Stromerzeugung

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Prozentualer Strommix in Deutschland 1990–2015
Stromerzeugung in Deutschland seit 1900 in Terawattstunden

Als Stromerzeugung oder Stromproduktion ist die großtechnische Gewinnung elektrischer Energie mit Hilfe von Kraftwerken gemeint. Die so erzeugte elektrische Energie wird über Stromnetze zu den Verbrauchern transportiert. Bei der Stromerzeugung wird im physikalischen Sinn keine Energie erzeugt. Sie beruht stattdessen auf einer Umwandlung einer anderen Energieform in elektrische Energie.

Allgemeines

Stromerzeugung aus physikalischer Perspektive

Physikalisch ist der elektrische Strom die pro Zeiteinheit fließende elektrische Ladung. Die Energie berechnet sich als Strom multipliziert mit der elektrischen Spannung und der Zeit. Da die physikalische Gesamtenergie nach dem Energieerhaltungssatz konstant bleibt, sind die Begriffe Strom- oder Energieerzeugung aus physikalischer Sicht unzutreffend. Es handelt sich um eine Umwandlung verschiedener Energieformen, meist die Umwandlung von kinetischer Energie in elektrische Energie durch einen Generator. Die elektrische Energie wird dann zumeist über ein Stromnetz zu den angeschlossenen Geräten geleitet, um deren Strombedarf zu decken. Der Großteil der Stromerzeugung geschieht im industriellen Maßstab in Kraftwerken.

Stromerzeugung aus energiewirtschaftlicher Perspektive

Allgemeinsprachlich und in der Energiewirtschaft wird der Begriff Strom abweichend von der physikalischen Definition im Sinne von elektrischer Energie mit der gebräuchlichen Einheit Kilowattstunden benutzt („Stromverbrauch“ statt Energiegebrauch). Stromerzeugung meint im energiewirtschaftlichen Sinne die Bereitstellung elektrischer Energie unter Verwendung energetischer Produktionsfaktoren (Kohle, Gas, Wasser, Wind...) und nichtenergetischer Produktionsfaktoren (Arbeitskräfte, Emissionshandelszertifikate...).

Unter Bruttostromerzeugung versteht man dabei die insgesamt erzeugte elektrische Energie. Zieht man davon den Eigenbedarf der Kraftwerke ab, erhält man die Nettostromerzeugung. Beispielsweise liegt der Eigenbedarf von Kohlekraftwerken bei etwa 10 % und der von Kernkraftwerken um die 5 % der von ihnen selbst erzeugten elektrischen Energie, wobei der Eigenenergiebedarf von Kernkraftwerken auch nach der Beendigung der Stromerzeugung („Abschaltung“) für mehrere Jahre bestehen bleibt, da der Reaktor weiter gekühlt und abgesichert werden muss.

Bedeutung

Elektrische Energie ist der am vielseitigsten verwendbare Energieträger, der sich zudem mit besonders geringen Verlusten in andere Energieformen umwandeln lässt. Sie ist Voraussetzung für jede moderne Industrie und kann nicht durch andere Energieträger ersetzt werden, ohne hohe Verluste in Kauf zu nehmen. Ein Stromausfall bringt erfahrungsgemäß jede Volkswirtschaft zum Erliegen und muss deshalb weitestgehend begrenzt bleiben. Eine hohe Versorgungssicherheit ist deshalb eine wichtige Bedingung für modernen Gesellschaften.

Die Erzeugung des Stroms findet in Kraftwerken statt. Sehr oft wird in Kraftwerken zur Erzeugung der elektrischen Energie eine rotierende elektrische Maschine eingesetzt, ein sog. elektrischer Generator (vgl. Fahrraddynamo). In Wärmekraftwerken kommen meistens Drehstrom-Synchrongeneratoren zum Einsatz. Auch in Windkraftanlagen und Wasserkraftwerken finden Drehstrom-Synchrongeneratoren Anwendung. Dort werden aber ebenfalls Drehstrom-Asynchrongeneratoren eingesetzt.

Hauptvorteil der elektrischen Energie ist die Möglichkeit, einen ganzen Erdteil wie Europa mit einem Verbundnetz zu überziehen, in dem der elektrische Strom mit geringen Verlusten verteilt werden kann (s. a. elektrischer Energietransport) und sich durch die Vielzahl der verbundenen Kraftwerke die Redundanz und somit die Versorgungssicherheit erhöht.

Hauptnachteil des elektrischen Stromes ist die Tatsache, dass sich – volkswirtschaftlich gesehen – nur verschwindend geringe Energiemengen unmittelbar speichern lassen. Nur durch aufwändige Umwandlung in andere Energieformen, beispielsweise mittels Pumpspeicherkraftwerken, lässt sich vermeiden, dass die erzeugte elektrische Energie in jedem Augenblick exakt mit der verbrauchten Menge übereinstimmen muss. In einem System mit hohem Anteil an (fluktuierenden) Erneuerbaren Energien sollen in Zukunft Speicherkraftwerke die bedarfsgerechte Strombereitstellung übernehmen.

Elektrische Energie ist weitestgehend die alleinige Übertragungsart, um die Energie eines Wasserkraftwerks, einer Windkraftanlage oder eines Kernkraftwerks in industrialisierte Gebiete zu transportieren. Als theoretische Alternative dazu wurde die Wasserstoffwirtschaft vorgeschlagen, die bisher jedoch nur als Konzept formuliert wurde.

Historisches

Der Siegeszug der elektrischen Energieversorgung begann nach 1882[1] durch die Konstruktion von Kraftwerken mit elektrischen Generatoren. Zunächst waren es voneinander unabhängige Insellösungen. Sehr schnell erkannte man die Vorteile von wechselstrombetriebenen Stromnetzen, weil diese nicht mehr so stark von der Betriebssicherheit einzelner Kraftwerke abhingen. In Deutschland bildeten sich zwei fast unabhängige Stromnetze:

  • Das öffentliche Netz mit 50 Hz und
  • das Bahnstromnetz mit 16 2/3 Hz für die Eisenbahn.

Einige Kraftwerke wurden mit getrennten Generatoren ausgestattet und konnten Strom für beide Systeme erzeugen.

Heute ist die Stromerzeugung in Deutschland privatisiert, es gibt zwar über 1000 einzelne Stromanbieter, jedoch wurden im Jahr 2014 noch etwa 67 % der Stromerzeugung von den vier großen Energieversorgungsunternehmen RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall realisiert, die damit immer noch über eine marktbeeinflussende Stellung verfügen[2].

Bruttostromerzeugung nach Energieträgern

Internationaler Vergleich

Global wurden im Jahr 2011 22.158,5 Mrd. kWh elektrischer Energie produziert. Etwa zwei Drittel der Gesamtproduktion stammen aus der Verbrennung fossiler Energieträger, ca. 20 % wurden regenerativ erzeugt und knapp 12 % mittels Kernenergie gewonnen.[3]

Stromerzeugung nach Energieträgern in den Jahren 2011 und 2012 (global)[3]
Energieträger Anteil 2011 in % Anteil 2012 in %
Kohle 41,2 40,3
Erdgas 21,9 22,4
Erdöl 3,9 4,1
Kernenergie 11,7 10,8
Wasserkraft 15,6 16,1
Übrige Erneuerbare 4,2 4,7

Die folgende Tabelle stellt die Bruttostromerzeugung nach Energieträgern im Jahr 2008 verschiedener Länder gegenüber.

Bruttostromerzeugung nach Energieträgern im Jahr 2008 verschiedener Länder[4]
Deutschland
Schwerpunkt: Kohle
Frankreich[5]
Schwerpunkt: Kernenergie
Norwegen
Schwerpunkt: Wasserkraft
China
Schwerpunkt: Kohle
Energieträger Strommenge
in TWh
Anteil in % Strommenge
in TWh
Anteil in % Strommenge
in TWh
Anteil in % Strommenge
in TWh
Anteil in %
Kohle 278,5 43,6 % 19,8 3,4 % 2,2 1,5 % 2785,74 78 %
Kernenergie 148,8 23,3 % 440,3 72,7 % k.a. k.a. 82,14 2,3 %
Erdgas 83,0 13,0 %
Windkraft 40,2 6,3 % k.a. k.a. k.a. k.a. 13,0 0,36 %
Mineralölprodukte 10,5 1,6 %
Wasserkraft 19,6 3,1 % 63,4 11 % 140,5 98,5 % 628,58 17,6 %
übrige Energieträger 58,1 9,1 % 50,9 8,9 % k.a. k.a. 62,14 1,74 %
Summe 639,1 100,0 % 574,4 96 % 142,7 100 % 3571,46 100 %
CO2-Ausstoß
in g/kWh[6]
604 61 0,1 ≈1000

(k.a.: keine Angabe)

Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland

Die Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland für die Jahre 1990, 2000 und 2007 bis 2015 ist in den beiden folgenden Tabellen aufgeführt.

Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland[7]
Absolute Erzeugung in Terawattstunden[8]
Energieträger 1990 2000 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Braunkohle 170,9 148,3 155,1 150,6 145,6 145,9 150,1 160,7 160,9 155,8 155,0
Kernenergie 152,5 169,6 140,5 148,8 134,9 140,6 108,0 99,5 97,3 97,1 91,8
Steinkohle 140,8 143,1 142,0 124,6 107,9 117,0 112,4 116,4 127,3 118,6 118,0
Erdgas 35,9 49,2 78,1 89,1 80,9 89,3 86,1 76,4 67,5 61,1 61,0
Mineralölprodukte 10,8 5,9 10,0 9,7 10,1 8,7 7,2 7,6 7,2 5,7 5,5
Windenergie onshore k.A. 9,5 39,7 40,6 38,6 37,8 48,9 50,7 50,8 55,9 70,9
Windenergie offshore 0,9 1,4 8,3
Wasserkraft 19,7 24,9 21,2 20,4 19,0 21,0 17,7 22,1 23,0 19,6 19,0
Biomasse k.A. 1,6 19,8 23,1 26,3 29,6 32,8 39,7 41,2 43,3 44,5
Photovoltaik k.A. 0,0 3,1 4,4 6,6 11,7 19,6 26,4 31,0 36,1 38,7
Hausmüll(2) k.A. 1,8 4,5 4,7 4,3 4,7 4,8 5,0 5,4 6,1 5,8
Übrige Energieträger 19,3 22,6 26,6 24,7 21,4 26,8 25,6 25,7 26,2 27,0 26,9
Summe 549,9 576,6 640,6 640,7 595,6 633,1 613,1 630,1 638,7 627,8 645,6
davon regenerativ erzeugt 19,7 37,9 88,3 93,2 94,9 104,8 123,8 143,8 152,4 162,5 187,4
Prozentuale Anteile[8]
Energieträger 2000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Braunkohle 25,7 % 24,5 % 23,0 % 24,5 % 25,5 % 25,2 % 24,8 % 24,0 %
Kernenergie 29,5 % 22,6 % 22,2 % 17,6 % 15,8 % 15,2 % 15,5 % 14,2 %
Steinkohle 24,8 % 18,1 % 18,5 % 18,3 % 18,5 % 19,9 % 18,9 % 18,3 %
Erdgas 8,5 % 13,6 % 14,1 % 14,0 % 12,1 % 10,6 % 9,7 % 9,4 %
Mineralölprodukte 1,0 % 1,7 % 1,4 % 1,2 % 1,2 % 1,1 % 0,9 % 0,9 %
Windenergie onshore 1,6 % 6,5 % 6,0 % 8,0 % 8,0 % 8,0 % 8,9 % 11,0 %
Windenergie offshore 0,1 % 0,2 % 1,3 %
Wasserkraft 4,3 % 3,2 % 3,3 % 2,9 % 3,5 % 3,6 % 3,1 % 2,9 %
Biomasse 0,3 % 4,4 % 4,7 % 5,3 % 6,3 % 6,5 % 6,9 % 6,9 %
Photovoltaik 0,0 % 1,1 % 1,8 % 3,2 % 4,2 % 4,9 % 5,7 % 6,0 %
Hausmüll(2) 0,3 % 0,7 % 0,7 % 0,8 % 0,8 % 0,8 % 1,0 % 0,9 %
Übrige Energieträger 3,9 % 3,6 % 4,2 % 4,2 % 4,1 % 4,1 % 4,3 % 4,3 %
Summe 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 %
regenerativer Anteil 6,6 % 15,9 % 16,6 % 20,2 % 22,8 % 23,9 % 25,9 % 29,0 %
(1) 
Vorläufige Angaben z.T. geschätzt
(2) 
Nur Erzeugung aus biogenem Anteil des Hausmülls (ca. 50 %)

Der Strommix der einzelnen Versorgungsunternehmen weicht von diesen Durchschnittswerten stark ab.

Stromwirtschaft

Der Preis von elektrischer Energie in Deutschland

Endkosten

Die Strompreise hängen vor allem von der Bezugsmenge ab. Viele große Kunden (z. B. Industrieunternehmen mit hohem Stromverbrauch) haben mit ihrem Stromlieferanten tageszeit- oder lastabhängige Preise ausgehandelt (siehe auch Nachtstrom, Variable Tarife). Einige Großverbraucher (z. B. Aluminiumhütten) haben Produktionsprozesse, die sie eine Zeitlang unterbrechen können. Sie können mit ihrem Stromlieferanten vereinbaren, dass dieser bei Spitzenbedarf die Belieferung unterbrechen darf („Lastabwurf“); dafür erhalten sie im Gegenzug finanzielle Vergünstigungen.

Strompreise für sehr große Mengen sind ein Indiz für die Erzeugerkosten. Sie betrugen 2007 bei einer Mindestabnahme von 70.000 MWh 6,6 ct/kWh (zuzüglich 4,5 ct/kWh Steuern und Abgaben).[9] Gesamtpreis 11,1 ct/kWh. Im Zuge der Energiewende bzw. des stark gestiegenen Marktanteils erneuerbarer Energien haben sich viele Faktoren geändert.

Ein Haushalt mittlerer Größe in Deutschland verbrauchte 2008 jährlich etwa 3500 kWh und bezahlte dafür 12,98 ct/kWh an den Stromlieferanten. Dazu kamen 8,67 ct/kWh Abgaben und Steuern.[10] Gesamtpreis 21,65 ct/kWh.

Seit Ende 2010 muss jeder Energieversorger in Deutschland für elektrische Energie Variable Tarife anbieten,[11] so dass jeder Verbraucher durch intelligenten Stromverbrauch Einfluss auf die Endkosten nehmen kann.

Erzeugungskosten

Stromgestehungskosten in Deutschland
Stromgestehungskosten
neuer Kraftwerke
in ct/kWh
Emission
Kohlendioxid
in g/kWh
Emission
Schwefeldioxid
in mg/kWh
Emission
Stickoxide
in mg/kWh
Kohlekraftwerk 3,8 – 5,3 Braunkohle[12]
6,3 – 8,0 Steinkohle[12]
790-1230 [13] 750 800
Wasserkraftwerk 2 - 8,3[14] 4-13 [13] 20 40
Kernkraftwerk 7-10[15] 66 [16] 30 30
Erdgas GUD 7,5 – 9,8[12] 410-430 [13] 80 390
Windkraftanlage 4,5 – 10,7 Onshore[12]
11,9 – 19,4 Offshore[12]
8-16 [13] 50 40
Photovoltaik 7,9 - 14,2[12] 27 - 59[17] 108[17] 0.0716[17]
Holz HKW 10[9] 40 150 1130

Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Brennstoffkosten nicht stabil sind und dass die Kapital- und Unterhaltskosten innerhalb eines Kraftwerkstyps variieren.

Bei Biogas-BHKWs und Holzheizkraftwerken sind außerdem die Brennstoff-Kosten zu 100 % auf die erzeugte elektrische Energie umgelegt, wohingegen in der Realität die Abwärme dieser Kraftwerke i. d. R. über Nahwärmesysteme mitgenutzt wird. Unter Berücksichtigung eines Leistungsverhältnis (elektrisch:thermisch) von 50:50 (bei Biogas BHKW) bzw. 20:80 (bei Holz HKW) reduzieren sich die Brennstoffkosten auf 2,5–4 ct/kWhelektr. (Biogas BHKW) bzw. 1,6–2 ct/kWhelektr. (Holz HKW). Eine ähnliche Kalkulation kann natürlich auch bei BHKWs mit anderen Brennstoffen (z. B. Gas oder Öl) angesetzt werden.

Stromhandel in Europa

Haushaltsstrompreise inkl. aller Steuern bei einem Jahresverbrauch zwischen 2.500 und 5.000 kWh (2013) [18]
Staat Cent/kWh
Belgien 21,73
Bulgarien 9,24
Tschechische Rep. 15,25
Dänemark 30,00
Deutschland 29,19
Estland 13,51
Irland 22,95
Griechenland 15,63
Spanien 22,28
Frankreich 14,72
Italien 22,92
Zypern 27,60
Lettland 13,78
Litauen 13,70
Luxemburg 16,65
Ungarn 13,97
Malta 17,00
Niederlande 19,55
Österreich 20,82
Polen 14,80
Portugal 20,81
Rumänien 13,23
Slowenien 16,10
Slowakei 16,98
Finnland 15,78
Schweden 21,01
Großbritannien 17,41
Norwegen 19,09

In Europa ist es seit langem üblich, dass elektrische Energie wie jede andere Ware gehandelt wird. Das Europäische Verbundsystem dient neben dem Stromhandel bzw. dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage auch der Versorgungsqualität: Schwankungen im Verbrauch und in der Erzeugung können in einem großen Stromnetz erheblich besser ausgeglichen werden, als wenn jedes Land ein alleinstehendes Stromversorgungsnetz hätte. Störungen lassen sich jedoch nie völlig ausschließen (siehe z. B. Liste historischer Stromausfälle).

Der Preis von elektrischer Energie in Europa

Die Strompreise in Europa unterscheiden sich erheblich. Ursache dafür sind unter anderem unterschiedlich hohe Steuern und sonstige Abgaben. Spitzenreiter sind mit weitem Abstand Dänemark, Deutschland und Zypern. Der Preis für Haushaltsstrom lag 2013 in diesen Ländern bei mehr als 27 Cent je kWh (inkl. aller Steuern und Abgaben bei einem Jahresverbrauch zwischen 2.500 und 5.000 kWh). Besonders günstig war Haushaltsstrom 2013 mit weniger als 14 Cent je kWh in Bulgarien, Rumänien, Estland und Litauen (siehe nebenstehende Tabelle).

Welches Kraftwerk liefert wem Strom?

Grundsätzlich liefert das nächstgelegene Kraftwerk den Großteil der verbrauchten Energie. Bildlich kann man sich das wie eine bergige Landschaft vorstellen: Die Kraftwerke „drücken“ die Bergspitzen nach oben, die Verbraucher (Städte, Industrieanlagen) ziehen nach unten. Energie fließt – genauso wie darüber geschüttetes Wasser – den steilsten Weg bergab und verschwindet dort. In der Physik nennt man das Gradient eines Skalarfeldes. Es wurde noch nie beobachtet, dass Wasser abwechselnd bergauf- und bergab fließt, um in ein ganz bestimmtes Tal zu gelangen. Der Energiefluss verhält sich genauso.

In Zusammenhang mit Ökostrom taucht immer wieder die Frage auf, wie es manche Stromanbieter erreichen, elektrischen Strom von einem ganz bestimmten, oft weit entfernten Kraftwerk zu beziehen. Strombezug aus einem weit entfernten Kraftwerk ist physikalisch nicht möglich, außer man koppelt sich vom öffentlichen Stromnetz ab und legt eine separate Leitung zum gewünschten Kraftwerk. Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu verstehen, dass der Strommarkt eine bilanzielle Trennung zulässt, d. h. ein Verbraucher entnimmt dem Verbundnetz die gleiche Menge Energie, die er bei einem Stromerzeuger eingekauft hat, und die dieser ins Netz einspeist. Entscheidend dabei ist nicht der Stromfluss, sondern der Geldfluss, also an wen das Geld des Verbrauchers fließt. Physikalisch kommt die elektrische Energie überwiegend aus den nächstgelegenen Kraftwerken, das Tauschgeschäft "Geld gegen Ware" erfolgt vereinfacht über den „Stromsee“ eines Verbundnetzes mit dem ausgewählten Stromanbieter.

Lokale und mobile Stromerzeugung

Eine Stromerzeugung in der Nähe des Verbrauchers, etwa innerhalb oder in der Nähe von Wohngebieten und Industrieanlagen, bezeichnet man als dezentrale Stromerzeugung. Wird Strom über ein räumlich begrenztes Stromnetz verteilt, das nicht mit dem Verbundnetz gekoppelt ist, spricht man von einem Inselnetz. Ein Verbraucher, der unabhängig ist von Energieimporten, nennt man energieautark.

Bei mobilen Geräten oder kleinen stationären Anlagen kommen typischerweise Batterien oder Akkumulatoren als Energiespeicher zum Einsatz (s. a. Traktionsbatterie, Solarbatterie).

Auswirkungen auf die Gesundheit

Die unterschiedlichen Effekte von verschiedenen Formen der Stromerzeugung auf die Gesundheit sind schwer zuzuschreiben und unsicher zu erfassen. Die folgende Tabelle umschreibt eine Schätzung auf Basis von Daten aus der Europäischen Union (Methode: ExternE). Die Gesundheitsschäden können durch Unfälle und durch Luftverschmutzung im Normalbetrieb auftreten. Laut Tabelle werden die meisten Erkrankungen durch Luftverschmutzung pro erzeugter Terawattstunde in der Europäischen Union durch Braun- und Steinkohle verursacht, gefolgt von Erdöl und Biomasse. Als wesentliche Probleme der Kernenergie sehen die Autoren hingegen nicht die Luftverschmutzung und den normalen Betrieb, welche vergleichsweise wenige Todesfälle verursachten, sondern langfristige Gefahren verbunden mit der Lagerung der nuklearen Abfälle und die Schäden im Falle eines Unfalls.

Todesfälle und Erkrankungen nach Primärenergieträger in der Europäischen Union; veröffentlicht 2007
(jeweils je Terawattstunde)[19]
Primär-
energie-
quelle
Todesfälle durch Unfälle
(Öffentlichkeit)
Todesfälle durch Unfälle
(Beschäftigte)
Todesfälle durch
Luftverschmutzung
Schwere Erkrankungen durch
Luftverschmutzung
Leichte Erkrankungen durch
Luftverschmutzung
Braunkohle 0,02 0,10 32,6 298 17.676
Steinkohle 0,02 0,10 24,5 225 13.288
Erdgas 0,02 0,001 2,8 30 703
Erdöl 0,03 18,4 161 9.551
Biomasse 4,63 43 2.276
Kernenergie 0,003 0,019 0,052 0,22

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Stromerzeugung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Martin Roscheisen: Die Geschichte der Energieversorgung in Deutschland, aufgerufen 22. März 2012.
  2. BNetzA und Bundeskartellamt: Monitoringbericht 2015. Abgerufen am 24. August 2016.
  3. a b World Development Indicators: Electricity production, sources, and access. Weltbank. Abgerufen am 22. Dezember 2013.
  4. "Total electricity generation fell in 2009 by 0,9 % (243 TWh) – the first decline in our data series back to 1990". Archiviert vom Original am 29. Dezember 2010; abgerufen am 15. Juli 2012.
  5. EDF Firmenwebseite: EDF, aufgerufen 22. März 2012.
  6. Summarische Darstellung der verschiedenen Bilanzen von World Nuclear Association (WNA) und Ökoinstitut nach CO2-Bilanzen verschiedener Energieträger im Vergleich (Memento vom 21. November 2010 im Internet Archive) (PDF-Datei, 1,01 MB), Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 2007.
  7. Strom-Report: Stromerzeugung 2015 in Deutschland nach Energieträgern Abgerufen am 28. Januar 2016
  8. a b Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2015 nach Energieträgern. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V., abgerufen am 14. August 2016.
  9. a b IER der Uni Stuttgart, A. Voß, 10.Juni 2009: Herausforderung Energie: Sind wir auf dem Weg zu einer klimaverträglichen und nachhaltigen Energieversorgung? (PDF; 597 kB), Eigenreferenz, Seite 28, aufgerufen 22. März 2012.
  10. EuroStat: Statistische Haupttabellen, aufgerufen 22. März 2012.
  11. test.de Zeitvariable Stromtarife.
  12. a b c d e f Fraunhofer ISE: Studie Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien November 2013 (PDF; 5,2 MB).
  13. a b c d Deutscher Bundestag, 2007: CO2-Bilanzen verschiedener Energieträger im Vergleich S. 21 (PDF; 1,0 MB), aufgerufen 29. Mai 2016.
  14. Martin Kaltschmitt/Wolfgang Streicher (Hg.), Regenerative Energien in Österreich. Grundlagen, Systemtechnik, Umweltaspekte, Kostenanalysen, Potentiale, Nutzung, Wiesbaden 2009, S. 554.
  15. Die Franzosen zweifeln an der Atomkraft. In: Die Zeit, 6. Dezember 2012. Abgerufen am 2. Januar 2014.
  16. Benjamin K. Sovacool, Elsevier, Energy Policy 36, 2008:Valuing the greenhouse gas emissions from nuclear power: A critical survey S. 2940– 2953, aufgerufen 22. März 2012.
  17. a b c Wiley InterScience, 30.Januar 2006: Photovoltaics Energy Payback Times, Greenhouse Gas Emissions and External Costs: 2004–early 2005 Status, aufgerufen 22. März 2012.
  18. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie(BMWi): Zahlen und Fakten Energiedaten (Excel-Tabellenblatt 30a), Stand: 3. März 2014.
  19. Anil Markandya, Paul Wilkinson: Electricity generation and health. In: The Lancet. Band 370, 2007, S. 979–990, doi:10.1016/S0140-6736(07)61253-7., Link