„Äquivalenzrelation“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Die letzte Textänderung von Troganda wurde verworfen. Es heißt äquivalent zu a bezüglich \tilde.
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
Unter einer '''Äquivalenzrelation''' versteht man in der Mathematik eine [[Relation (Mathematik)|Relation]], die [[Reflexive Relation|reflexiv]], [[Symmetrische Relation|symmetrisch]] und [[Transitive Relation|transitiv]] ist.
Unter einer '''Äquivalenzrelation''' versteht man in der [[Mathematik]] eine [[Relation (Mathematik)#Zweistellige Relation|zweistellige Relation]], die [[Reflexive Relation|reflexiv]], [[Symmetrische Relation|symmetrisch]] und [[Transitive Relation|transitiv]] ist. Äquivalenzrelationen sind für die Mathematik und für die [[Logik]] von großer Bedeutung. Eine Äquivalenzrelation teilt eine [[Menge (Mathematik)|Menge]] restlos in [[disjunkt]]e (elementfremde) Untermengen, '''Äquivalenzklassen''' genannt. Die Klassenbildung mit Hilfe des Äquivalenzbegriffes ist grundlegend für viele mathematische Begriffsbildungen.
Äquivalenzrelationen sind für die [[Logik]] und die Mathematik von großer Bedeutung.
* Eine Äquivalenzrelation teilt eine Menge restlos in disjunkte (elementfremde) Untermengen, ''Äquivalenzklassen'' genannt.
* Die Klassenbildung mit Hilfe des Äquivalenzbegriffes ist grundlegend für viele mathematische Begriffsbildungen.


== Definitionen ==
== Äquivalenz – mathematische Gleichwertigkeit ==
=== Äquivalenz ===
In der Mathematik möchte man in vielen Zusammenhängen Objekte, die sich in gewissen Aspekten ähneln, als gleichwertig ansehen. Eine Formalisierung der Mindestanforderungen an einen solchen Gleichwertigkeitsbegriff führt zum Begriff der Äquivalenzrelation.
In der Mathematik werden [[Mathematisches Objekt|Objekte]], die sich in einem bestimmten Zusammenhang [[Gleichheit (Mathematik)|gleichen]], als ''gleichwertig'' bzw. ''äquivalent'' angesehen.


Ein solcher Zusammenhang lässt sich für alle [[Element (Mathematik)|Elemente]] einer nichtleeren Menge <math>A</math> stets durch eine [[Funktion (Mathematik)|Funktion]] <math>f\colon\, A \to B</math> herstellen, indem man genau dann zwei Elemente <math>a, b \in A</math> als zueinander „äquivalent“ bezeichnet und diese Beziehung durch <math>a \sim b</math> symbolisiert, wenn deren [[Bild (Mathematik)|Bilder]] gleich sind:
So ist jeder Begriff, der als die Gleichheit gewisser Eigenschaften definiert werden kann, eine Äquivalenzrelation. Beispiele:
: <math>a \sim b \;:\!\iff f(a) = f(b)</math>.
;Gleichmächtigkeit endlicher Mengen: Zwei endliche Mengen heißen ''gleichmächtig,'' wenn sie dieselbe Anzahl von Elementen haben.
;[[Kongruenz (Geometrie)|Kongruenz]] in der Geometrie: Zwei Dreiecke sind ''kongruent,'' wenn sie dieselben Seitenlängen haben.
;[[Ähnlichkeit (Geometrie)|Ähnlichkeit]] in der Geometrie: Zwei Dreiecke sind ''ähnlich,'' wenn sie dieselben [[Innenwinkel]] haben.
;[[Kongruenz (Zahlentheorie)|Kongruenz]] in der elementaren [[Zahlentheorie]]: Zwei [[ganze Zahl]]en heißen ''kongruent modulo <math>n</math>,'' wenn sie bei ganzzahliger Division durch <math>n</math> denselben [[Division mit Rest|Rest]] lassen.
Und letztlich gehört auch die Gleichheit selbst dazu.


Diese Beziehung bzw. Relation hat die folgenden drei Eigenschaften:
== Definition einer Äquivalenzrelation ==
# Jedes Objekt <math>a</math> ist zu sich selbst äquivalent:&nbsp;&nbsp; <math>a \sim a</math>.
Das Wort „äquivalent“ stehe im Folgenden für eine dieser Beziehungen zwischen zwei Objekten; dass zwei Objekte <math>a</math> und <math>b</math> äquivalent sind, sei durch <math>a\sim b</math> symbolisiert.
# Wenn <math>a</math> äquivalent zu <math>b</math> ist, dann ist auch <math>b</math> äquivalent zu <math>a</math>:&nbsp;&nbsp; <math>a \sim b \implies b \sim a</math>.
# Wenn <math>a</math> äquivalent zu <math>b</math> und <math>b</math> äquivalent zu <math>c</math> ist, dann ist auch <math>a</math> äquivalent zu <math>c</math>:&nbsp;&nbsp; <math>a \sim b\;</math> und <math>\;b \sim c \implies a \sim c</math>.


=== Äquivalenzrelation ===
Alle diese Begriffe haben die folgenden drei Eigenschaften:
[[Datei:Exemplare von Büchern mit eingezeichneter Äquivalenzrelation.svg|mini|hochkant=2|Menge von acht Buchexemplaren mit eingezeichneter Äquivalenzrelation „<math>a</math> und <math>b</math> besitzen dieselbe ISBN“ als Pfeildiagramm]]
;[[Reflexive Relation|Reflexivität]]: <math>a\sim a</math><br />Jedes Objekt ist zu sich selbst äquivalent.
Eine ''Äquivalenzrelation'' auf einer [[Menge (Mathematik)|Menge]] <math>A \neq \emptyset</math> ist eine [[Relation (Mathematik)|zweistellige Relation]] <math>\mathrel{\sim} \subseteq A \times A</math>, die folgende Bedingungen erfüllt:
;[[Symmetrische Relation|Symmetrie]]: <math>a\sim b \ \Rightarrow\ b\sim a</math><br />Wenn <math>a</math> zu <math>b</math> äquivalent ist, dann ist auch <math>b</math> äquivalent zu <math>a</math>.
;[[Transitive Relation|Transitivität]]: <math>a\sim b \text{ und } b\sim c\ \Rightarrow\ a\sim c</math><br />Wenn <math>a</math> zu <math>b</math> äquivalent und <math>b</math> zu <math>c</math> äquivalent ist, dann ist <math>a</math> äquivalent zu <math>c</math>.


; Reflexivität
Jede Beziehung (zwischen Objekten), die diese Eigenschaften hat, heißt ''Äquivalenzrelation.''
: <math>(a, a) \in \mathrel{\sim}\;\;</math> für alle <math>a \in A</math>.


; Symmetrie
=== Formale Definition ===
: <math>(a, b) \in \mathrel{\sim} \implies (b, a) \in \mathrel{\sim}\;\;</math> für alle <math>a, b \in A</math>.
Eine Äquivalenzrelation auf einer [[Menge (Mathematik)|Menge]] <math>M</math> ist eine Teilmenge <math>R \subseteq M \times M</math>, die folgende Bedingungen erfüllt:
;Reflexivität: Für alle <math>a\in M</math> gilt <math>(a,a)\in R</math>.
;Symmetrie: Für alle <math>a,b\in M</math>, für die <math>(a,b)\in R</math> gilt, ist auch <math>(b,a) \in R</math>.
;Transitivität: Für alle <math>a,b,c \in M</math> mit <math>(a,b) \in R</math> und <math>(b,c) \in R</math> gilt auch <math>(a,c) \in R</math>.


; Transitivität
Üblicherweise schreibt man
: <math>a\sim_Rb</math> oder einfach <math>a\sim b</math> statt <math>(a,b)\in R,</math>
: <math>(a, b) \in \mathrel{\sim}</math> und <math>(b, c) \in \mathrel{\sim} \implies (a, c) \in \mathrel{\sim}\;\;</math> für alle <math>a, b, c \in A</math>.
und dann nehmen diese Forderungen genau die in der Einleitung genannte Form an.<br />
Das geordnete Paar <math>(M, \sim)</math> nennt man in diesem Fall auch '''Setoid''' oder '''E-set''' (englische Bezeichnung: ''extensional set,'' auch ''[[Errett Bishop|Bishop]] set'').<ref>Alexandre Buisse, Peter Dybjer: ''[http://ac.els-cdn.com/S1571066108003976/1-s2.0-S1571066108003976-main.pdf?_tid=2f6e8f24-5e62-11e7-8bda-00000aacb35e&acdnat=1498916325_9ee52b78dcb800a72e25dac0be00d6ac The Interpretation of Intuitionistic Type Theory in Locally Cartesian Closed Categories – an Intuitionistic Perspective.]'' In: ''Electronic Notes in Theoretical Computer Science.'' 218 (2008) 21–32.</ref>


Wie bei zweistelligen Relationen üblich, schreibt man statt <math>(a, b) \in \mathrel{\sim}</math> auch einfacher <math>a \sim b</math>,
=== Unabhängigkeit der drei Eigenschaften ===
dann nehmen diese Eigenschaften die oben genannte Form an.
Tatsächlich sind die Eigenschaften Reflexivität, Symmetrie und Transitivität vollständig unabhängig voneinander und müssen alle einzeln überprüft werden. So ist zum Beispiel eine reflexive und symmetrische Relation nicht etwa automatisch schon transitiv. Um das nachzuweisen, genügt es, für jeden der acht möglichen Fälle ein Beispiel anzugeben, was im Folgenden mit Relationen auf der Menge <math>\mathbb{N}</math> der natürlichen Zahlen geschieht.


Das geordnete Paar <math>(A, \sim)</math> nennt man in diesem Fall auch ''Setoid'' oder ''E-set'' (englische Bezeichnung: ''extensional set'', auch ''[[Errett Bishop|Bishop]] set'').<ref>
'''Keine der drei Eigenschaften ist erfüllt:'''
{{Literatur |Autor=Alexandre Buisse, Peter Dybjer |Titel=The Interpretation of Intuitionistic Type Theory in Locally Cartesian Closed Categories – an Intuitionistic Perspective |Sammelwerk=Electronic Notes in Theoretical Computer Science |Band=218 |Datum=2008-10-22 |Seiten=21–32 |Fundstelle=hier S.<small>&nbsp;</small>24 |DOI=10.1016/j.entcs.2008.10.003}}</ref>
* Weder reflexiv noch symmetrisch noch transitiv: <math>\{(a,b)\in \mathbb{N}\times \mathbb{N} \mid a-b=1\}</math> (<math>a</math> ist um 1 größer als <math>b</math>.)


=== Äquivalenzklassen ===
'''Genau eine der drei Eigenschaften ist erfüllt:'''
[[Datei:Exemplare von Bücher mit eingezeichneter Äquivalenzrelation und Äquivalenzklassen.svg|mini|hochkant=2|Menge von acht Buchexemplaren mit eingezeichneter Äquivalenzrelation „<math>a</math> und <math>b</math> besitzen dieselbe ISBN“ als Pfeildiagramm und den Äquivalenzklassen]]
* Reflexiv, aber weder symmetrisch noch transitiv: <math>\{(a,b)\in \mathbb{N}\times \mathbb{N} \mid a-b\in\{0,1\}\}</math> (<math>a</math> ist höchstens um 1 größer als <math>b</math>.)
Ist <math>\sim</math> eine Äquivalenzrelation auf einer Menge ([[Klasse (Mengenlehre)|Klasse]]) <math>A \neq \emptyset</math>, so nennt man die Teilmenge (bzw. Teilklasse)
* Symmetrisch, aber weder reflexiv noch transitiv: <math>\{(a,b)\in \mathbb{N}\times \mathbb{N} \mid |a-b|=1\}</math> (<math>a</math> und <math>b</math> sind benachbart.)
: <math>[a]_{\sim} := \{b \in A \mid b \sim a\}</math>,
* Transitiv, aber weder reflexiv noch symmetrisch: <math>\{(a,b)\in \mathbb{N}\times \mathbb{N} \mid a < b\}</math> (<math>a</math> ist kleiner als <math>b</math>.)
aller zu <math>a \in A</math> äquivalenten Elemente, die ''<math>\sim</math>-Äquivalenzklasse von <math>a</math>''.


Ist aus dem Kontext klar, dass Äquivalenzklassen bezüglich <math>\sim</math> gebildet werden, lässt man den Zusatz <math>\sim</math> weg:
'''Genau zwei der drei Eigenschaften sind erfüllt:'''
: <math>[a]</math>,
* Symmetrisch und transitiv, aber nicht reflexiv: <math>\{(a,b)\in \N\times \N \mid b=a \neq 1 \}</math> (<math>a</math> ist gleich <math>b</math> und nicht 1.)
andere Schreibweisen sind
* Reflexiv und transitiv, aber nicht symmetrisch: <math>\{(a,b)\in \mathbb{N}\times \mathbb{N} \mid a \le b\}</math> (<math>a</math> ist kleiner oder gleich <math>b</math>.)
: <math>a/{\sim}\quad</math> sowie <math>\quad\bar a</math>.
* Reflexiv und symmetrisch, aber nicht transitiv: <math>\{(a,b)\in \mathbb{N}\times \mathbb{N} \mid |a-b|\le 1\}</math> (<math>a</math> und <math>b</math> sind gleich oder benachbart.)


Gibt es für eine ''Äquivalenz''relation eine spezielle Bezeichnung, beispielsweise „''Homotopie''relation“, so verwendet man häufig an Stelle von „''Äquivalenz''klasse“ einen abgeleiteten Terminus, beispielsweise „''Homotopie''klasse“. Weitere Beispiele: ''Isomorphie''klasse zur ''Isomorphie''relation und ''Kongruenz''klasse zur ''Kongruenz''relation (hier jedoch meist ''Rest''klasse).
'''Alle drei Eigenschaften sind erfüllt:'''
* Reflexiv, symmetrisch und transitiv: <math>\{(a,b)\in \mathbb{N}\times \mathbb{N} \mid a=b\}</math>


=== Repräsentantensysteme ===
== Anschauliches Beispiel ==
{{Anker|Vertretersystem}}
[[Datei:Exemplare von Büchern mit eingezeichneter Äquivalenzrelation.svg|mini|hochkant=2|Menge von acht Buchexemplaren mit eingezeichneter Äquivalenzrelation „<math>x</math> und <math>y</math> besitzen dieselbe ISBN“ als Pfeildiagramm]]
Elemente einer Äquivalenzklasse werden ihre ''Vertreter'' oder ''Repräsentanten'' genannt. Jedes Element von <math>A</math> ist in genau einer Äquivalenzklasse enthalten. Die Äquivalenzklassen zu je zwei Elementen <math>a, b \in A</math> sind entweder gleich oder [[disjunkt]]. Ersteres genau dann, wenn die Elemente äquivalent sind:
Ein Beispiel aus der Landwirtschaft soll die eingeführten Begriffe verdeutlichen. Betrachtet wird eine Menge <math>M</math> von Nutztieren in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Wir definieren die folgende zweistellige Relation <math>\sim</math> auf <math>M</math>:
: <math>[a] = [b] \iff a \in [b] \iff a \sim b \iff b \in [a]</math>.
: Für je zwei Nutztiere <math>x</math> und <math>y</math> aus <math>M</math> soll <math>x\sim y</math> genau dann gelten, wenn <math>x</math> und <math>y</math> Tiere derselben [[Art (Biologie)|Art]] sind.
Für die Kuh <math>K</math> und den Ochsen <math>O</math> gilt <math>K\sim O.</math> Für das Huhn <math>H</math> gilt aber ''nicht'' <math>H\sim K.</math> Die Relation <math>\sim</math> erfüllt die drei Forderungen für Äquivalenzrelationen:


Eine Teilmenge <math>S \subseteq A</math> nennt man ein ''(vollständiges) Vertreter-'' oder ''Repräsentantensystem von <math>\sim</math>'', wenn es für jede Äquivalenzklasse <math>[a]</math> genau ein <math>s \in S</math> gibt mit <math>s \in [a]</math>.
# '''Symmetrie'''<br />Ist ein Tier von derselben Art wie ein zweites, dann ist das zweite auch von derselben Art wie das erste.
# '''Transitivität'''<br />Wenn <math>K</math> und <math>O</math> Tiere derselben Art sind und ebenso <math>O</math> und <math>L</math> von derselben Art sind, dann sind auch <math>K</math> und <math>L</math> von derselben Art (nämlich von der Art, zu der dann jedes der drei Tiere gehört).
# '''Reflexivität'''<br />Jedes Tier ist von derselben Art wie es selbst (im Sinne von: Jedes Tier gehört einer Art an).
Eine Äquivalenzklasse besteht hier aus den Tieren einer Art. Die Rinder bilden eine und die Hühner eine andere Äquivalenzklasse.


Für jede Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auf einer Menge <math>A</math> lässt sich zu jedem Repräsentantensystem <math>S</math> von <math>\sim</math> eine Funktion <math>f_S\colon\, A \to A</math> definieren, indem man
''Keine'' Äquivalenzrelation ist die Beziehung „ist ein Bruder von“ auf der Menge aller Menschen. Sie ist sogar weder reflexiv (weil ich kein Bruder von mir selbst bin) noch symmetrisch (weil meine Schwester kein Bruder von mir ist, obwohl ich ein Bruder von ihr bin) noch transitiv (weil ich kein Bruder von mir selbst bin, obwohl ich ein Bruder meines Bruders bin und dieser ein Bruder von mir ist).
: <math>f_S(a) := s \iff a \sim s\;\;</math> für alle <math>a \in A,\, s \in S</math>
setzt.


=== Quotientenmenge und Partition ===
== Äquivalenzklassen ==
{{Anker|Faktormenge}}
[[Datei:Exemplare von Bücher mit eingezeichneter Äquivalenzrelation und Äquivalenzklassen.svg|mini|hochkant=2|Menge von acht Buchexemplaren mit eingezeichneter Äquivalenzrelation „<math>x</math> und <math>y</math> besitzen dieselbe ISBN“ als Pfeildiagramm und den Äquivalenzklassen]]
Die ''Faktor-'' oder ''Quotientenmenge'' einer Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auf der Menge <math>A</math> ist die Menge aller Äquivalenzklassen:
Die Äquivalenzklasse eines Objektes <math>a</math> ist die [[Klasse (Mengenlehre)|Klasse]] der Objekte, die äquivalent zu <math>a</math> sind.
: <math>A/{\sim} := \{[a]_{\sim\!} \mid a \in A\}</math>.
Sie bildet eine ''Zerlegung'' oder ''[[Partition (Mengenlehre)|Partition]] von <math>A</math>''.


Formal: Ist <math>R</math> eine Äquivalenzrelation auf einer Menge (Klasse) <math>M</math>, so nennt man für ein <math>a\in M</math> die Teilmenge (respektive Teilklasse)
Ist umgekehrt <math>\mathcal P</math> eine Partition von <math>A</math>, dann ist durch
: <math>a \sim b \;:\!\iff \exists B \in \mathcal P\colon\; a, b \in B</math>
eine Äquivalenzrelation gegeben.


Die [[Mächtigkeit (Mathematik)|Mächtigkeit]] (Kardinalität) <math>|A/{\sim}|</math> wird manchmal auch als der ''Index'' der Äquivalenzrelation <math>\sim</math> bezeichnet. Ein Spezialfall ist der [[Index (Gruppentheorie)|Index]] einer [[Untergruppe]].
: <math>[a]_R := \{x\in M \mid x\sim_R a\}</math>


=== Quotientenabbildung ===
von <math>M</math> die <math>R</math>-Äquivalenzklasse von <math>a</math>.<ref>Es ist dies die wegen der Symmetrie übereinstimmende [[Relation (Mathematik)#Bild und Urbild|Bild- und Urbildfaser]] von <math>a</math>, also
Die [[Surjektivität|surjektive]] Funktion
:{{nowrap|<math>[a]_R = R\langle \{a\} \rangle = R^{-1}\langle \{a\} \rangle</math>.}}
: <math>\mathrm q_{\sim}\colon\, A \twoheadrightarrow A/{\sim},\, a \mapsto [a]_{\sim}</math>,
Die Definition stimmt zudem mit der für <math>\kappa_R(a)</math> bei [[Korrespondenz (Mathematik)#Korrespondenzen als Relation|Korrespondenzen]] überein.
die jedem Element seine Äquivalenzklasse zuordnet, heißt ''kanonische Abbildung'' oder ''[[Quotientenabbildung]]''.


Diese Abbildung ist nur dann [[Injektivität|injektiv]], wenn es sich bei der Äquivalenzrelation auf <math>A</math> um die [[#Identitätsrelation|Identitätsrelation]] <math>\mathrm I_A</math> handelt.
Die Definition hält auch für partielle Äquivalenzrelationen; bei fehlender Transitivität spricht man von Verträglichkeits- oder Toleranzklassen ([[#Verallgemeinerungen|s.&nbsp;u]]).</ref>


=== Kern einer Funktion ===
Ist aus dem Kontext klar, dass Äquivalenzklassen bezüglich <math>R</math> gebildet werden, lässt man den Zusatz <math>R</math> weg. Andere Schreibweisen sind
Man nennt die durch die Funktion <math>f\colon\, A \to B</math> gegebene Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auch den ''Kern von <math>f</math>''<ref>Man unterscheide den Begriff des ''Kerns einer Menge'': Kern als Bild eines [[Kernoperator|Kernoperators]].</ref>
: <math>\ker f := f^{-1} \circ f = \{(a,b) \in A \times A \mid f(a) = f(b)\} = \mathrel{\sim}</math>.<ref><math>\circ</math> bezeichnet hier die [[Relation_(Mathematik)#Verkettung_von_Relationen|Verkettung von Relationen]].</ref>
Insbesondere ist die Äquivalenzklasse von jedem <math>a \in A</math> das [[Urbild (Mathematik)|Urbild]] von dessen Bild <math>f(a) \in B</math>:
: <math>[a]_{\sim} = f^{-1}(\{f(a)\}) = f^{-1}(f(\{a\})) = \ker f(\{a\})</math>.


<math>f</math> lässt sich dann wie folgt in eine surjektive, eine [[Bijektivität|bijektive]] sowie eine injektive Funktion [[Funktion (Mathematik)#Verkettung|zerlegen]]:
: <math>[a], \quad [a]_\sim, \quad\ \bar a, \quad a/R, \quad a/{\sim_R}.</math>
: <math>f = \mathrm i_f \circ f^{\sim\!} \circ \mathrm q_{\sim}</math>
mit <math>f^{\sim}\colon\, A/{\sim} \;{\!\;\twoheadrightarrow\;\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\;\rightarrowtail}\; f(A),\, [a]_{\sim} \mapsto f(a),</math> und der [[Inklusionsabbildung]] <math>\mathrm i_f\colon\; f(A) \rightarrowtail B,\, f(a) \mapsto f(a)</math>.


== Unabhängigkeit der drei Eigenschaften ==
Gibt es für eine ''Äquivalenz''relation eine spezielle Bezeichnung, beispielsweise „''Homotopie''relation“, so verwendet man häufig an Stelle von „''Äquivalenz''klasse“ einen abgeleiteten Terminus, beispielsweise „''Homotopie''klasse“. Weitere Beispiele: ''Isomorphie''klasse zur ''Isomorphie''relation und ''Kongruenz''klasse zur ''Kongruenz''relation (hier jedoch meist ''Rest''klasse).
Tatsächlich sind die Eigenschaften der Reflexivität, der Symmetrie und der Transitivität vollständig unabhängig voneinander und müssen alle einzeln überprüft werden. So ist zum Beispiel eine reflexive und symmetrische Relation nicht etwa automatisch schon transitiv. Um das nachzuweisen, genügt es, für jeden der acht möglichen Fälle ein Beispiel anzugeben, was im Folgenden mit Relationen auf der Menge <math>\N</math> der natürlichen Zahlen geschieht.


=== Keine der drei Eigenschaften ist erfüllt ===
Elemente einer Äquivalenzklasse werden ihre ''Vertreter'' oder ''Repräsentanten'' genannt. Jedes Element von <math>M</math> ist in genau einer Äquivalenzklasse enthalten. Die Äquivalenzklassen bilden somit eine [[Partition (Mengenlehre)|Partition]] von <math>M</math>. Die Äquivalenzklassen zu zwei Elementen sind entweder gleich oder [[disjunkt]], Ersteres genau dann, wenn die Elemente äquivalent sind:
Weder reflexiv noch symmetrisch noch transitiv:
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid a-b = 1\}</math> &nbsp;&nbsp;(<math>a</math> ist um 1 größer als <math>b</math>).


Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Beziehung „ist ein Bruder von“ auf der Menge aller Menschen. Sie ist weder reflexiv (weil ich kein Bruder von mir selbst bin) noch symmetrisch (weil meine Schwester kein Bruder von mir ist, obwohl ich ein Bruder von ihr bin) noch transitiv (weil ich kein Bruder von mir selbst bin, obwohl ich ein Bruder meines Bruders bin und dieser ein Bruder von mir ist).
: <math>[a]=[b] \quad \iff \quad a\sim b \quad \iff \quad a\in[b] \quad \iff \quad b\in[a]</math>


=== Genau eine der drei Eigenschaften ist erfüllt ===
{{Anker|Vertretersystem}}
Reflexiv, aber weder symmetrisch noch transitiv:
Hat man für jede Äquivalenzklasse <math>[a]_R</math> genau ein <math>y \in V</math> mit <math>y \in [a]_R</math>, dann nennt man die Teilmenge <math>V \subseteq M</math> ein ''(vollständiges) Vertreter-'' oder ''Repräsentantensystem für <math>R</math>.''
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid a-b \in \{0,1\}\}</math> &nbsp;&nbsp;(<math>a</math> ist höchstens um 1 größer als <math>b</math>).


Symmetrisch, aber weder reflexiv noch transitiv:
== Menge der Äquivalenzklassen und Index ==
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid |a-b| = 1\}</math> &nbsp;&nbsp;(<math>a</math> und <math>b</math> sind benachbart).
{{Anker|Faktormenge}}
Die Menge der Äquivalenzklassen (manchmal auch ''Faktormenge'' oder ''Quotientenmenge'' genannt) einer Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auf der Menge <math>M</math> ist
: <math>M/{\sim} := \{[a]_{\sim} \mid a \in M\}.</math>


Transitiv, aber weder reflexiv noch symmetrisch:
In dieser Menge werden die Äquivalenzklassen <math>[a]_{\sim}</math> als eigen- und selbstständige Elemente betrachtet.<ref>Formal handelt es sich dabei um den Wertebereich (Bildmenge) der Abbildung <math>[\cdot]_{\sim}: M \to \mathcal P(M) = 2^M</math>.</ref> Die Menge der Äquivalenzklassen entsteht, wenn man äquivalente Elemente „gleichmacht“, indem man sie mittels der untenstehenden kanonischen Abbildung mit der Äquivalenzklasse identifiziert, in der sie liegen. Sie formalisiert also mathematisch den kognitiven Prozess der [[Identifizierungsabstraktion]] (siehe auch den Begriff der ''Teilidentität'' bei [[Bruno von Freytag-Löringhoff|Löringhoff]]).
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid a < b\}</math> &nbsp;&nbsp;(<math>a</math> ist kleiner als <math>b</math>).


=== Genau zwei der drei Eigenschaften sind erfüllt ===
Die [[Mächtigkeit (Mathematik)|Mächtigkeit]] (Kardinalität) <math>\left|{M/{\sim}}\right|</math> wird manchmal auch als der ''Index'' der Äquivalenzrelation <math>\sim</math> bezeichnet. Ein Spezialfall ist der [[Index (Gruppentheorie)|Index]] einer [[Untergruppe]].
Symmetrisch und transitiv ([[#Partielle Äquivalenzrelation|partielle Äquivalenzrelation]]), aber nicht reflexiv:
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid b = a \neq 1 \}</math> &nbsp;&nbsp;(<math>a</math> ist gleich <math>b</math> und nicht 1).


Reflexiv und transitiv ([[#Quasiordnung|Quasiordnung]]), aber nicht symmetrisch:
Die kanonische [[Surjektivität|surjektive]] Abbildung
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid a \le b\}</math> &nbsp;&nbsp;(<math>a</math> ist kleiner oder gleich <math>b</math>).
: <math>M\to M/{\sim},\, a\mapsto[a]_{\sim},</math>
die jedem Element seine Äquivalenzklasse zuordnet, heißt [[Quotientenabbildung]]. Diese Abbildung ist nur dann [[Injektivität|injektiv]], wenn es sich bei der Äquivalenzrelation auf <math>M</math> um die sogenannte ''[[Relation (Mathematik)#Homogene Relationen|Diagonale]]''
:<math>\Delta_M := \{(m,m) \mid m\in M\}</math>
handelt. <math>\sim</math> ist dann der [[Funktionsgraph|Graph]] einer [[Funktion (Mathematik)|Funktion]], nämlich der [[Identische Abbildung|identischen Abbildung]] <math>\operatorname{id}_M</math> auf <math>M</math>.


Reflexiv und symmetrisch ([[#Toleranzrelation|Toleranzrelation]]), aber nicht transitiv:
== Partielle Äquivalenzrelation ==
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid |a-b| \le 1\}</math> &nbsp;&nbsp;(<math>a</math> und <math>b</math> sind gleich oder benachbart).
Eine Relation <math>R</math> auf einer Menge <math>M</math> heißt '''partielle''' (oder '''beschränkte''') '''Äquivalenzrelation,''' wenn sie symmetrisch und transitiv ist. Mit anderen Worten: Für alle <math>a, b, c \in M</math> muss gelten:
# '''Symmetrie'''<br /><math>\ a\ R\ b\ \Rightarrow\ b\ R\ a</math>
# '''Transitivität'''<br /><math>\ a\ R\ b \text{ und } b\ R\ c \ \Rightarrow \ a\ R\ c</math>
Ist die Relation zusätzlich reflexiv, dann handelt es sich um eine (totale) Äquivalenzrelation.


=== Alle drei Eigenschaften sind erfüllt ===
Jede partielle Äquivalenzrelation <math>R</math> auf einer Menge <math>M</math> ist auf der Untermenge
Reflexiv, symmetrisch und transitiv:
:<math>X = \{x \in M \mid x\ R\ x\} \subseteq M</math>
: <math>\{(a,b) \in \N\times\N \mid a = b\}</math>.
eine totale Äquivalenzrelation. Die durch die Äquivalenzklassen definierte Zerlegung von <math>X</math> in Äquivalenzklassen heißt auch ''partielle Zerlegung'' von <math>M</math>.


== Beispiele ==
Eine partielle Äquivalenzrelation <math>R</math> kann auf verschiedene Weise zu einer (totalen) Äquivalenzrelation <math>R'</math> fortgesetzt werden:
=== Nutztiere in einem landwirtschaftlichen Betrieb ===
# <math>\ a\ R'\ b\ :\Leftrightarrow\ a\ R\ b \lor a=b</math> (alle <math>x</math> aus <math>M \setminus X</math> bilden [[Einermenge|eine eigene Äquivalenzklasse]]) oder
Ein anschauliches Beispiel aus der [[Landwirtschaft]] soll die eingeführten Begriffe verdeutlichen. Betrachtet wird eine Menge <math>T</math> von [[Nutztier]]en in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Wir definieren die folgende zweistellige Relation <math>\sim</math> auf <math>T</math>:
# <math>\ a\ R'\ b\ :\Leftrightarrow\ a\ R\ b \lor (a \in X \leftrightarrow b \in X)</math> (die Äquivalenzklassen von <math>R'</math> sind die von <math>R</math>, ergänzt um die Restmenge <math>M\setminus X\text{;}\ X</math> wie oben).
: Für je zwei Nutztiere <math>t</math> und <math>v</math> aus <math>T</math> soll <math>t \sim v</math> genau dann gelten, wenn <math>t</math> und <math>v</math> Tiere derselben [[Art (Biologie)|Art]] sind.
Das Ergebnis ist jeweils eine totale Zerlegung von <math>M</math>.
Für die Kuh <math>k</math> und den Ochsen <math>o</math> gilt immer <math>k \sim o</math>. Für das Huhn <math>h</math> dagegen gilt dies aber nicht: <math>h \nsim o</math>. Die Relation <math>\sim</math> erfüllt die drei Forderungen für Äquivalenzrelationen:


; Reflexivität
== Weitere Beispiele ==
: Jedes Tier ist von derselben Art wie es selbst (im Sinne von: Jedes Tier gehört einer Art an).
; Schulklassen: Die zugrundeliegende Menge <math>M</math> ist die Menge aller [[Schüler]] auf einer [[Schule]]; zwei Schüler seien äquivalent, wenn sie in dieselbe [[Schulklasse|Klasse]] gehen.
:* Äquivalenzklasse eines Schülers ist die Menge aller seiner Mitschüler der gleichen Schulklasse –&nbsp;allerdings muss er selber mit eingeschlossen und als sein eigener Mitschüler angesehen werden, um Reflexivität zu erhalten.
:* Die Menge der Äquivalenzklassen ist die Menge der Schulklassen.


; Symmetrie
; Gleichheit ([[Identitätsrelation|Identität]]): Auf einer beliebigen Menge <math>M</math> seien zwei Elemente äquivalent, wenn sie gleich sind:
: Ist ein Tier von derselben Art wie ein zweites, dann ist das zweite auch von derselben Art wie das erste.
:: <math>m\sim n\ :\Longleftrightarrow\ m=n</math>
: Als Bezeichner finden sich die Notationen <math>\mathrm I_A</math>, <math>\mathrm D_A</math> und <math>\Delta_A</math>, mengentheoretisch handelt es sich um die [[Diagonale (Relationstheorie)|Diagonale]]:<ref name="HomRel">Siehe auch [[Relation (Mathematik)#Homogene Relationen|Homogene Relationen]].</ref>
:: <math>\Delta_M = \{(m,m) \mid m \in M\}</math>
: Es gilt:
:* Die Äquivalenzklasse eines Elementes <math>m</math> ist die einelementige Menge <math>\{m\}</math>.
:* Die Menge der Äquivalenzklassen ist die Menge der einelementigen Teilmengen von <math>M</math>; die Abbildung <math>M\to M/{\Delta_M}</math> ist eine [[Bijektion]].
:* Für die [[Relation (Mathematik)#Verkettung von Relationen|Verkettung]] <math>\circ</math> mit beliebigen Relationen <math>R</math> auf <math>M</math> gilt:
::: <math>\Delta_M \circ R = R \circ \Delta_M = R</math> (Einselement)


; Transitivität
; Allrelation: Auf einer beliebigen Menge <math>M</math> seien je zwei Elemente äquivalent:
: Wenn <math>k</math> und <math>o</math> Tiere derselben Art sind und ebenso <math>o</math> und <math>b</math> von derselben Art sind, dann sind auch <math>k</math> und <math>b</math> von derselben Art (nämlich von der Art, zu der dann jedes der drei Tiere gehört).
:: <math>m\sim n</math> für alle <math>m, n \in M</math>
: Als Bezeichner für die Allrelation findet man die Notationen <math>\nabla_M</math> oder <math>\mathrm U_M</math>, mengentheoretisch handelt es sich um das [[Kartesisches Produkt|kartesische Produkt]] von <math>M</math> mit sich selbst:<ref name="HomRel" />
:: <math>\nabla_M = M^2</math>
: Es gilt:
:* Die Äquivalenzklasse jedes Elementes <math>m</math> ist die ganze Menge <math>M</math>.
:* Die Menge der Äquivalenzklassen ist die einelementige Menge <math>\{M\}</math>; die Abbildung <math>M\to M/{\nabla_M}</math> ist [[Konstante Funktion|konstant]].
:* Für die [[Relation (Mathematik)#Verkettung von Relationen|Verkettung]] <math>\circ</math> mit beliebigen ''reflexiven'' Relationen <math>R</math> auf <math>M</math> gilt:
::: <math>\nabla_M \circ R = R \circ \nabla_M = \nabla_M</math> (Nullelement)


Eine Äquivalenzklasse besteht hier aus den Tieren einer Art. Die Rinder bilden eine und die Hühner eine andere Äquivalenzklasse. Die Quotientenmenge ist die Menge der Tierarten des landwirtschaftlichen Betriebes.
; Beliebige [[Partition (Mengenlehre)|Partition]] einer Menge
: Wir definieren zunächst sechs Mengen von natürlichen Zahlen von 1 bis 23:
:: <math>M_1 := \{1, 7, 10, 13, 17\}</math>
:: <math>M_2 := \{2, 5, 8, 16\}</math>
:: <math>M_3 := \{3, 4, 6, 11, 18, 22\}</math>
:: <math>M_4 := \{9, 12, 14, 15, 23\}</math>
:: <math>M_5 := \{19\}</math>
:: <math>M_6 := \{20, 21\}</math>
: Sie haben die Eigenschaft, dass jede Zahl aus dem Bereich von 1 bis 23 in genau einer der sechs Mengen vorkommt, die damit eine Partition der Menge <math>M = \{1, \dotsc, 23\}</math> bilden. Wie jede Partition von <math>M</math> sind sie die Äquivalenzklassen einer Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auf <math>M</math>, nämlich
:: <math>m \sim n\ :\Longleftrightarrow\ \text{ Es gibt ein } i\text{, sodass } m, n \in M_i</math>.
: Die Mengen wurden durch Würfeln ermittelt, also willkürlich aus den rund 44 Billiarden<ref>{{OEIS|A000110}}</ref> Partitionen –&nbsp;und damit ebenso vielen Äquivalenzrelationen&nbsp;– dieser 23-elementigen Menge ausgewählt. Äquivalente Zahlen nach dieser Relation weisen keine einfach beschreibbaren Gemeinsamkeiten auf.
:* Äquivalenzklasse eines Elementes <math>m</math> ist diejenige Menge <math>M_i</math>, die <math>m</math> enthält.
:* Die Menge der Äquivalenzklassen ist die sechselementige Menge <math>\{M_1, M_2, M_3, M_4, M_5, M_6\}</math>.


=== Identitätsrelation ===
; [[Kommensurabilität (Mathematik)|Kommensurabilität]] reeller Zahlen
: Zwei reelle Zahlen <math>a</math> und <math>b</math> heißen ''kommensurabel,'' wenn sie ganzzahlige Vielfache einer geeigneten dritten reellen Zahl <math>c</math> sind. Kommensurabilität ist eine Äquivalenzrelation, wenn man die Null gesondert betrachtet:
Auf einer beliebigen Menge <math>A</math> seien zwei Elemente äquivalent, wenn sie gleich sind. Diese durch den [[Funktionsgraph|Graphen]] der [[identische Abbildung|identischen Abbildung]] <math>\operatorname{id}_A</math> auf <math>A</math> gegebene Äquivalenzrelation nennt man die [[Identitätsrelation|''Gleichheits-'' oder ''Identitätsrelation'']]
:: <math>a \sim b\ :\Longleftrightarrow\ a = b = 0 \text{ oder } \left(a, b \neq 0 \text{ und } \frac{a}{b} \in \mathbb{Q}\right)</math>
: <math>\mathrm I_A := \{(a, b) \in A \times A \mid a = b\} = \{(a, a) \mid a \in A\}\!</math>.
:* Äquivalenzklasse einer reellen Zahl <math>x \neq 0</math> ist die [[Abzählbare Menge|abzählbar]] unendliche Menge der mit <math>x</math> kommensurablen Zahlen; Äquivalenzklasse der Zahl <math>0</math> ist die einelementige Menge <math>\{0\}</math>
:* Die Menge der Äquivalenzklassen ist [[Überabzählbare Menge|überabzählbar]]. Anders als bei anderen ähnlich einfachen Äquivalenzrelationen bietet sich hier kein Repräsentantensystem an.


Es gilt:
; [[Kongruenz (Zahlentheorie)|Kongruenz]] in der [[Zahlentheorie]]: Die zugrundeliegende Menge ist die Menge <math>\mathbb{Z}</math> der [[Ganze Zahlen|ganzen Zahlen]]; zwei Zahlen sind äquivalent, wenn sie denselben [[Division mit Rest|Rest bei Division]] durch 5 haben. Eine gleichwertige Formulierung ist: wenn ihre Differenz durch 5 teilbar ist.
:* Äquivalenzklasse einer ganzen Zahl <math>k</math> ist die sogenannte [[Restklasse]]
* Die Äquivalenzklasse eines Elementes <math>a</math> ist die einelementige Menge <math>\{a\}</math>.
* Die Quotientenmenge ist die Menge der einelementigen Teilmengen von <math>A</math>. Die Abbildung <math>A \to A/\mathrm I_A</math> ist [[bijektiv]].
::: <math>[k] = \bar k = k+5\mathbb Z = \{k+5z \mid z\in\mathbb Z\} = \{\dotsc, k-10, k-5, k, k+5, k+10, \dotsc\}.</math>
* Für die [[Relation (Mathematik)#Verkettung von Relationen|Verkettung]] <math>\circ</math> mit beliebigen Relationen <math>R</math> auf <math>A</math> gilt:
:* Die Menge der Äquivalenzklassen ist der [[Restklassenring]]
::: <math>\mathbb Z/5\mathbb Z = \mathbb Z/_{(5)} = \{\bar0, \bar1, \bar2, \bar3, \bar4\} = \{[0], [1], [2], [3], [4]\}.</math>
:: <math>\mathrm I_A \circ R = R \circ \mathrm I_A = R</math> &nbsp;&nbsp;([[Einselement]]).
; Brüche: Es sei <math>M := \{(z,n)\in\mathbb Z^2 \mid n\ne 0\}</math> die Menge der [[Geordnetes Paar|Paare]] [[Ganze Zahl|ganzer Zahlen]], deren zweiter Eintrag von Null verschieden ist. Zwei Paare <math>(z_1,n_1)</math> und <math>(z_2,n_2)</math> sollen äquivalent heißen, wenn gilt:
:: <math>z_1n_2=z_2n_1</math>
:* Die Äquivalenzklasse eines Paares <math>(z,n)</math> besteht aus allen Paaren (Zähler,&nbsp;Nenner) für Bruchdarstellungen der rationalen Zahl <math>\tfrac zn</math>.
:* Die Menge der Äquivalenzklassen wird durch
::: <math>M/{\sim}\to\mathbb Q,\quad [(z,n)]\mapsto\frac zn</math>
:: [[bijektiv]] auf die Menge der [[Rationale Zahl|rationalen Zahlen]] abgebildet. Ein wichtiger Punkt ist hier die [[Wohldefiniertheit]]: Wenn <math>[(z_1,n_1)]=[(z_2,n_2)]</math> gilt, dann ist das Bild nach der obigen Vorschrift einerseits <math>\tfrac{z_1}{n_1}</math>, andererseits <math>\tfrac{z_2}{n_2}</math>. Die Äquivalenzrelation war aber gerade so gewählt, dass diese beiden rationalen Zahlen gleich sind.


=== Allrelation ===
; [[Lp-Raum|<math>L^p</math>-Raum]]: Auf dem Raum der <math>p</math>-fach [[Lebesgue-Integral|integrierbaren]] Funktionen <math>\mathcal{L}^p</math> kann eine Äquivalenzrelation wie folgt definiert werden: Seien <math>f,g \in \mathcal{L}^p</math>, dann gilt <math>f\sim g</math> genau dann, wenn <math>f=g</math> bis auf eine [[Nullmenge]] gilt. Die Menge aller Äquivalenzklassen bezeichnet man als <math>L^p</math>-Raum. Es gilt also <math>L^p=\mathcal{L}^p/\mathord\sim</math>.
Auf einer Menge <math>A</math> seien nun jeweils zwei beliebige Elemente äquivalent. Auch dadurch ist eine Äquivalenzrelation auf <math>A</math> gegeben, die sogenannte die [[Allrelation|''All-'' oder ''Universalrelation'']]
: <math>\mathrm U_A := A \times A = \{(a, b) \mid a, b \in A\}</math>.


Es gilt:
== Universelle Eigenschaft ==
* Die Äquivalenzklasse jedes Elementes <math>a</math> ist die ganze Menge <math>A</math>.
Wenn <math>M</math> eine Menge ist, so definiert jede Abbildung <math>f\colon M\to N</math> in eine beliebige andere Menge <math>N</math> eine Äquivalenzrelation <math>\sim_f</math>, die manchmal auch als ''Kern'' von <math>f</math> mit <math>\operatorname{Kern} f</math> bezeichnet wird:
* Die Quotientenmenge ist die einelementige Menge <math>\{A\}</math>. Die Abbildung <math>A \to A/\mathrm U_A</math> ist [[Konstante Funktion|konstant]].
: <math>\operatorname{Kern} f \equiv \sim_f := \{(x,y) \in M^2 \mid f(x) = f(y)\}</math>, d.&nbsp;h.:
* Für die [[Relation (Mathematik)#Verkettung von Relationen|Verkettung]] <math>\circ</math> mit beliebigen ''reflexiven'' Relationen <math>R</math> auf <math>A</math> gilt:
: <math>\forall x,y\in M\colon \ x\sim_f y \ \Leftrightarrow \ f(x)=f(y)</math>
:: <math>\mathrm U_A \circ R = R \circ \mathrm U_A = \mathrm U_A</math> &nbsp;&nbsp;([[Nullelement]]).
Umgekehrt ist jede Äquivalenzrelation <math>R</math> Kern einer geeigneten Abbildung <math>g</math>, etwa der kanonischen Abbildung <math>g\colon M\to M/R</math>, in dieser Schreibweise also <math>R = \sim_g</math>.


=== Ähnlichkeit und Kongruenz geometrischer Figuren ===
Für [[Funktion (Mathematik)#Partielle Funktionen|''partielle'' Abbildungen]] <math>f\colon M\not\to N</math> in eine beliebige andere Menge <math>N</math> liefert die obige Definition in Analogie als Kern eine ''partielle'' Äquivalenzrelation
Zwei [[geometrische Figur]]en <math>F</math> und <math>G</math> in der [[Euklidische Ebene|euklidischen Ebene]] sind genau dann einander ''[[Ähnlichkeit (Geometrie)|ähnlich]]'', wenn sie durch eine [[Ähnlichkeitsabbildung]] ineinander überführt werden können. Durch die Ähnlichkeit ist eine Äquivalenzrelation
: <math>\forall x,y\in M\colon\quad x\sim_f y\ \Leftrightarrow\ \exists z\colon f(x)=z \land f(y)=z</math>
: <math>F \sim G \;:\!\iff F</math> und <math>G</math> sind einander ähnlich
und jede partielle Äquivalenzrelation ist Kern einer geeigneten partiellen Abbildung.
auf der Menge <math>\mathbf F</math> aller Figuren der Ebene gegeben.


Darüber hinaus sind <math>F</math> und <math>G</math> genau dann ''[[Kongruenz (Geometrie)|kongruent]]'', wenn sie durch eine [[Kongruenzabbildung]], also eine [[längentreue]] Ähnlichkeitsabbildung, ineinander überführt werden können. Auch durch
== Modulo ==
: <math>F \cong G \;:\!\iff F</math> und <math>G</math> sind kongruent
Besondere Bedeutung kommt Äquivalenzrelationen zu, die mit einer algebraischen Struktur auf einer Menge vergleichbar sind. In allen diesen Fällen gibt es einen [[Modul (Mathematik)|„Modul“]] <math>U</math> (von [[Latein|lat.]] ''modulus'' Maß), d.&nbsp;h. eine mit einer [[Algebraische Struktur|algebraischen Verknüpfung]] <math>\cdot</math> in der Ausgangsmenge <math>(M, \cdot)</math> kompatible Unterstruktur <math>U \subseteq M</math>, die die Äquivalenz <math>\sim</math> vermittelt:
ist eine Äquivalenzrelation auf <math>\mathbf F</math> gegeben.
:<math>x \sim y\ \Longleftrightarrow\ x \in y \cdot U</math> (ggf. auch <math>\Longleftrightarrow\ x \in U \cdot y</math>),
man nehme nur <math>U := \left\{x \in M \mid x \sim n \right\}</math> mit <math>n</math> als dem [[Neutrales Element|neutralen Element]] von <math>(M, \cdot)</math>. Ist stets <math>y \cdot U = U \cdot y</math>, dann schreibt man auch
:<math>x \equiv y \mod U</math>
und sagt „<math>x</math> (ist) [[Kongruenz (Zahlentheorie)|kongruent]] <math>y</math> ''modulo'' [{{IPA|ˈmoːduloː}}] <math>U</math>“ (von [[Latein|lat.]] ''modulō'' [[Ablativ]] zu ''modulus'' Maß). Grammatikalisch wird ''modulo'' im Deutschen verwendet wie eine [[Präposition]], die den [[Genitiv]] regiert.


=== Partition einer endlichen Zahlenmenge ===
Ist der Modul <math>U</math> [[Untergruppe#Erzeugte Untergruppen|einfach erzeugt]] in <math>M</math>, bspw. <math>U = M \cdot u</math> mit einem <math>u \in M</math>, dann notiert man auch
Wir definieren zunächst sechs Mengen von natürlichen Zahlen von 1 bis 23:
:<math>x \equiv y \mod u</math>.
: <math>A_1 := \{1, 7, 10, 13, 17\}</math>,
Diese Sprechweise ist die fast ausschließlich verwendete im [[Ganze Zahl|Ring der ganzen Zahlen]] <math>\Z</math>.
: <math>A_2 := \{2, 5, 8, 16\}</math>,
: <math>A_3 := \{3, 4, 6, 11, 18, 22\}</math>,
: <math>A_4 := \{9, 12, 14, 15, 23\}</math>,
: <math>A_5 := \{19\}</math>,
: <math>A_6 := \{20, 21\}</math>.
Sie haben die Eigenschaft, dass jede Zahl aus dem Bereich von 1 bis 23 in genau einer der sechs Mengen vorkommt, die damit eine ''Zerlegung'' oder ''Partition'' der Menge <math>A = \{1, \dotsc, 23\}</math> bilden. Wie jede Partition von <math>A</math> sind sie die Äquivalenzklassen einer Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auf <math>A</math>, nämlich
: <math>a \sim b \;:\!\iff \exists i \in \{1, \ldots, 6\}\colon\; a, b \in A_i</math>.


Die Mengen wurden durch Würfeln ermittelt, also willkürlich aus den rund 44 Billiarden<ref>{{OEIS|A000110}}</ref> Partitionen –&nbsp;und damit ebenso vielen Äquivalenzrelationen&nbsp;– dieser 23-elementigen Menge ausgewählt. Äquivalente Zahlen nach dieser Relation weisen keine einfach beschreibbaren Gemeinsamkeiten auf.
Auch bei den ''[[#Äquivalenzklassen|Äquivalenzklassen]]'' oder ''Nebenklassen'' spricht man von Äquivalenzklassen modulo <math>U</math> und bei der [[#Faktormenge|Faktormenge]] <math>M/U</math> von <math>M</math> modulo <math>U</math> oder auch <math>M</math> modulo <math>R</math> und <math>M</math> modulo <math>\sim</math>.
* Äquivalenzklasse eines Elementes <math>a</math> ist diejenige Menge <math>A_i</math>, die <math>a</math> enthält.
* Die Quotientenmenge ist die sechselementige Menge <math>\{A_1, A_2, A_3, A_4, A_5, A_6\}</math>.


=== Rationale Zahlen ===
Die Faktormenge kann algebraische Struktur von der Ausgangsmenge „erben“. Basiert das Definieren dieses ''Rechnens modulo'' auf den Elementen der Ausgangsmenge <math>(M, \cdot)</math>, also den sog. [[Wohldefiniertheit#Repräsentantenunabhängigkeit|„Repräsentanten“]] der Äquivalenzklassen, muss immer auch die [[Wohldefiniertheit#Wohldefiniertheit für induzierte Verknüpfungen|Wohldefiniertheit]] dieses Rechnens sichergestellt werden. Gelingt das und ist <math>U \subseteq M</math> die Unterstruktur, die die Äquivalenz vermittelt, so spricht man vom Rechnen modulo <math>U</math>.
Es sei <math>P := \{(z,n) \in \Z^2 \mid n\ne 0\}</math> die Menge der [[Geordnetes Paar|Paare]] [[Ganze Zahl|ganzer Zahlen]], deren zweiter Eintrag von Null verschieden ist. Für zwei Paare <math>(z_1, n_1), (z_2, n_2) \in P</math> soll folgende Äquivalenz gelten:
: <math>(z_1, n_1) \sim (z_2, n_2) \;:\!\iff z_1\cdot n_2 = z_2\cdot n_1</math>.


* Die Äquivalenzklasse des Paares <math>(z, n)</math> ist dann der ''Bruch'' oder ''(totale) Quotient'' <math>\,\tfrac zn := [(z, n)]_{\sim}</math>.
; Beispiel:
* Mit der Quotientenmenge erhält man gerade die ''Menge der [[Rationale Zahl|rationalen Zahlen]]'' <math>\,\Q := P/{\sim} = \left\{\tfrac zn \;\big|\; (z, n)\in P\right\}</math>.
Sei <math>M := \mathfrak{S}_3</math> die [[symmetrische Gruppe]] vom Grad&nbsp;3 und <math>U := \{(1), (12)\}</math> in [[Zykelschreibweise|Zyklenschreibweise]] eine der 3 [[Untergruppe]]n der [[Ordnung einer Gruppe|Ordnung]]&nbsp;2. Man kann zwar die 3 ''Nebenklassen''
: <math> (1) \circ U = \{ (1), (12)\}</math>
: <math>(13) \circ U = \{(13), (123)\}</math>
: <math>(23) \circ U = \{(23), (132)\}</math>
bilden (Reihenfolge der Komposition der Zyklen wie im Artikel [[Symmetrische Gruppe#Rechenbeispiele|symmetrische Gruppe]]). Die geerbte Verknüpfung ist aber ''nicht'' von der Wahl des Repräsentanten unabhängig (s.&nbsp;Beispiel <math>\mathfrak{S}_3</math> im Artikel [[Wohldefiniertheit#Beispiele für induzierte Verknüpfungen|Wohldefiniertheit]]).


=== Kommensurabilität reeller Zahlen ===
Wäre <math>U</math> jedoch nicht nur Untergruppe, sondern [[Normalteiler]] von <math>M</math>, ließe sich die geerbte Gruppenoperation auf der [[Faktorgruppe]] <math>M/U</math> wohldefinieren.
Zwei [[reelle Zahl]]en <math>x</math> und <math>y</math> heißen ''[[Kommensurabilität (Mathematik)|kommensurabel]]'', wenn sie ganzzahlige Vielfache einer geeigneten dritten reellen Zahl <math>z</math> sind. Kommensurabilität ist eine Äquivalenzrelation, wenn man die Null gesondert betrachtet:
: <math>x \sim y \;:\!\iff \begin{cases} \frac{x}{y} \in \Q, &\text{falls }\; x, y \neq 0,\\
x = y, &\text{falls }\; x, y = 0. \end{cases}</math>


* Äquivalenzklasse einer reellen Zahl <math>x \neq 0</math> ist die [[Abzählbare Menge|abzählbar]] unendliche Menge der mit <math>x</math> kommensurablen Zahlen, Äquivalenzklasse der Zahl <math>0</math> ist die einelementige Menge <math>\{0\}</math>.
== Äquivalenzhülle ==
* Die Quotientenmenge ist [[Überabzählbare Menge|überabzählbar]]. Anders als bei anderen ähnlich einfachen Äquivalenzrelationen bietet sich hier jedoch kein Repräsentantensystem an.
<!--== Reflexiv-transitive Hülle ==-->
Eine Äquivalenzrelation explizit zu beschreiben ist manchmal nicht einfach. Oft möchte man eine Äquivalenzrelation konstruieren, die gewisse vorgegebene Elemente miteinander identifiziert und zugleich gewisse Eigenschaften erhält, beispielsweise mit vorgegebenen Verknüpfungen verträglich ist (d.&nbsp;h. eine [[Kongruenzrelation]] ist).


=== ''L<sup>p</sup>''-Raum ===
<!--Sei eine Menge <math>X</math> gegeben und eine beliebige Relation <math>R\subseteq X\times X</math>. Dann kann die durch <math>R</math> erzeugte Äquivalenzrelation <math>\sim_R</math> auch dadurch beschrieben werden, dass <math>a\sim_Rb</math> genau dann gilt, wenn
Auf dem Raum der <math>p</math>-fach [[Lebesgue-Integral|integrierbaren]] Funktionen <math>\mathcal{L}^p</math> kann eine Äquivalenzrelation wie folgt definiert werden:
* <math>a=b</math> oder
* Es gibt endlich viele Elemente <math>c_0, c_1, \dotsc, c_n</math> mit <math>c_0=a</math>, <math>c_n=b</math> und für <math>0\leq i<n</math> jeweils <math>c_i\ R\ c_{i+1}</math> oder <math>c_{i+1}\ R\ c_i</math>.
: <math>f \sim g \;:\!\iff f = g\;\!</math> [[fast überall]]&nbsp;&nbsp; für alle <math>f, g \in \mathcal{L}^p</math>.

Die neue Relation <math>\sim_R</math> wird [[reflexiv-transitive Hülle]] von <math>R</math> genannt.
Die Quotientenmenge
----
: <math>L^p := \mathcal{L}^{p\!}/{\sim}</math>
Das ist so nicht richtig. Man wähle für X die reellen Zahlen <math>\R</math> und als Relation <.
bezeichnet man als ''[[Lp-Raum|<math>L^{p\!}</math>-Raum]]''.
Da kann der Weg c noch so lang sein, es wird keine Äquivalenzrelation draus. Zum Begriff Weg in diesem Zus'hang siehe Metz 2010 https://homepages.thm.de/~hg8070/dm10/sk16.pdf.-->

Sei <math>R</math> eine beliebige Relation auf der Menge <math>M</math>. Als ''Äquivalenzhülle'' von <math>R</math> bezeichnet man die kleinste Äquivalenzrelation, die <math>R</math> als Teilrelation enthält, in Zeichen:
== Erzeugung von Äquivalenzrelationen ==
: <math>R^\text{äq} := \bigcap\{E\ \subseteq M \times M|E\ \text{ist Äquivalenzrelation auf}\ M \land R \subseteq E\}</math><ref>Johannes Köbler: [https://www.informatik.hu-berlin.de/de/forschung/gebiete/algorithmenII/Lehre/ws11/einftheo/skript/einftheo-relationen.pdf Einführung in die Theoretische Informatik],
Eine Äquivalenzrelation explizit zu beschreiben ist manchmal nicht einfach. Oft möchte man eine Äquivalenzrelation konstruieren, die gewisse vorgegebene Elemente miteinander identifiziert und zugleich gewisse Eigenschaften erhält, beispielsweise eine [[Kongruenzrelation]] ist (siehe unten).
Humboldt-Universität Berlin, Institut für Informatik, WS2011/12, Seite&nbsp;38.<!-- Die Bezeichnung wurde an die in WP de gebäuchliche angepasst zu <math>R^\text{äq}, siehe [[Transitive Hülle (Relation)#Mathematische Definition]]--></ref>

Sei <math>R</math> eine beliebige Relation auf der Menge <math>A</math>. Als ''[[Hüllenoperator|Äquivalenzhülle]]'' von <math>R</math> bezeichnet man die kleinste Äquivalenzrelation, die <math>R</math> als Teilrelation enthält, in Zeichen:
: <math>R^\text{äq} := \bigcap\{\mathrel{\sim} \subseteq A \times A \mid \mathrel{\sim}</math> ist Äquivalenzrelation auf <math>A</math> mit <math>R \subseteq \mathrel{\sim}\}</math><ref>
{{Literatur |Autor=Johannes Köbler |Titel=Einführung in die Theoretische Informatik |Verlag=Humboldt-Universität zu Berlin |Seiten=38 |Kommentar=Vorlesungsskript |Online=[https://www.informatik.hu-berlin.de/de/forschung/gebiete/algorithmenII/Lehre/ws11/einftheo/skript/einftheo-relationen.pdf WS 2011/12] |Format=PDF |Abruf=2018-12-10}}</ref>


Es gilt: Die Äquivalenzhülle ist die [[reflexiv-transitive Hülle]] der [[Transitive Hülle (Relation)#Mathematische Definition|symmetrischen Hülle]], formal:
Es gilt: Die Äquivalenzhülle ist die [[reflexiv-transitive Hülle]] der [[Transitive Hülle (Relation)#Mathematische Definition|symmetrischen Hülle]], formal:
: <math>R^\text{äq} = (R^{\leftrightarrow})^* = (R \cup R^-)^* = \bigcup_{n\in \N_0} (R \cup R^-)^n</math>
: <math>R^\text{äq} = (R^{\leftrightarrow})^* = (R \cup R^{-1})^* = \bigcup_{n\in \N_0} (R \cup R^{-1})^n</math>.
<!--Die so definierte Relation ist per Def. symmetrisch, transitiv und reflexiv. Umgekehrt gilt: Jede Äq'rel., die R umfasst, muss auch R^s umfassen (wg. Sym.), sowie alle Verkettungs-Potenzen von R^s (wg. Trans.), und damit deren Vereinigung. Das gilt auch für den Schnitt aller dieser Äq'rel., die R umfassen. Also Gleichheit, qed. Literatur-Quelle wäre trotzdem wünschenswert, auch wenn es sonst in diesem Artikel daran hinten und vorne fehlt.-->
<!--Die so definierte Relation ist per Def. symmetrisch, transitiv und reflexiv. Umgekehrt gilt: Jede Äq'rel., die R umfasst, muss auch R^s umfassen (wg. Sym.), sowie alle Verkettungs-Potenzen von R^s (wg. Trans.), und damit deren Vereinigung. Das gilt auch für den Schnitt aller dieser Äq'rel., die R umfassen. Also Gleichheit, qed. Literatur-Quelle wäre trotzdem wünschenswert, auch wenn es sonst in diesem Artikel daran hinten und vorne fehlt.-->
<small>Dabei bezeichnet <math>R^{\leftrightarrow}</math> die symmetrische Hülle,<ref>Notation wie in [https://proofwiki.org/wiki/Definition:Symmetric_Closure Symmetric Closure], auf: ProofWiki vom 12. September 2016</ref> <math>R^-</math> die konverse (inverse) Relation und Potenzen von Relationen werden vermöge [[Relation (Mathematik)#Homogene Relationen|Verkettung]] gebildet.</small>
Dabei bezeichnet <math>R^{\leftrightarrow}</math> die symmetrische Hülle,<ref>
Notation wie in [https://proofwiki.org/wiki/Definition:Symmetric_Closure Symmetric Closure], auf: ProofWiki vom 12. September 2016</ref> <math>R^{-1}</math> die konverse (inverse) Relation und Potenzen von Relationen werden vermöge [[Relation (Mathematik)#Homogene Relationen|Verkettung]] gebildet.


== Kongruenzrelationen ==
== Spezielle Äquivalenzen ==
=== Gleichmächtigkeit von Mengen ===
Zwei beliebige Mengen <math>A</math> und <math>B</math> sind ''[[Mächtigkeit (Mathematik)|gleichmächtig]]'' genau dann, wenn es eine [[Bijektion]] <math>f\colon\, A \;{\!\;\twoheadrightarrow\;\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\;\rightarrowtail}\; B</math> gibt. Durch die Festlegung
: <math>A \sim B \;:\!\iff A</math> und <math>B</math> sind gleichmächtig
ist eine Äquivalenz auf der Klasse aller Mengen gegeben.

=== Isomorphie von Strukturen ===
[[Mathematische Struktur|Strukturen]] <math>\mathbf A</math> und <math>\mathbf B</math> nennt man ''[[Isomorphismus|isomorph]]'' genau dann, wenn es eine [[Verträglichkeit (Mathematik)|strukturverträgliche]] Bijektion <math>\varphi\colon\, \mathbf A \;{\!\;\twoheadrightarrow\;\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\;\rightarrowtail}\; \mathbf B</math> gibt, für die auch <math>\varphi^{-1}</math> strukturverträglich ist. Die Isomorphie von Strukturen ist eine Äquivalenz
: <math>\mathbf A \cong \mathbf B \;:\!\iff \mathbf A</math> und <math>\mathbf B</math> sind isomorph.

=== Kongruenzrelation ===
{{Hauptartikel|Kongruenzrelation}}
{{Hauptartikel|Kongruenzrelation}}
Im Allgemeinen hat eine Äquivalenzrelation auf einer Menge <math>A</math> nichts mit der Struktur zu tun, die darauf definiert sein kann. Von Interesse sind jedoch solche Äquivalenzrelationen <math>\equiv</math>, deren Quotientenabbildung
In der Mathematik beschäftigt man sich hauptsächlich mit Mengen, auf denen eine [[Mathematische Struktur|Struktur]] definiert ist, beispielsweise durch [[Verknüpfung (Mathematik)|Verknüpfungen]] eine [[Algebraische Struktur|algebraische]], durch eine [[Ordnungsrelation]] eine Ordnungsstruktur, durch eine [[Metrischer Raum|Metrik]] oder eine [[Topologischer Raum|Topologie]] ein metrischer oder topologischer Raum, oder durch Definition von Kanten und anderen Eigenschaften ein [[Graph (Graphentheorie)|Graph]]. Im Folgenden wird nur der einfachste Fall betrachtet, dass eine Struktur allein durch die Trägermenge mit Funktionen und Relationen darauf definiert ist ([[Struktur (erste Stufe)|Struktur erster Stufe]]).
: <math>\mathrm q_{\equiv}\colon\, A \to A/{\equiv},\, a \mapsto [a]_{\equiv},</math>
mit der Struktur auf <math>A</math> verträglich bzw. ein [[Homomorphismus]] ist, weil dann die von <math>\mathrm q_{\equiv}</math> erzeugte [[Quotientenstruktur|Struktur auf der Quotientenmenge]] <math>A/{\equiv}</math> von der gleichen Art ist wie die von <math>A</math>. Eine solche Äquivalenzrelationn <math>\equiv</math> nennt man eine ''Kongruenzrelation'' auf der strukturierten Menge <math>A</math>.


Insbesondere sind dann auch alle zur Struktur gehörenden Funktionen mit <math>\equiv</math> verträglich.
Im Allgemeinen hat eine Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auf einer Menge nichts mit den Strukturen zu tun, die auf der Menge definiert sein können. Oft interessiert man sich jedoch für den Fall, dass alle zur Struktur gehörenden Relationen <math>R</math> mit dieser Äquivalenzrelation [[Verträglichkeit (Mathematik)|verträglich]] sind:
: Für alle <math>(x_1, y_1), (x_2, y_2) \in R</math> gilt:
:: <math>x_1 \sim x_2 \implies y_1 \sim y_2</math>.


== Verallgemeinerungen ==
Da [[Funktion (Mathematik)|Funktionen]] spezielle Relationen sind, ergibt sich insbesondere für jede zur Struktur gehörende Funktion <math>f</math>:
=== Partielle Äquivalenzrelation ===
:: <math>x_1 \sim x_2 \implies f(x_1) \sim f(x_2)</math>.
Eine zweistellige Relation <math>\smallfrown</math> auf einer Menge <math>A</math> nennt man ''beschränkte'' oder ''partielle Äquivalenzrelation'', wenn sie symmetrisch und transitiv ist.


Jede partielle Äquivalenzrelation <math>\smallfrown</math> auf einer Menge <math>A</math> ist auf der Untermenge
Eine solche Äquivalenzrelation heißt dann eine Kongruenzrelation auf der Struktur – nicht auf der bloßen Menge, denn die Funktionen und Relationen sind für die Menge allein nicht definiert.
:<math>D_{\smallfrown} := \{a \in A \mid a \smallfrown a\} \subseteq A</math>
eine totale Äquivalenzrelation. Die durch die Äquivalenzklassen <math>[a]_{\smallfrown}</math> definierte Zerlegung von <math>D_{\smallfrown}</math> heißt auch ''partielle Zerlegung'' von <math>A</math>.


Eine partielle Äquivalenzrelation <math>\smallfrown</math> kann auf verschiedene Weise zu einer (totalen) Äquivalenzrelation <math>\sim</math> fortgesetzt werden:
Der Kern eines [[Homomorphismus]] zwischen algebraischen Strukturen ist eine Kongruenzrelation.
# Jedes <math>a \in A\setminus D_{\smallfrown}</math> bildet eine [[Einermenge|eigene Äquivalenzklasse]] <math>\{a\}</math>: <math>\quad\,\quad
a \sim b \;:\!\iff \begin{cases} a \smallfrown b, &\text{falls }\; a, b \in D_{\smallfrown},\\
a = b, &\text{sonst}. \end{cases}</math>
# Alle <math>a \in A\setminus D_{\smallfrown}</math> bilden eine einzige Äquivalenzklasse <math>A\setminus D_{\smallfrown}</math>: <math>\quad
a \sim b \;:\!\iff \begin{cases} a \smallfrown b, &\text{falls }\; a, b \in D_{\smallfrown},\\
a, b \in A\setminus D_{\smallfrown}, &\text{sonst}. \end{cases}</math>


Das Ergebnis ist jeweils eine totale Zerlegung von <math>A</math>.
Hat man eine Kongruenzrelation <math>\sim</math> auf einer Struktur mit der Trägermenge <math>M</math>, so lassen sich auf der Menge <math>M/\!\sim</math> der Äquivalenzklassen dieselben Funktionen und Relationen definieren, indem man von jeder beteiligten Klasse jeweils einen Repräsentanten nimmt, diese Repräsentanten wie in der Ausgangsstruktur verknüpft und dann wieder zur Äquivalenzklasse übergeht. Aufgrund der Verträglichkeit ist das Resultat von der Wahl des Repräsentanten unabhängig. Ist dann <math>M/\!\sim</math> mit diesen Funktionen und Relationen eine Struktur gleicher Art wie die Ausgangsstruktur, spricht man von einer Faktor- oder Quotientenstruktur, z.&nbsp;B. einem Quotientenkörper oder -raum. Ein bekanntes Beispiel sind die [[Restklassenring]]e [[Ganze Zahl|ganzer Zahlen]], die Quotientenringe des [[Ring (Algebra)|Rings]] der ganzen Zahlen sind.


Jede [[partielle Funktion]] <math>f\colon\, A\rightharpoonup B</math> nach einer beliebigen anderen Menge <math>B</math> erzeugt eine partielle Äquivalenzrelation
Eine solche Konstruktion wird in vielen Gebieten der Mathematik benutzt und ist eine der wichtigsten Anwendungen von Äquivalenzklassen.
: <math>a_1 \smallfrown a_2 \;:\!\iff \exists b \in B\colon\; f(a_1) = f(a_2) = b\;\;</math> für alle <math>a_1, a_2 \in A</math>.


Umgekehrt liefert eine partielle Äquivalenzrelation auf <math>A</math> stets eine surjektive ''partielle Quotientenabbildung''
== Verallgemeinerungen ==
: <math>\mathrm p_{\smallfrown}\colon\, A \rightharpoonup D_{\smallfrown}/{\smallfrown},\, a \mapsto [a]_{\smallfrown}</math> für alle <math>a \in D_{\smallfrown}</math>.
Eine reflexive und symmetrische Relation wird auch als ''Verträglichkeitsrelation'' oder ''Toleranzrelation'' bezeichnet. Eine verträgliche Relation ist nicht notwendig transitiv, Verträglichkeit ist eine schwächere Forderung als Äquivalenz.<ref>Man unterscheide den Begriff ''[[Verträglichkeit (Mathematik)|verträglich]]'' von Abbildungen zwischen relationalen oder algebraischen Strukturen: Homomorphismen als strukturverträgliche Abbildungen.</ref><ref>Wendt 2013, Siegfried Wendt: [https://books.google.de/books?id=dwmgBgAAQBAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage Nichtphysikalische Grundlagen der Informationstechnik - Interpretierte Formalismen], Springer-Verlag Berlin Heidelberg, Zweite Auflage 2013, 487 Seiten, {{DOI|10.1007/978-3-642-87627-1}}, ISBN=978-3-540-54452-4. Hier [https://books.google.de/books?id=dwmgBgAAQBAJ&pg=PA31&lpg=PA31&dq=verträglichkeitsrelation&source=bl&ots=E0TyEX16x4&sig=GNw9DT2gBHaPRXJhY2DjZ2hWcg8&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj-xa_eq9raAhVS6KQKHUptDtEQ6AEIVDAE#v=onepage&q=verträglichkeitsrelation Seite&nbsp;31]</ref><ref>Zheng Zheng, Hong Hu, Zhongzhi Shi: [http://sourcedb.ict.cas.cn/cn/ictthesis/200907/P020090722606539059923.pdf Tolerance Relation Based Granular Space], Institute of Computing
Technology, Chinese Academy of Sciences, Beijing, China, 2009, Seiten 682–691, hier: Seite&nbsp;683, Definition&nbsp;2.3</ref> (englisch: im finiten Fall ''[[:en:Dependency relation|dependency relation]]'', im transfiniten Fall ''[[:en:Tolerance relation|tolerance relation]]''). Der Begriff wurde von Zeeman und Kalmer eingeführt und spielt eine Rolle in der Biomathematik, Fuzzy-Theorie und Modelltheorie.<ref>M. Das, M.K. Chakraborty, T.K. Ghoshal: [https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0165011497002534 Fuzzy tolerance relation, fuzzy tolerance space and basis], in: Fuzzy Sets ans Systems, Vol.&nbsp;97, Issue&nbsp;3, 1. August 1998, Seiten&nbsp;361-369, {{DOI|10.1016/S0165-0114(97)002}} [https://www.sciencedirect.com/user/login?targetURL=%2Fscience%2Farticle%2Fpii%2FS0165011497002534%2Fpdf PDF]</ref>


=== Quasiordnung ===
Anstelle von Äquivalenzklassen und Zerlegungen (Partitionierungen) spricht man hier von Verträglichkeits- oder Toleranzklassen und [[Überdeckung (Mathematik)|Überdeckungen]] (engl.: covering).<ref>Diese lassen sich bei jeder symmetrischen Relation (sprich partiellen Verträglichkeitsrelation) bilden</ref> Sei <math>R</math> eine Ähnlichkeitsrelation auf der Menge (oder Klasse) <math>A</math>. Eine Menge (oder Klasse) <math>B \subseteq A</math> heißt Ähnlichkeits-Präklasse (Toleranz-Präklasse), wenn alle <math>x,y\in B</math> verträglich sind, d.&nbsp;h. es gilt <math>a\ R\ b</math>. Eine maximale Präklasse ist eine Toleranzklasse. Die Menge der Toleranzklassen einer Toleranzrelation <math>R</math> auf einer Menge <math>A</math> ist eine Überdeckung von <math>A</math>. Jede Äquivalenzrelation ist eine Verträglichkeitsrelation, und analog ist jede Zerlegung (Partitionierung) eine Überdeckung.<ref>V. Borschev and B. Partee: [http://people.umass.edu/partee/726_01/lectures/lecture3.pdf Mathematical Linguistics, Lecture 3] 6. September 2001, S.&nbsp;3</ref>
{{Hauptartikel|Quasiordnung}}
Eine zweistellige [[Relation (Mathematik)|Relation]] <math>\lesssim</math> auf einer Menge <math>A</math> heißt ''Prä-'' oder ''Quasiordnung'', wenn sie reflexiv und transitiv ist.


Eine Relation <math>\lesssim</math> auf <math>A</math> ist genau dann eine Quasiordnung, wenn für alle <math>a, b \in A</math> gilt:
== Weitere Äquivalenzbegriffe ==
: <math>\!a \lesssim b \iff \forall c \in A\colon\, (c \lesssim a \implies c \lesssim b)\!</math>.
Beispiele für Faktormengen:
* [[Faktorraum]] (für [[Vektorraum|Vektorräume]])
* [[Faktorgruppe]] (für [[Gruppe (Mathematik)|Gruppen]])
* [[Faktorring]] (für [[Ring (Algebra)|Ringe]])
* [[Kongruenzrelation]] (für allgemeine [[algebraische Struktur]]en)


Durch jede Quasiordnung <math>\lesssim</math> auf <math>A</math> ist eine Äquivalenzrelation <math>\sim</math> auf <math>A</math> gegeben durch die Festlegung
Die folgenden Äquivalenzbegriffe entstehen aus der Forderung, dass ein Paar von Abbildungen mit gewissen Eigenschaften zwischen zwei Objekten existiert, die „mehr oder weniger“ invers zueinander sind:
: <math>a \sim b \;:\!\iff a \lesssim b\,</math> und <math>\!\;b \lesssim a</math>.
* [[Isomorphismus|Isomorphie]]
* [[Homöomorphismus|Homöomorphie]]
* [[Homotopieäquivalenz]]
* [[Kategorientheorie|Äquivalenz von Kategorien]]


Zwei Elemente sind also äquivalent, wenn sie gegenseitig vergleichbar sind.
Weitere Beispiele für Äquivalenzrelationen:

* [[Vervollständigung (metrischer Raum)|Vervollständigung]] durch Äquivalenzklassen von [[Cauchy-Folge]]n
=== Toleranzrelation ===
Eine zweistellige reflexive und symmetrische Relation wird ''Verträglichkeits-''<ref>Man unterscheide den Begriff der ''mit Relationen verträglichen Abbildung'': Homomorphismus als [[Verträglichkeit (Mathematik)|strukturverträgliche]] Abbildung.</ref> oder ''[[:en:Tolerance relation|Toleranzrelation]]''<ref name="Ling726">
{{Literatur |Autor=Vladimir Borschev, Barbara H. Partee |Titel=Linguistics 726: Mathematical Linguistics |TitelErg=Fall semester 2006 |Verlag=University of Massachusetts Amherst |Seiten=16 |Kommentar=Course script |Online=[http://people.umass.edu/partee/726_06/lectures/Lectures1-3_2006.pdf Lectures 1-3. Basic Concepts of Set Theory, Functions and Relations; and Trees] |Format=PDF |Abruf=2018-12-10}}</ref> genannt (im endlichen Fall auch ''[[:en:Dependency relation|Abhängigkeitsrelation]]''). Da eine Toleranzrelation nicht transitiv sein muss, ist Toleranz eine schwächere Forderung als Äquivalenz. Sie spielt eine Rolle in der [[Biomathematik]] und der [[Modelltheorie]], in der [[Fuzzy theory]] wird sie zudem noch weiter verallgemeinert.<ref>
{{Literatur |Autor=M. Das, M.&nbsp;K. Chakraborty, T.&nbsp;K. Ghoshal |Titel=Fuzzy tolerance relation, fuzzy tolerance space and basis |Sammelwerk=Fuzzy Sets and Systems |Band=97 |Nummer=3 |Datum=1998-08-01 |Seiten=361–369 |DOI=10.1016/S0165-0114(97)00253-4}}</ref>

Bezeichne <math>\smallsmile</math> eine Toleranzrelation auf der Menge (oder Klasse) <math>A</math>. Eine Teilmenge (oder -klasse) <math>P \subseteq A</math> heißt ''Verträglichkeits-'' oder ''Toleranzpräklasse'', falls alle <math>a, b \in P</math> miteinander ''tolerant'' sind:<ref name="Ling726" />
: <math>a \smallsmile b</math>.
Eine maximale Präklasse <math>K \subseteq A</math>,<ref name="Ling726" /> also wenn jedes <math>a \in A\setminus K</math> mit mindestens einem <math>k \in K</math> nicht tolerant ist, nennt man wiederum eine ''Verträglichkeits-'' bzw. ''Toleranzklasse''.

Die Menge der Toleranzklassen<ref>Diese lassen sich bei jeder symmetrischen Relation (= partielle Toleranzrelation) bilden.</ref> einer Toleranzrelation auf der Menge <math>A</math> ist eine ''[[Überdeckung (Mathematik)|Überdeckung]]'' von <math>A</math>.

== Weitere Äquivalenzbegriffe ==
* [[Kategorientheorie#Natürliche Transformation|Äquivalenz von Kategorien]]
* [[Logische Äquivalenz]] von [[Aussage (Logik)|Aussagen]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur |Autor=Marcel Erné |Titel=Einführung in die Ordnungstheorie |Verlag=Bibliographisches Institut |Ort=Mannheim/Wien/Zürich |Datum=1982 |ISBN=3-411-01638-8}}
* [[Albrecht Beutelspacher]]: ''Lineare Algebra. Eine Einführung in die Wissenschaft der Vektoren, Abbildungen und Matrizen. Mit liebevollen Erklärungen, einleuchtenden Beispielen und lohnenden Übungsaufgaben, nicht ohne lustige Sprüche, launigen Ton und leichte Ironie, dargestellt zu Nutzen der Studierenden der ersten Semester. (Jetzt mit Tipps zur Lösung der Übungsaufgaben).'' 6. durchgesehene und ergänzte Auflage. Vieweg-Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-56508-X.
* [[Gerd Fischer (Mathematiker)|Gerd Fischer]]: ''Lineare Algebra. (Eine Einführung für Studienanfänger).'' 14. durchgesehene Auflage. Vieweg-Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-03217-0.
* {{Literatur |Autor=[[Gerd Fischer (Mathematiker)|Gerd Fischer]] |Titel=Lineare Algebra |TitelErg=Eine Einführung für Studienanfänger |Auflage=14. durchgesehene |Verlag=Vieweg |Ort=Wiesbaden |Datum=2003 |ISBN=3-528-03217-0}}
* {{Literatur |Autor=[[Udo Hebisch]], Hanns Joachim Weinert |Titel=Halbringe. Algebraische Theorie und Anwendungen in der Informatik |Verlag=Teubner |Ort=Stuttgart |Datum=1993 |ISBN=3-519-02091-2}}
* [[Bruno von Freytag-Löringhoff|Bruno von Freytag gen. Löringhoff]]: ''Logik. Ihr System und ihr Verhältnis zur Logistik.'' Kohlhammer, Stuttgart 1955.
* {{Literatur |Autor=[[Thomas Ihringer]] |Titel=Allgemeine Algebra. Mit einem Anhang über Universelle Coalgebra von H.&nbsp;P. Gumm |Verlag=Heldermann |Ort=Lemgo |Datum=2003 |Reihe=Berliner Studienreihe zur Mathematik |BandReihe=10 |ISBN=3-88538-110-9}}
* Matthias Schubert: ''Mathematik für Informatiker. Ausführlich erklärt mit vielen Programmbeispielen und Aufgaben.'' Vieweg-Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8351-0157-9.
* {{Literatur |Autor=Fritz Reinhardt, Heinrich Soeder |Titel=dtv-Atlas zur Mathematik. Tafeln und Texte |Band=Bände 1 und 2. 9. und 8. Auflage |Verlag=Deutscher Taschenbuch Verlag |ID=München 1991 und 1992, ISBN 3-423-03007-0 und ISBN 3-423-03008-9}}
* {{Literatur |Autor=Matthias Schubert |Titel=Mathematik für Informatiker. Ausführlich erklärt mit vielen Programmbeispielen und Aufgaben |Auflage=2. |Verlag=Vieweg+Teubner |Ort=Wiesbaden |Datum=2012 |ISBN=978-3-8348-1848-5 |DOI=10.1007/978-3-8348-1995-6}}
* {{Literatur |Autor=Siegfried Wendt |Titel=Nichtphysikalische Grundlagen der Informationstechnik. Interpretierte Formalismen |Auflage=2. |Verlag=Springer |Ort=Berlin/Heidelberg |Datum=1991 |ISBN=978-3-540-54452-4 |Online={{Google Buch |BuchID=dwmgBgAAQBAJ |Seite=31 |Linktext=Verträglichkeitsrelation |Hervorhebung=Verträglichkeitsrelation}}}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 21. März 2019, 00:55 Uhr

Unter einer Äquivalenzrelation versteht man in der Mathematik eine zweistellige Relation, die reflexiv, symmetrisch und transitiv ist. Äquivalenzrelationen sind für die Mathematik und für die Logik von großer Bedeutung. Eine Äquivalenzrelation teilt eine Menge restlos in disjunkte (elementfremde) Untermengen, Äquivalenzklassen genannt. Die Klassenbildung mit Hilfe des Äquivalenzbegriffes ist grundlegend für viele mathematische Begriffsbildungen.

Definitionen

Äquivalenz

In der Mathematik werden Objekte, die sich in einem bestimmten Zusammenhang gleichen, als gleichwertig bzw. äquivalent angesehen.

Ein solcher Zusammenhang lässt sich für alle Elemente einer nichtleeren Menge stets durch eine Funktion herstellen, indem man genau dann zwei Elemente als zueinander „äquivalent“ bezeichnet und diese Beziehung durch symbolisiert, wenn deren Bilder gleich sind:

.

Diese Beziehung bzw. Relation hat die folgenden drei Eigenschaften:

  1. Jedes Objekt ist zu sich selbst äquivalent:   .
  2. Wenn äquivalent zu ist, dann ist auch äquivalent zu :   .
  3. Wenn äquivalent zu und äquivalent zu ist, dann ist auch äquivalent zu :   und .

Äquivalenzrelation

Menge von acht Buchexemplaren mit eingezeichneter Äquivalenzrelation „ und besitzen dieselbe ISBN“ als Pfeildiagramm

Eine Äquivalenzrelation auf einer Menge ist eine zweistellige Relation , die folgende Bedingungen erfüllt:

Reflexivität
für alle .
Symmetrie
für alle .
Transitivität
und für alle .

Wie bei zweistelligen Relationen üblich, schreibt man statt auch einfacher , dann nehmen diese Eigenschaften die oben genannte Form an.

Das geordnete Paar nennt man in diesem Fall auch Setoid oder E-set (englische Bezeichnung: extensional set, auch Bishop set).[1]

Äquivalenzklassen

Menge von acht Buchexemplaren mit eingezeichneter Äquivalenzrelation „ und besitzen dieselbe ISBN“ als Pfeildiagramm und den Äquivalenzklassen

Ist eine Äquivalenzrelation auf einer Menge (Klasse) , so nennt man die Teilmenge (bzw. Teilklasse)

,

aller zu äquivalenten Elemente, die -Äquivalenzklasse von .

Ist aus dem Kontext klar, dass Äquivalenzklassen bezüglich gebildet werden, lässt man den Zusatz weg:

,

andere Schreibweisen sind

sowie .

Gibt es für eine Äquivalenzrelation eine spezielle Bezeichnung, beispielsweise „Homotopierelation“, so verwendet man häufig an Stelle von „Äquivalenzklasse“ einen abgeleiteten Terminus, beispielsweise „Homotopieklasse“. Weitere Beispiele: Isomorphieklasse zur Isomorphierelation und Kongruenzklasse zur Kongruenzrelation (hier jedoch meist Restklasse).

Repräsentantensysteme

Elemente einer Äquivalenzklasse werden ihre Vertreter oder Repräsentanten genannt. Jedes Element von ist in genau einer Äquivalenzklasse enthalten. Die Äquivalenzklassen zu je zwei Elementen sind entweder gleich oder disjunkt. Ersteres genau dann, wenn die Elemente äquivalent sind:

.

Eine Teilmenge nennt man ein (vollständiges) Vertreter- oder Repräsentantensystem von , wenn es für jede Äquivalenzklasse genau ein gibt mit .

Für jede Äquivalenzrelation auf einer Menge lässt sich zu jedem Repräsentantensystem von eine Funktion definieren, indem man

für alle

setzt.

Quotientenmenge und Partition

Die Faktor- oder Quotientenmenge einer Äquivalenzrelation auf der Menge ist die Menge aller Äquivalenzklassen:

.

Sie bildet eine Zerlegung oder Partition von .

Ist umgekehrt eine Partition von , dann ist durch

eine Äquivalenzrelation gegeben.

Die Mächtigkeit (Kardinalität) wird manchmal auch als der Index der Äquivalenzrelation bezeichnet. Ein Spezialfall ist der Index einer Untergruppe.

Quotientenabbildung

Die surjektive Funktion

,

die jedem Element seine Äquivalenzklasse zuordnet, heißt kanonische Abbildung oder Quotientenabbildung.

Diese Abbildung ist nur dann injektiv, wenn es sich bei der Äquivalenzrelation auf um die Identitätsrelation handelt.

Kern einer Funktion

Man nennt die durch die Funktion gegebene Äquivalenzrelation auch den Kern von [2]

.[3]

Insbesondere ist die Äquivalenzklasse von jedem das Urbild von dessen Bild :

.

lässt sich dann wie folgt in eine surjektive, eine bijektive sowie eine injektive Funktion zerlegen:

mit und der Inklusionsabbildung .

Unabhängigkeit der drei Eigenschaften

Tatsächlich sind die Eigenschaften der Reflexivität, der Symmetrie und der Transitivität vollständig unabhängig voneinander und müssen alle einzeln überprüft werden. So ist zum Beispiel eine reflexive und symmetrische Relation nicht etwa automatisch schon transitiv. Um das nachzuweisen, genügt es, für jeden der acht möglichen Fälle ein Beispiel anzugeben, was im Folgenden mit Relationen auf der Menge der natürlichen Zahlen geschieht.

Keine der drei Eigenschaften ist erfüllt

Weder reflexiv noch symmetrisch noch transitiv:

  ( ist um 1 größer als ).

Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Beziehung „ist ein Bruder von“ auf der Menge aller Menschen. Sie ist weder reflexiv (weil ich kein Bruder von mir selbst bin) noch symmetrisch (weil meine Schwester kein Bruder von mir ist, obwohl ich ein Bruder von ihr bin) noch transitiv (weil ich kein Bruder von mir selbst bin, obwohl ich ein Bruder meines Bruders bin und dieser ein Bruder von mir ist).

Genau eine der drei Eigenschaften ist erfüllt

Reflexiv, aber weder symmetrisch noch transitiv:

  ( ist höchstens um 1 größer als ).

Symmetrisch, aber weder reflexiv noch transitiv:

  ( und sind benachbart).

Transitiv, aber weder reflexiv noch symmetrisch:

  ( ist kleiner als ).

Genau zwei der drei Eigenschaften sind erfüllt

Symmetrisch und transitiv (partielle Äquivalenzrelation), aber nicht reflexiv:

  ( ist gleich und nicht 1).

Reflexiv und transitiv (Quasiordnung), aber nicht symmetrisch:

  ( ist kleiner oder gleich ).

Reflexiv und symmetrisch (Toleranzrelation), aber nicht transitiv:

  ( und sind gleich oder benachbart).

Alle drei Eigenschaften sind erfüllt

Reflexiv, symmetrisch und transitiv:

.

Beispiele

Nutztiere in einem landwirtschaftlichen Betrieb

Ein anschauliches Beispiel aus der Landwirtschaft soll die eingeführten Begriffe verdeutlichen. Betrachtet wird eine Menge von Nutztieren in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Wir definieren die folgende zweistellige Relation auf :

Für je zwei Nutztiere und aus soll genau dann gelten, wenn und Tiere derselben Art sind.

Für die Kuh und den Ochsen gilt immer . Für das Huhn dagegen gilt dies aber nicht: . Die Relation erfüllt die drei Forderungen für Äquivalenzrelationen:

Reflexivität
Jedes Tier ist von derselben Art wie es selbst (im Sinne von: Jedes Tier gehört einer Art an).
Symmetrie
Ist ein Tier von derselben Art wie ein zweites, dann ist das zweite auch von derselben Art wie das erste.
Transitivität
Wenn und Tiere derselben Art sind und ebenso und von derselben Art sind, dann sind auch und von derselben Art (nämlich von der Art, zu der dann jedes der drei Tiere gehört).

Eine Äquivalenzklasse besteht hier aus den Tieren einer Art. Die Rinder bilden eine und die Hühner eine andere Äquivalenzklasse. Die Quotientenmenge ist die Menge der Tierarten des landwirtschaftlichen Betriebes.

Identitätsrelation

Auf einer beliebigen Menge seien zwei Elemente äquivalent, wenn sie gleich sind. Diese durch den Graphen der identischen Abbildung auf gegebene Äquivalenzrelation nennt man die Gleichheits- oder Identitätsrelation

.

Es gilt:

  • Die Äquivalenzklasse eines Elementes ist die einelementige Menge .
  • Die Quotientenmenge ist die Menge der einelementigen Teilmengen von . Die Abbildung ist bijektiv.
  • Für die Verkettung mit beliebigen Relationen auf gilt:
  (Einselement).

Allrelation

Auf einer Menge seien nun jeweils zwei beliebige Elemente äquivalent. Auch dadurch ist eine Äquivalenzrelation auf gegeben, die sogenannte die All- oder Universalrelation

.

Es gilt:

  • Die Äquivalenzklasse jedes Elementes ist die ganze Menge .
  • Die Quotientenmenge ist die einelementige Menge . Die Abbildung ist konstant.
  • Für die Verkettung mit beliebigen reflexiven Relationen auf gilt:
  (Nullelement).

Ähnlichkeit und Kongruenz geometrischer Figuren

Zwei geometrische Figuren und in der euklidischen Ebene sind genau dann einander ähnlich, wenn sie durch eine Ähnlichkeitsabbildung ineinander überführt werden können. Durch die Ähnlichkeit ist eine Äquivalenzrelation

und sind einander ähnlich

auf der Menge aller Figuren der Ebene gegeben.

Darüber hinaus sind und genau dann kongruent, wenn sie durch eine Kongruenzabbildung, also eine längentreue Ähnlichkeitsabbildung, ineinander überführt werden können. Auch durch

und sind kongruent

ist eine Äquivalenzrelation auf gegeben.

Partition einer endlichen Zahlenmenge

Wir definieren zunächst sechs Mengen von natürlichen Zahlen von 1 bis 23:

,
,
,
,
,
.

Sie haben die Eigenschaft, dass jede Zahl aus dem Bereich von 1 bis 23 in genau einer der sechs Mengen vorkommt, die damit eine Zerlegung oder Partition der Menge bilden. Wie jede Partition von sind sie die Äquivalenzklassen einer Äquivalenzrelation auf , nämlich

.

Die Mengen wurden durch Würfeln ermittelt, also willkürlich aus den rund 44 Billiarden[4] Partitionen – und damit ebenso vielen Äquivalenzrelationen – dieser 23-elementigen Menge ausgewählt. Äquivalente Zahlen nach dieser Relation weisen keine einfach beschreibbaren Gemeinsamkeiten auf.

  • Äquivalenzklasse eines Elementes ist diejenige Menge , die enthält.
  • Die Quotientenmenge ist die sechselementige Menge .

Rationale Zahlen

Es sei die Menge der Paare ganzer Zahlen, deren zweiter Eintrag von Null verschieden ist. Für zwei Paare soll folgende Äquivalenz gelten:

.
  • Die Äquivalenzklasse des Paares ist dann der Bruch oder (totale) Quotient .
  • Mit der Quotientenmenge erhält man gerade die Menge der rationalen Zahlen .

Kommensurabilität reeller Zahlen

Zwei reelle Zahlen und heißen kommensurabel, wenn sie ganzzahlige Vielfache einer geeigneten dritten reellen Zahl sind. Kommensurabilität ist eine Äquivalenzrelation, wenn man die Null gesondert betrachtet:

  • Äquivalenzklasse einer reellen Zahl ist die abzählbar unendliche Menge der mit kommensurablen Zahlen, Äquivalenzklasse der Zahl ist die einelementige Menge .
  • Die Quotientenmenge ist überabzählbar. Anders als bei anderen ähnlich einfachen Äquivalenzrelationen bietet sich hier jedoch kein Repräsentantensystem an.

Lp-Raum

Auf dem Raum der -fach integrierbaren Funktionen kann eine Äquivalenzrelation wie folgt definiert werden:

fast überall   für alle .

Die Quotientenmenge

bezeichnet man als -Raum.

Erzeugung von Äquivalenzrelationen

Eine Äquivalenzrelation explizit zu beschreiben ist manchmal nicht einfach. Oft möchte man eine Äquivalenzrelation konstruieren, die gewisse vorgegebene Elemente miteinander identifiziert und zugleich gewisse Eigenschaften erhält, beispielsweise eine Kongruenzrelation ist (siehe unten).

Sei eine beliebige Relation auf der Menge . Als Äquivalenzhülle von bezeichnet man die kleinste Äquivalenzrelation, die als Teilrelation enthält, in Zeichen:

ist Äquivalenzrelation auf mit [5]

Es gilt: Die Äquivalenzhülle ist die reflexiv-transitive Hülle der symmetrischen Hülle, formal:

.

Dabei bezeichnet die symmetrische Hülle,[6] die konverse (inverse) Relation und Potenzen von Relationen werden vermöge Verkettung gebildet.

Spezielle Äquivalenzen

Gleichmächtigkeit von Mengen

Zwei beliebige Mengen und sind gleichmächtig genau dann, wenn es eine Bijektion gibt. Durch die Festlegung

und sind gleichmächtig

ist eine Äquivalenz auf der Klasse aller Mengen gegeben.

Isomorphie von Strukturen

Strukturen und nennt man isomorph genau dann, wenn es eine strukturverträgliche Bijektion gibt, für die auch strukturverträglich ist. Die Isomorphie von Strukturen ist eine Äquivalenz

und sind isomorph.

Kongruenzrelation

Im Allgemeinen hat eine Äquivalenzrelation auf einer Menge nichts mit der Struktur zu tun, die darauf definiert sein kann. Von Interesse sind jedoch solche Äquivalenzrelationen , deren Quotientenabbildung

mit der Struktur auf verträglich bzw. ein Homomorphismus ist, weil dann die von erzeugte Struktur auf der Quotientenmenge von der gleichen Art ist wie die von . Eine solche Äquivalenzrelationn nennt man eine Kongruenzrelation auf der strukturierten Menge .

Insbesondere sind dann auch alle zur Struktur gehörenden Funktionen mit verträglich.

Verallgemeinerungen

Partielle Äquivalenzrelation

Eine zweistellige Relation auf einer Menge nennt man beschränkte oder partielle Äquivalenzrelation, wenn sie symmetrisch und transitiv ist.

Jede partielle Äquivalenzrelation auf einer Menge ist auf der Untermenge

eine totale Äquivalenzrelation. Die durch die Äquivalenzklassen definierte Zerlegung von heißt auch partielle Zerlegung von .

Eine partielle Äquivalenzrelation kann auf verschiedene Weise zu einer (totalen) Äquivalenzrelation fortgesetzt werden:

  1. Jedes bildet eine eigene Äquivalenzklasse :
  2. Alle bilden eine einzige Äquivalenzklasse :

Das Ergebnis ist jeweils eine totale Zerlegung von .

Jede partielle Funktion nach einer beliebigen anderen Menge erzeugt eine partielle Äquivalenzrelation

für alle .

Umgekehrt liefert eine partielle Äquivalenzrelation auf stets eine surjektive partielle Quotientenabbildung

für alle .

Quasiordnung

Eine zweistellige Relation auf einer Menge heißt Prä- oder Quasiordnung, wenn sie reflexiv und transitiv ist.

Eine Relation auf ist genau dann eine Quasiordnung, wenn für alle gilt:

.

Durch jede Quasiordnung auf ist eine Äquivalenzrelation auf gegeben durch die Festlegung

und .

Zwei Elemente sind also äquivalent, wenn sie gegenseitig vergleichbar sind.

Toleranzrelation

Eine zweistellige reflexive und symmetrische Relation wird Verträglichkeits-[7] oder Toleranzrelation[8] genannt (im endlichen Fall auch Abhängigkeitsrelation). Da eine Toleranzrelation nicht transitiv sein muss, ist Toleranz eine schwächere Forderung als Äquivalenz. Sie spielt eine Rolle in der Biomathematik und der Modelltheorie, in der Fuzzy theory wird sie zudem noch weiter verallgemeinert.[9]

Bezeichne eine Toleranzrelation auf der Menge (oder Klasse) . Eine Teilmenge (oder -klasse) heißt Verträglichkeits- oder Toleranzpräklasse, falls alle miteinander tolerant sind:[8]

.

Eine maximale Präklasse ,[8] also wenn jedes mit mindestens einem nicht tolerant ist, nennt man wiederum eine Verträglichkeits- bzw. Toleranzklasse.

Die Menge der Toleranzklassen[10] einer Toleranzrelation auf der Menge ist eine Überdeckung von .

Weitere Äquivalenzbegriffe

Literatur

  • Marcel Erné: Einführung in die Ordnungstheorie. Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich 1982, ISBN 3-411-01638-8.
  • Gerd Fischer: Lineare Algebra. Eine Einführung für Studienanfänger. 14. durchgesehene Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-03217-0.
  • Udo Hebisch, Hanns Joachim Weinert: Halbringe. Algebraische Theorie und Anwendungen in der Informatik. Teubner, Stuttgart 1993, ISBN 3-519-02091-2.
  • Thomas Ihringer: Allgemeine Algebra. Mit einem Anhang über Universelle Coalgebra von H. P. Gumm (= Berliner Studienreihe zur Mathematik. Band 10). Heldermann, Lemgo 2003, ISBN 3-88538-110-9.
  • Fritz Reinhardt, Heinrich Soeder: dtv-Atlas zur Mathematik. Tafeln und Texte. Bände 1 und 2. 9. und 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1991 und 1992, ISBN 3-423-03007-0 und ISBN 3-423-03008-9.
  • Matthias Schubert: Mathematik für Informatiker. Ausführlich erklärt mit vielen Programmbeispielen und Aufgaben. 2. Auflage. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-8348-1848-5, doi:10.1007/978-3-8348-1995-6.
  • Siegfried Wendt: Nichtphysikalische Grundlagen der Informationstechnik. Interpretierte Formalismen. 2. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 1991, ISBN 978-3-540-54452-4 (Verträglichkeitsrelation in der Google-Buchsuche).
Commons: Äquivalenzrelation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Alexandre Buisse, Peter Dybjer: The Interpretation of Intuitionistic Type Theory in Locally Cartesian Closed Categories – an Intuitionistic Perspective. In: Electronic Notes in Theoretical Computer Science. Band 218, 22. Oktober 2008, S. 21–32, hier S. 24, doi:10.1016/j.entcs.2008.10.003.
  2. Man unterscheide den Begriff des Kerns einer Menge: Kern als Bild eines Kernoperators.
  3. bezeichnet hier die Verkettung von Relationen.
  4. Folge A000110 in OEIS
  5. Johannes Köbler: Einführung in die Theoretische Informatik. Humboldt-Universität zu Berlin, S. 38 (WS 2011/12 [PDF; abgerufen am 10. Dezember 2018] Vorlesungsskript).
  6. Notation wie in Symmetric Closure, auf: ProofWiki vom 12. September 2016
  7. Man unterscheide den Begriff der mit Relationen verträglichen Abbildung: Homomorphismus als strukturverträgliche Abbildung.
  8. a b c Vladimir Borschev, Barbara H. Partee: Linguistics 726: Mathematical Linguistics. Fall semester 2006. University of Massachusetts Amherst, S. 16 (Lectures 1-3. Basic Concepts of Set Theory, Functions and Relations; and Trees [PDF; abgerufen am 10. Dezember 2018] Course script).
  9. M. Das, M. K. Chakraborty, T. K. Ghoshal: Fuzzy tolerance relation, fuzzy tolerance space and basis. In: Fuzzy Sets and Systems. Band 97, Nr. 3, 1. August 1998, S. 361–369, doi:10.1016/S0165-0114(97)00253-4.
  10. Diese lassen sich bei jeder symmetrischen Relation (= partielle Toleranzrelation) bilden.