Wolfgang Schorlau

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Wolfgang Schorlau 2014

Wolfgang Schorlau (* 1951 in Idar-Oberstein) ist ein deutscher Schriftsteller und Autor politischer Kriminalromane.

Leben

Nachdem Wolfgang Schorlau 1966 in Freiburg im Breisgau eine Lehre als Großhandelskaufmann begonnen hatte, wurde er durch die Studentenbewegung der 1960er Jahre zunehmend politisiert. Er schloss sich der Lehrlingsbewegung an. In den „Mittwochsschulungen“ lernte er das Werk von Karl Marx kennen. Auf seinem Marsch durch die Institutionen brachte Schorlau es bis zum Manager in der Computerindustrie. Im Alter von 50 Jahren erfüllte er sich seinen Traum vom Schriftstellerberuf. Heute lebt und arbeitet er als freier Autor in Stuttgart.

Die Romane um Georg Dengler

Held von Schorlaus Kriminalromanen ist Georg Dengler, ein ehemaliger BKA-Ermittler, der sich als Privatermittler selbstständig gemacht hat. Zwar hatten ihm schreibende Kollegen geraten, dass Geschichten um Privatdetektive in Deutschland im Gegensatz zur angelsächsischen Kriminalliteratur keinen Erfolg haben würden, doch die Arbeit an seinem ersten Roman Die blaue Liste war zu diesem Zeitpunkt schon zu weit fortgeschritten, um das Konzept noch einmal zu ändern. Bis 2007 wurden erfolgreich drei Romane um den trinkfesten Bluesfan Georg Dengler, der im Stuttgarter Bohnenviertel seine Praxis betreibt, veröffentlicht. Für Das dunkle Schweigen erhielt er 2006 den dritten Platz des Deutschen Krimi Preises. Die handelnden Personen der Romane haben häufig reale Menschen als Vorbild und die beschriebenen Ereignisse sind nah an der Wirklichkeit. Der Krimiplot dient Schorlau vor allem auch der Aufklärung des Lesers und politischer Stellungnahme zu Ereignissen der neueren deutschen Geschichte. Unter dem Motto Finden und Erfinden erläutert Schorlau jeweils in einem Nachwort die realen Hintergründe seiner Geschichten.

Die blaue Liste. Denglers erster Fall.

Im ersten Roman der Reihe fügt Schorlau drei bisher nicht vollständig geklärte Ereignisse zusammen:

Das dunkle Schweigen. Denglers zweiter Fall.

Hier geht es Schorlau um einen wenig untersuchten Komplex des Zweiten Weltkriegs: die Fälle von Lynchjustiz an alliierten Soldaten (deren Zahl Schorlau auf über 1000 schätzt).

Fremde Wasser. Denglers dritter Fall.

Den realen Hintergrund dieses Thrillers bilden die weltweiten Bestrebungen zur Privatisierung der Wasserwirtschaft. Schorlau beschreibt unter anderem den Guerra del Agua (Wasserkrieg) in Cochabamba und die Auswirkungen der durchgeführten Privatisierungen in Kiel und London. Der Titel des Romans zitiert ein Gedicht von Ingeborg Bachmann.

Brennende Kälte. Denglers vierter Fall.

Schorlau beschäftigt sich in diesem Roman mit der Entsendung von Bundeswehrsoldaten in den Afghanistankrieg und einem dort vermuteten Einsatz und Test von Mikrowellenwaffen, sowie den Folgen für die Soldaten. In einem Nebenstrang der Handlung befasst er sich mit der Einführung des neuen elektronischen Reisepasses in Deutschland. In einer Rezension heißt es: Was Schorlau an Horror inszeniert, ist der mögliche reale Schrecken von Waffensystemen, wie sie sich die Produzenten einfallen lassen, die mit dem Tod von Menschen Geld machen.[1]

Das München-Komplott. Denglers fünfter Fall.

In Denglers fünftem Fall nimmt sich Schorlau der Zusammenhänge um das nicht endgültig geklärte Bombenattentat auf das Oktoberfest 1980 an. Sein Roman bringt die Beteiligung des Verfassungsschutzes beim Aufbau von Organisationen wie der NPD in den Neuen Bundesländern oder der Wehrsportgruppe Hoffmann in den 1970ern zur Sprache. Ebenso sind die für Deutschland nicht geklärten Zusammenhänge um die paramilitärische Geheimorganisation Gladio von CIA und NATO ein Thema, sowie ein geheimes United States Army Field Manual. Im Nachwort des Romans erzählt Schorlau, dass er nach der Kontaktaufnahme durch zwei Polizisten, die sich ihm nicht vorstellten, auf den Fall gebracht wurde. Die beiden Polizisten ermöglichten ihm das Aktenstudium von Unterlagen der Sonderkommission Theresienwiese und machten ihn auf einzelne Punkte in den Akten aufmerksam. Ebenso hätten sie ihn auf Ulrich Chaussys Buch Oktoberfest. Ein Attentat verwiesen.

Die Literaturkritikerin Claudine Borries urteilte: „Ein wirklich großartiger Wurf ist Wolfgang Schorlau mit diesem Politthriller gelungen.“[2]

Die letzte Flucht. Denglers sechster Fall.

Im Herbst 2011 veröffentlicht, erzählt Schorlau hier vom Fall eines fälschlich des Mordes und Kindesmissbrauchs angeklagten Professors an der Berliner Charité. Der eigentliche Hintergrund sind allerdings kriminelle Machenschaften der Pharmaindustrie um Anwendungsbeobachtungen, die nach Schorlau von ca. 50 % der Ärzte durchgeführt werden. Schorlau schreibt dazu im Nachwort: „Ich habe diesen Roman geschrieben, um zu verstehen, wie unser Gesundheitswesen funktioniert. Nun weiß ich es. Die Pharmaindustrie wird von einer beispiellosen kriminellen Energie getrieben.“ Bei seinen Ermittlungen lernt Dengler nicht nur die Dominaszene und die Küche in Frank Oehlers Speisemeisterei kennen – er erlebt in einer Nebenhandlung auch hautnah die Ereignisse am 30. September 2010 in Stuttgart und die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 mit. Als Herausgeber hatte Schorlau 2010 bereits das Sachbuch Stuttgart 21. Die Argumente zu diesem Thema veröffentlicht.

Die letzte Flucht diente als Vorlage für den Auftakt einer Fernsehserie nach Romanen von Wolfgang Schorlau. Dengler – Die letzte Flucht lief am 20. April 2015 im ZDF. Ronald Zehrfeld spielt „Dengler“, Birgit Minichmayr ist „Olga“, Regie führte Lars Kraume.[3] Norbert Kühne schrieb dazu: „Schorlau ist ein begnadeter Autor – ein phantastischer Realist und genialer Rechercheur, der genau kennt, was er beschreibt. Nicht alle Tage liest man solch reale und spannende Krimis!“[4]

Am zwölften Tag. Denglers siebter Fall.

Der im Dezember 2013 erschienene Roman erzählt von Denglers Suche nach seinem verschwundenen Sohn Jakob und dessen Freunden. Er thematisiert die Praktiken in der Intensivtierhaltung sowie moderne Formen der Lohnsklaverei am Beispiel osteuropäischer Werkvertragsarbeiter. Im Anhang sind zwei Predigten von Monsignore Peter Kossen (Der Missbrauch der Werkverträge als moderne Sklaverei und Erschreckende Menschenverachtung und mafiöse Strukturen) abgedruckt.

Am zwölften Tag diente als Vorlage für die zweite Verfilmung eines Romans von Wolfgang Schorlau. Dengler – Am zwölften Tag hatte am 14. März 2016 im ZDF Premiere. Ronald Zehrfeld spielte wieder Dengler, Birgit Minichmayr war wieder Olga, Regie führte Lars Kraume.

Die schützende Hand. Denglers achter Fall.

Schorlaus 2015 erschienener Roman greift die realen zeitnahen Ereignisse um den NSU auf. Dengler wird darin beauftragt, den Tod von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos aufzuklären. Schorlau flicht zahlreiche Originalquellen ein und spannt den historischen Bogen von der rechtsextremen Szene in der DDR bis zur 1991 aufgelösten Stay-behind-Organisation und der NSA.

Im Deutschlandradio wurde kritisiert, Schorlau stelle im Roman Behördenvertreter als aktiv mordenden Staat dar.[5] Im Zusammenhang seiner Recherchen wurde Wolfgang Schorlau als sachverständiger Zeuge vor den NSU-Untersuchungsausschuss geladen.[6]

Werke

Weblinks

Commons: Wolfgang Schorlau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Leider keine Fiktion, in: Marler Zeitung, 1. Juli 2015; Seite 14
  2. Kritik in der Leselupe
  3. Dengler – Die letzte Flucht auf zdf.de (Aufgerufen am 21. April 2015)
  4. Literaturteil der Marler Zeitung vom 1. April 2015
  5. Literarische Ermittlungen im NSU-Komplex. Deutschlandradio Kultur, 12. November 2015.
  6. Nana Brink: Krimiautor rechnet mit deutschen Geheimdiensten ab auf www.deutschlandradiokultur.de am 20. Juli 2015