Frankfurt-Offenbacher Trambahn-Gesellschaft

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Um 1890: Eine Straßenbahn der FOTG auf dem Offenbacher Mathildenplatz

Die Frankfurt-Offenbacher Trambahn-Gesellschaft, abgekürzt FOTG, war ein 1882 gegründetes Verkehrsunternehmen. Es betrieb ab 1884 eine der ersten elektrischen Straßenbahnen Deutschlands.

Geschichte

Es gab verschiedene Versuche für den Lokalverkehr zwischen den beiden Städten eine Bahnstrecke einzurichten. 1872 wurde die Konzession für eine Dampfstraßenbahn verweigert, weil Dampf und Staub die durchfahrenen Straßen entwertet hätten.

Am 12. Juni 1882 legte ein Offenbacher Konsortium, bestehend aus dem Kommerzienrat Weintraut, dem Bankier Weymann und dem Bankhaus Merzbach, den Behörden in Offenbach und Frankfurt die Ausarbeitung des Projektes „einer elektrischen Straßenbahn zwischen den Endpunkten Deutschherrn-Quai nächst der Alten Brücke und dem Mathildenplatz in Offenbach“ vor. Vorausgegangen waren Abstimmungen mit dem Unternehmen Siemens & Halske, welches dieses Vorhaben technisch umsetzen sollte.

Die beiden Städte erteilten am 20. Oktober 1883 dem Vorsitzenden des Konsortiums, dem „Kaufmann G. R. A. Weymann in Offenbach“, eine 25-jährige Konzession zum Betrieb einer elektrischen Straßenbahn auf der beantragten Strecke. Als Träger des Unternehmens wurde die Frankfurt-Offenbacher Trambahn-Gesellschaft gegründet, der Baubeginn erfolgte noch im gleichen Jahr. Der erste Streckenabschnitt zwischen der Alten Brücke in Sachsenhausen und dem Buchrainplatz in Oberrad wurde am 18. Februar 1884 als meterspurige Schmalspurbahn eröffnet. Die Fortsetzung zum Offenbacher Mathildenplatz folgte am 10. April des gleichen Jahres. Damit war die Gesamtlänge von 6,7 Kilometern erreicht.

Am 13. Januar 1905 wurde die Linie von den Städten Frankfurt und Offenbach übernommen und schrittweise auf die bei der Frankfurter Straßenbahn übliche Normalspur umgespurt. Dadurch konnte die Straßenbahnlinie 16 vom Lokalbahnhof nach Offenbach verlängert werden. Am 28. Oktober 1906 fuhr die im Volksmund Knochemiehl (Knochenmühle) genannte Straßenbahn zum letzten Mal.

Auf Frankfurter Stadtgebiet bedient die Straßenbahnlinie 16 die ehemalige FOTG-Strecke zu großen Teilen bis heute. Die Strecken der Städtischen Straßenbahn Offenbach wurden hingegen bis 1996 vollständig stillgelegt.

Technik

Die Strecke der FOTG war die vierte elektrische Straßenbahnanlage der Welt. Die Technik des Antriebs mit einem Elektromotor und äußerer Stromzufuhr stand noch am Anfang ihrer Entwicklung. Anders als bei den meisten heutigen elektrischen Schienenfahrzeugen war die Oberleitung zweipolig wie beim Oberleitungsbus. Die damalige Oberleitung war noch kein Fahrdraht und der Stromabnehmer wurde noch nicht von unten angedrückt; erste Stromabnehmer in Lyra- und in Stangenform kamen erst 1887 und 1889 auf. Stattdessen wurde das Oberleitungssystem der 1883 eröffneten Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl bei Wien verwendet. Es bestand aus zwei Kupferrohren mit kleinem Durchmesser und einem Schlitz an der Unterseite, der sogenannten Schlitzrohrfahrleitung. In dieser liefen zwei Kontaktwägelchen, die von den Triebwagen nachgezogen wurden. Bei der FOTG wurde die Schlitzrohrfahrleitung in fünf Metern Höhe aufgehängt. An den Ausweichstellen wurden Luftweichen verwendet, die mit den Gleisweichen gekoppelt waren.

Die Stromrückführung erfolgte nicht wie heute über die Räder und die Gleise, sondern über die zweite Oberleitung. Damit die Räder des Triebwagens keinen Strom leiten konnten, waren sie aus Holz gefertigt und wurden von einem stählernen Radreifen zusammengehalten. Als Fahrstrom wurde Gleichstrom mit einer Spannung von 300 Volt verwendet.

Strecke

Die Strecke in dem, ab dem 21. Juni 1885 gültigen, FOTG-Fahrplan

Die eingleisige Strecke besaß drei Ausweichen bei der Deutschherrnmühle in Sachsenhausen, bei der Schönen Aussicht in Oberrad und bei der Löwenruhe in Offenbach. Sie begann am südlichen Ende der Alten Brücke, die damals die wichtigste Verkehrsverbindung zwischen Frankfurt und Sachsenhausen war, und führte auf dem Deutschherrn-Quai bis zur Obermainbrücke. Dort bestand Anschluss an die Frankfurter Straßenbahn. Nach dem Passieren des neuen Schlachthofs querte die Strecke niveaugleich die Gleise der Frankfurt-Offenbacher Lokalbahn. Anschließend wurde das Viadukt der Bahnstrecke Hanau–Frankfurt der Bebraer Eisenbahn passiert. Über die Offenbacher Landstraße und den Mühlberg ging es durch das Sachsenhauser Ostend nach Oberrad bis zur Offenbacher Stadtgrenze.

In Offenbach am Main fuhr die Linie auf der Frankfurter Straße vom Dreieich-Park über die Stationen Ludwigstraße, vorbei am Deutschen Ledermuseum, Luisenstraße und der Kaiserstraße in die Offenbacher Innenstadt. Nach dem Musikhaus André folgten die Stationen Herrnstraße und Marktplatz, über den Wilhelmsplatz erreichte die Bahn die im Offenbacher Ostend gelegene Endhaltestelle Mathildenplatz beim “Alten Friedhof”. Die später geplante Fortführung nach Bürgel und Rumpenheim wurde jedoch durch die schlechte wirtschaftliche Situation der FOTG verhindert.

Betrieb

Am Buchrainplatz in Oberrad entstand ein kleines Depot. Dort entstand außerdem ein bahneigenes Kohlekraftwerk um den Strom für die Strecke zu erzeugen.

Durch die noch nicht ausgereifte Technik traten im Fahrbetrieb häufig Pannen auf. Die Kontaktschiffchen fielen oft aus den Kupferrohren und mussten mühsam per Hand wieder eingesetzt werden. Hierzu führte jeder Triebwagen eine Leiter mit, um die Schiffchen wieder einhängen zu können. Auch die Gleisanlagen und der Antrieb waren noch nicht ausgereift. So musste täglich zwischen 11:00 und 12:00 Uhr eine halbstündige Betriebspause eingelegt werden, um die Fahrzeuge mit Wagenfett einschmieren zu können.

Die Bahn verkehrte zwischen 6:00 und 22:40 Uhr. Die Fahrzeit betrug 25 Minuten. Der Fahrpreis für die ganze Strecke betrug werktags 20 und sonntags 25 Pfennig, Teilstrecken kosteten zehn und 15 Pfennig. Im ersten Jahr wurden eine Million Fahrgäste gezählt.

Fahrzeuge

Der Fahrzeugpark der FOTG bestand aus zehn Trieb- und sieben Beiwagen. Sie wurden vom Kölner Unternehmen Herbrand & Cie. hergestellt, die elektrische Ausrüstung lieferte Siemens & Halske zu. Die Bahnen erreichten eine Geschwindigkeit von etwa 20 Kilometern in der Stunde. Die Triebwagen hatten einen Elektromotor mit elf Kilowatt Leistung, wogen 3,9 Tonnen und hatten insgesamt 24 Sitz- und Stehplätze. Die Beiwagen wogen zwischen 2,0 und 2,2 Tonnen und hatten zwischen 24 und 27 Sitz- und Stehplätze. Die Sitze waren auf Längsbänken angeordnet. Der Motor war fest im Fahrgestell eingebaut und trieb die Räder mittels Zahnrädern an. Der Zahnradantrieb und die fehlende Federung führten zu unruhigen Laufeigenschaften.

Triebwagen Nummer 8 und Beiwagen Nummer 13 blieben als Museumsfahrzeuge erhalten, während die übrigen Fahrzeuge verschrottet oder zu Beiwagen für die Städtische Straßenbahn umgebaut wurden. Der Triebwagen 8 ist heute der weltweit älteste erhaltene Straßenbahn-Triebwagen. Die beiden Fahrzeuge waren viele Jahre im Straßenbahndepot Eckenheim untergestellt. Heute können sie im Verkehrsmuseum Frankfurt am Main in Schwanheim besichtigt werden.

Trivia

2009 gab die rumänische Post einen Briefmarkenblock heraus dessen einzelne Briefmarken die ältesten Straßenbahnen der Welt zeigen. Unter anderem befinden sich auf den Sondermarken Straßenbahnen aus London, Wien, Berlin, Brăila, Bukarest und Frankfurt am Main. Auf der Frankfurter Sondermarke ist ein Triebwagen der FOTG zusammen mit dem Frankfurter Wappen zu sehen. Außerdem ist die Oberleitung mit den Kontaktwägelchen abgebildet. Der Triebwagen auf der Marke trägt die Nummer 11, die eigentlich einem Beiwagen zugeordnet war. Die Marke mit dem Wert von 0,80 Leu trägt die Aufschriften "1884 - Primul tramvai electric din Frankfurt" und "Linia 11: Frankfurt - Offenbach"[1].

Nachbau

Für die Parkeisenbahn Palmen-Express im Palmengarten Frankfurt wird seit 2012 ein verkleinerter Nachbau des Triebwagens mit einer Spurweite von 600 Millimetern eingesetzt. Die Strecke musste wegen der Neugestaltung rund um das Papageno Musiktheater umgebaut werden. Seitdem benötigt sie Zweirichtungsfahrzeuge, da die bisherige Wendeschleife wegfiel. Das Fahrzeug verwendet keine Oberleitung, sondern bezieht den Fahrstrom, wie die bisher verwendete Westernlok, aus Akkus.[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. in Fahrt - Magazin für Mitarbeiter der VGF, Oktober / November 2009, Seite 21
  2. Mitteilung der Parkbahn im Abschnitt „Aus alt mach neu“ oder: Der neue Zug sieht ziemlich alt aus.

Literatur

  • Dieter Höltge, Günter H. Köhler: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. 2. Auflage. Band 1: Hessen. EK-Verlag, Freiburg 1992, ISBN 3-88255-335-9.
  • Horst Michelke, Claude Jeanmaire: 100 Jahre Frankfurter Straßenbahnen: 1872 - 1899 - 1972. 1. Auflage. Verlag Eisenbahn, Villigen AG, bei Brugg/Schweiz 1972, ISBN 3-85649-018-3.
  • Helmut Roggenkamp: Die älteste Elektrische muss gehen. In: Eisenbahn Magazin. Nr. 6. Alba Verlag, Düsseldorf 1996.
  • Alexander Piesenecker: Man fährt elektrisch! - 125 Jahre elektrische Straßenbahn in Frankfurt am Main und Offenbach. In: Strassenbahn Magazin. Nr. 6. GeraMond, München 2009, S. 12–23.

Weblinks