über weite Teile des Körpers des ungeborenen Kindes ausgebreitet hat. Diese Besonderheit tritt gehäuft auf bei:

Plexus choroideus – Zysten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zystische Strukturen im Bereich des Plexus choroideus im Gehirn des Ungeborenen. Plexuszysten gelten als Softmarker für:

  • Edwards-Syndrom (Trisomie 18 – vor der 24. Schwangerschaftswoche sind Plexuszysten bei ca. 43 % der Kinder nachweisbar und häufiger als durchschnittlich auch nach der 28. Woche noch. Teils besonders große Zysten)

White spots (Golfballphänomen)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

White spots sind kleine, golfballförmige, echoreiche Areale in einer oder in beiden Herzkammern des ungeborenen Kindes. White spots gelten als Softmarker für:

Vergleichsweise kurze Röhrenknochen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Länge der Knochen von Femur (Oberschenkel) und/oder Humerus (Oberarm) beim Kind liegt unter dem 5. Perzentil des Schwangerschaftsalters bzw. es ist eine absolute Verkürzung gegenüber den sonstigen Durchschnittswerten festzustellen. Kurze Röhrenknochen gelten als Softmarker für:

Hypoplastischer Nasenbeinknochen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Nasenbeinknochen ist unterdurchschnittlich ausgeprägt bzw. (noch) nicht wie üblich verknöchert und der Nasensattel wirkt tief (Stubsnase). Ein hypoplastischer Nasenbeinknochen gilt als Softmarker für:

Sandalenlücke/Sandalenfurche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einer sogenannten Sandalenlücke besteht ein unüblich großer Abstand zwischen der ersten und der zweiten Zehe (1. und 2. Strahl), der durch eine jeweils parallel zu den zweiten Zehen nach außen versetzte Position der großen Zehen entsteht. Eine Sandalenlücke gilt als Softmarker für:

Unübliche Kopfform und/oder unübliche Kopfgröße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schädel des Kindes hat eine unübliche Form, z. B. Brachyzephalie, strawberry sign (Erdbeer-Form – strawberry-shaped head), lemon sign (Arnold-Chiari-Malformation: der vordere Kopfbereich erscheint im Horizontalschnitt aufgrund des Einsinkens der Stirnbeine eingedellt, was eine Ähnlichkeit mit dem Aussehen einer ausgedrückten Zitronenhälfte bedingt), banana sign (das Kleinhirn erscheint im Horizontalschnitt unterentwickelt und bananenförmig gekrümmt), Mikrozephalie (unüblich kleiner Kopf), Makrozephalie (unüblich großer Kopf). Besonderheiten der Kopfform und/oder -größe gelten als Softmarker für:

Clenched fist („Geballte Faust“)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei dieser Besonderheit finden sich übereinander geschlagene/überlappende Finger. Häufig liegt der vierte Finger über dem dritten Finger und die Faust kann nicht geöffnet werden. Dies gilt als Softmarker für

Echogener/hypoerechogener Darm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim ungeborenen Kind sind die Darmschlingen im Ultraschall deutlich echodicht, das heißt als helle Strukturen darstellbar. Ein echoreicher Darm gilt als Softmarker für

Double-Bubble-Phänomen/Double-Bubble-Zeichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bilder einer Doppel-Blase
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Der Magen des ungeborenen Kindes ist mit Flüssigkeit gefüllt (erste Blase/Bubble) und auch das Duodenum (Zwölffingerdarm) weist Flüssigkeit auf (zweite Blase/Bubble). Nebeneinander liegend zeigt sich aufgrund dessen im Ultraschall das Bild einer Doppel-Blase. Das Double-Bubble-Phänomen gilt als Softmarker für:

Echogene/hyperechogene Nieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim ungeborenen Kind sind die Nieren im Ultraschall deutlich echodichter als die Leber. Echogene Nieren gelten als Softmarker für

Grenzwertige Weite des Nierenbeckens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim ungeborenen Kind liegt eine leichte Pyelektasie vor: Die Normweite des Nierenbeckens ist abhängig vom Schwangerschaftsalter/Gestationsalter. Im zweiten Schwangerschaftsdrittel liegt eine leichte Nierenbeckenweite ab einem Wert von mehr als 4,5 mm im anterior-posterioren Durchmesser vor. Eine grenzwertige Nierenbeckenweite gilt als Softmarker für:

(Grenzwertige) Erweiterung der Hirnventrikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es liegt eine leichte Ventrikulomegalie vor: Ein oder beide Lateralventrikel des Hinterhorns des ungeborenen Kindes haben einen Durchmesser von 8 bis 10 mm – ein Durchmesser von mehr als 10 mm gilt als eindeutig pathologischer Befund. Eine grenzwertige Hirnventrikelweite gilt als Softmarker für:

Einzelne Nabelschnurarterie (singuläre Umbilikalarterie/SUA)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In durchschnittlich einer von 100 Schwangerschaften finden sich in der Nabelschnur bei der Ultraschallbetrachtung im Querschnitt, insbesondere bei der Doppler-Sonographie, nur eine Nabelvene und eine Nabelarterie statt der üblichen zwei Nabelarterien. Man spricht von der Singuläre Umbilikalarterie. Eine einzelne Arterie in der Nabelschnur gilt als Softmarker für:

Eine Studie[3], in der 362 Feten mit einer einzelnen Nabelschnurarterie einbezogen wurden, ergab, dass sich Begleitfehlbildungen und Chromosomenanomalien bei einer einzelnen Nabelschnurarterie mit großer Sicherheit pränatal diagnostizieren lassen, und dass bei unauffälligen Befunden in der qualifizierten Ultraschalluntersuchung das Risiko übersehener Fehlbildungen gering ist.

Offener Vermis cerebelli[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zur etwa 18. Schwangerschaftswoche gilt eine spaltförmige Verbindung zwischen dem vierten Hirnventrikel und der Cisterna magna im Gehirn eines ungeborenen Kindes (Dandy-Walker-Variant) als üblicher Befund, der sich im Ultraschall nachweisen lässt. Bis zur 13. Woche ist sie immer nachzuweisen. Nach der 18. Woche gilt diese Besonderheit, die sich vom eigentlichen Dandy-Walker-Syndrom dadurch unterscheidet, dass keine Erweiterung der Cisterna magna vorliegt, als Softmarker. Allein ist sie nicht besorgniserregend, geht jedoch teils mit schwerwiegenderen Veränderungen einher. Ein offener Vermis cerebelli (lat.: Vermis = Wurm + Cerebellum = Kleinhirn) nach der ca. 18. Schwangerschaftswoche gilt als Softmarker für:

Polyhydramnion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine überdurchschnittlich große Menge Fruchtwasser mit einem Fruchtwasserindex (AFI) von über 25 cm oder mit einem großen Fruchtwasserdepot über 8 cm (am Termin mehr als zwei Liter) wird als Polyhydramnion bezeichnet. Es tritt bei etwa 1 % aller Schwangerschaften (oft in Verbindung mit Diabetes mellitus der Schwangeren/Gestationsdiabetes) in der Regel nach der 24. Schwangerschaftswoche auf und kann dadurch bedingt sein, dass das heranwachsende Kind kein oder nur recht wenig Fruchtwasser trinkt und sich die Flüssigkeit darum ungewöhnlich stark ansammelt, sodass teils eine Fruchtwasserentlastungspunktion durchgeführt werden muss. Bei bis zu 20 % der Fälle mit Hydramnion finden sich Besonderheiten beim Ungeborenen. Ein Polyhydramnion gilt als Softmarker für:

Oligohydramnion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine unterdurchschnittliche Menge Fruchtwasser mit einem Fruchtwasserindex (AFI) von weniger als 5,1 cm oder größeren Fruchtwasserdepots unter 2 cm wird als Oligohydramnion bezeichnet. Es tritt bei ca. 0,5 bis 4 % aller Schwangerschaften auf und kann durch eine verminderte Urinproduktion bzw. -ausscheidung des heranwachsenden Kindes, eine sehr starke Wachstumsverzögerung des Babys, eine Plazentainsuffizienz (Leistungsschwäche des Mutterkuchens), oder durch einen vorzeitigen Fruchtblasensprung bedingt sein, sodass die Menge der Flüssigkeit darum ungewöhnlich stark abnimmt und teils eine Fruchtwasserauffüllung (Amnioninfusion) durchgeführt werden muss. Ein Oligohydramnion bedingt eine vergleichsweise schlechte Leitung der Ultraschallwellen (je weniger Fruchtwasser, desto schlechter die Schallleitung). Eine länger bestehende und frühe Oligohydramie kann u. a. die Entstehung einer Lungenhypoplasie (Unterentwicklung der Lunge) und von Klumpfüssen begünstigen. Ein Oligohydramnion gilt als Softmarker für:

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

serologischer Softmarker, Feinultraschall, Pränataldiagnostik, Liste der Syndrome

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael Entezami, Mathias Albig, Adam Gasiorek-Wiens, Rolf Becker: Sonographische Fehlbildungsdiagnostik – Lehratlas der fetalen Ultraschalluntersuchung. 2002, ISBN 3-13-129651-8.
  • Rolf Becker, Walter Fuhrmann, Wolfgang Holzgreve u. a.: Pränatale Diagnostik und Therapie – humangenetische Beratung, Ätiologie und Pathogenese von Fehlbildungen, invasive, nichtinvasive und sonographische Diagnostik sowie Therapie in utero. 1995, ISBN 3-8047-1357-2.
  • Klaus Meinel, Christian Wilhelm, Christof Sohn, Klaus Welt: Fetale Sonoanatomie. Screening-Atlas 1993, ISBN 3-7691-0286-X.
  • Franziska Voigt, Matthias W. Beckmann, Tamme W. Goecke: Softmarker und Serumbiochemie – Schwangerschaft zwischen Risiko und (Un-)Gewissheit. Frauenheilkunde up2date 2 (2011), S. 74–84, doi:10.1055/s-0031-1271422

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Studie der Universität Lübeck: A. Geipel, U. Germer, T. Welp, E. Schwinger, U. Gembruch: Prenatal diagnosis of single umbilical artery: determination of the absent side, associated anomalies, Doppler findings and perinatal outcome. In: Ultrasound in Obstetrics & Gynecology. 15 (2000), S. 114–117, doi:10.1046/j.1469-0705.2000.00055.x
  2. a b L. Murphy-Kaulbeck, L. Dodds, K. S. Joseph, M. Van den Hof: Single umbilical artery risk factors and pregnancy outcomes. In: Obstet Gynecol. 116 (2010), S. 843–850, PMID 20859147
  3. I. Weinert: Die Singuläre Nabelarterie - Historische Aspekte, Begleiterkrankungen und perinatales Outcome. FU Berlin, 11. Oktober 2005, abgerufen am 27. Oktober 2011.