Philipp V. (Spanien)

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König Philipp V, c. 1739.
Philipp V. in Hoftracht
Silbermünze, 1739

Philipp V. von Anjou (span. Felipe V; * 19. Dezember 1683 in Versailles; † 9. Juli 1746 in Madrid), Herzog von Anjou (1683–1710), war von 1700 bis 1746 König von Spanien und bis 1713 auch König von Sardinien und König von Sizilien und Neapel. 1724 legte er für seinen Sohn Ludwig I. kurzfristig das Amt nieder. Er war der erste spanische Herrscher aus dem Hause Bourbon.

Leben

Kindheit und Jugend

Philipp V. wurde als zweiter Sohn des Dauphin Ludwig von Frankreich und dessen Gemahlin Maria Anna von Bayern geboren. Er war der jüngere Bruder von Louis, dem Herzog von Burgund und wuchs am Hof seines Großvaters Ludwig XIV. im Schloss von Versailles auf. Dabei stand er im Jahr 1700 nach seinem Vater und seinem älteren Bruder Louis an dritter Stelle der französischen Thronfolge. Sein jüngerer Bruder war Charles der Herzog von Berry. Er wurde von François Fénelon, dem Erzbischof von Cambrai, unterrichtet. Die drei Söhne von Ludwig wurden auch von Paul de Beauvilliers gelehrt.

Spanischer Erbfolgekrieg

1700 starb Karl II. ohne Kinder. Im selben Jahr wurde Philipp von seinem Großvater Ludwig XIV von Frankreich als Erbe der spanischen Habsburger und damit zum König von Spanien proklamiert. Die österreichischen Habsburger und andere europäische Staaten bestritten jedoch sein Erbrecht, wodurch der von 1701 bis 1713/14 währende Spanische Erbfolgekrieg ausgelöst wurde. In diesem Krieg standen die bourbonischen Staaten Frankreich und Spanien mit wenigen Verbündeten (darunter den wittelsbachischen Staaten Kurfürstentum Bayern und Kurköln) einer mächtigen Koalition gegenüber, deren Zentren Österreich, Großbritannien und die Niederlande bildeten. Hauptziel dieser Koalition war es, die französische Vorherrschaft in Europa nicht durch Philipps Machtübernahme weiter zu stärken. Darum sollte Spanien nach dem Willen Großbritanniens entweder zwischen Bourbonen und Habsburgern geteilt werden oder nach dem Willen Österreichs völlig an einen jüngeren Vertreter des Hauses Habsburg fallen, womit Frankreich jedoch seine Interessen gefährdet sah.

Für Philipp V. gingen in Spanien zeitweilig Aragon und Katalonien mit Barcelona an den habsburgischen Prätendenten Erzherzog Karl verloren, den späteren römisch-deutschen Kaiser Karl VI., der als spanischer Gegenkönig Karl III. ebenfalls den Thron beanspruchte. Auch die spanischen Besitzungen in Italien fielen an die österreichischen Habsburger. Erst als Karl nach dem Tode seines älteren Bruders Joseph I. 1711 Kaiser und damit Erbe der gesamten habsburgischen Staaten wurde, zerbrach die antibourbonische Koalition, da man nun eine Vorherrschaft der Habsburger fürchtete. Daher verzichtete Philipp V. am 5. November 1712 darauf, bei einem möglichen Aussterben seiner französischen Verwandten, Spanien und Frankreich in Personalunion zu regieren.[1] Das Erbrecht seiner Nebenlinie auf den französischen Thron blieb jedoch unangetastet. So war die Gefahr einer bourbonischen Doppelmonarchie beseitigt und die Alliierten des Kaisers konnten Philipp als spanischen König akzeptieren. Der Frieden von Utrecht 1713/14 brachte einen weiteren Kompromiss: Philipp durfte ganz Spanien und dessen riesiges Kolonialreich behalten, musste jedoch sämtliche bisherigen Besitzungen Spaniens in Italien und den Niederlanden an seine Feinde abtreten - die Königreiche Neapel, Sizilien, Sardinien, das Herzogtum Mailand, sowie die spanischen Niederlande. Eine weitere Konsequenz dieses völkerrechtlichen Vertrags war die Abtretung von Gibraltar an Großbritannien. Die letzte Bestimmung gilt bis heute. Die britische Verwaltung Gibraltars geht auf den damaligen Friedensschluss zurück.

Regierungspolitik während der ersten Ehe

Philipp V. nahm persönlich an den Feldzügen in Italien teil. Während dieser Zeit überließ er die Regierungsgeschäfte seiner Frau, Maria Luisa Gabriella von Savoyen, die in Spanien als Regentin amtierte. Die faktische Macht übte zu dieser Zeit wesentlich die erste Kammerdame der Königin, Marie-Anne de La Trémoille, aus. Zu dieser Zeit reformierte der französische Ökonom Jean Orry, den Philipps Großvater Ludwig XIV. nach Spanien entsandt hatte, das spanische Verwaltungs- und Finanzwesen von Grund auf. Erstmals wurde die Regierungsarbeit in Fachressorts eingeteilt, für die einzelne Minister zuständig waren. Den Vorsitz als Ministerpräsident führte zu dieser Zeit José de Grimaldo. Mit dem Tod der Königin 1714 fiel Orrys Unterstützung am Hofe weg, und er wurde entlassen.

Regierungspolitik während der zweiten Ehe

Unter dem Einfluss seiner zweiten Gemahlin Elisabeth, einer geborenen italienischen Prinzessin aus dem Hause Farnese, und seines ebenfalls aus Italien stammenden Ministers Kardinal Giulio Alberoni ging Philipp 1718 erfolglos daran, die Gebietsverluste aus dem Utrechter Frieden wieder zurückzugewinnen. Spanien konnte zwar das bis dahin zu Savoyen gehörige Sizilien besetzen, musste dieses jedoch an Österreich wieder abtreten. In Italien wieder Fuß zu fassen blieb jedoch auch für die weitere Regierungszeit Philipps eine Handlungsmaxime. Etwa zur gleichen Zeit kam es in Frankreich zu einer Verschwörung gegen den Regenten Philippe II. Charles de Bourbon, duc d'Orléans. Antonio del Giudica, Fürst von Cellamares, versuchte erfolglos Philipp auf den französischen Thron zu bringen.

Abdankung 1724

Immer stärker machten dem König Depressionen zu schaffen. Weil diese seine Regierungsfähigkeit beeinträchtigten, dankte er 1724 zugunsten seines ältesten Sohnes Ludwig I. Philipp ab. Da dieser aber schon im selben Jahr starb und die übrigen Söhne noch zu jung erschienen, ließ sich Philipp V. – vermutlich auch auf Drängen der Königin Elisabeth, die ihre Führungsrolle am Hofe nicht einbüßen wollte – erneut zur Herrschaftsübernahme bewegen.

Aufnahme der zweiten Amtszeit

Von 1724 bis zu seinem Tode 1746 war er ein zweites Mal König. Es heißt, dass der später als Sänger an seinen Hof gekommene italienische Kastrat Farinelli die Depressionen des Königs durch die Schönheit seiner Kunst habe beruhigen können. Das war ein Glücksfall, denn Farinelli scheint den damit verbundenen großen Einfluss auf den König niemals missbraucht zu haben.

1725 entsandte er Juan Guillermo Riperdá, einen Liebling des Hofes, nach Wien, um dort gemeinsam mit Ministerpräsident Juan Bautista de Orendáin den Vertrag von Wien (1725) auszuhandeln. Die Verhandlungen mit den kaiserlichen Habsburgern verliefen sehr erfolgreich. Am Ende hatten die Spanier nicht nur die Hochzeit des Kronprinzen mit Österreichs Kaisertochter arrangiert, sondern auch erreicht, dass Karl das Herzogtum Parma regieren dürfte, wenn die männliche Linie der Farnese aussterben sollte. Dieses Ereignis trat 1731 ein, und Philipp schickte seinen fünfzehnjährigen Sohn nach Italien, ausgestattet mit einer großzügigen Pension und einer Reihe fähiger Berater.

Riperdá wurde für seinen Verhandlungserfolg bei seiner Rückkehr zum Herzog erhoben und erhielt das Amt des Ministerpräsidenten. Ein halbes Jahr später stellte sich heraus, dass Riperda seine Kompetenzen überschritten hatte und in Wien erhebliche finanzielle Zusagen gemacht hatte. Philipp entließ den Abenteurer und setzte wiederum Orendáin als Ministerpräsident ein. Nach dessen Tod folgte ihm 1734 José de Patiño y Morales, der 1736 starb.

Von 1736 an ging das Ministerpräsidentenamt an den persönlichen Sekretär des Königs, Sebastián de la Cuadra y Llarena, der schon seit langem die Korrespondenz mit den Verbündeten Spaniens verantwortet hatte. Starker Mann im Kriegsministerium wurde 1743 Zenón de Somodevilla y Bengoechea.

Polnischer Erbfolgekrieg

Die geschickte Beteiligung Spaniens am Polnischen Erbfolgekrieg führte 1735 zur Rückkehr der spanischen Herrschaft nach Italien, indem das bisher österreichisch-habsburgische Doppelkönigreich Neapel-Sizilien dem jüngeren Sohn Philipps V., dem späteren spanischen König Karl III. überlassen werden musste. Ein weiterer Wunsch der Königin Elisabeth, das Herzogtum Parma als ihr väterliches Erbe ebenfalls zu sichern, ging jedoch erst nach dem Tode ihres Gatten im Jahre 1748 zugunsten ihres Sohnes Philipp in Erfüllung.

Krieg mit England

Die fortgesetzten Konflikte mit England nach dem Vertrag von Wien lösten den Englisch-Spanischen Krieg (1727–1729) aus. Neben einigen Seegefechten in der Karibik konzentrierte das Kriegsgeschehen sich auf die (erfolglose) Belagerung von Gibraltar (1727). Nach dem Vertrag von Sevilla hielt der Frieden sieben Jahre lang. Dann kulminierten die Gegensätze im War of Jenkins' Ear. Die Briten griffen ab 1739 spanische Besitzungen in der Karibik an. Portobelo fiel in britische Hände, und Cartagena stand unter Belagerung. Die Auseinandersetzung endete 1742.

Österreichischer Erbfolgekrieg

1740 starb Kaiser Karl VI. und hinterließ keinen männlichen Nachkommen. Spanien hatte schon im Vertrag von Wien (1725) versucht, den Prinzen Karl mit der Kaisertochter Maria Theresia zu verheiraten und so eine Verbindung zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon herzustellen. Dies scheiterte aber am Widerstand der Niederlande und Großbritanniens, die eine Verschiebung des kontinentaleuropäischen Machtgleichgewichtes fürchteten.

So änderte Spanien die Taktik und stellte sich im Österreichischen Erbfolgekrieg an die Seite von Österreichs Feinden. 1743 schlossen die spanischen und französischen Bourbonen den Zweiten Familienpakt, mit dem Spanien in den Krieg eintrat. Ziel war die Wiedererlangung der einstigen spanischen Besitzungen in Italien. Prinz Philipp sollte nach Vorstellung seiner Mutter Herrscher der Lombardei werden. Spanische Truppen kämpften in Italien gegen habsburgische und savoyische Einheiten. Die Kriegslage stand ungünstig für Frankreich und Spanien, als Philipp V. im Juli 1746 starb.

Seinen Thron beerbte sein Sohn Karl, König von Neapel, der als Karl III. spanischer König wurde.

1701 wurde er 35. Großmeister des Ritterordens vom Heiligen Grab.[2]

Nachkommen

Philipp V. (zweiter v. l.) im Kreis seiner Familie

Am 2. November 1701 heiratete er in Figueras Maria Luisa Gabriella von Savoyen, Tochter von Viktor Amadeus II., Herzog von Savoyen und nachmaliger König von Sardinien-Piemont, die jeweils zweifach (durch ihre Großväter Herzog Karl Emanuel II. von Savoyen und Philippe I. de Bourbon, duc d’Orléans) seine Cousine 2. sowie auch (durch ihre Urgroßmütter Herzogin Christine von Savoyen und Königin Henriette von England) 3. Grades war. Sie hatten vier Söhne miteinander:

  • Ludwig I. (1707–1724) König von Spanien
  • Philipp Ludwig (* /† 1709)
  • Philipp Peter (1712–1719)
  • Ferdinand VI. (1713–1759) König von Spanien

Maria war sehr beliebt bei den Untertanen, sie diente mehrfach als Regent für ihren Mann.

In zweiter Ehe vermählte er sich am 24. Dezember 1714 in Guadalajara mit Elisabetta Farnese (spanisch: Isabel de Farnesio), die ihm folgende Kinder schenkte:

Vorfahren

 
 
 
 
 
Ludwig XIII., König von Frankreich (1601–1643)
 
 
 
 
Ludwig XIV. König von Frankreich (1638–1715)
 
 
 
 
 
Anna von Österreich (1601–1666)
 
 
 
Louis de Bourbon Dauphin von Frankreich (1661–1711)
 
 
 
 
 
 
Philipp IV., König von Spanien (1605–1665)
 
 
 
Maria Theresia von Spanien (1638–1683)
 
 
 
 
 
Isabella (Élisabeth) von Bourbon (1602–1644)
 
 
 
Philipp V. König von Spanien (1683–1746)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Maximilian I., Kurfürst von Bayern (1573–1651)
 
 
 
Ferdinand Maria Kurfürst von Bayern (1636–1679)
 
 
 
 
 
Maria Anna von Österreich (1610–1665)
 
 
 
Maria Anna von Bayern (1660–1690)
 
 
 
 
 
 
 
 
Viktor Amadeus I., Herzog von Savoyen (1587–1637)
 
 
 
Henriette Adelheid von Savoyen (1636–1676)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Christina von Frankreich (1606–1663)
 
 

Der Ahnenschwund, der häufig für das Aussterben der spanischen Linie der Habsburger verantwortlich gemacht wurde, ist auch bei dem neuen König aus dem Haus Bourbon festzustellen. Statt sechzehn Ururgroßeltern hatte Philipp V. nur zehn.

Literatur

  • Henry Kamen: Philip V of Spain – The King Who Reigned Twice. Yale University Press, New Haven, Conn. 2001, ISBN 0-300-08718-7.
  • Agustin Gonzalez Enciso: Philip V – Economic and Social Reform in Spain. Lambert Academic Publishers (LAP), Saarbrücken, 2012. ISBN 978-3-8484-9470-5

Weblinks

Commons: Philipp V. von Spanien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. John A. Lynn: The Wars of Louis XIV 1667–1714. 2. Aufl. Longman, London 2002, ISBN 0-582-05628-4, S. 350f.
  2. Jakob Hermens: Der Orden vom heil. Grabe. Schaub 1867, S. 12.
VorgängerAmtNachfolger

Karl II.
Ludwig I.
König von Spanien
1700–1724
1724–1746

Ludwig I.
Ferdinand VI.
Karl II.König von Neapel
1700–1713
Karl VI.
Karl II.König von Sizilien
1700–1713
Viktor Amadeus II.
Karl II.König von Sardinien
1700–1713
Karl VI.
Karl II.Herzog von Mailand
1700–1706
Karl VI.
Karl II.Herzog von Luxemburg
1700–1712
Maximilian Emanuel