Hochstift Halberstadt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. Oktober 2016 um 16:14 Uhr durch JWBE (Diskussion | Beiträge) (linkfix). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Territorium im Heiligen Römischen Reich
Hochstift Halberstadt
Wappen
Karte
Das aus dem Hochstift Halberstadt hervorgegangene Fürstentum Halberstadt um 1750
Entstanden aus 1180 herausgebildet aus Herzogtum Sachsen
Herrschaftsform Wahlfürstentum/Ständestaat, ab 1648: Fürstentum
Herrscher/
Regierung
Fürstbischof, Administrator oder in Vakanz: Domkapitel, ab 1648: Fürst
Heutige Region/en DE-ST
Reichskreis niedersächsisch
Hauptstädte/
Residenzen
Halberstadt, Gröningen
Dynastien 1648: Brandenburg-Preußen
Konfession/
Religionen
bis zur Reformation römisch-katholisch, danach evangelisch-lutherisch
Sprache/n Deutsch
Aufgegangen in 1807/10: Kgr Westphalen
1815: Preußen

Das Hochstift Halberstadt (804 bis 1648) war ein Territorium des Heiligen Römischen Reiches. Es gehörte zum Niedersächsischen Reichskreis und stellte den Territorialbesitz des Bistums Halberstadt dar. Das Hochstift Halberstadt wurde 1648 in ein weltliches Fürstentum umgewandelt und den Kurfürsten von Brandenburg unterstellt.

Geschichte

Mittelalter

Nach dreißig Jahre andauernden Feldzügen gründete Karl der Große im Jahre 804 ein Bistum, zunächst in Seligenstadt (heute Osterwieck). In einer Urkunde vom 2. September 814 bestätigte sein Nachfolger, Ludwig der Fromme, Bischof Hildegrim von Chalons die bischöflichen Rechte für Halberstadt.

Hildegrim war zugleich der erste Vorsteher der Halberstädter Kirche. Seine neue Diözese reichte im Norden bis an die Aller und Ohre, im Osten bis an die Elbe und Saale, im Westen bis an die Oker, im Südwesten bis an das Gebiet der Unstrut, Helme und Wipper und im Süden bis nach Merseburg und Zeitz. Allein dieser Missionierung verdankt die Region ihren wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung. Pläne Ottos I., das Bistum nach Magdeburg zu verlegen, scheiterten zunächst; später verlor Halberstadt den östlichen Teil seiner Diözese an das Erzbistum Magdeburg.

Hochstift Halberstadt um das Jahr 1250
Hochstift Halberstadt um das Jahr 1400
Rekonstruktion der zerstörten Residenz in Gröningen

Von Heinrich III. erhielt das Halberstädter Bistum zahlreiche Grafenrechte, die im näheren Umkreis zum Aufbau eines eigenen Territoriums genutzt wurden. Von 1036 bis 1059 war Burchard, der vormalige Kanzler Konrads II., Bischof von Halberstadt. Ihm folgte Burchard II., ein Neffe des Erzbischofs von Köln, Anno II., der ein Anhänger Hildebrands, des späteren Papst Gregor VII. war und so die Wahl Alexander II. befürwortete, weshalb er in schwere Konflikte mit Kaiser Heinrich IV. geriet.

1479 wurde Ernst von Magdeburg zum Administrator – eine Personalunion, die sich erst 1566 mit dem Regierungsantritt von Bischof Heinrich Julius löste. Dieser wurde zum ersten nicht-katholischen Bischof von Halberstadt.

Reformation

1521 begann im Reichsgebiet die Reformation, was auch für das Bistum Halberstadt nicht folgenlos blieb. Um 1540 erkauften sich die Bürger vom Erzbischof des Erzbistums Magdeburg die Religionsfreiheit. Bis 1549 waren die Städte, Dörfer und die Ritterschaft des Bistums zum lutherischen Bekenntnis übergetreten. Lediglich das Domkapitel, die Klöster und die Stifte verblieben noch im katholischen Bekenntnis. Im Jahr 1566 wählte das Domkapitel jedoch erstmals einen offiziell protestantischen Bischof, Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, nachdem bereits sein Vorgänger Sigismund von Brandenburg die Reformation unterstützt hatte. Gleichwohl erwirkte es die Bikonfessionalität, also die friedliche Koexistenz der katholischen und lutherischen Konfession. Die Wahl wurde nicht vom Papst bestätigt. Die Regentschaft Heinrich Julius und seiner protestantischen Nachfolger war geprägt von der Auseinandersetzung zwischen katholischem Kapitel und dem Bischof.

Säkularisierung

Durch die komplexe Situation verblieb bis 1648 das Bistum in der Bikonfessionalität.[1] In diesem Jahr wurde das Bistum Halberstadt säkularisiert, sein Territorium als Fürstentum Halberstadt mit dem Kurfürstentum Brandenburg vereinigt. Die verbleibenden Katholiken gingen 1669 im Apostolischen Vikariat des Nordens auf.

Ausdehnung und Organisation

Das Bistum, in dessen geistlichem Aufsichtsbereich sich ca. 100 Stifte, Klöster und Komtureien befanden, gliederte sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts in 13 Archidiakonate, die dann jedoch bis 1400 auf 37 anwuchsen. Diese befanden sich zumeist in den Händen von Domherren, welche sich oftmals durch Archipresbyter vertreten ließen. Die Offiziale besaßen einen Beamtenapparat, der es ihnen in geringem Umfang ermöglichte, neben der kirchlichen Gerichtsbarkeit auch weltliche Gerichtsbarkeit auszuüben. Unterstützt wurde der Offizial hierbei durch in bestimmten Grenzgebieten der Diözese amtierende Sonderoffiziale.

In dem kleinen weltlichen Territorium des Bischofs entwickelte sich im 13. Jahrhundert ein landesfürstliches Beamtentum, welches die Lehnsbeamten verdrängte. Seit 1339 ist auch ein aus Klerikern und Laien bestehender Bischöflicher Rat bekannt, dessen Leitung seit Ende des 15. Jahrhunderts beim Kanzler lag. Neben dem Kämmerer für die Finanzen, trat 1377 erstmals ein Stiftshauptmann auf, der für das bischöfliche Militärwesen zuständig war.

Wie das geistliche Gebiet in Archidiakonate unterteilt war, so war das weltliche Gebiet in Ämter und Vogteien unterteilt.

Domkapitel

Die Mitglieder des erst zu Beginn des 12. Jahrhunderts erwähnten Domkapitels entstammten meist niedersächsischen Adelsfamilien, wobei bis ins 15. Jahrhundert der hohe Adel tonangebend war. Die 22 Kanonikerstellen wurden durch Wahl vergeben, wobei der Papst sich zunehmend die Besetzung selbst vorbehielt. Die Dignitäre bildeten Dompropst, Domdekan und Cellerarius, wobei der Dompropst seit dem 15. Jahrhundert seinen Einfluss immer weiter zu Gunsten des Domdekans verlor. Obwohl das Bistum 1648 säkularisiert wurde, konnte das Domkapitel bis 1810 weiterbestehen.

Siehe auch

Literatur

  • Christoph Bethmann: Episcopi Halberstadenses. Conrad Horn, Wolfenbüttel 1563 (Digitalisat)
  • Uwe Grieme: Zur Aussagekraft von Bistumschroniken und Bischofskatalogen des Bistums Halberstadt im Hoch- und Spätmittelalter. (PDF), abgerufen im Web-Portal des Bibliotheksverbundes GBV am 27. November 2012.
  • Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe. Hrsg. von Gustav Schmidt, 4 Bände, Leipzig 1883-1889, ND Osnabrück 1965.

Einzelnachweise

  1. Dörthe Gruttmann: Die Grenzen lutherischer Konfessionalisierung. Das Hochstift Halberstadt unter dem postulierten Bischof Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (1566–1613), in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Band 57 (2011), S. 1–36.