Vilgertshofen
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 47° 57′ N, 10° 55′ O | |
Bundesland: | Bayern | |
Regierungsbezirk: | Oberbayern | |
Landkreis: | Landsberg am Lech | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Reichling | |
Höhe: | 714 m ü. NHN | |
Fläche: | 27,1 km2 | |
Einwohner: | 2706 (31. Dez. 2022)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 100 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 86946 | |
Vorwahl: | 08194 | |
Kfz-Kennzeichen: | LL | |
Gemeindeschlüssel: | 09 1 81 133 | |
Gemeindegliederung: | 5 Ortsteile | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Rathausstraße 41 86946 Vilgertshofen | |
Website: | ||
Bürgermeister: | Albert Thurner | |
Lage der Gemeinde Vilgertshofen im Landkreis Landsberg am Lech | ||
Vilgertshofen ist eine Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech und Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Reichling.
Die etwa 2500 Einwohner zählende Gemeinde setzt sich zusammen aus den Ortsteilen Issing (Vilgertshofen) (mit Ziegelstadl und Hochreiten), Mundraching, Pflugdorf und Stadl (mit Frauenwies und dem namensgebenden Wallfahrtsort Vilgertshofen).
Geografie
Die Gemeinde Vilgertshofen liegt im Gebiet des so genannten Lechrain zwischen Landsberg am Lech, Schongau und Weilheim, unmittelbar am östlichen Hochufer des Lechs.
Das Zentrum der Gemeinde bilden die fast direkt aneinandergrenzenden Dörfer Pflugdorf und Stadl. Zwei Kilometer südlich liegt der Weiler Vilgertshofen, etwas weiter südöstlich Issing (mit der höchsten Erhebung der Gemeinde, dem Kellerberg). Im Lechtal selbst, ganz im Westen der Gemeinde, befindet sich der Ortsteil Mundraching.
Zum Gemeindegebiet gehören die Mundrachinger Lechschleife, Kieshalden des Lechsteilufers, eiszeitliche Moränen, Rinnen und Schotterflächen sowie einige Hochmoore bei Issing.
Geschichte
Ortsgeschichte
Hügelgräber aus der Hallstattzeit deuten auf vorkeltische Besiedlung im Gemeindegebiet. Die heutigen Ortschaften gehen auf die bajuwarisch-alemannische Landnahme (-Ing-Endungen: Issing, Mundraching) im 6. Jahrhundert und die darauf folgende erste Ausbauphase (Pflugdorf, Stadl, Vilgertshofen) zurück.
Zunächst im Herrschaftsbereich der Welfen und der Grafen von Dießen-Andechs gelegen, gehören die Dörfer seit dem 13. Jahrhundert zum wittelsbachisch-baierischen Landgericht Landsberg. Stadl und Mundraching zählen später zum Gebiet des Pflegegericht Rauhenlechsberg und damit zeitweise zu den Landgerichten Schongau oder Weilheim.
Im Mittelalter erwerben benachbarte Klöster Grundherrschaften in den Dörfern: In Issing, Mundraching und Vilgertshofen wird vor allem das Kloster Wessobrunn begütert, in Stadl Andechs und Benediktbeuern und in Pflugdorf Andechs und Dießen. Der Weiler Vilgertshofen wird sogar Teil der Klosterhofmark Wessobrunn; das Kloster übte hier also die niedere Gerichtsbarkeit aus. Die Klosterherrschaften werden erst im Zuge der bayerischen Säkularisation im Jahre 1803 aufgehoben.
Den Klöstern sind die stolzen Kirchenbauten in der Gemeinde zu verdanken, allen voran die von Wessobrunn errichtete Wallfahrtskirche „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ in Vilgertshofen. Die dortige Wallfahrt geht auf eine Wunderheilung im 17. Jahrhundert zurück. Bekannt ist sie heute vor allem durch die alljährlich stattfindende "Stumme Prozession" am Sonntag nach Mariae Himmelfahrt (15. August).
In allen Dörfern war die Landwirtschaft die vorherrschende Einkommensquelle. Mundraching und Stadl beteiligten sich aber auch an der bis ins 20. Jahrhundert intensiv betriebenen Lechflößerei.
In den Jahren 1906/07 unternahm der Erfinder und Flugpionier Alois Wolfmüller, ein Kollege des bekannteren Otto Lilienthal, bei Stadl mehrere Flugversuche mit einem selbstgebauten Flugapparat.
Eingemeindungen
Im Zuge der bayerischen Gemeindegebietsreform schlossen sich am 1. Januar 1970 zunächst Pflugdorf und Stadl zu einer neuen Gemeinde Pflugdorf-Stadl zusammen. Am 1. Januar 1972 wurden Issing und Mundraching eingegliedert.[2] Am 27. April 1973 wurde als Gemeindename der Name des kleinen, aber durch seine Wallfahrt weithin bekannten Weilers Vilgertshofen gewählt.[3]
Wappen
Das 1971 verliehene Gemeindewappen zeigt in Gold einen linken roten Seitensparren, der ein rotes Tatzenkreuz einschließt; davor übereinander zwei rote Tatzenkreuze. Der Seitensparren stammt aus dem Wappen der im 13. und 14. Jahrhundert nachweisbaren ortsadligen Herren von Pflugdorf. Die Kreuze symbolisieren die drei – das Gemeindepanorama prägenden – Kirchen in Pflugdorf, Stadl und Vilgertshofen und zugleich die engen historischen Beziehungen zu den Klöstern Wessobrunn, Andechs und Dießen (die Ortsteile Issing und Mundraching wurden erst nach Verleihung des Wappens in die Gemeinde Vilgertshofen eingegliedert).
Die ehemalige Gemeinde Issing führte ein eigenes Wappen: In Silber über grünem Dreiberg ein roter Sparren, dem zwei goldene Mooskolben aufgelegt sind.
Einwohnerentwicklung
Auf dem Gebiet der Gemeinde wurden 1970 1.555, 1987 dann 1.741 und im Jahr 2000 2.315 Einwohner gezählt.
Jahr | 1840 | 1871 | 1900 | 1925 | 1939 | 1950 | 1961 | 1970 | 1987 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 |
Anzahl der Einwohner[4] | 1.172 | 1.293 | 1.376 | 1.349 | 1.260 | 1.841 | 1.537 | 1.555 | 1.741 | 2.424 | 2.434 | 2.450 | 2.475 | 2.471 | 2.489 | 2.489 | 2.527 | 2.524 | 2.531 |
Politik
Bürgermeister und Gemeinderat
1. Bürgermeister ist seit 1. Mai 2014 Albert Thurner aus dem Weiler Vilgertshofen. Er wurde als gemeinsamer Kandidat der Ortsteile Issing, Pflugdorf und Stadl mit 63,4 % ins Amt gewählt. Als 2. Bürgermeister amtiert Markus Müller aus Issing, 3. Bürgermeister ist Anton Schmid aus Pflugdorf.
Bürgermeister seit der Bildung der Gemeinde Vilgertshofen:
- 1972–1978 Josef Arnold sen. (Stadl)
- 1978–2002 Josef Berger (Stadl)
- 2002–2014 Konrad Welz (Issing)
- ab 2014 Albert Thurner (Vilgertshofen)
Die 14 Sitze des Gemeinderats werden seit der Kommunalwahl 2014 von fünf Vertretern des Ortsteils Issing, vier Vertretern von Stadl, drei Vertretern von Pflugdorf und zwei Vertretern von Mundraching besetzt.
Dorferneuerung
Seit Oktober 2006 läuft das Dorferneuerungsverfahren für alle fünf Ortsteile der Gemeinde Vilgertshofen. Als Leitsatz wurde das Motto „Fünf Orte ziehen an einem Strang“ gewählt. Nach einer Vorbereitungsphase mit intensiven Planungen und starker Bürgerbeteiligung vor Oktober 2006 lief das Verfahren zunächst sehr schleppend an. Inzwischen sind jedoch mehrere Maßnahmen (Ortsmitte Issing, Ortsmitte Pflugdorf, Kinderspielplatz Mundraching, gemeindeweite Grünpflanzungen, Ortsmitte Stadl, Multifunktionsplatz und Vereinestadel Mundraching) abgeschlossen. Für die Ortsmitte des Weilers Vilgertshofen läuft die Planung; die Umsetzung ist für 2017 geplant.
Sehenswürdigkeiten
- Die Wallfahrtskirche "Zur Schmerzhaften Muttergottes" in Vilgertshofen gehört zu den bedeutendsten Kirchenbauten der Lechrains. Von 1688 bis 1692 im Auftrag des Klosters Wessobrunn von Johann Schmuzer erbaut und mit Stuckarbeiten versehen, glänzt sie durch einen hochbarocken Kirchenraum mit einer üppigen, ins Rokoko hineinreichenden Ausstattung. Am Sonntag nach Mariae Himmelfahrt (15. August) findet hier alljährlich das Hochfest der Wallfahrtsbruderschaft statt. Nach dem Festgottesdienst zieht die sogenannte "Stumme Prozession" durch den Ort, in der Dorfbewohner in alten Gewändern biblische Gestalten von Abraham bis Jesus Christus darstellen. Auf ein Gelübde aus dem 18. Jahrhundert zurückgehend, ist die "Stumme Prozession" von Vilgertshofen inzwischen das letzte Beispiel eines früher weit verbreiteten religiösen Brauchtums in Bayern.
- Die Pfarrkirche "St. Johannes Baptist" in Stadl beherbergt eines der schönsten Heiligen Gräber in Bayern, das alljährlich von Gründonnerstag bis Karsamstag aufgebaut wird und den gesamten Chorraum der Kirche ausfüllt.
- Die Filialkirche "St. Laurentius" in Pflugdorf wurde im 18. Jahrhundert von Baumeistern des Klosters Andechs in prächtigem Rokoko errichtet.
- Die Pfarrkirche "St. Margaretha" in Issing ist ein sehr einheitlich wirkender Rokoko-Kirchenbau, der vor allem durch seine reiche und farbenfrohe Ausstattung, u.a. von Johann Baptist Baader, besticht.[5]
siehe auch Liste der Baudenkmäler in Vilgertshofen
Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaft sowie Land- und Forstwirtschaft
1998 gab es nach der amtlichen Statistik vier Betriebe im verarbeitenden Gewerbe, zehn Betriebe im Bauhauptgewerbe und 67 landwirtschaftliche Betriebe mit einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 1.420 Hektar (davon 856 Hektar Dauergrünfläche). Es wurden 684 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort gezählt.
Bildung
Die Gemeinde unterhält eine Kinderkrippe in Issing, zwei Kindergärten in Issing und Stadl sowie – im Schulverband mit der Gemeinde Thaining – eine Grundschule in Issing.
Persönlichkeiten
- Abt Meinrad Moosmüller, geboren in Issing, von 1759 bis 1767 Abt des Klosters Andechs.
- Christoph Selhamer (ca. 1640–1708), Jesuit und Barockprediger, Dompfarrvikar in Salzburg, von 1686 bis 1708 Wallfahrtspriester und Prediger in Vilgertshofen[6]
- Johann Baptist Baader (volkstümlich "Lechhansl", 1717–1780), geboren in Lechmühlen bei Mundraching, Kirchenmaler des Rokoko mit Kontakt zur Wessobrunner Schule (Hauptwerk: Klosterbibliothek Polling bei Weilheim). Werke Baaders finden sich u. a. in der Wallfahrtskirche Vilgertshofen, den Kirchen von Issing, Pflugdorf und Stadl (Heiliges Grab) und in der ehemaligen Gastwirtschaft von Vilgertshofen.
- Alois Wolfmüller (1864–1948), Erfinder, Ingenieur und Flugtechniker. Er unternahm 1906/07 Flugversuche bei Stadl
- Sebastian Fichtner (1894–1950), Offizier, zuletzt Generalleutnant im Zweiten Weltkrieg
- Julian Nagelsmann (* 1987, aufgewachsen in Issing, erste Fußballerfahrung beim FC Issing), Trainer der Bundesligamannschaft der TSG 1899 Hoffenheim
- Marcel Schrötter (* 1993 in Pflugdorf), Motorradrennfahrer, 2009 Europameister in der 125 cm³-Klasse
Literatur
- Heimatbuch für den Landkreis Landsberg am Lech. Landschaft, Geschichte, Verwaltung, Kultur, Wirtschaft, Die einzelnen Orte. Hrsg. vom Landkreis Landsberg am Lech. 2. Aufl. Dießen 1982
- Karl Filser, Monika Hotz, Anton Ziegenaus: Die Stumme Prozession von Vilgertshofen. Vilgertshofen 1990
- Bernhard Müller-Hahl: Mundraching, Brückenweihe 1984. Unsere Heimat am Lechrain, Band 12. Landsberg am Lech 1984
- Hans Joachim Budeit: Michael Petzet: Bauernkirchen – Die schönsten Dorfkirchen und Kapellen zwischen Donau und Alpen, München 2002
Einzelnachweise
- ↑ Genesis Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-003r Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtag (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- ↑ Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 507.
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 580.
- ↑ Kommunalstatistik von Vilgertshofen, abgerufen am 27. Juli 2013
- ↑ Heide Weißhaar-Kiem: Kirchenführer Issing, Pfarrkirche St. Margaretha. EOS Klosterdruckerei, St. Ottilien 2011.
- ↑ vgl. Thomas Groll: Selhamer, Christoph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 217 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Eintrag zum Wappen von Vilgertshofen in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte