Großer Preis von Frankreich 1911

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Rennsieger Victor Hémery mit seinem Mechaniker und Beifahrer Antonio Fagnano
Der Zweitplatzierte Ernest Friederich
Dritter: Fernand Gabriel

Der Grand Prix de France (abfällig auch Grand Prix des Vieux Tacotsa) fand am 23. Juli 1911 auf dem 54,6 km langenb Circuit de la Sarthe bei Le Mans in Frankreich statt. Das Rennen wurde über zwölf Runden ausgetragen, was einer Renndistanz von 655,2 km entsprach.

Veranstalter war der Automobile Club de la Sarthe et de l’Ouest (ACSO), der regionale Automobilclub im Westen Frankreichs.[1] Entgegen dem Titel war es von daher kein offizieller Großen Preis von Frankreichc, denn der wurde bis 1967 unter der Bezeichnung Grand Prix de l’ACF ausschließlich vom übergeordneten nationalen französischen Automobilclub ausgerichtet.

Rennen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem in den beiden Vorjahren mangels Teilnahmeinteresse der Automobilhersteller kein Großer Preis mehr zustande gekommen war, unternahm der Automobile Club de France für 1911 den Anlauf, seinen alljährlichen Grand Prix de l’ACF wieder ins Leben zu rufen. Allerdings blieb das Meldeergebnis erneut deutlich hinter den Erwartungen zurück, sodass für den ACF ein extremer Gesichtsverlust drohte. Um am Ende nicht mit ganz leeren Händen dazustehen, wurde das Angebot des ACSO bereitwillig aufgenommen, unter seiner Regie stattdessen ein Rennen um den Grand Prix de France auszurichten.

Insgesamt blieb die Besetzung des Teilnehmerfelds schwach. Sechs der 14 Wagen waren sogenannte Voiturettes, sodass in der eigentlichen Grand-Prix-Klasse nur acht zumeist ältere Modelle an den Start gingen. Der Fiat des späteren Siegers Victor Hémery war ein gewöhnlicher Tourenwagen, der von einem Pariser Kunden nicht abgenommen worden war und nun ohne die ursprünglich vorgesehene Karosserie ins Rennen geschickt wurde.[1]

Der Start zum Rennen erfolgte am Sonntagmorgen um 7:00 Uhr, wobei die Teilnehmer wie üblich in festen Zeitintervallen einzeln auf die Strecke geschickt wurden. Am Ende der ersten Runde lag Georges Deydier auf Cottin & Desgouttes vor Jacques Fauquet (Rolland-Pilain) und Maurice Fournier (Corre-La Licorne) in Führung. In der zweiten Runde setzte sich Fournier an die Spitze. Im vierten Umlauf übernahm Arthur Duray auf Lorraine-Dietrich die Führung.[2]

Fournier lag bis Mitte der sechsten Runde auf Rang zwei, als er um ca. 11:20 Uhr bei Pontlieue halten musste, um Kühlwasser nachzufüllen. Nachdem er das Rennen wieder aufgenommen hatte, wurde er vom Viertplatzierten Victor Hémery im Fiat eingeholt. Hémery versuchte Fournier auf der Geraden in Richtung der route d’Arnage zu überholen. Als die beiden Wagen bei ca. 100 km/h Seite an Seite die leichte Linkskurve nahe Ruaudin, etwa 5 km südlich von Le Mans nahmen, brach an Fourniers Corre-La Licorne eine Achse. Der Wagen überschlug sich, wodurch Fournier und sein Beifahrer Georges Louvel herausgeschleudert wurden und auf einem Feld mit dem Namen Les Hunaudières zum Liegen kamen. Der Fahrer war auf der Stelle tot, sein Co-Pilot erlag wenige Stunden später im Krankenhaus in Le Mans seinen Kopfverletzungen.[2]

Das Rennen wurde trotz des Unfalls nicht unterbrochen. Hémery setzte sich in der siebenten Runde in Führung und siegte zusammen mit seinem Beifahrer Antonio Fagnano nach zwölf Runden überlegen vor Ernest Friederich (Bugatti Voiturette) und Fernand Gabriel (Rolland-Pilain). Seine Durchschnittsgeschwindigkeit betrug nach über sieben Stunden Renndauer 91,2 km/h.[2] Friederich und Gabriel hatten trotz der Streckenlänge von über 50 km zwei bzw. drei Runden Rückstand auf den Sieger und fuhren nicht die komplette Distanz, sondern wurden nach Hémerys Zieldurchfahrt ebenfalls abgewinkt.

Fourniers Unglücksstelle wurde Jahre später Teil des Circuit de la Sarthe, auf dem seit 1923 das 24-Stunden-Rennen von Le Mans ausgetragen wird. Sie liegt nahezu exakt an der heutigen Mulsanne-Kurve am Ende der Hunaudières-Geraden.[2]

Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Meldeliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Team Nr. Fahrer Chassis Motor Reifen
Dritte Französische Republik Corre-La Licorne 02 Dritte Französische Republik Maurice Fournier Corre-La Licorne
Dritte Französische Republik Edmund Gentil 03 Dritte Französische Republik Phillipe Barriaux Alcyon
Dritte Französische Republik Automobiles Lorraine-Dietrich 05 Dritte Französische Republik Arthur Duray Lorraine-Dietrich Type EX
Dritte Französische Republik Automobiles et Moteurs Cote 06 Dritte Französische Republik Paul Leduc Côte
16 Dritte Französische Republik Jules Olier
19 Dritte Französische Republik Cyril de Vère
Belgien Automobiles Excelsior 09 Dritte Französische Republik Paul Rivière Excelsior
Dritte Französische Republik Société Générale des Automobiles Porthos 10 Dritte Französische Republik Henri Robert Debray Porthos
Dritte Französische Republik Rolland-Pilain 11 Dritte Französische Republik Victor Rigal Rolland-Pilain
15 Dritte Französische Republik Jacques Fauquet
18 Dritte Französische Republik Fernand Gabriel
Dritte Französische Republik Automobiles Cottin et Desgouttes 12 Dritte Französische Republik Georges Deydier Cottin & Desgouttes
Dritte Französische Republik Victor Hémery 13 Dritte Französische Republik Victor Hémery Fiat S.61 Corsa[3][4] oder Fiat 90 HP[5][6] Fiat 10L I4 C
Dritte Französische Republik Usines Bugatti 14 Dritte Französische Republik Ernest Friederich Bugatti T13 Bugatti 1.4L I4 M

Rennergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund
01 Dritte Französische Republik Victor Hémery Italien 1861 Fiat 12 2 7:06:30,000 9 29:36,000
02 Dritte Französische Republik Ernest Friederich Dritte Französische Republik Bugatti 10 2 + 2 Runden 10 40:22,800
03 Dritte Französische Republik Fernand Gabriel Dritte Französische Republik Rolland-Pilain 9 2 + 3 Runden 13 32:11,000
04 Dritte Französische Republik Arthur Duray Dritte Französische Republik Lorraine-Dietrich 8 1 DNF 3 31:50,000 Kraftübertragung
Dritte Französische Republik Paul Leduc Dritte Französische Republik Côte 8 DSQ 14 29:56,000
Dritte Französische Republik Phillipe Barriaux Dritte Französische Republik Alcyon 6 DNF 2 34:12,000 Ausfall
Dritte Französische Republik Maurice Fournier Dritte Französische Republik Corre-La Licorne 5 DNF 1 30:29,000 tödlicher Unfall von Fournier
Dritte Französische Republik Victor Rigal Dritte Französische Republik Rolland-Pilain 5 DNF 7 31:01,600 Unfall
Dritte Französische Republik Jacques Fauquet Dritte Französische Republik Rolland-Pilain 2 DNF 11 30:05,000 Chassis gebrochen
Dritte Französische Republik Paul Rivière Dritte Französische Republik Excelsior 2 DNF 5 42:00,000 Motorschaden
Dritte Französische Republik Georges Deydier Dritte Französische Republik Cottin & Desgouttes 1 DNF 8 29:45,600 Chassis gebrochen
Dritte Französische Republik Henri Robert Debray Dritte Französische Republik Prothos 1 DNF 6 43:00,000 Motorschaden
Dritte Französische Republik Jules Olier Dritte Französische Republik Côte 1 DNF 12 44:00,000 Motorschaden
Dritte Französische Republik Cyril de Vère Dritte Französische Republik Côte 1 DNF 4 Ausfall

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Großer Preis von Frankreich 1911 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Grand Prix de France/Grand Prix des Vieux Tacots. www.teamdan.com, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Juli 2017; abgerufen am 8. März 2020 (englisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Robert Dick: Mercedes and Auto Racing in the Belle Epoque 1895–1915 (englisch), S. 251
  2. a b c d Maurice Fournier. www.motorsportmemorial.org, abgerufen am 8. März 2020 (englisch).
  3. Über den Fiat S.61
  4. Startliste mit Fiat S.61
  5. Grand Prix de France. In: Prager Tagblatt, 24. Juli 1911, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb
  6. Der Grand Prix der Sarthe. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 24. Juli 1911, S. 14 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

a 
„Großer Preis der alten Kisten“
b 
nach anderen Angaben 54,006 km oder 54,313 km lang (vgl. Le Mans Grand Prix de l’A.C.F. Circuit (1911–1913)) (englisch)
c 
Gleiches gilt auch für die Grands Prix de France von 1912, 1913, 1949, wie auch die unter diesem Titel laufende Serie von acht Rennen 1952.