Benutzer:VerfassungsSchützer/Islam in Deutschland

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Die Şehitlik-Moschee in Berlin wird hauptsächlich von türkischstämmigen Muslimen besucht
Datei:Wuensdorf Holzmoschee.jpg
Die Holzmoschee im Halbmondlager in Wünsdorf; Postkarte von 1916

Der Islam ist in Deutschland nach der evangelischen und der katholischen Konfession die drittgrößte Glaubensgemeinschaft; derzeit bekennen sich zwischen 4,6 und 5,2 % der Bevölkerung zur islamischen Religion,[1] rund 600.000 sind deutsche Staatsbürger (Stand: 2003).[2] Der Islam in Deutschland ist stark türkisch geprägt (im Jahr 2003 hatten rund 70% der deutschen Muslime einen türkischen Migrationshintergrund),[2] was auf die Einholung von Gastarbeitern aus der Türkei in den 1960er und 1970er Jahren zurückzuführen ist. Die restlichen Muslime kamen und kommen unter anderem aus Bosnien-Herzegowina, Iran, Marokko, Afghanistan, Libanon, Pakistan, Syrien und Tunesien.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Geschichte des Islam in Deutschland

Februar 1931: Gottesdienst in Deutschlands erster Moschee in Berlin

Dem deutschen Journalisten Muhammad Salim Abdullah zufolge sei von dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. mit dem Dekret zu Potsdam 1731 für muslimische Infanteristen, die er als Geschenk erhielt, am Langen Stall in Potsdam ein Saal als „erste Moschee“ errichtet worden; im Jahr 1739 sei zudem die erste islamische Gemeindegründung auf deutschem Boden erfolgt. Dem widerspricht der katholische Theologe Thomas Lemmen: aus einer zeitgenössischen Quelle gehe hervor, jene Muslime hätten sich nur vorübergehend dort aufgehalten. Im Jahr 1798 verstarb der osmanische Gesandte Ali Aziz Efendi, daraufhin stellte der preußische König Friedrich Wilhelm III. zu seiner Bestattung ein Gelände zur Verfügung. Es folgte noch ein Tausch des Geländes. Dieses neue Gelände bildete den Grundstein des bis heute benutzten türkisch-islamischen Friedhofs am Columbiadamm in Berlin.

Auf Betreiben der Nachrichtenstelle für den Orient wurde seit Beginn des Ersten Weltkrieges das Halbmondlager in Wünsdorf bei Zossen in der Nähe von Berlin errichtet, in dem bis zu 30.000 meist muslimische Kriegsgefangene interniert waren. 1914/1915 wurde im Halbmondlager die erste funktionierende Moschee auf deutschem Boden gebaut. Wegen Einsturzgefahr wurde die aus Holz gebaute Moschee 1924 geschlossen und 1925/26 abgerissen. Im Jahr 1924 wurde in Berlin-Wilmersdorf von der muslimischen Ahmadyyia-Gemeinde der Grundstein für die erste feste Moschee Deutschlands gelegt.

Der hauptsächliche Grund für die Zunahme des Islams in Deutschland, der bis in die 1960er Jahre nur eine äußerst untergeordnete Rolle spielte, ist die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte, bedingt durch Anwerbeabkommen mit muslimischen Staaten und den anschließenden dauerhaften Aufenthalt mit Familienzusammenführung, die von der Bundesrepublik Deutschland von 1961 (Abkommen mit der Türkei über Anwerbung von Gastarbeitern) bis 1973 betrieben wurde.

Im Jahr 2006 fand in Berlin die erste Deutsche Islamkonferenz statt, die hervorgerufen wurde, um einen Dialog zwischen dem deutschen Staat und den Muslimen in der Bundesrepublik herzustellen.

Islamische Organisationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der DITIB erbaute Merkez-Moschee in Duisburg

Hauptartikel: Islamische Organisationen in Deutschland

In Deutschland existieren eine Vielzahl von islamischen Verbänden und Vereinen. Die mitgliederstärkste muslimische Organisation stellt die DITIB dar, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (türk. Diyanet İşleri Türk İslam Birliği). Zusammen mit weiteren Dachverbänden wie dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und dem Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) gründete sie im Jahr 2007 auf der Deutschen Islamkonferenz den Koordinationsrat der Muslime in Deutschland. Insgesamt sind ungefähr 20% der deutschen Muslime Mitglieder in religiösen Vereinen oder Gemeinden.[1]

Einzelne Organisationen, die Mitglied in den genannten Verbänden sind, sind unter anderem:

Islamische Strömungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rund 60 % der deutschen Muslime sind Sunniten (nach anderen Angaben 74%[1]); die Aleviten, die zum Teil den Schiiten zugeordnet werden, machen 12% aus, [2] die Ahmadiyya 1,7 %.[1] Das Jesidentum, dem einige türkische Kurden angehören, gehört nicht zum Islam.

Ahmadiyya[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teil des 100-Moscheen-Plans: Die 2008 erbaute Khadija-Moschee (Berlin) der Ahmadiyya-Gemeinde war das erste islamische Gotteshaus in Ostdeutschland

Die Ahmadiyya, einer ursprünglich aus Indien stammenden islamischen Glaubensrichtung, die allerdings von vielen anderen Muslimen als unislamische Sekte angesehen wird, hat rund 30.000 Anhänger in Deutschland, die sich auf 220 Gemeinden verteilen.[3] Die beiden Untergruppen Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) und Ahmadiyya Anjuman Ischat-i-Islam Lahore (AAIIL, deutsch: Lahore Ahmadiyya-Bewegung für die Verbreitung des Islam) traten in den 1920er Jahren ungefähr zeitgleich missionarisch in Deutschland auf. Am 9. August 1955 gründete die AMJ in Hamburg den Verein Ahmadiyya Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland, 1969 wurde der Vereinssitz nach Frankfurt am Main verlegt. Im Jahr 1989 wurde von der Ahmadiyya Muslim Jamaat der 100-Moscheen-Plan ausgerufen, demzufolge in Deutschland 100 Moscheen für die Ahmadiyya entstehen sollen.

Aleviten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die türkischstämmigen Muslime in Deutschland gehören vielfach den Religionsgemeinschaft der Aleviten an. Diese in Anatolien entstandene Richtung wird ähnlich wie die Ahmadiyya von vielen als nicht islamsich verstanden, die Aleviten selber sehen sich teilweise als Strömung innerhalb der Schia, teilweise als "eigenständige Religionsgemeinschaft aus dem islamischen Kulturraum", wie es der alevitische Grünen-Politiker Ali Ertan Toprak formulierte.[4] Der Grund für den in Deutschland verhältnismäßig großen prozentualen Anteil der Aleviten bei Muslimen türkischer Herkunft ist, dass viele Einwanderer aus alevitischen Regionenin in der Türkei stammten; zudem gab es in den 1980er Jahren eine vertstärkte Einwanderungswelle als Asylbewerber, da viele Aleviten vor dem Militärputsch 1980 Oppositionelle waren. Im Jahr 1986 wurde die Alevitische Gemeinde Deutschland (türkisch: Almanya Alevi Birlikleri Federasyonu, AABF) als Dachverband für die alevitischen Gemeinden gegründet, von denen mittlerweile 111 existieren.[4] Der eingangs zitierte Toprak, der Generalsekretär der AABF war, betonte die weltliche Ausrichtung des alevitischen Glaubens; so gelte für die Aleviten nicht die Scharia, auch das tägliche fünfmalige Gebet sei nicht relevant.[4]

Salafismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anhänger der Salafiyya stellen innerhalb der muslimischen Gemeinde eine kleine Minderheit dar, dennoch finden sie besonders unter jüngeren Muslimen Zuspruch, was unter anderem auf deren starke Internetpräsenz zurückzuführen ist.[5] Eine besondere Rolle nimmt dabei der deutsche Konvertit Pierre Vogel (Abu Hamza) und dessen Verein Einladung zum Paradies (EZP) ein; Vogel erlangte Bekanntheit durch zahlreiche im Internet veröffentlichte Videos, in denen er der eine dem Salafismus entsprechende strenge Ausrichtung des Islam predigt, und gilt als die einflussreichste Person der deutschen Konvertitenszene.[6] Die rigiden Richtlinien machen diese spezielle islamische Strömung für viele Jugendliche attraktiv, da sie Sicherheit und Zugehörigkeitsgefühl gibt. Aufgrund seiner Ansichten wie der positiven Einstellung gegenüber streng islamischer Praxis wie Steinigung und der Vorzug der Scharia vor dem Grundgesetz werden Vogel und seine Anhänger von vielen Seiten stark kritisiert; zudem wird sein Verein EZP vom Verfassungsschutz beobachtet.[7] Die öffentliche Ausübung des Gebets durch rund 300 Salafisten des EZP auf einem Marktplatz im Mönchengladbacher Stadtteil Eicken rief 2010 unter der Bevölkerung starken Protest hervor.[8] Der Marokkaner Abdul Adhim Kamouss ist ein weiterer bekannter Prediger der Szene.[9]

Muslime in der Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cem Özdemir, erster muslimischer Vorsitzender einer deutschen Großpartei

Seit den 1990er Jahren befinden sich immer wieder Abgeordnete mit muslimischen Hintergrund im deutschen Bundestag, so unter anderem Ekin Deligöz (Grüne), Lale Akgün (SPD), Sevim Dağdelen (Die Linke), Hüseyin Kenan Aydın (Die Linke), Hakki Keskin (SPD), Aydan Özoğuz (SPD) und Serkan Tören (FDP).

Im November 2008 wählten Bündnis 90/Die Grünen den türkischstämmigen Politiker Cem Özdemir zu ihrem Parteivorsitzenden, er ist damit in Deutschland der erste Muslim in einer solchen Position. Im April 2010 berief der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff mit Aygül Özkan erstmals eine Muslimin in ein Landesministerium.

Islamkritik in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zahlreiche deutsche Autoren, gerade auch mit Migrationshintergrund, haben eine stark kritische Haltung gegenüber dem Islam entwickelt. So wendet sich Necla Kelek gegen die Unterdrückung der Frauen in der muslimischen Gesellschaft bzw. das muslimische Geschlechterbild; eine ähnliche Richtung geht Seyran Ateş, die gegen Zwangsheirat und Ehrenmorde kämpft, welche vermehrt in muslimischen Kreisen vorkommen. Ateş zog sich allerdings 2009 nach mehreren Mordrohungen aus der Öffentlichkeit zurück. Die Religionspädagogin Lamya Kaddor charakterisiert ausschließlich den orthodoxen Islam als genuin frauenfeindlich; das Kopftuch befindet sie zudem für obsolet. Der aus Ägypten stammende Autor Hamed Abdel-Samad fordert einen "Islam Light" und wendet sich gegen Scharia, Geschlechtertrennung und Missionierungsdrang.

Dem Autor Henryk M. Broder wurde in seiner Islamkritik Polemik und Pauschalisierung vorgeworfen; unter anderem warnte er vor einer Appeasement-Politik gegenüber dem radikalen Islam. Udo Ulfkotte beschwört in seinen Büchern die Islamisierung Europas ("Eurabien") und gründete 2007 die antiislamische Bürgerbewegung Pax Europa.

Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kopftuch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Moscheebau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenmorde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mord an Marwa El-Sherbini[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Islam und muslimisches Leben in Deutschland
  2. a b c Islam in Germany
  3. Die Geschichte der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland Hamburger Abendblatt, 1 September 2010
  4. a b c Zwischen allen Stühlen Welt Online, 13. Juli 2007
  5. Bundeszentrale für politische Bildung - Glossar: Salafismus
  6. „Ick bin ein Muslim jeworden“
  7. Einladung in gefährliches Paradies
  8. Salafisten: Demos in GladbachRP-Online, 10. September 2010
  9. "Moslem-Macher" predigt in der Innenstadt RP-Online, 23. September 2009