Lausitzer Braunkohlerevier

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Lausitzer Revier mit Kraftwerken und Braunkohleabbaugebieten, bis 1990 erstreckte es sich auch weiter südlich bis zum Dreiländereck mit Polen und Tschechien

Das Lausitzer Braunkohlerevier ist ein Bergbaurevier im Südosten Brandenburgs und Nordosten Sachsens. Dazu gehören die derzeit aktiven Braunkohleabbaugebiete Nochten, Reichwalde, Welzow-Süd und Jänschwalde. Mit der dort im Tagebau geförderten Braunkohle werden die Kraftwerke Jänschwalde, Schwarze Pumpe und Boxberg sowie die Heizkraftwerke Berlin-Klingenberg und Chemnitz versorgt. Die hier direkt erzeugte Leistung beträgt damit zusammen etwa 8000 Megawatt.

Der aktive Braunkohlenbergbau pumpte 2009 etwa 230 Mio. Kubikmeter Grundwasser („Sümpfungswasser“) ab – mehr als alle anderen Nutzer zusammen: Industrie, Landwirtschaft und Trinkwasserwerke kommen in Brandenburg zusammen auf 160 Mio. m³.[1]

Grenzen und Einteilung

Kraftwerk Boxberg im Mai 2007
Kraftwerk Jänschwalde im Juli 2004
Kraftwerk Schwarze Pumpe im August 2005

Das Lausitzer Braunkohlerevier besteht aus Abbaugebieten in der Niederlausitz und der nördlichen Oberlausitz (Brandenburg und Nordostsachsen). Daneben gibt es das Oberlausitzer Bergbaurevier nahe Zittau (Sachsen und Polen).

Die Braunkohle und ihre Bedeutung

Die in der Lausitz vorkommende Braunkohle des 2. Lausitzer Flözes hat einen Heizwert von 7900 bis 9300 kJ/kg, der Aschegehalt liegt zwischen 6 % und über 14 %, der Wassergehalt beträgt 50 bis 60 % und der Schwefelgehalt beläuft sich auf 0,8 bis 2,8 %.[2] Insgesamt belaufen sich die Lagerstättenvorräte auf 12,1 Milliarden Tonnen, davon sind 3,6 Milliarden Tonnen gewinnbar und 1,3 Milliarden Tonnen im Tagebau erschlossen. Die Braunkohle in der Lausitz ist vor rund 15–20 Millionen Jahren entstanden. Die Flöze befinden sich in 35–120 Metern Tiefe und sind ungefähr 8–16 Meter mächtig. Insgesamt werden 33 Prozent der deutschen Braunkohle im Lausitzer Revier gefördert. Man schätzt die Zahl der Arbeitsplätze auf 8200, mit Zulieferern auf 25.000.[3]

Ausstoß von Treibhausgasen

Der Einsatz der Braunkohle in den Kraftwerken des Reviers erzeugt auch hohe Mengen des für die Klimaerwärmung mit verantwortlichen Treibhausgases Kohlendioxid. Das Kraftwerk mit den vierthöchsten anteiligen Emissionen in Deutschland ist das Kraftwerk Jänschwalde mit 1200 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Die Werke Boxberg und Schwarze Pumpe belegen die Plätze zehn und vierzehn mit 1100 und 1000 Gramm pro Kilowattstunde. Die Werte für Steinkohlekraftwerke liegen ca. 200 Gramm niedriger. Der mittlere Wert im deutschen Strommix unter Einrechnung der Anlagen mit Wind-, Wasser-, Atomkraft und Photovoltaik lag 2006 bei 530 Gramm pro Kilowattstunde. Der Gesamtausstoß im Jahr 2006 betrug für den Standort Jänschwalde 23,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid, für Boxberg 15,5 und für Schwarze Pumpe 12,2 Millionen Tonnen.[4]

Um die CO2-Emissionen zu reduzieren, plante der Konzern Vattenfall am Standort Jänschwalde die Errichtung einer Versuchsanlage zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS). Langfristig sollte der gesamte Kraftwerkspark auf diese Technologie umgerüstet werden. Aufgrund des Widerstands in der Bevölkerung und der Ablehnung in anderen Bundesländern ist die Zukunft des Vorhabens unklar. Die brandenburgische Landesregierung erwog inzwischen auch den Bau neuer Braunkohlekraftwerke ohne CCS.[5]

Kohleveredlung und Verstromung

Die Veredlung der Produkte zu Braunkohlenbriketts, Staubkohle und Wirbelschichtkohle erfolgt am Standort Schwarze Pumpe. Im Jahr 2007 wurden 351,4 kt Briketts, 690,1 kt Staub, 220,8 kt Wirbelschichtkohle und 3,9 kt Braunkohlenxylit erzeugt, wobei eine Kohlemenge von 2.545.657 Tonnen (Nassgewicht) eingesetzt wurde.

Die Tagebaue

Abraumförderbrücke 33F60 im Tagebau Nochten
Eimerkettenbagger der Abraumförderbrücke 27F34 im Tagebau Cottbus-Nord

Die Jahresförderung des Lausitzer Reviers liegt bei 55,7 Millionen Tonnen (2009), davon 41,5 Millionen Tonnen im Land Brandenburg. Die Förderung in Deutschland betrug insgesamt 169,9 Millionen Tonnen (2009). Für alle deutschen Reviere beläuft sich die Braunkohlegewinnung seit 1800 auf 24,4 Milliarden Tonnen.

Folgende Liste enthält Tagebaue in der Lausitz:

Panorama Tagebau Welzow-Süd (2007)

Geschichte der Braunkohleindustrie in der Lausitz

Beginn der Braunkohleindustrie

1894 gingen die ersten öffentlichen Elektrizitätswerke in der Oberlausitz in Betrieb. Sie versorgten die Häuser und Gewerbe in Oderwitz und Eibau mit 2×110 Volt Gleichstrom, zum Transport der Energie wurde das Drehstrom-Prinzip mit einer Spannung von 3.000 Volt genutzt. 1896 folgte Ebersbach, 1897 Hirschfelde und 1898 wurde in Neusalza ein Elektrizitätswerk errichtet.

Weiter nordwestlich begann um Lauchhammer und Dobrilugk und Kirchhain die Braunkohleförderung in nur sehr kleinen Gebieten, die wie Bad Erna heute, über ein Jahrhundert später, natürlich anmuten. 1882 wird hier die erste Brikettfabrik in Europa eröffnet, die Brikettfabrik Louise bei Domsdorf, im heutigen Landkreis Elbe-Elster. 1958 entstand eine BHT-Anlage in Lauchhammer, in der nach einem von Georg Bilkenroth und Erich Rammler entwickelten Verfahren hüttenfähiger Koks aus Braunkohle hergestellt wurde.

Bergbaugeschichte in der Lausitz

1789 wurde bei Bockwitz – dem heutigen Lauchhammer-Mitte – das erste Kohleflöz angebohrt. Das ist auch der erste schriftliche Hinweis auf die Niederlausitzer Braunkohle.

Mitte der 1890er Jahre setzte sich der Tagebau durch. Der erste Abraum-Kettenbagger des Reviers wurde 1898 auf der Grube „Milly“ in Bockwitz eingesetzt. Diese war ein Jahr zuvor von dem jüdischen Kohlengroßhändler Fritz Friedländer aus Gleiwitz eröffnet worden, der seit 1894/95 mit seinem Kapital im Revier Fuß faßte. Die im Jahr 1900 von ihm gegründete Braunkohlen- und Brikett-Industrie-AG (BUBIAG) mit Sitz in Berlin dominierte bald in der Braunkohlenindustrie des „Ländchens“ und gehörte zu den Großen des Niederlausitzer Braunkohlenbergbaus.[6]

Braunkohlegruben im Raum Lauchhammer, Schwarzheide und Doberlug-Kirchhain[7]

  • Grube „Erna“ bei Doberlug-Kirchhain, jetzt Badesee Bad Erna
  • Grube „Ida“ bei Doberlug-Kirchhain
  • Grube Grünewalde (1850 bis 1968), nach Flutung Grünewalder Lauch
  • Grube „Ferdinand I“ (Westfeld) (1897–1938) bei Zschornegosda
  • Grube „Ferdinand II“ (Ostfeld) (1938–1955) bei Zschornegosda
  • Grube Zschornegosda-Süd (1910–1923) bei Zschornegosda
  • Grube „Agnes“ (1897–1992) bei Plessa, 1924 erste Abraumförderbrücke von Friedrich von Delius
  • Grube Hansa (1901 bis 1961) bei Tröbitz
  • Grube Lauchhammer III (1898–1921) bei Lauchhammer
  • Milly-Grube I (1898–1902) bei Mückenberg
  • Milly-Grube II (Bockwitz) (1902–1916) bei Mückenberg
  • Milly-Grube III (Mückenberg) (1908–1919) bei Mückenberg
  • Milly-Grube IV (Grünewalde) (1909–1913) bei Mückenberg
  • Grube „Emanuel I“ (1901–1907) bei Dolsthaida
  • Grube „Emanuel II“ (1907–1912) bei Dolsthaida
  • Grube „Emanuel III“ (1907–1909) bei Dolsthaida

Braunkohlegruben im Raum Spremberg und Welzow[8][9]

  • Grube „Mariannensglück“ bei Kausche (1894)
  • Grube „Clara I“ östlich von Welzow (1866) und Grube „Clara“ in Haidemühl mit Brikettfabrik Werminghoff der Eintrachtwerke in Haidemühl
  • Grube „Clara II“ bei Gosda (ab 1901)
  • Grube „Clara II“ bei Welzow, Zusammenbruch der Clara-Brücke am 30. März 1949 bei der geplanten Überführung in die Grube Werminghoff II[10]
  • Grube „Clara II“ bei Proschim (ab 1943)
  • Grube „Hindenburg“ (ab 1923) zwischen Welzow (Ortsteil Sibirien) und Proschim, nach Flutung „Kleine Ostsee“
  • Grube „Anna“ (1864 bis 1924) und Grube „Consul“ mit Brikettfabriken bei Pulsberg (seit 1864)
  • Grube „Mathilde“ bei Spremberg (Hoyerswerdaer Chaussee), später mit der Grube „Gustav Adolf“ vereinigt, genannt „Lusatia“
  • Grube „Hoffnung III“ (später „Brigitta“) (bei Brigittenhof, jetzt Schwarze Pumpe)
  • Grube „Mulde A bis D“ (Trebendorfer Felder) (1938 bis 1969) bei Halbendorf

Braunkohlegruben im Raum Hoyerswerda[11]

  • Grube „Werminghoff I“, (1913–1945), nach Flutung Knappensee
  • Grube „Werminghoff II“ (später Glückauf II) (1934–1960), 1947 Demontage der Förderbrücke als Reparationsleistung an die UdSSR, nach Flutung Silbersee (1971)
  • Grube „Werminghoff III“ (später Glückauf III) (1950 bis 1968), danach Lohsa III, siehe Tagebau Lohsa und Brikettfabrik Werminghoff (1918 bis 1993)
  • Grube „Clara III“ (1909 bis 1934) bei Zeißholz mit den Brikettfabriken Saxonia (1887 bis 1911) und Zeißholz (1911 bis 1992)
  • Grube „Erika“ bei Laubusch (bei Lauta)

Braunkohlegruben im Raum Senftenberg

Braunkohlegruben im Muskauer Faltenbogen (im Raum DöbernWeißwasserMuskau)[13]

  • Grube „Gertrud“ (1868 bis 1905) bei Jocksdorf
  • Grube „Franz“ (1851 bis 1928) bei Klein Kölzig
  • Grube „Felix“ (1851 bis 1934) bei Bohsdorf, nach Flutung Felixsee
  • Grube „Conrad“ (1860 bis 1960) bei Groß Kölzig
  • Grube „Providentia“ (1864 bis 1934) bei Döbern
  • Grube „Heinrich“ (1857 bis 1860) bei Döbern
  • Grube „Gotthelf“ (1871 bis 1876, 1887 bis 1916) bei Eichwege
  • Grube „Emilienglück“ (1891 bis 1894) bei Eichwege
  • Grube „Julius“, ab 1949 „Vorwärts“ (1843 bis 1959) bei Wolfshain
  • Gruben „Anna“, „August“, „Aurora“ und „Hesperus“ bei Lieskau (Reuthen)
  • Grube „Mathilde“ (1878 bis 1902) bei Lieskau
  • Grube „Sophie“ (1929 bis 1945) bei Groß Düben
  • Grube „Weißwasser“ (1868 bis 1911) bei Weißwasser
  • Grube „Gertrud“ (1868 bis 1905) bei Jocksdorf
  • Grube „Gotthelf“ (1871 bis 1916) bei Eichwege
  • Grube „Marie“ (1873 bis 1944) bei Krauschwitz
  • Grube „Flora-Charlotte“ (1875 bis 1906) bei Krauschwitz
  • Grube „Theodor“ und „Freia II“ (1886 bis 1926) bei Kromlau
  • Grube „Theresia“ (1890 bis 1926) bei Krauschwitz
  • Grube „Caroline“ (1890 bis 1913) bei Weißwasser
  • Grube „Hartmann“ (1909 bis 1936) bei Keula
  • Grube „Hermann“ (1910 bis 1959) bei Weißwasser
  • Grube „Caroline II“ (1913 bis 1959) bei Weißwasser
  • Grube „Adolf“ (1921 bis 1956) bei Weißwasser
  • Grube „Sophie“ (1929 bis 1958) bei Groß Düben
  • Grube „Eduard“ (1924 bis 1942) bei Muskau
  • Grube „Eichwege“ (1947 bis 1960) bei Wolfshain
  • Grube „Kurt“ (1947 bis 1958) bei Kromlau
  • Grube „Fortschritt I und II“ (1953 bis 1961) bei Wolfshain

Braunkohlegruben im heutigen Polen (Woiwodschaft Lebus)

  • Grube „Antonie“ (1874 bis 1927) bei Zilmsdorf/Cielmów (Teuplitz/Tuplice)
  • Grube „Germania“ (1906 bis 1925) bei Läsgen/Łazy (Teuplitz/Tuplice)
  • Grube „Hoffnung“ (1908 bis 1927) bei Triebel (Trzebiel)
  • Grube „Krafft“ (1906 bis 1926) bei Triebel (Trzebiel)
  • Grube „Vereinigte Amalie-Wilhelmine“ (1872 bis 1938) bei Klein Teuplitz (Tuplice)
  • Grube „Victor I“ (1911 bis 1943) bei Buckoka (Buczyna) bei Triebel (Trzebiel)
  • Gruben der „Consolidierte Tschöpelner Braunkohlenwerke“ (1877 bis 1944) bei Neu Tschöpeln (Nowe Czaple)
  • Grube „Babina“ (1921 bis 1944/ 1946 bis 1970) bei Lugknitz (Łęknica)

Zukünftige Planungen

Der Tagebau Cottbus-Nord ist seit Ende 2015 ausgekohlt, in Jänschwalde ist das Förderungsende für 2019[veraltet] geplant.[14] Aktuell gibt es Diskussionen um die Lausitzer Tagebaue der Zukunft. Seit Veröffentlichung der Braunkohlenstudie der TU Clausthal im Mai 2007, in der die Braunkohlenlagerstätten des Landes bewertet wurden, rückten die Felder Jänschwalde-Nord, Bagenz-Ost und Spremberg-Ost in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Entscheidung zum Vorhaben „Gewässerausbau des Cottbuser Sees, Teilvorhaben 1 – Gewässerbeseitigung im Bereich der Teichgruppe Lakoma und eines Abschnitts des Hammergraben-Altlauf“ ging ein langjähriges Verfahren voran, bevor der Planfeststellungsbeschluss am 12. Dezember 2006 der Vattenfall Europe Mining AG ausgereicht wurde. Neben der Beteiligung von 36 Behörden, Gemeinden, Organisationen und Verbänden hatte sich die Öffentlichkeit sehr rege zum Vorhaben geäußert.

Vattenfall wollte als Ersatz für den 2015 auslaufenden Tagebau Cottbus-Nord den Tagebau Jänschwalde zur Kohleversorgung des Kraftwerks Jänschwalde um das Kohlefeld Jänschwalde-Nord erweitern und dafür die Dörfer Atterwasch, Kerkwitz und Grabko devastieren. Auch das Naherholungsgebiet um den Deulowitzer See und der See selbst würden abgebaggert. Infolge der Wahl zum Schwedischen Reichstag am 14. September 2014 kam eine rot-grüne Koalition mit dem sozialdemokratischen Premierminister Stefan Löfven an die Macht. Am 1. Oktober 2014 kündigte die sozialdemokratische Partei einen energiepolitischen Kurswechsel für das schwedische Staatsunternehmen Vattenfall an.[15][16] 2015 gab Vattenfall bekannt, seine Lausitzer Braunkohlesparte verkaufen zu wollen. Im April 2016 wurde das tschechische Unternehmen Energetický a Průmyslový Holding (EPH) als Käufer bekannt gegeben.

Im März 2014 erlaubte das sächsische Innenministerium die Erweiterung des Tagebaus Nochten; im Juni 2014 stimmte die rot-rote brandenburgische Landesregierung (Kabinett Woidke I) für den Ausbau des Tagebau Welzow-Süd, für den Tagebau Jänschwalde-Nord läuft seit 2009 ein Braunkohlenplanverfahren.[17][16]

Ökologische und soziale Problematik

Die Problematik des Abbaus ist vielseitig. Hier die wichtigsten Problembereiche:

Wasserhaltung

Um die Tagebaue trocken zu halten, ist ein Abpumpen des Grundwassers bis in Tiefen von maximal 150 Metern erforderlich. Dadurch fallen Bäche und Feuchtgebiete trocken, die dann zum Teil künstlich bewässert werden. Zudem verändert sich die Bodenstruktur und es kommt zu weiträumigen Bodensetzungen teilweise bis in Entfernungen von 15 bis 20 Kilometern. Durch die Beanspruchung der Flächen und Auskohlungsmaßnahmen für den Braunkohlenbergbau in der Lausitz entstand ein Gesamtdefizit von ca. 13 Mrd. m³ Grundwasser im Jahr 1990. Heute beträgt das Defizit noch ca. 6 Mrd. m³.

Der Grundwasserkörper regeneriert sich in großen Tiefen nur sehr langsam. Kritiker der Tagebaue werfen den Betreibern außerdem vor, dass das Wissen über die Grundwasserströme in größerer Tiefe nicht umfassend genug sei.

Feinstaub und Lärmbelastung

Messungen des Landesumweltamtes am Rand der Tagebaue haben seit 2004 ergeben, dass die durch den Abbau hervorgerufenen Feinstäube deutlich über den EU-Grenzwerten liegen.[18]

Maßnahmen zur Verminderung des Feinstaubs und Lärm in den Tagebauen:

  • die Zwischenbegrünung der Brückenkippe
  • das Betreiben von Bedüsungs- und Beregnungsanlagen
  • das Anlegen von Schutzpflanzungen
  • die Waldbestandserhaltung und die Waldaufwertung im Randbereich des Tagebaus
  • die Errichtung von Schutzdämmen/-wänden
  • die Abstandsfahrweise des Förderbrückenverbandes
  • die Einkapselung von Lärmquellen an den Bergbaugeräten
  • die Verwendung lärmgeminderter Bauelemente am Förderbrückenverband sowie an sonstigen Förderanlagen

Die Realisierung von Schutzmaßnahmen in den vergangenen Jahren führte bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Immissionssituation im Bereich des Tagebaus Jänschwalde. Weitere technische Lärmminderungsmaßnahmen am Förderbrückenverband F60 befinden sich in der Vorbereitung bzw. Realisierung. Dabei findet u. a. das Gutachten zum Stand der Technik zur Lärmminderung im Tagebau Jänschwalde Berücksichtigung. Zur Kontrolle der Immissionsbelastungen wird ein mit der zuständigen Bergbehörde abgestimmtes Messnetz (Lärm, Staubniederschlag) betrieben. Das Gesamtbild der bisher vorliegenden Messergebnisse zeigt, dass die vorgegebenen Immissionsrichtwerte für Lärm und die Immissionswerte für Staubniederschlag bezogen auf die gegenwärtig durch die bergbauliche Tätigkeit beeinflussten Orte im Wesentlichen eingehalten werden. Auf der Grundlage der Auswertung der vorliegenden Ergebnisse und Erfahrungen und unter Berücksichtigung der Entwicklung des Standes der Technik sollen die Immissionsschutzmaßnahmen für die im zukünftigen Einwirkungsbereich des Tagebaus liegenden Orte optimiert werden.

Klimaveränderung

Außenkippen, also Flächen außerhalb der Tagebaue, auf die der Abraum verbracht wird, können Einfluss auf das lokale Klima haben. Eine aus der Ebene herausragende Halde wirft Schatten und verändert damit die Verteilung der Sonneneinstrahlung in ihrer Umgebung. Doch auch die Windverhältnisse und die Niederschlagsverteilung werden beeinflusst. Zudem besitzt ein Sanduntergrund andere Eigenschaften als Wiesen oder Wälder. Letztere speichern Wasser und erwärmen sich langsamer. Die Tagebaue könnten dadurch die ohnehin warme Lausitz im Sommer stärker aufheizen. Ob die Seen, die nach der aktiven Phase des Tagesbaus oft entstehen, dem entgegenwirken und das trockene Klima wieder feuchter gestalten, wird die Zukunft zeigen.

Restlöcher

Die momentan betriebenen Tagebaue können aufgrund des enormen Volumens der geförderten Kohle und des auf Außenkippen abgelagerten Deckgebirges nicht mehr komplett verfüllt werden. Daher wird geplant, die Restlöcher mit Wasser zu befüllen. Da diese Seen keinen natürlichen Zu- und Abfluss haben, wird derzeit diskutiert, wie diese großen Wassermengen in die Löcher geleitet werden können. Geplant ist zum Beispiel Ableitungen von der Spree und Malxe zu den Tagebauen. Die ersten Seen, die aus ehemaligen Tagebauen durch Flutung der Restlöcher neu entstanden, sind bereits im Raum Senftenberg und Schlabendorf Bestandteil der Kulturlandschaft geworden. Genannt seien diesbezüglich der Senftenberger See und die Restlochkette Sedlitz, Skado, Koschen mit seinen dazugehörigen Überleitungsanlagen im Bereich Senftenberg und der Schönfelder See im Bereich um Kittlitz.

Tagebau Jänschwalde mit dem zukünftigen Klinger See (2005)

Welche Auswirkungen diese großen Wasserflächen auf das Klima der Lausitz haben werden, ist noch unklar. Bis die Seen vollständig gefüllt sind, wird es auch noch geraume Zeit, nach derzeitigen Schätzungen bis ins Jahr 2050, dauern. Einige anliegende Gemeinden hoffen auf einen aufstrebenden Tourismus. Erfahrungen aus dem Raum Leipzig-Halle (Mitteldeutsches Braunkohlerevier) mit dort bereits gefluteten Restlöchern zeigen, dass der Tourismus dort bereits drei bis fünf Jahre nach Flutungsbeginn zunahm.

Flora und Fauna

Aufgrund des fruchtbaren Lößbodens war das Revier vor dem Braunkohleabbau in einigen Bereichen ackerbaulich genutzt. Somit ist heute die natürliche Vegetation dementsprechend relativ weit vom natürlichen Zustand entfernt. Die Abholzung von Altwäldern soll zwar, wie in vielen Bereichen bereits geschehen, durch Neuanpflanzungen kompensiert werden. Doch dauert es einige Jahrzehnte, bis die Jungbäume herangewachsen sind und sich wieder eine stabile Pflanzengesellschaft etabliert hat.

Zur Güte-Beurteilung des aktuellen Pflanzeninventars werden insbesondere die Artenvielfalt, die Präsenz von Zeigerarten sowie von Rote-Liste-Arten berücksichtigt. Für die untersuchten Standorte ergab sich eine überraschende Vielfalt heimischer Arten.

Umsiedlung

Gedenkstein für Radeweise

Der Braunkohleabbau vernichtet für die Zeit des Bergbaues große Landwirtschaftsflächen und erfordert heute die Umsiedlung ganzer Dörfer mit insgesamt mehreren tausend Menschen, von denen viele zum traditionellen Kernsiedlungsgebiet der Sorben gehörten. So wurden in den vergangenen 100 Jahren in der Lausitz mehrere Dutzend überwiegend sorbisch geprägte Dörfer zerstört. Die Tagebaubetreiber berufen sich heutzutage dabei auf das deutsche Bergrecht.

Landwirte werden oft über 30 Kilometer oder mehr in die Nähe frisch rekultivierter Ackerflächen umgesiedelt, ein Unterfangen, das mit vielen Umstellungsschwierigkeiten und Anpassungen an die neuen landwirtschaftlichen Gegebenheiten verbunden ist.

Noch komplexer stellt sich die Umsiedlung bei den Ortschaften dar. Da die alten Orte ganz und auf einen Schlag eingeebnet werden, müssen in entfernt gelegenen Gebieten der Gemeinden und Städte rechtzeitig neue Wohngebiete geplant und erschlossen und somit ganze Ortsteile neu geschaffen werden. Hauseigentümer werden so gezwungen, neue Häuser zu bauen, und langjährige Mieter sind wieder auf Wohnungssuche nach vergleichbarem Wohnraum am neuen Ort, wobei die neuen Wohnungen meist teurer sind.

Es ergeben sich aber auch Chancen durch die Neuerung: Die Infrastruktur wird modernisiert und größere Siedlungseinheiten können geschaffen werden. Viele Umsiedler schätzen die Vorteile moderner Eigenheime gegenüber den engen, verwinkelten Altbauten, auch wenn sie gleichzeitig die völlige Zerstörung (Devastierung) der alten Orte, an denen prägende Erinnerungen und Geschichte hängen, als Verlust der Heimat empfinden.

Durch die Umsiedlung gewachsener Dörfer verlieren die Bewohner nicht nur ihre Heimat, auch ihr soziales Gefüge geht verloren. Daher bemüht sich Vattenfall, die Bewohner eines Gemeindeteils geschlossen in eine neue Siedlung zu bringen, so beispielsweise Horno im Jahr 2004. Die Dorfgemeinschaft soll durch die möglichst geschlossene Umsiedlung erhalten bleiben. Leider gelingt dies nicht immer zufriedenstellend. Pendler zum Beispiel, deren täglicher Weg zum Arbeitsplatz deutlich länger wird, siedeln sich lieber in anderen Orten näher am Arbeitsplatz an. Ein Weiterleben der Dorfgemeinschaft am neuen Ort kann hauptsächlich aus hinübergeretteten sozialen Bindungen entstehen. So kommt den Vereinen und der Festkultur eine zentrale Bedeutung zu, damit eine Umsiedlung von den Betroffenen als „erfolgreich“ empfunden wird.

Immer wieder gibt es Streitigkeiten über die Entschädigungssummen.

Der Umsiedlung geht nicht selten eine allmähliche Verödung voraus. Ortschaften, die von der Abbauplanung betroffen sind, verzeichnen oft schon lange vorher einen Rückgang der Bevölkerungszahlen. Hier siedeln sich nämlich wegen der schlechten geschäftlichen Aussichten keine neuen Industrien oder Gewerbebetriebe an, bereits ansässige Betriebe vergrößern sich nicht mehr und versuchen, das Unternehmen noch im Vorfeld der offiziellen Umsiedlung in entwicklungsfähigere Gegenden zu verlagern. Dadurch sinkt das Angebot an Arbeitsplätzen in der Gemeinde. Die ohnehin eher schwer an den Ort zu bindende junge Bevölkerung wandert ab zu aussichtsreicheren Wirtschaftsplätzen und Wohngebieten mit attraktiverem Freizeitangebot. Verstärkt wird diese Entwicklung noch dadurch, dass in den Tagebau-Planungsgebieten neue Bauanträge wegen der ungünstigen Zukunftsaussichten frühzeitig abgelehnt und die Bauland-Erschließungen häufig eingefroren werden.

Diese Erscheinungen bremsen die Weiterentwicklung der Orte und lassen sie allmählich veröden. Für den Braunkohleabbau verbessert sich dadurch allerdings die Ausgangssituation: Die Anzahl der umzusiedelnden Haushalte verringert sich, die Entschädigungszahlungen werden dadurch niedriger und gleichzeitig sinken die Grundstückspreise im Abbaugebiet.

Altlastensanierung

Die Altlastensanierung der stillgelegten Braunkohletagebaue (siehe Liste) aus der Zeit der DDR wird von der bundeseigenen LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft) übernommen und die Kosten im Wesentlichen von der Bundesregierung (Bundesfinanzministerium) und damit vom Steuerzahler getragen. Die Bundesländer beteiligen sich an der Grundsanierung mit 25 Prozent.[19] [20]

Einzelnachweise

  1. www.lausitzer-braunkohle.de
  2. Dieter Kahl u.a.: Braunkohleverstromung im Lausitzer Revier. Cottbus 2009, ISBN 978-3-9811412-2-1, S. 19.
  3. Janosch Delcker, Martin Sümening, Christoph Seidler: Der wahnwitzige Braunkohle-Boom. spiegel.de, 24. Juni 2014, abgerufen am 24. Juni 2014
  4. Die Daten wurden von der Europäischen Kommission im Rahmen des Community Independent Transaction Logs (Emissionshandel) veröffentlicht.
  5. Platzeck will Kraftwerk Jänschwalde auch ohne CCS - energate messenger+. In: www.energate-messenger.de. Abgerufen am 16. März 2016.
  6. Geschichte von Lauchhammer
  7. LMBV – Plessa/Lauchhammer/Schwarzheide (abgerufen am 14. März 2015)
  8. Die ersten Braunkohlegruben in Spremberg (abgerufen am 14. März 2015)
  9. Eine Grube namens Marianne, LR vom 14.Febr. 2014 (abgerufen am 14. März 2015)
  10. Die drei Leben einer alten Dame in den Tagebauen der Lausitz, LR vom 20. Nov. 2014 (abgerufen am 14. März 2015)
  11. Tagebau Werminghoff, Ostkohle (abgerufen am 14. März 2015)
  12. Tagebaue in der Lausitz – Regionaler Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien (abgerufen am 14. März 2015)
  13. Wolfgang Schossig, Manfred Kulke: Braunkohlenbergbau auf dem Muskauer Faltenbogen. Förderverein Kulturlandschaft Niederlausitz e. V., Cottbus 2006.
  14. Tagebau Jänschwalde. www.devastiert.de, abgerufen am 11. Juli 2013.
  15. www.socialdemokraterna.se
  16. a b FAZ.net 2. Oktober 2014
  17. Braunkohlenplanverfahren Tagebau Jänschwalde-Nord. Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg, abgerufen am 29. November 2014.
  18. Braunkohle und Gesundheit – Das Feinstaub-Problem
  19. Verwaltungsabkommen über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten in der Fassung vom 10. Januar 1995 über die Finanzierung der Braunkohlesanierung in den Jahren 2013 bis 2017
  20. Information zur Sanierung der Altlasten des Braunkohlebergbaus in den neuen Ländern (Stand Okt.2012)

Weblinks

Koordinaten: 51° 40′ N, 14° 11′ O