Landwirt

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Getreideernte im 21. Jahrhundert
Landwirtschaft in Vietnam: Pflügen mit einem Wasserbüffel als Zugtier
Bauer im Reisfeld, Bangladesh

Landwirt oder Bauer (von mhd. gebûre „Mitbewohner, Nachbar, Dorfgenosse“) ist ein Beruf der Landwirtschaft. Ein Landwirt produziert tierische oder pflanzliche Erzeugnisse, meist zur Nutzung als Nahrungsmittel. Überwiegend bewirtschaftet er dazu landwirtschaftliche Nutzflächen. Wirtschaftlich betrachtet ist er mit einem Bereich der Urproduktion befasst.

Zu den Begriffen Landwirt und Bauer

Bauer beim Pflügen, wie es bis in die 1960er Jahre üblich war
Baudouin d'Arras: Paysans labourant, Spanische Nationalbibliothek, 13. Jh.
Spreewald, Gurkenbauer auf dem Weg zum Markt

Landwirt ist die moderne Bezeichnung für einen Beruf, gebildet aus Landbau (mit Land im Sinne „Landschaft“ oder „Boden“) und Wirt „Wirtschafter“, „Hauswirt“, „Ökonom“. Den Beruf Landwirt erlernt man als Lehrberuf innerhalb des dualen Systems mit anschließender Meisterausbildung und/oder Fachschulbesuch oder mit einem Universitäts- oder Fachhochschulstudium. Ein Vollerwerbslandwirt betreibt Landwirtschaft als Hauptberuf und erzielt dabei mindestens 50 % seines Einkommens aus der Landwirtschaft. Liegt der Anteil des landwirtschaftlichen Einkommens darunter, spricht man von einem Nebenerwerbslandwirt.[1]

Der Begriff Bauer wird aus geschichtlicher Sicht wie folgt definiert: „Bauer ist seit dem ausgehenden Frühmittelalter der Angehörige des weder ritterliche Aufgaben wahrnehmenden noch bürgerliche Gewerbe treibenden untersten Standes der nach Berufsständen gegliederten Gesellschaft, dem nach Aussonderung der Ritter und Bürger allein das Betreiben von Landwirtschaft verblieb.“[2][3]

Schon althochdeutsch ist pûr überliefert, das verwandt ist mit gipûr, Pl. gipûrâ „Mitbewohner, Dorfgenosse“ oder pûari, Pl. pûarrâ „Landmann“, „Landvolk“,[4] ferner in Nähe steht zu pûr, bûr „Bau, Heim, Wohnstatt“[5], neuhochdeutsch Bauer „Nest, Käfig“, aber im Dialekt auch „Lagerraum“ oder „Kammer“. In diesem Zusammenhang ist Bau, ahd. pû, allgemein die bewirtschaftende Tätigkeit – wie in Feldbau, Obstbau, Weinbau, synonym zu lateinisch cultura „Kultivierung“.[6]

Später wird Bauer zur Standesbezeichnung (Bauernstand, „Mitglied der Bauernschaft“). Regional sind noch weitere Unterscheidungen bekannt: Ackermann, Vollbauer, Halbbauer, Vollspänner, Halbspänner, Kossäte oder Köt(h)ner, Hintersiedler, Häusler oder Büdner. Diese Bezeichnungen waren Ausdruck einer Hierarchie im Sozialsystem der dörflichen Gemeinschaft und beziehen sich meist auf die Grundgröße oder den Rang der Landwirtschaft.

Das Wort Bauer drückt auch eine Lebensweise aus (Ackerbauer und Viehzüchter). Der Bewohner der Großstadt verwendet die Bezeichnung Bauer zumeist für alle Menschen, die irgendwie in Land- oder Viehwirtschaft arbeiten. Landwirt ist die neuere, moderne Bezeichnung, aber nicht allgemein gebräuchlich.

Sprachlich wird weder beim Landwirt noch beim Bauern zwischen Landbestellung (Landbau) und der Ausführung von Viehzucht unterschieden. In Österreich gibt es aber umgangssprachlich die Ausdrücke Hörndlbauern (Schwerpunkt Viehzucht) und Körndlbauern (Schwerpunkt Ackerbau).

Weitere Formen sind:

  • Bergbauer ist – wie „Bauer“ selbst – ursprünglich eine soziologische Bezeichnung und wird in diesem Sinne in der Ethnologie gebraucht. Heute ist der Bergbauer im Alpenraum über Erschwerniszonen aber primär rechtlich abgesichert, nur eine besonders arbeitsaufwändige Lage der Gründe (in Österreich etwa nach dem Berghöfekataster)[7] rechtfertigt eine Einstufung zum Bezug eines Bergbauernzuschusses (heute EU-weit Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten und nationale Beihilfe)[8]
  • Biobauer bezog sich ursprünglich auf eine Anbauweise (biologische/ökologische Landwirtschaft), ist heute in Österreich aber auch Berufsbezeichnung für eine Berufspezialisierung.
  • Diplomlandwirt war bis 1971 ein akademischer Grad, der an deutschen Landwirtschaftlichen Hochschulen und Landwirtschaftsfakultäten deutscher Universitäten erworben werden konnte.
  • LPG-Bauern waren in der DDR die Mitglieder einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft.
  • Neubauern sind Personen, welche im Zuge der Bodenreform (Deutschland nach 1945) Neubauernstellen erhielten.
  • Der Verwaltungslandwirt ist eine meist agrarwissenschaftlich ausgebildete Person, die im staatlichen Auftrag handelt oder in landwirtschaftsnahen Verbänden Beratungsaufgaben wahrnimmt.
  • Als Wehrbauern bezeichnet man Landwirte, die in Grenzgebieten durch entsprechende staatliche Maßnahmen angesiedelt werden.

Berufsbild

Aufgaben

Einst war der Umgang mit der Sense Grundbestandteil bäuerlicher Fähigkeiten (Peter Henry Emerson: In The Barley Harvest, ca. 1886)

Hauptaufgabe eines Landwirts ist die Erzeugung von Agrarprodukten, wie Nahrungsmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft, daneben auch Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen und Lieferant von Energie (z. B. Rapsöl, Biogas). Diese Betätigung umfasst auch Management und Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes, einschließlich bäuerlicher Forstwirtschaft (Kleinwald).

Im Berufsbild sind zwei Aspekte zu nennen, die in der Stellung der Landwirtschaft in der Gesamtwirtschaft der modernen Industriestaaten zu sehen ist:

Das moderne Berufsbild legt insbesondere auch Wert auf schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft sowie die Beachtung der ökologischen Zusammenhänge und des Tierschutzes.

Früher war der Beruf körperlich sehr schwer, Arbeitszeiten von bis 14 Stunden in den Monaten der Haupternte waren und sind immer noch üblich.

Tätigkeitsbereiche

Der Landwirt als Energiewirt: Agrarenergie hat eine stark wachsende Bedeutung (Fermenter einer Biogasanlage (links), Photovoltaikanlage (hinten) und Windkraftanlage)

Berufsausbildung

Voraussetzungen

Voraussetzung für die Anerkennung des Berufs ist – in Europa – der Besuch einer landwirtschaftlichen Berufsschule und/oder Landwirtschaftsschule. Meisterprüfung und höhere schulische Ausbildung (Fachwirt und Techniker) können die Grundlage für ein Studium der Agrarwissenschaften sein.

Voraussetzungen für den Beruf sind etwa:

Schlepperführerschein (Klasse T in Deutschland, Klasse F in Österreich, Klasse G bzw. F in der Schweiz), sowie meist für Anhänger ist in der modernen Landwirtschaft Voraussetzung.

Deutschland

Landwirt ist ein anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (Deutschland) (BBiG). Näheres zur Berufsbildung regelt eine Verordnung über die Berufsbildung zum Landwirt bzw. zur Landwirtin. Landwirt ist steuerlich jeder, der berufsmäßig Landwirtschaft betreibt, der den eigenen oder gepachteten Boden zur Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte bewirtschaftet.

Die Berufsbezeichnung Landwirt ist ein Titel, zu dessen Führung die entsprechende Qualifikation nachzuweisen ist. Staatlich geprüfte Landwirte erwerben ihre Qualifikation an einer unteren und höheren Landwirtschaftsschule bzw. höheren Landbauschule (HöLa rsp. Höla oder HöhLa bzw. Höhla), die mindestens zwei Jahre umfasst. Sie endet mit einer staatlichen Prüfung. Voraussetzung für den Besuch der Schule ist die absolvierte Ausbildung zum Landwirt, die in Deutschland in der Regel drei Jahre dauert. Ein Jahr Vollzeitunterricht an der Berufsschule. Es folgen zwei Jahre Ausbildung im Dualen System. Um die Bezeichnung Landwirtschaftsmeister führen zu dürfen, ist die Fachschule zum Wirtschafter für Landbau zwei Wintersemester zu besuchen und anschließend ein Wintersemester Fachschule zur Meisterausbildung. Den Titel Landwirtschaftsmeister erhält man mit der staatlichen Meisterprüfung.

Dauer und Ablauf der Ausbildung

Der Beruf Landwirt erfordert drei Jahre Ausbildung und hat zwei Berufsfelder, in denen mit Pflanzen und mit Tieren gearbeitet wird.[9] In diesen drei Jahren muss der Auszubildende in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit der Ausrichtung auf Geburt und Aufzucht von Tieren sowie mit Pflanzen tätig gewesen sein.

Die Ausbildungszeit kann auf Antrag auf zwei Jahre verkürzt werden, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der verkürzten Zeit erreicht wird. Im Allgemeinen erhalten eine Lehrzeitverkürzung nur Personen mit Fachhochschulreife oder Abitur oder Auszubildende, die bereits einen Beruf erfolgreich abgeschlossen haben. Begleitend zu der Arbeit im Betrieb besucht der Auszubildende die Berufsschule und überbetriebliche Lehrgänge. Nach der Abschlussprüfung darf die Berufsbezeichnung „Landwirt/Landwirtin“ geführt werden.

Fortbildungsmöglichkeiten

  • Staatlich geprüfter Wirtschafter des Landbaus
  • Landwirtschaftsmeister
  • Staatlich geprüfter Techniker des Landbaus
  • Staatlich geprüfter Agrarbetriebswirt
  • Fachagrarwirt in den Bereichen: Rechnungswesen, Landtechnik, Golfplatzpflege, Baumpflege und Baumsanierung, Naturkost und Naturwaren, Hofpflege, Leistungs- und Qualitätsprüfung, Besamungswesen
  • Staatlich geprüfter Natur- und Landschaftspfleger
  • Fachhochschul- bzw. Hochschulstudium in der Landwirtschaft – Abschluss als: Diplom-Agraringenieur[in] oder Bachelor bzw. Master of Science oder B.Sc. bzw. M.Sc., in Stellengesuchen auch bezeichnet als: Agrarökonom, Agrarwissenschaftler, Agrarbiologe, Agronom, Diplom-Landwirt, Ingenieur für Landwirtschaft, Landbauingenieur/Landbau-Ingenieur

Österreich

Der Beruf gehört im Bildungssystem (Bereich Berufsbildung) zum Berufsbereich Land- und Forstwirtschaft/Tiere/Pflanzen/Hauswirtschaft.[10]

Modernes Bauernwesen der Alpen, im Spannungsfeld von traditionellem Wirtschaften und modernem Fremdenverkehr: Almabtrieb, Kufstein 2005

Berufsbezeichnungen sind Landwirt oder Agrartechniker; Standesbezeichnung Ingenieur ist mit Berufserfahrung möglich, eine zusätzliche Konzessionierung ist zum Beruf Biobauer nötig.

Für die akademische Ausbildung stehen zur Verfügung:

In Österreich gibt es für die berufliche Ausbildung zum Landwirt (Bauer) als Landwirtschaftliche Schule die Land- und forstwirtschaftliche Lehranstalten des Bundes (LFLA), die zur Matura führen, Land- und forstwirtschaftliche Schulen (LFS) der mittleren Bildung (Fachschulen), und Berufsschulen für Landwirtschaft.

Bei Absolvieren einer Lehre (Lehrberuf) ist die Berufsbezeichnung:

Daneben gehören in dem Berufsbereich auch die beruflichen Spezialformen der Sonderkultur und der Viehwirtschaft:

Schweiz

Berufsausbildung

Landwirt EFZ ist in der Schweiz eine berufliche Grundbildung. Die Ausbildung dauert drei Jahre.[11]

Landwirte EFZ können eine verkürzte Berufliche Grundbildung (in der Regel ein Jahr) in einem verwandten Beruf antreten:

Umgekehrt können Absolventen der oben genannten beruflichen Grundbildungen die verkürzte Berufliche Grundbildung zum Landwirt EFZ antreten.

Höhere Berufsausbildung

Berufsprüfung:

  • Landwirt/in mit eidg. Fachausweis
  • Fachmann/-frau der biologisch-dynamischen Landwirtschaft mit eidg. Fachausweis
  • Obstbauer/-bäuerin mit eidg. Fachausweis

Höhere Fachprüfung:

  • Meisterlandwirt/in
  • Gemüsegärtnermeister/in
  • Obstbauer/-bäuerin mit Meisterdiplom

Zur Einkommenssituation in der Landwirtschaft

Einkommenssituation in der deutschen Landwirtschaft
Wirtschaftsjahr Gewinn je Arbeitskraft
1999/2000 19.900 Euro
2000/2001 23.200 Euro
2001/2002 21.800 Euro
2002/2003 18.400 Euro
2003/2004 18.700 Euro
2004/2005 22.800 Euro
2005/2006 23.900 Euro
2006/2007 25.900 Euro
2007/2008 31.500 Euro
2008/2009 23.700 Euro
2009/2010 28.400 Euro
2010/2011 39.500 Euro
2011/2012 39.991 Euro
2012/2013 42.856 Euro
2013/2014 45.656 Euro
2014/2015 29.979 Euro
nach: Situationsbericht des deutschen Bauernverbandes

Im Situationsbericht des deutschen Bauernverbandes wird folgende Entwicklung der Einkommen der Landwirte (je Arbeitskraft) ausgewiesen:

Jedoch fließen 80 % des Einkommens wieder in die Landwirtschaft, z. B. zum Kaufen neuer Maschinen, Reparieren vieler Maschinen, Behandlung der Tiere, Futterkosten, Treibstoff usw.

Derzeit erleben die Haupterwerbsbetriebe wieder erhebliche Einkommenseinbußen, insbesondere durch sinkende Preise für Schweinefleisch und Milch. Die Situation hat sich für Milchviehhalter im Wirtschaftsjahr 2014/2015 nach dem Ende der Milchquotenregelung verschlechtert. [12]

In der Alterssicherung der Landwirte erhalten Landwirte und Ehegatten mit niedrigem Einkommen (Summe der positiven Einkünfte) nach Einkommensklassen gestaffelte Zuschüsse zum Beitrag. Dabei wird bei Ehegatten das Einkommen beider Ehegatten addiert und jedem hälftig zugeordnet. Von den insgesamt 223.997 Ende 2014 anspruchsberechtigten Versicherten hatten 33.081 Personen bis zu einem Grenzeinkommen (alle Einkünfte) von 15.500 Euro im Jahr einen Anspruch auf Beitragszuschuss. Die Daten belegen die äußerst schlechte Einkommenssituation in der Landwirtschaft.[13]

Zu der Verbesserung der Ertragslage im Jahr 2005 haben insbesondere die deutlichen Erlössteigerungen im Ackerbau durch höhere Preise für Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben beigetragen. Einkommensmindernd wirkten sich hauptsächlich der weitere Rückgang der Milchpreise, die trockenheitsbedingten geringeren Hektarerträge sowie die gestiegenen Aufwendungen aus.

Bei den einzelnen Produktionszweigen ergaben sich bei den landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben für die verschiedenen Betriebsformen abweichende, teilweise entgegengesetzte Einkommensentwicklungen.

Landwirte aus soziologischer Sicht

Landwirte sind aus soziologischer Sicht deswegen interessant, weil sie oft als ein Beispiel für Resilienz gesehen werden.

Landwirte sind aus soziologischer Sicht deswegen interessant, weil sie oft als ein Beispiel für Resilienz bzw. für Anpassungsfähigkeit gesehen werden.[14] Obwohl Landwirte global gesehen oft in Armut leben, treten etwa die typischen Auswirkungen der Armut bei ihren Kindern in der Regel nicht auf.

Mit Wertorientierungen unter amerikanischen Landwirten beschäftigte sich auch Glen Elder. Beim Iowa Youth and Families Project stellte er fest, dass Armut auf Landwirtskinder erstaunlich wenig Konsequenzen hat.[14][15]

Die soziale Stellung der deutschen Landwirte in der Geschichte ist seit dem Mittelalter gekennzeichnet durch Leibeigenschaft, Hungersnöte das Aufbegehren in Bauernkriegen und die regional sehr unterschiedliche Agrarstruktur. Nach dem Frieden von Tilsit (1807) waren Karl Freiherr vom Stein und Karl August Fürst von Hardenberg die Hauptinitiatoren einer neuen Agrarverfassung, Wilhelm von Humboldt leitete Reformen im Bildungswesen ein. In der Folge entstand ein bescheidener sozialer Aufstieg der Landwirte, der durch den Zusammenschluss der Landwirte in Genossenschaften, Vereinigungen wie der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft sowie Verbesserung der Ausbildung durch die Gründung von Fachschulen und landwirtschaftlichen Akademien abgesichert wurde (Beispiele: Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Landwirtschaftliche Akademie Möglin und Akademie Hohenheim).

1882 erhob das damalige Deutsche Amt für Statistik folgende Verteilung der landwirtschaftlichen Betriebsgröße:[16]

Gebiet Fläche < 1 ha 1 – 10 ha 10 – 100 ha > 100 ha
Deutsches Reich 5276344 ha 2,4 % 25,6 % 47,6 % 24,4 %
Elsaß-Lothringen 233866 ha 5,0 % 51,8 % 35,9 % 7,3 %
Bayern 681521 ha 1,6 % 35,6 % 60,5 % 2,3 %
Ostpreußen 188179 ha 1,0 % 9,3 % 51,1 % 38,6 %
Westpreußen 134026 ha 1,3 % 9,1 % 42,5 % 47,1 %
Pommern 169275 ha 1,3 % 10,1 % 31,2 % 57,4 %

Eine besondere Phase durchlief die deutsche Landwirtschaft während der Zeit des Reichsnährstandes infolge der Blut-und-Boden-Ideologie der nationalsozialistischen Regierung.

Die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und die daraus entstandenen verschiedenen politischen Systeme führten zu unterschiedlichen Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland, die sich allerdings seit der Wiedervereinigung wieder angleichen.

Die Landwirtschaft in der DDR (1945-1990) war durch Enteignung und Kollektivierung gekennzeichnet. Die Landwirte verloren ihre Selbständigkeit und waren, soweit sie es nicht ins Führungsteam schafften, in den hierarchisch streng gegliederten landwirtschaftlichen Genossenschaften nur noch Befehlsempfänger und Arbeiter. Die Bezahlung der Arbeiter in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) und Volkseigenen Betrieben (VEB) entsprach vergleichbaren Tätigkeiten in der Industrie, 10,8 % der in der DDR Beschäftigten wurden 1989 als im Agrarbereich tätig festgestellt.[17] Im Rahmen der sozialistischen Landwirtschaftsreform wurden die Landwirtschaftsbetriebe zu Großbetrieben ausgebaut sowie Pflanzenbau und Tierhaltung als selbständige Produktionsbereiche getrennt. Im Jahr 1989 bestanden 3250 viehhaltende Betriebe mit 5432 Großvieheinheiten (GVE) also 1671 GVE je Betrieb. Die 1243 Pflanzenbaubetriebe bewirtschafteten 5,65 Millionen ha Landwirtschaftsfläche mit durchschnittlicher Größe von 4740 ha Fläche.[18] Die Trennung von Futtererzeugung und Viehhaltung war politisch verordnet und erforderte einen erheblichen Verwaltungsaufwand. In diesem Zusammenhang kann auch festgestellt werden, dass im gleichen Zeitraum in Westdeutschland nur 4 % der Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig waren. Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands setzte eine Reprivatisierung der ostdeutschen Landwirtschaft ein. Innerhalb weniger Jahre wurden die Ackererträge auf das westdeutsche Niveau angehoben und die Zahl der Arbeitskräfte entsprechend gesenkt, Letzteres mit erheblichen sozialen Schwierigkeiten für die früheren landwirtschaftlichen Arbeitskräfte Ostdeutschlands.[19]

Die Landwirte in Westdeutschland nutzten ab der Währungsreform alle damals möglichen technischen Fortschritte zur Nahrungsproduktion, was zu einer jährlichen Steigerung der Erträge von 2 % führte. Zusätzlich wurde durch die Umstellung von Zugtieren (Pferde und Kühe) auf Traktoren die Futterfläche für die Nahrungsproduktion frei. Die dadurch erhöhte Angebotsmenge führte zu realen Preissenkungen für die landwirtschaftlichen Produkte. Durch Garantiepreise für verschieden Produkte und Einführung einer Landwirtsrente wurde unter Konrad Adenauer und Edmund Rehwinkel versucht, die zunehmende Verarmung der Landwirte abzumildern. Obwohl sich die Betriebsstruktur in 40 Jahren stark zugunsten größerer Einheiten veränderte, waren im Jahr 1989 die Einkommen noch immer sehr verschieden. Die Zahl der Kleinlandwirte mit 1–5 ha betrug 31 %, diejenige der mittelbäuerlichen Betriebe mit 5–50 ha 62 % und diejenige der großbäuerlichen Betriebe mit mehr als 50 ha 7 % der Betriebe.[20] Zeitweise hatten bis zu 25 % der Landwirtsfamilien ein monatliches Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommen unterhalb dessen von Familien von angestellten Arbeitern.[21][22]

Allerdings haben Landwirte meist ein Vermögen in Form von Grundbesitz.[23] Auch geht Einkommensarmut bei Landwirten in Deutschland nicht mit einer Unterversorgung im Bereich der Ernährung, Wohnung oder der Bildung der Kinder einher.[24] Auch existieren im landwirtschaftlichen Milieu andere, weniger materiell ausgerichtete Werteorientierungen,[25] was dazu führt, dass Armut bei Landwirtskindern teilweise andere Konsequenzen hat. Angesichts eines nicht nur am Geld festgemachten, sondern auch die gesamte Lebenslage der betreffenden Bevölkerungsgruppe betrachtenden Armutsbegriffs, ist es fraglich, ob man hier von „echter Armut“ sprechen kann.[26]

Die Entscheidung zur Hofaufgabe haben im Verlauf der vergangenen 65 Jahre mehr als 80 % der früheren Betriebsleiter überwiegend aus finanziellen Überlegungen getroffen. In der Regel werden die landwirtschaftlichen Flächen gerne von Nachbarbetrieben übernommen, die leerstehenden Gebäude werden jedoch vermehrt zum Problem. Während 1949 in Deutschland 1.650.000 landwirtschaftliche Betriebe bestanden, die jeweils 10 Personen mit Nahrungsmitteln versorgten, waren es 2013 nur noch 285.000 Betriebe, die allerdings jeweils 144 Verbraucher mit Nahrungsmitteln versorgten.[27] Dass inzwischen den aktiven Landwirten die dreifache Zahl an landwirtschaftlichen Rentenempfängern gegenüberstehen ist die logische Folge des gewaltigen Strukturwandels.

Trotz moderner Technologie ist die Arbeitsbelastung der Landwirte hoch. So arbeiteten die Erwerbstätigen in Deutschland 2013 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt 1.363 Stunden, die Stundenzahl in der Land- und Forstwirtschaft wird mit 1.664 Stunden angegeben. Als Grund dafür wird der mit 49 Prozent hohe Anteil der Selbständigen Landwirte genannt, die laut dieser Statistik 2.003 Stunden arbeiteten. Wenngleich der Einsatz moderner Technik maßgebend dazu beigetragen hat, dass körperliche Arbeit und Arbeitszeiten in der Landwirtschaft deutlich zurückgegangen sind, so ist doch der 18-bis-20-Stunden-Einsatz in den jetzt erheblich größeren Betrieben, speziell zur Saat-, Pflege- und Erntezeit üblich.

Die hohen Mechanisierungskosten für Maschinen und Geräte mit kurzen Einsatzzeiten versuchen die Landwirte durch Mitgliedschaft in Maschinenringen und durch Beauftragung von Lohnunternehmen zu begrenzen. Darüber hinaus werden vielfach Landschaftspflegemaßnahmen und Forstarbeiten für Landkreise und Kommunen übernommen. Auch durch Engagement in den Bereichen Urlaub auf dem Bauernhof, Produktion von nachwachsenden Rohstoffen und die Einrichtung von Biogasanlagen versuchen zahlreiche Landwirte zusätzliches Einkommen zu generieren. Darüber hinaus werden die Förderprogramme der EU von den meisten Landwirten zur Einkommenssicherung genutzt.

Das Wappen der Gemeinde Kempenich zeigt (Blasonierung): „In Gold ein schwarzhaariger silberner Bauer mit rotem Hut, rotem Wams, roten Hosen und schwarzen Stiefeln, mit der Linken einem schwarzen Karrenpflug führend und mit der Rechten eine schräglinke schwarze Peitsche schwingend, rechts oben begleitet von einer gesichteten roten Strahlensonne“.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Bauern/Landwirte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Bauer – Zitate
Wiktionary: Landwirt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Deutschland:

Der Bauer in Sprache, Sprachgeschichte und Kulturgeschichte:

Literatur

  • Wilhelm Abel: Agrarkrisen und Agrarkonjunktur: eine Geschichte der Land- und Ernährungswirtschaft Mitteleuropas seit dem hohen Mittelalter. 3. Auflage. Hamburg und Berlin, Parey 1978, ISBN 3-490-30415-2.
  • Walter Achilles: Landwirtschaft in der Frühen Neuzeit, (Enzyklopädie Deutscher Geschichte Nr. 10), Oldenbourg Verlag, München 1991, ISBN 3-486-55702-5
  • Agrarspectrum, Dachverband Wissenschaftlicher Gesellschaften der Agrar-, Forst-, Ernährungs-, Veterinär und Umweltforschung e.V. Band 10 Existenzsicherung in der Landwirtschaft, Verlagsunion Agrar, München, Frankfurt, Münster, Wien, Bern 1985 ISBN 3-405-13213-4
  • Deutscher Bauernverband: Situationsbericht 2014/15 (PDF)
  • Günther Franz (Hrsg.): Deutsche Agrargeschichte. 6 Bände. Eugen Ulmer, Stuttgart 1993ff.
  • Friedrich Golter: 35 Jahre für die Bauern, aus der berufsständischen Arbeit. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2002, ISBN 3-8001-4190-6
  • Manfred Hesse, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Statistisches Jahrbuch über Ernährung Landwirtschaft und Forsten 1990. Landwirtschaftsverlag, Münster-Hiltrup 1990, ISBN 3-7843-1357-4
  • Roderich Plate: Der Weltgetreidemarkt nach dem zweiten Weltkrieg – Lage und Aussichten. In: H. f. ldw. Marktf., H. 4, 1950
  • Roderich Plate: Landwirtschaftliche Marktkunde für Schule und Praxis (mit W. Fischer u. F. Gleissner), 1956, 2. Aufl. 1964
  • Agrarmarktpolitik, Bd. 1, Grundlagen, 1968; Bd. 2, Die Agrarmärkte Deutschlands und der EWG, 1970; BLV Verlagsgesellschaft München; 3. überarbeitete Auflage 1984 unter Mitwirkung von Ewald Böckenhoff ISBN 3-405-12831-5
  • Manfred G. Raupp: Erwachsenenbildung auf dem Lande, dargestellt am Beispiel von 10 Gemeinden in Baden-Württemberg. Universität Hohenheim 1968, Probleme des Agrarmarktes in Deutschland in: Der Landbaumann, Ackerbauschule an der Universität Hohenheim. 1971 und Absatzmarkt Landwirtschaft. in: 1.Dürkheimer Gespräch der Dr. Seibold KG Marketingagentur Bad Dürkheim 1973
  • Johannes Schwertfeger und Hans-Jürgen Andräs: Bestandsaufnahme zur Erwachsenenbildung, eine empirisch-statistische Untersuchung unter Mitarbeit von Ulrich Planck und Manfred G. Raupp. Neckar-Verlag Villingen: Reihe Bildung in neuer Sicht, 1970
  • Eberhard Schulze: Deutsche Agrargeschichte: 7500 Jahre Landwirtschaft in Deutschland. Shaker-Verlag, Aachen 2014, ISBN 978-3-8440-2636-8
  • Alois Seidl: Deutsche Agrargeschichte. DLG-Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-7690-0655-1

Einzelnachweise

  1. Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. (PDF) Glossar. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 2012, S. XXX, abgerufen am 5. August 2014.
  2. Geschichtliche Grundbegriffe. Band 1,Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Hrsg. v. Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck. Stuttgart: Klett-Cotta 1972 ff.
  3. Reinhard Wenskus, Herbert Jankuhn, Klaus Grinda (Hrsg.): Wort und Begriff „Bauer“. Zusammenfassender Bericht über die Kolloquien der Kommission für die Altertumskunde Mittel- und Nordeuropas. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-Historische Klasse – 3. Folge. Nr. 89. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, ISBN 3-525-82362-2, S. 262.
  4. Eintrag BAUER, m. agricola, colonus, rusticus. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854–1960 (dwb.uni-trier.de)
  5. Eintrag BAUER, m. cubile, cubiculum, cavea, habitatio. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch. (dwb.uni-trier.de)
  6. Eintrag BAU, m. cubile, aedificium, cultura, rus 5) das altn.n. und 6) das ahd. pû, mhd. In: Grimm: Deutsches Wörterbuch. (dwb.uni-trier.de)
  7. Oliver Tamme, Ludwig Bacher, Thomas Dax, Gerhard Hovorka, Josef Krammer, Matthias Wirth: Der Neue Berghöfekataster – Ein betriebsindividuelles Erschwernisfeststellungssystem in Österreich. In: Ländlicher Raum 1 / 2003. Lebensministerium II/5, , abgerufen am 5. April 2015.
  8. Ausgleichszulage in Benachteiligten Gebieten (AZ)Bewirtschaftungserschwernisse werden abgegolten. In: Unsere Bergbauern. Lebensministerium II/5, 14. Dezember 2004, abgerufen am 8. Juni 2008.
  9. Arbeitsagentur.de – Beruf Landwirt/in
  10. Berufsgruppen: Land- und Forstwirtschaft/Tiere/Pflanzen/Hauswirtschaft. In: BIC BerufsInformationsComputer. Wirtschaftskammer Österreich, abgerufen am 25. Mai 2008.
  11. http://www.sbfi.admin.ch/bvz/grundbildung/index.html?detail=1&typ=EFZ&item=1237&lang=de
  12. Situationsbericht des DBV 2015/2016
  13. Anspruch auf Beitragszuschuss - svlfg.de
  14. a b Glen H. Elder Jr., D. Conger Rand: Children of the land: Adversity and success in Rural America. University of Chicago Press, Chicago 2002
  15. The Iowa Youth and Families Project abgerufen am 5. März 2008
  16. Grundeigentum (Statistisches). In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 7, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 864.
  17. Manfred Hesse, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Statistisches Jahrbuch über Ernährung Landwirtschaft und Forsten 1990. Landwirtschaftsverlag, Münster-Hiltrup 1990, ISBN 3-7843-1357-4 Seiten 380 f.
  18. Manfred Hesse: aaO Seiten 383ff
  19. Manfred Hesse: aaO Seiten 82 ff. u. 384 ff.
  20. Manfred Hesse: aaO Seite 31
  21. Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-42923-X, S. 82.
  22. Angelika Sigel: Arm trotz Haus und Hof: Über Armutslagen in der Landwirtschaft, Der kritische Agrarbericht 2008, S. 57 bis 60
  23. Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-42923-X, S. 90.
  24. H. Gerhard Beisenherz: Kinderarmut in der Wohlfahrtsgesellschaft – Das Kainsmal der Globalisierung. Leske + Budrich Verlag, 2002, ISBN 3-8100-3086-4, S. 310 f.
  25. für Amerika wurde das z. B. dargelegt in: Elder, Rand 2002.
  26. Beisenherz, 2002, S. 310
  27. Deutscher Bauernverband: Situationsbericht 2014/15, Trends und Fakten zur Landwirtschaft, Berlin Dezember 2014 ISBN 978-3-9812770-6-7