Weltliteratur
Zur Weltliteratur werden literarische Werke gezählt, die über nationale und regionale Grenzen hinweg große Verbreitung gefunden haben und die gleichzeitig als für die Weltbevölkerung bedeutsam erachtet werden. Der Ansatz ist somit vergleichbar mit den Überlegungen, die zu einem Begriff wie Weltkulturerbe geführt haben. Der Begriff der „Weltliteratur“ wurde erstmals von Christoph Martin Wieland verwendet, der darunter jedoch Literatur für den homme du monde, den „Weltmann“ verstand. Goethe prägte den Begriff ab 1827 in seiner Zeitschrift Über Kunst und Altertum um und gab ihm dabei eine Bedeutung, die auch heute noch ein wesentlicher Bestandteil des Begriffs darstellt. Er verstand darunter die Literatur, die aus einem übernationalen, kosmopolitischen Geist heraus geschaffen wurde.
Begriffsverwendung
Heute umfasst der Begriff „Weltliteratur“ zwei verschiedene, methodisch nicht immer klar voneinander getrennte Vorstellungen: eine qualitative und eine quantitative Definition. Bei der qualitativen Begriffsdefinition wird davon ausgegangen, dass die internationale Verbreitung eines Werks allein noch keine hinreichende Bedingung für die Zuordnung zur Weltliteratur darstelle. Ausschlaggebend sind hingegen der beispielhafte künstlerische Wert des jeweiligen Werkes und sein Einfluss auf die Entwicklung der weltweiten Literatur. Eine Einigung über allgemein anerkannte Kriterien, um zu entscheiden, welchen Werken weltliterarischer Rang zugestanden werden kann, ist nicht einfach, zumal durch Epoche und Region gegebene Spezifika der Entstehungssituation der einzelnen Werke zu berücksichtigen sind. Deshalb ist diese kanonisch gewordene Verwendung des Begriffs „Weltliteratur“ problematisch, darüber hinaus haben verschiedene Nationen und Völker kulturell bedingt unterschiedliche Perspektiven auf die Bedeutung von Literatur. So besteht beispielsweise im Abendland die Tendenz zu einer gewissen Nabelschau: Selbst grundlegende Werke wie die Ilias oder die Bibel können kaum als „weltweites“ kulturelles Eigentum begriffen werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterzogen Komparatisten wie der französische Literaturwissenschaftler René Etiemble den Begriff daher einer fundamentalen Revision. Der neue quantitative Begriff von Weltliteratur hat „die Weltliteratur als Totalität im Blick“[1] und kritisiert die qualitativ wertende Auffassung von Weltliteratur als „eurozentrisch“.[2] Angesichts des Umfangs der hier zu berücksichtigenden Literatur bleibt diese zweite Definition von Weltliteratur jedoch eine Utopie.
Literaturen der Welt
Wenn man Weltliteratur in diesem zweiten, erweiterten Sinn als die Totalität der gesamten Literatur aller Zeiten versteht, bieten die folgenden Überblicksartikel einen Einblick in die Literatur unterschiedlicher Sprachen, Regionen, Kulturen und Völker:
Siehe auch
- Liste der Nobelpreisträger für Literatur
- Schriftsteller des 20. Jahrhunderts
- Klassiker der Literatur
Literatur
- Elisabeth Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. Kröner, 2005, ISBN 3-520-30010-9.
- Elisabeth Frenzel: Motive der Weltliteratur. Kröner, 1999, ISBN 3-520-30105-9.
- Axel Ruckaberle: Metzler Lexikon Weltliteratur. 1000 Autoren von der Antike bis zur Gegenwart. Metzler, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-02093-2.
- Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren. Kröner, 2004, ISBN 3-520-83704-8.
- Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Fremdsprachige Autoren. Kröner, 2004, ISBN 3-520-83804-4.
- The Norton Anthology of World Literature. 2. Auflage. 6 Bde., 2001–2003
- Kritisches Lexikon der fremdsprachigen Gegenwartsliteratur
- Hermann Hesse: Eine Bibliothek der Weltliteratur. Reclam, ISBN 3-15-007003-1.
- Manfred Schmeling (Hrsg.): Weltliteratur heute. Konzepte und Perspektiven. Königshausen & Neumann, Würzburg 1995, ISBN 3-8260-1068-X.
- Theo D’haen u.a. (Hrsg.): World literature. A reader. Routledge, London 2013, ISBN 978-0-415-60298-3.
- Theo D’haen u.a. (Hrsg.): The Routledge Companion to World Literature. Routledge, London 2012, ISBN 978-0-415-57022-0.
- Peter Goßens: Weltliteratur. Modelle transnationaler Literaturwahrnehmung im 19. Jahrhundert. Metzler, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-476-02305-6.
- Dieter Lamping: Die Idee der Weltliteratur. Ein Konzept Goethes und seine Karriere. Kröner, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-520-50901-7.
- Dieter Lamping (Hg.): Meilensteine der Weltliteratur. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Kröner, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-520-41701-5.
- Renate Stauf, Cord-Friedrich Berghahn (Hrsg.): Weltliteratur. Eine Braunschweiger Vorlesung. (= Braunschweiger Beiträge zur deutschen Sprache und Literatur. Band 7). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004, ISBN 3-89534-527-X.
- Renate Stauf, Cord-Friedrich Berghahn (Hrsg.): Weltliteratur II. Eine Braunschweiger Vorlesung. (= Braunschweiger Beiträge zur deutschen Sprache und Literatur. Band 9). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2005, ISBN 3-89534-549-0.
Weblinks
- Weltliteratur Wiki-Projekt des Deutschen und des Hamburger Bildungsservers zu Autoren der Weltliteratur
- Hendrik Birus: Goethes Idee der Weltliteratur. (PDF-Datei; 291 kB)
- Dieter Borchmeyer: Welthandel – Weltfrömmigkeit – Weltliteratur. Goethes Altersfuturismus. (PDF; 102 kB)