Gniezno

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Gniezno
Wappen von Gniezno
Gniezno (Polen)
Gniezno (Polen)
Gniezno
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Großpolen
Powiat: Gniezno
Fläche: 40,90 km²
Geographische Lage: 52° 32′ N, 17° 36′ OKoordinaten: 52° 32′ 0″ N, 17° 36′ 0″ O
Einwohner: 67.570
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 62-200 bis 62-210
Telefonvorwahl: (+48) 61
Kfz-Kennzeichen: PGN
Wirtschaft und Verkehr
Straße: PosenBydgoszcz
Eisenbahn: Posen–Thorn
Nächster int. Flughafen: Posen-Ławica
Gmina
Gminatyp: Stadtgemeinde
Einwohner: 67.570
(31. Dez. 2020)[1]
Gemeindenummer (GUS): 3003011
Verwaltung (Stand: 2012)
Bürgermeister: Tomasz Budasz
Adresse: ul. Lecha 6
62-200 Gniezno
Webpräsenz: gniezno.eu



Gniezno [ˈgɲɛznɔ] (deutsch Gnesen) ist eine Stadt in Polen, die der Woiwodschaft Großpolen angehört und rund 50 km östlich von Posen liegt. Sie ist Sitz des Erzbistums Gniezno.

Geschichte

Gnesen östlich der Stadt Posen auf einer Landkarte der Provinz Posen von 1905 (gelb markierte Flächen kennzeichnen Gebiete mit seinerzeit mehrheitlich polnischsprachiger Bevölkerung).
Gnesen auf einem Foto aus dem 19. Jahrhundert

Gniezno gilt als eine der ältesten Städte Polens; erste menschliche Ansiedlungen gab es bereits in der Steinzeit. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte allerdings erst am Ende des 10. Jahrhunderts, also nach der Christianisierung Polens. Als Gründer der Stadt gilt Herzog Lech, der sich einer Legende nach auf dem Lech-Hügel sein Nest (poln. gniazdo) baute wie ein weißer Adler in der Baumkrone über ihm. Der weiße Adler findet sich sowohl im Wappen der Stadt als auch im Wappen Polens.

Mittelalter

In Gniezno ist seit dem 8. Jahrhundert eine Burg nachweisbar. Ab dem 9. Jahrhundert war es das politische Zentrum des sich allmählich herausbildenden Staates der Piasten. Im Jahr 1000 kam es zum Akt von Gnesen. Bolesław I. Chrobry empfing hier Kaiser Otto III., und es kam zur Gründung des ältesten polnischen Erzbistums. 1025 wurde Bolesław I. Chrobry der erste König von Polen. 1238/39 erhielt Gniezno die Stadtrechte. Bis 1320 war die Stadt Krönungsort der polnischen Könige.

Gniezno war lange Zeit das kulturelle Zentrum Polens. Polen verbindet mit dieser Stadt die Anfänge seines Staatswesens.

Neuzeit

Bei der Zweiten Polnischen Teilung 1793 kam Gnesen zum Königreich Preußen. 1807 wurde es von Napoléon dem Herzogtum Warschau zugeschlagen.

Nach dem Wiener Kongress gehörte Gnesen zum Kreis Gnesen in der preußischen Provinz Posen, Regierungsbezirk Bromberg.

Während der (europaweiten) Hungersnot des Jahres 1847 war Gnesen Schauplatz bürgerkriegsähnlicher Unruhen. Es kam zu Plünderungen von Speichern und Läden.[2]

Mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrags am 20. Januar 1920 kam Gnesen zur Republik Polen und war ab 1925 ein selbständiger Stadtkreis.

Nach dem Überfall auf Polen wurde Gnesen am 11. September 1939 Teil des deutschen Militärbezirks Posen und am 26. Oktober 1939 in das Deutsche Reich eingegliedert. Es gehörte fortan zum Reichsgau Posen, später Wartheland und zum Regierungsbezirk Hohensalza. Ab dem 1. Januar 1940 unterstand Gnesen der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935, mit einem deutschen Oberbürgermeister (Julius Lorenzen (NSDAP)) an der Spitze.

Im Januar 1945 wurde die Stadt von der Roten Armee besetzt und kam nach der Beendigung des Zweiten Weltkriegs wieder zu Polen. Die deutschen Einwohner flüchteten oder wurden vertrieben.

Dziekanka

Wojewódzki Szpital dla Nerwowo i Psychicznie Chorych Dziekanka – Nervenheilanstalt Dziekanka (Tiegenhof)

In der heute zu Gniezno gehörenden Siedlung Dziekanka (deutsch: Dekanat, 1939–1945: Tiegenhof) wurde 1894 eine psychiatrische Anstalt des Kreises eingerichtet. Die seit 1920 polnische Anstalt wurde 1939 in Gauheilanstalt Tiegenhof umbenannt. Der Direktor Victor Ratka kollaborierte mit den deutschen Besatzern und blieb im Amt.

Zunächst wurden über 1200 polnische Anstaltsinsassen durch das Sonderkommando Lange in Gaswagen ermordet. Nach dem Ende der Krankenmorde wurden ab Ende 1941 Anstaltsinsassen aus dem Deutschen Reich nach Tiegenhof verlegt und dort durch Nahrungsentzug und Gaben tödlicher Medikamentencocktails ermordet. Verharmlosend sprach man auch von einer „Kinderfachabteilung“.[3] Die Gesamtzahl der Getöteten wird auf 3586 beziffert.[4]

Name der Stadt und Gründungssage

Der Name der Stadt Gniezno leitet sich vom polnischen Wort gniazdo ab, was auf Deutsch Nest bedeutet.[5] Nach der Legende zur Entstehung des polnischen Staats gab es drei Brüder: Lech, den Urvater des polnischen Staats, Czech (Čech) den Urvater des tschechischen Staats und Rus, den Urvater des russischen Staats. Die ursprünglich zusammen lebenden Brüder beschlossen, in die Weite zu ziehen. Czech siedelte südlich und Rus östlich. Lech beschloss nach Norden zu ziehen. Als Lech in das Gebiet des späteren Großpolens gelangte, ruhte er sich im Schatten eines Baumes aus. Dabei beobachtete er in der Abendröte einen prächtigen weißen Adler, der auf der Krone des Baums über ihm gelandet war. Dieses Ereignis beeindruckte Lech so sehr, dass er beschloss, sich hier niederzulassen und die Stadt Gniezno (Gnesen) zu gründen. Von diesem Zeitpunkt an ist der weiße Adler Teil des städtischen und polnischen Wappens, wobei die Farbe Rot für die Abendröte steht.

Verkehr

Gniezno liegt an der Bahnstrecke Poznań–Toruń und an den bei Gniezno nur noch im Güterverkehr betriebenen Bahnstrecken Oleśnica–Chojnice und Gniezno–Sława Wielkopolska.

St.-Johannes-Kirche; 19. Jahrhundert
Rynek (dt. Markt) in Gniezno
Dom von Gniezno
Türme des Gnieznoer Doms
eh. evangelische Garnisonkirche

Bauwerke

Die Erzkathedrale von Gniezno gilt als eines der bedeutendsten Kirchengebäude Polens. Die Kirche ist seit dem 15. Jahrhundert zugleich die Hauptkirche des Erzbischofs von Gniezno sowie des Primas Poloniae (Primas von Polen). Von europäischer Bedeutung ist in der Erzkathedrale die zweiflügelige Bronzetür von Gniezno. Anlässlich des Besuchs von Papst Johannes Paul II. in Polen 1997 schuf der deutsche Künstler Heinrich Gerhard Bücker für die Erzkathedrale einen neuen Hochaltar, der vom Papst bei seinem Besuch persönlich geweiht wurde.

Neben der prächtigen Erzkathedrale besitzt Gniezno noch weitere Kirchen als da sind: Kirche zum Heiligen Kreuz, Peter-und-Paul-Kirche, Kirche des Erzengels Michael, die Krönungskirche der polnischen Könige, Georgskirche.[6] Etliche restaurierte historische Gebäude und Museen vervollständigen die sehenswerten Bauwerke. Das Erzbischöfliches Archiv zu Gniezno zeigt religiöse Objekte, darunter Gemälde, Skulpturen, Gewänder und Sargportraits.

Die gotische Rektorkirche des Hl. Johannes der Täufer in Gniezno ist ein Kirchengebäude des Ritterorden vom Heiligen Grab und beherbergt Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert. Sehenswert ist auch das didaktisch gut aufgebaute Museum der Ursprünge des polnischen Staates, das die Frühgeschichte der Stadt Gniezno und deren Zeit als Hauptstadt der polnischen Nation dokumentiert.

Gmina (Landgemeinde)

Die Landgemeinde Gniezno, zu der die Stadt Gniezno nicht gehört, umfasst folgende Ortschaften:

Name deutscher Name
(1815–1918)
deutscher Name
(1939–1945)
Name deutscher Name
(1815–1918)
deutscher Name
(1939–1945)
Braciszewo Braziszewo
1904–1918 Brazischewo
Lindenhof Obora Obora 1939–1943 Hermannsruh
1943–1945 Schipplicksruh
Dalki Dalki Dohlenhain Obórka Friedrichshain Friedrichshain
Dębówiec Dembowietz Grünwerder Osiniec Charlottenhof Charlottenhof
Ganina Klewitzdorf Klewitzdorf Piekary Piekary
1904–1918 Kornhof
Kornhof
Goślinowo Goslinowo
1912–1918 Goslau
Goslau Pyszczyn Pyszczyn Seefeld
Jankowo Dolne Jankowo
1904–1918 Talsee
Talsee Pyszczynek Pyszczynek
1912–1918 Hüserstett
1939–1943 Hüserstett
1943–1945 Hüserstätt
Kalina Braunsfeld Braunsfeld Skiereszewo Skiereszewo
1908–1918 Kirschdorf
Kirschdorf
Krzyszczewo Krzyszczewo
1904–1918 Kreuztal
Kreuztal Strzyżewo Witkowskie Königlich Strzyzewo Tiefenbach
Łabiszynek Labiszynek
1904–1918 Labischinek
Laben Strzyżewo Paczkowe Strzyzewo Paczkowo
1906–1918 Alt-Striesen
Striesen
Lubochnia Lubochnia Lubenwalde Strzyżewo Smykowe Strzyzewo Smykowe
1904–1918 Neu-Striesen
Neustriesen
Lulkowo Lulkowo
1908–1918 Lukrode
Lukrode Szczytniki Duchowne Königlich Szczytnik
Mączniki Montschnik Mahlen Wełnica Welnica Wollheim
Mnichowo Mnichowo
1904–1918 Mönchsee
Mönchsee Wierzbiczany Wierzbiczany Weidenhof
Modliszewo Modliszewo
1908–1918 Modlin
Molten Wola Skorzęcka Wola Skorzencin Woltershagen
Modliszewko Modliszewko
1908–1918 Modlinshagen
Moltenhagen Zdziechowa Zdziechowo
1904–1918 Zechau
Zechau
Napoleonowo Napoleonowo Friedrichshof

Im Juni 2010 betrug die Einwohnerzahl der Landgemeinde 9.490 Einwohner.[7]

Partnerstädte

Sport

Fußball

In Gnesen ist der Fußball-Drittligist Mieszko Gniezno beheimatet. Weitere Fußballvereine aus Gniezno sind: KS Gniezno, Techmet Orliki Gniezno sowie Gniewko Gniezno.

Speedway

Speedway Stadion in Gniezno

Der Speedway Verein TŻ Start Gniezno tritt seine Wettkämpfe in der 2. polnischen Liga aus. Die Mannschaft trägt ihre Wettkämpfe im Start Gniezno Stadion aus welches 10.000 Zuschauern platz bietet.

Söhne und Töchter der Stadt

Bibliografie

Monographien, Beiträge

  • Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 311–316.
  • Führer durch Gnesen, seine Geschichte und seine Sehenswürdigkeiten. Otto Pabst, Gnesen 1913 (E-Kopie)
  • Gniezno. Geschichte und Gegenwart. (= Schriftenreihe der Stadt Speyer; Bd. 8). Stadtverwaltung, Speyer 1997.
  • Wilfried Gerke, unter Mithilfe von Elfriede Henke: Deutsche im Gnesener Land. Heimatbuch für den Kreis Gnesen-Witkowo. Geschäftsstelle der Heimatkreisgemeinschaft Gnesen, Hannover 1981.
  • Ursula Mende: Die Bronzetüren des Mittelalters. 800–1200. Hirmer, München 1983, ISBN 3-7774-3530-9, S. 84 ff.
  • Enno Schwanke: Die psychiatrische Anstalt Tiegenhof. Die nationalsozialistische „Euthanasie“ in regionaler Perspektive. Berlin 2013 (Masterarbeit FU Berlin).

Weblinks

Commons: Gniezno – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. Hans-Heinrich Bass: Hungerkrisen in Preussen während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Scripta Mercaturae Verlag, St. Katharinen 1991, ISBN 3-922661-90-4, S. 248.
  3. Kinderfachabteilung Tiegenhof, University of Vermont, abgerufen 10. Oktober 2015
  4. Marian Drogowski: HISTORIA, Okres okupacji hitlerowskiej 11.09.1939-21.01.1945 (poln., auf der Website des heutigen Spitals)
  5. Jan Długosz: Lech, Czech i Rus; S. 164.
  6. Die Kirchen sind einem an der ul. Tumska ausgehängten Stadtplan entnommen.
  7. Główny Urząd Statystyczny, „LUDNOŚĆ – STAN I STRUKTURA W PRZEKROJU TERYTORIALNYM“ (Memento vom 15. Mai 2011 im Internet Archive) Stand vom 30. Juni 2010.