„Jugendstil“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Änderungen von 24.134.12.55 (Diskussion) auf die letzte Version von 95.223.122.24 zurückgesetzt
Zeile 251: Zeile 251:
* [http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/jugend/ Digitalisierte Ausgabe der ''Münchner Jugend'']
* [http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/jugend/ Digitalisierte Ausgabe der ''Münchner Jugend'']
* [http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digilit/artjournals/dk_deko.html Digitalisierte Ausgabe der Zeitschrift ''Deutsche Kunst und Dekoration'']
* [http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digilit/artjournals/dk_deko.html Digitalisierte Ausgabe der Zeitschrift ''Deutsche Kunst und Dekoration'']
* [http://www.behrenspiano.de Schiedmayer-Flügel aus dem Musikzimmer des Hauses Behrens (1901)]
* [http://www.behrenspiano.de Schiedmayer-Flügel aus dem Musikzimmer des Hauses Behrens (1901)
[http://williammorristexte.wordpress.com]

[[Kategorie:Jugendstil| ]]
[[Kategorie:Architekturstil]]
[[Kategorie:Architekturstil]]



Version vom 20. Mai 2013, 16:23 Uhr

Service von Theodor Grust aus Meißener Porzellan (1902): Die geschwungene Linienführung ist typisches Merkmal des Jugendstils.
Vase (um 1900) von Rosenthal, Porzellan und Kupfer
Flügel mit Jugendstil-Gehäuse (1902) von Bechstein für den Fabrikanten Julius Gütermann
Stuhl, entworfen von Henry van de Velde für das Speisezimmer von Schloss Lauterbach in Neukirchen/Pleiße
Wiener U-Bahn-Station Karlsplatz von Otto Wagner (1898): Zu beachten ist hier die ornamentale Behandlung der Fassade im oberen Bereich
Ausstellungsgebäude der Wiener Secession
Stadthaus (Obecní dům) in Prag (1905–1912) von Antonín Balšánek und Osvald Polívka
Wasserkraftwerk Heimbach in der Eifel

Der Jugendstil oder Art nouveau[1] ist eine kunstgeschichtliche Epoche an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Weitere Bezeichnungen sind Reformstil oder Secessionsstil (nach der Wiener Secession), Modernisme (bezogen auf Katalonien), im Englischen Modern Style, im Italienischen Stile Floreale oder Liberty,[2] in Russland Modern. Zeitlich gehört der Jugendstil zum Fin de siècle.

Herkunft des Begriffs

Der Begriff Jugendstil bezog sich ursprünglich auf die 1896 gegründete Münchner illustrierte Kulturzeitschrift Jugend. Er ist nur im deutschsprachigen Raum, den Niederlanden, den nordischen Ländern und in Lettland in Gebrauch. In seinem heutigen relativ wertfreien Sinne ist er durch die spätere kunstgeschichtliche Rezeption geprägt worden.

Von Jugendstil war erstmals im Jahr 1897 bei der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung Leipzig 1897 die Rede.[3] Hierfür gestaltete Paul Möbius den außergewöhnlichen Ausstellungspavillon Nietzschmann-Wommer; der Pavillon wurde beschrieben als vom Hergebrachten stark abweichend mit gewagt humoristisch-phantastischen Motiven, die einen gewissen Schwung entwickeln.[4]

Anfangs waren die Begriffe Jugendstil und Secessionsstil in den einschlägigen Zeitschriften (Dekorative Kunst, Autoren: Hermann Muthesius, Julius Meier-Graefe) ein kritisches Etikett für die modische Popularisierung der neuen Formen durch die Industrie, die mit ihrer „billigen“ kunstgewerblichen Massenproduktion einzelne Werke von Künstlern wie Henry van de Velde nachahmte.

Kennzeichen und Programmatik

Mietshaus am Homburger Platz in Ilmenau, erbaut um 1905

Äußerlich kennzeichnende Teile oder Elemente des Jugendstils sind dekorativ geschwungene Linien sowie flächenhafte florale Ornamente und die Aufgabe von Symmetrien.

Bei solchen formalen Klassifizierungen darf allerdings nicht übersehen werden, dass der Jugendstil keineswegs eine geschlossene Bewegung war. Es handelt sich um eine Reihe von teilweise divergierenden Strömungen in Europa, die sich allenfalls in der Abkehr vom Historismus wirklich einig waren, also die bisher gängige Nachahmung historisch überlieferter Formvorbilder ablehnten.

Mit dem Jugendstil verbinden sich zahlreiche künstlerische Programme und Manifeste. Er steht im heutigen Verständnis unter anderem auch für große gesamtkünstlerische Gestaltungen, wie etwa die des Palais Stoclet in Brüssel, in dem alles vom äußeren Bauwerk bis zur dekorativen Innenausstattung einheitlich durchgestaltet wurde. Damit wurde auch die Forderung nach der großen Verschmelzung von „Kunst und Leben“ verknüpft, der Wiedereinbeziehung der Kunst in das Alltägliche im Sinne einer umfassenden künstlerischen Neugestaltung aller alltäglichen Dinge, wobei den dekorativen Künsten ein besonderes Gewicht zukam. In diesem Punkt knüpfte der Jugendstil allerdings an den Historismus an, der bereits das „Gesamtkunstwerk“ zum Programm erhoben hatte. Es war ein programmatischer Gegenentwurf zur Abgehobenheit auratischer Kunstwerke in der Sphäre der sogenannten „hohen“ oder „bildenden Kunst“.

Zur Programmatik des Jugendstils gehörte aber auch die Forderung nach Funktionalität, dass also zum Beispiel die Funktionen eines Gebäudes dessen Gestaltung sichtbar bestimmen sollten. Die Fassaden mussten nicht länger symmetrisch und von axialen Aufteilungen bestimmt sein, sondern durften einer aus dem Grundriss entwickelten Raumvorstellung folgen.

Insgesamt gehören die Abkehr von den historischen Bauformen und die intensive Suche nach neuen dekorativen Gestaltungsmöglichkeiten in Architektur und Kunstgewerbe zum erklärten Programm vieler Künstler des Jugendstils. Eines der zentralen Anliegen des Jugendstils war der sogenannte „moderne“ Stil, ein „Stil unserer eigenen Zeit“.

Historische Entwicklung und Verbreitung

Im deutschen Sprachraum liegen die Ursprünge des Jugendstils vor allem in drei Städten: in Wien als architektonische Reaktion auf den Historismus der Ringstraßenepoche, in München vor allem im Bereich von Innenarchitektur und Kunstgewerbe sowie in Darmstadt durch die von England angeregte Darmstädter Künstlerkolonie.

Entstehung

Geschichtlich steht der Jugendstil zwischen Historismus und moderner Kunst. Diese Stilrichtung dauerte ca. 20 Jahre. Sie kann als eine Antwort auf verschiedene Entwicklungen des 19. Jahrhunderts verstanden werden:

  • Die industrielle Revolution und damit das Aufkommen von mit Verzierungen überladener, maschinell hergestellter Massenware im viktorianischen England.
  • Den Historismus im Frankreich der sogenannten Belle Epoque, der in Verbindung mit den Bedürfnissen des gehobenen Bürgertums in „Extravaganz“ ausuferte. In etwas schlichterer Form dominierte der Historismus auch in Süddeutschland. In Österreich war der Historismus im letzten Jahrhundertdrittel hegemonial, in diesem Stil wurde die Ringstraße erbaut. Schon von den Zeitgenossen wurde der zugehörige Malstil als emblematisch empfunden, vor allem Hans Makarts mit seinen neobarocken Allegorien.
  • In München dominierte ebenfalls die großbürgerlich bestimmte Malkunst, charakterisiert und beherrscht durch den Lenbachkreis um den Maler Franz von Lenbach.

Die Arts-and-Crafts-Bewegung in England

William Morris: Königin Guinevere, 1858, Tate Gallery
Dante Gabriel Rossetti: Monna Vanna, 1866, Tate Gallery, London

Trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen in den verschiedenen Ländern muss der Jugendstil als internationales Phänomen verstanden werden, das die gesamte westliche Kunst umfasste. Ihren Ursprung hat sie in der Arts-and-Crafts-Bewegung in England. Wegbereiter waren der Werkkünstler William Morris, der Architekt Philip Webb, der Kunstkritiker und Sozialphilosoph John Ruskin und die präraffaelitische Bruderschaft um die Künstler Dante Gabriel Rossetti und Edward Burne-Jones. Letztere ähnelt in einigen Aspekten der Bewegung der Nazarener im deutschsprachigen Raum. 1861 gründete Morris, der überzeugt war, dass sich alles Kunstgewerbe in völliger Entartung befand, mit Freunden die Firma Morris, Marshall, Faulkner & Co. Ab 1875 hieß das Unternehmen Morris & Co. Ideale dieser Werkstatt waren einfache Schönheit, Nützlichkeit und Qualität. Maschinenarbeit war ausgeschlossen. Noch heute berühmt sind die Morris-Tapeten. 1891 gründete Morris einen bibliophilen Verlag, die Kelmscott Press. Das erste Buch dieses Verlags, The Story of Glittering Plain, mit eigens entworfenen neuen Techniken, Materialien und Schrifttypen, wurde ein überwältigender Erfolg beim Publikum.

1887 gründeten verschiedene Artist-Designers, die sich dem Kunsthandwerk verpflichtet fühlten, die Arts and Crafts Exhibition Society, die 1888 ihre erste Ausstellung organisierte.[5] Bereits zuvor waren ähnliche Zusammenschlüsse entstanden, beispielsweise 1882 die Century Guild von Arthur Mackmurdo. 1888 folgte die School of Handicraft von Charles Robert Ashbee.

Aubrey Beardsley: Isolde, Illustration in Pan, Berlin, 1899–1900

Auch japanische Stilelemente fanden über England Eingang in die europäische Kunst und sollten zu prägenden Bestandteilen der Jugendstilkunst werden. In den Jahren 1854 und 1862 fanden in London große Ausstellungen japanischer Kunst statt. 1858 schloss England ein Handelsabkommen mit Japan. Japanische Holzschnitte, Möbel, Keramiken und Lackarbeiten wurden in großer Anzahl nach England importiert. Unter denjenigen, die sich für diese Kunst begeisterten, war der Designer und Dozent Christopher Dresser, der mit seinen kunsthandwerklichen Entwürfen, vor allem aber mit seinen Büchern einen großen Einfluss auf die Bewegung hatte. 1877 reiste er im Auftrag der New Yorker Firma Tiffany nach Japan.

Der gebürtige Amerikaner James McNeill Whistler, seit 1859 in London lebend, war ebenfalls einer der Pioniere, die den Japonismus in England populär machten. Japanische Farbholzschnitte waren in besonderem Maß das stilistische und technische Vorbild für Whistlers Arbeit.

Als weitere Protagonisten sind die Architekten und Designer Ernest Gimson und Charles Voysey sowie der Unternehmer Sir Arthur Liberty und der Künstler Charles Ricketts zu nennen. Oscar Wilde vertraute Ricketts die Illustration und Produktion der Mehrzahl seiner Werke an.

Der wohl bekannteste Künstler des englischen Modern Style ist der Illustrator Aubrey Beardsley. Stilistisch ließ sich der Autodidakt Beardsley von Burne-Jones, vor allem aber von Whistler inspirieren. Thematisch begeisterte und entsetzte Beardsley mit seinen morbiden, frivolen, kunstreich-kühl ziselierten Grafiken sowohl seine Zeitgenossen als auch spätere Betrachter seiner Kunst bis in die heutige Zeit.

Verbreitung in Deutschland

Ursprünge

Jugendstil-Schrift

Der Jugendstil ist in Deutschland aus lokalen Bewegungen und Künstleravantgarden entstanden, die erst im Laufe der Jahre und über die vielen neu gegründeten Kunstzeitschriften zu einem überregionalen Ideenaustausch gelangten.

Namensgeber der Bewegung, die in Deutschland zuvor als Art nouveau oder als Yachting Style bezeichnet wurde, war die künstlerische Wochenzeitschrift Die Jugend, die erstmals im Mai 1896 in München erschien. Als weitere einflussreiche Zeitschriften sind der Münchner Simplicissimus und die Berliner Zeitschrift Pan zu nennen.

Einer der rührigsten Mitarbeiter bei Jugend und Pan war der Maler und Gestalter Otto Eckmann. Ebenso wie seine Vorgänger in England befasste er sich intensiv mit der japanischen Kunst. Ihn interessierte besonders die flächige Darstellung von Naturmotiven. Sein Lieblingstier, der Schwan, wurde zu einem der Leitmotive des Jugendstils.

München

Weitere Künstler, die dazu beitrugen, dass München zu einem der Zentren des Jugendstils wurde, sind:

  • Hermann Obrist, der 1895 mit seiner Stickarbeit Peitschenhieb, einem Wandbehang, der eine Zyklame darstellt, großes Aufsehen erregte. Obrist gründete 1897 gemeinsam mit Freunden, darunter Peter Behrens, die Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk, um die Produktion und den Verkauf der neuen Kunstrichtung zu fördern.
  • August Endell, der die Fassade des 1897 gebauten Hauses Elvira entwarf. Mit seinem Drachenornament war dieses Haus ein spektakulärer Blickfang im Münchner Stadtbild. Leider wurde das Haus im 2. Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Der Jugendstildrache an der Fassade war allerdings bereits 1937 auf Veranlassung der Nationalsozialisten abgeschlagen worden.
  • Richard Riemerschmid mit seinen Möbeln und Raumentwürfen.
  • Der Architekt, Raumgestalter, Bildhauer, Maler und Gestalter Bernhard Pankok.
  • Bruno Paul mit seinen Möbelentwürfen, die sowohl auf der Weltausstellung in Paris 1900 als auch in St. Louis 1904 preisgekrönt wurden.
  • Der Architekt Martin Dülfer.
  • Der Architekt und Innenarchitekt Hans Eduard von Berlepsch-Valendas.

Darmstadt

Musikzimmer des Hauses Behrens in Darmstadt mit Schiedmayer-Flügel

Gleichrangig neben München entwickelte sich Darmstadt zum Zentrum des Jugendstils in Deutschland. Motor dieser Entwicklung war Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein. Bei Besuchen in England hatte sich der weltoffene Großherzog, ein Enkel der Königin Viktoria, mit der Arts-and-Crafts-Bewegung vertraut gemacht. 1899 berief er sieben junge Künstler nach Darmstadt in die Künstlerkolonie.

Der Großherzog ließ auf der Mathildenhöhe durch den Architekten Joseph Maria Olbrich ein Atelierhaus als Mittelpunkt der Künstlerkolonie errichten. Weithin sichtbares Wahrzeichen wurde der 1908 durch Olbrich errichtete monumentale Hochzeitsturm. Außerdem hatten die Künstler die Möglichkeit, sich eigene Wohnhäuser zu bauen. Die Mathildenhöhe und die angrenzende Rosenhöhe gilt als das kunsthistorisch bedeutendste und wertvollste erhaltene Jugendstilensemble in Deutschland.

Durch die Meisterkurse verbreitete sich der Jugendstil von Darmstadt aus, Darmstadt war auch das geistige Zentrum der theoretischen Diskussion über den neuen Stil. Neben Olbrich waren Peter Behrens, Hans Christiansen, Ludwig Habich und Patriz Huber weitere bedeutende Künstler unter den Darmstädter Sieben.

Bad Nauheim

Auf Betreiben von Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein entstand in Bad Nauheim überwiegend durch Künstler der Darmstädter Künstlerkolonie ein einzigartiges Ensemble von Kur-Anlagen: Sprudelhof, Trinkkuranlage, Badehäuser, Parks und die Maschinenzentrale mit Saline und Wäscherei. Diese Bauten prägen noch heute, neben etlichen weiteren Jugendstilbauten, das Stadtbild und machen es zu einem außerordentlichen Gesamtkunstwerk der Zeit um 1910. Weil dieses Ensemble heute auch in seinen Details noch weitgehend erhalten ist, ist Bad Nauheim als einzige deutsche Stadt neben Darmstadt im Réseau Art Nouveau Network vertreten, in dem derzeit 20 europäische Städte und Regionen wie Barcelona, Budapest, Brüssel, Glasgow, Helsinki oder Wien sowie Havanna als einziger Vertreter aus Übersee zusammengeschlossen sind.

Karlsruhe

Hofapotheke in Karlsruhe

Karlsruhe war – stark beeinflusst von, aber parallel zu Darmstadt – ein weiteres Zentrum des Jugendstils in Südwestdeutschland. Hier machten bereits vor 1900 die Architekten Hermann Billing und Karl Moser durch avantgardistische Entwürfe von sich reden. Anders als in Darmstadt zeigt sich der Jugendstil in Karlsruhe uneinheitlich, Billing vertrat einen expressiven, farbbetonten und floral ornamentierten Stil, der auch Elemente anderer Baustile, etwa der Neugotik freizügig vereinnahmte. Moser stand dagegen eher für eine abgeklärte, geometrische Variante an der Schwelle zum Reformstil.

Bemerkenswert ist die Hof-Apotheke, die die spitzwinklige Ecksituation an der Kaiserstraße/Waldstraße expressiv übersteigert. Weitere wichtige Zeugnisse des Jugendstils in Karlsruhe sind die Villenkolonie Baischstraße um den Kaiserplatz (Hermann Billing), die Bebauung der Wendtstraße in der Weststadt und um die Lutherkirche in der Oststadt (Curjel & Moser). Eine eigentümliche Mischung zwischen Neoklassizismus und Jugendstil weist das nach Plänen von August Stürzenacker 1913 entstandene Empfangsgebäude des Karlsruher Hauptbahnhofs auf.

Um 1900 war Karlsruhe mit der Grötzinger Malerkolonie auch ein Zentrum der deutschen Landschaftsmalerei mit Gustav Kampmann als stark stilisierendem, abstrahierendem Linien- und Flächenkünstler. Schließlich brachten die Kunstgewerbeschule (Max Laeuger), die Majolikamanufaktur (Alfred Kusche, Baukeramik) und das Atelier von Emmy Schoch (Reformkleider) bedeutende Beispiele für das Kunstgewerbe des Jugendstils hervor. Heute verfügt das Badische Landesmuseum über eine der besten Jugendstil-Sammlungen Deutschlands. Auch das Schmuckmuseum Pforzheim stellt viele Werke aus der Zeit des Jugendstils aus. Der „Künstlerfabrikant“ Theodor Fahrner war einer der Wegbereiter des Modeschmucks, der von Künstlern wie Max J. Gradl entworfen und von Fahrner in Pforzheim hergestellt wurde.

Nürnberg

Nürnberg: Volksbad, Schwimmhalle III, Architekt: Carl Weber
Datei:Meuschelstraße Ecke Kaulbachstraße.jpg
Nürnberg-Gärten hinter der Veste: Hausgruppe Meuschelstraße /Ecke Kaulbachstraße

In Nürnberg fertigten zunächst die Werkstätten J. v. Schwarz, Gustav Frey und die Metallwarenfabrik für Kleinkunst Walter Scherf & Co. seit 1898 kunsthandwerkliche Gegenstände im Sinne des Jugendstils. Durch die kunstgewerblichen Meisterkurse die Peter Behrens ab 1901 und Richard Riemerschmid ab 1903 im Bayerischen Gewerbemuseum hielten gewann der Jugendstil dann rasch Auftrieb. Die Meisterkurse wurden später von Paul Haustein und Friedrich Adler fortgesetzt. In den keramischen Werkstätten entstanden vorwiegend Fayencen. Gebrauchsgegenstände aus Zinnguss („das Silber des kleinen Mannes“) wurden von Walter Scherf durch Vergoldung oder Kombinieren mit Glas aufgewertet. Der Bildhauer und Zeichner Carl Sigmund Luber wirkte als künstlerischer Direktor bei der J. v. Schwarz AG. Weitere bedeutende Jugendstilkünstler waren Friedrich Müller, Valentin Oeckler, Christian Schönamsgruber und Ferdinand Semmelroth.

1902 entstand in der Altstadt das Haus des Juweliers August Merklein „im neuen Stil nach Pariser Vorbild“ (von Friedrich Trost d. Ä., Inneneinrichtung von Heinrich Höllfritsch, im Krieg zerstört). Impulsgebend für die Architektur war die Bayerische Jubiläums-Landesausstellung 1906 im Luitpoldhain mit den Ausstellungshallen von Theodor von Kramer (in der nationalsozialistischen Ära abgebrochen). Das Gebäude des Industrie- und Kulturvereins (1902 von Theodor von Kramer) wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Weitgehend erhaltene Großbauten sind das Bismarckschulhaus (1902/1904 von Georg Kuch und Carl Weber) und das Volksbad mit originaler Innenausstattung (1906 von Carl Weber, heute geschlossen). Ebenfalls erhalten ist der Jugendstil-Wartesaal im Hauptbahnhof (1905 von Bruno Paul). Für private Bauten konnte sich der Jugendstil gegen den in Nürnberg um 1900 noch vorherrschenden Nürnberger Stil erst spät durchsetzen. Im Jugendstilviertel im Stadtteil Gärten hinter der Veste finden sich mehrere bedeutende im Ensemblezusammenhang erhaltene Jugendstilbürgerhäuser. Weitere bedeutende Einzelbauten des Jugendstils finden sich in St. Johannis und am Prinzregentenufer.

Bayreuth

Bayreuth: Arbeitszimmer des Regierungspräsidenten von Bruno Paul

In Bayreuth findet sich im Präsidialbau der Regierung von Oberfranken eines der bedeutendsten Jugendstil-Raumensembles. Das Empfangszimmer des Regierungspräsidenten wurde von Joseph und Franz Rank entworfen. Das an das Empfangszimmer direkt anschließende Arbeitszimmer des Präsidenten stammt von Bruno Paul. Der holzvertäfelte Landrätesaal (Wappensaal) im 2. Obergeschoss wurde von Martin Dülfer entworfen. Alle drei Raumausstattungen wurden zunächst 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis gezeigt und mit Preisen ausgezeichnet. Die nach Ende der Weltausstellung nach Bayreuth verbrachten und dort bestimmungsgemäß eingebauten Räume wurden wegen der internationalen Anerkennungen vielfach publiziert und waren beispielgebend und stilbindend für deutsche Werkstätten. Das Ensemble ist samt der Einrichtungsgegenstände vollständig erhalten.

Leipzig

Aus den zahlreichen deutschen Städten, in denen der Jugendstil seine Spuren hinterlassen hat, ragt Leipzig besonders hervor. So besitzt Leipzig den wohl größten erhaltenen Bestand an Gebäuden, die Architekturmerkmale des Jugendstils aufweisen. Sowohl im Zentrum als auch in den Stadtteilen Gohlis, Plagwitz, Leutzsch, im Waldstraßenviertel und in Stötteritz finden sich zahlreiche Jugendstilgebäude. Neben Mehrfamilienhäusern, zahlreichen Villen, öffentlichen Gebäuden und Geschäftshäusern hat der Jugendstil auch Eingang in die Industriearchitektur Leipzigs gefunden. Viele Gebäude weisen auch im Inneren deutliche Merkmale des Jugendstils auf, so etwa das im Stil der Neorenaissance erbaute Neue Rathaus und die Schalterhallen des Leipziger Hauptbahnhofs.

Der wohl bedeutendste Jugendstilarchitekt Leipzigs war Paul Möbius (1866–1907), der in den Jahren 1893 bis 1907 etwa 40 Mehrfamilienhäuser, Villen und Geschäftshäuser plante und errichtete. Weitere namhafte Jugendstilarchitekten in Leipzig waren Fritz Drechsler, Max Pommer, Paul Lange und Emil Franz Hänsel.

Jugendstil-Kaufhaus in Halle (2008 saniert)
Jugendstil-Türklinke in Berlin

Halle (Saale)

Die Stadt Halle besitzt eine der umfangreichsten Ansammlungen der Jugendstilbauarten in Deutschland. Insbesondere ist in Halle die große Substanz der Jugendstil-Spielarten der Wiener Secession und des Brüsseler Art nouveau vorhanden.

Daneben wurden in den Gründerzeitquartieren viele Wohnhäuser im Jugendstil errichtet wie etwa im Paulusviertel oder der südlichen Innenstadt. Auch durch die 1879 gegründete Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein kam es in Halle zu einer für deutsche Verhältnisse überdurchschnittlichen Prägung der Stadt durch den Jugendstil.

Berlin

In der Reichshauptstadt Berlin dominierte um 1890 der wilhelminische Prunk. Eine Ausstellung des Norwegers Edvard Munch führte 1892 zu einem Eklat, an dem sich jedoch der Widerstand einiger Künstler gegen die offizielle Kunst kristallisierte. Gegen die Schließung der Ausstellung protestierte eine Gruppe von elf Künstlern, unter ihnen Walter Leistikow, Max Liebermann und Max Klinger. Auf Initiative des Schriftstellers Otto Julius Bierbaum und des Schriftstellers, Herausgebers und Unternehmers Julius Meier-Graefe erschien 1895 die exklusive und teure Zeitschrift Pan, die Impulse für neue Kunst geben sollte. Bereits 1900 musste die Zeitschrift wegen fehlenden wirtschaftlichen Erfolges wieder eingestellt werden. In den fünf Jahren, die der Zeitschrift beschieden waren, veröffentlichte jedoch ein großer Teil der künstlerischen Elite Deutschlands darin. Als Jugendstil-Künstler des Pan sind besonders zu nennen:

Berlin entwickelte sich zum Zentrum der deutschen Jugendstil-Schmuckkunst. Neben Cranach sind Hugo Schaper, Hermann Hirzel und Bruno Möhring zu nennen. Ihr floraler Stil erinnert in mancher Hinsicht an den des Belgiers Henry van de Velde.

Hagen

Der Mäzen Karl Ernst Osthaus gab in Hagen den Anstoß zum Hagener Impuls. Zwischen 1900 und dem Ersten Weltkrieg wollte er eine Künstlerkolonie in Hohenhagen entstehen lassen. Der Erste Weltkrieg verhinderte jedoch die Fertigstellung. So sind nur wenige der geplanten Bauten verwirklicht worden, diese jedoch von namhaften Künstlern, die Osthaus nach Hagen holte. Unter anderem sind dies Henry van de Velde, Peter Behrens, Richard Riemerschmid. Der niederländische Künstler Jan Thorn Prikker (Künstler) gestaltete auf Osthaus' Initiative für den 1910 eingeweihten Hauptbahnhof Hagen das noch heute dort vorhandene Glasfenster „Der Künstler als Lehrer für Handel und Gewerbe“.

Ein deutlich überregional herausragendes Baudenkmal ist der Hohenhof. Nach einem Entwurf von Henry van de Velde wurde er als Gesamtkunstwerk gestaltet. Er diente Karl Ernst Osthaus als Wohnsitz und sollte Mittelpunkt der nach 1910 geplanten, aber nicht vollendeten Gartenvorstadt Emst werden.

Weitere Künstler und Zentren des Jugendstils in Deutschland

Arnold Lyongrün, Vorlage für ein Fenster im Jugendstil (Berlin und New York 1900)

Henry van de Velde war nicht nur in seinem Heimatland Belgien, sondern später auch in Deutschland ein Protagonist des Jugendstils. 1897 zeigte er bei der Kunstgewerbeausstellung in Dresden viel beachtete Inneneinrichtungen. Für die Porzellanmanufaktur Meißen entwarf er in den Jahren 1904 und 1905 viel beachtete Porzellan-Service. In Weimar schuf van de Velde das Gebäude für die Kunstgewerbeschule Weimar (1905–1906), deren Direktor er bis 1915 war, sowie das Ateliergebäude für die gegenüberliegende Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar (1904–1911). Beide Gebäude waren dem Jugendstil verpflichtet, ebenso sein eigenes Wohnhaus, Haus Hohe Pappeln, und die Inneneinrichtung des Nietzsche-Archivs in Weimar, für deren Gestaltung er verantwortlich zeichnete. Der akademische Maler Arnold Lyongrün schuf im reinsten Jugendstil verschiedene Vorlagenwerke für dekorative Kunst und Kunstgewerbe, darunter „Dekorationsmotive“ (1899), „Neue Ideen“ (1901) [6], Stil- und Naturformen, Moderne Vorbilder für Decken- und Wandmalerei (zusammen mit A. Eiserwag). Diese Bücher werden teilweise heute noch verlegt.[7][8] [9] [10][11] [12]

Heinrich Vogeler: Das Konzert (Sommerabend), 1905

Unter den Künstlern der Künstlerkolonie Worpswede war Heinrich Vogeler derjenige, der sich in seiner Arbeit am engsten vom Jugendstil und seinen Idealen leiten ließ. Bekannt ist insbesondere Vogelers 1905 entstandenes Gemälde Sommerabend auf dem Barkenhoff, das ihn selbst und seine Worpsweder Künstlerfreunde zeigt - unter ihnen Paula Modersohn-Becker, ihren Mann Otto Modersohn und die Bildhauerin Clara Westhoff.

Nicht zu vergessen ist auch der Architekt Albin Müller, der in Magdeburg und ab 1908 in Darmstadt wirkte. Abseits dieser Wirkungsstätten baute er unter anderem 1911–1913 das heute unter Denkmalschutz stehende Sanatorium Dr. Barner in Braunlage im Harz.

Ebenfalls ein wichtiger Vertreter war der Glasmaler und Künstler Josef Goller.

Art nouveau in Frankreich

Der Salon de l’Art Nouveau

1871 zog der Hamburger Samuel Bing nach Paris. Er war zuvor im fernen Osten gewesen und handelte nun mit japanischen Farbholzschnitten, Keramik und Gebrauchskunst. 1894 lernte er auf einer USA-Reise Louis Comfort Tiffany kennen und verkaufte anschließend auch dessen Produkte in Europa. 1895 gründete er, um dem stark anwachsenden Geschäftsbetrieb gerecht zu werden, eine großzügige neue Galerie, die er Salon de l’Art Nouveau nannte. 1896 erregte eine Ausstellung von Möbeln des neuen Stils so großes Aufsehen, dass der Salon zum Namensgeber für die neue Bewegung wurde. In dieser Galerie standen Gemälde und grafische Arbeiten von in Frankreich lebenden Künstlern aller Richtungen zum Verkauf, beispielsweise Blätter von Henri de Toulouse-Lautrec, aber auch Impressionisten, Symbolisten und viele mehr. Man konnte kunsthandwerkliche Arbeiten des Amerikaners Louis Comfort Tiffany, des Deutschen Karl Koepping oder von Emile Gallé, eines der besten Meister der Schule von Nancy, kaufen. Bing sorgte dafür, dass Möbel von Henry van de Velde erstmals in Frankreich erhältlich waren. Später gründete Bing eine eigene Werkstatt und ließ dort Möbel nach Entwürfen von Edouard Colonna, Georges de Feure und Eugène Gaillard fertigen.

1903 verkaufte er seine Galerie an den Möbelkünstler Louis Majorelle. Es war nur folgerichtig, dass seine Galerie, die so entscheidend dazu beigetragen hatte, dass Frankreich und Paris zu europäischen Zentren dieser Kunstrichtung wurden, zum Namensgeber der Bewegung wurde.

Paris

Spiegel und Sessel von Hector Guimard

Paris wurde in vielerlei Hinsicht ein Zentrum des Art nouveau:

  • Der Schmuckkünstler René Lalique entwickelte ab 1885 eine neue Formen- und Farbenwelt bei Schmuckstücken: Er ließ sich von der Ideenwelt des Symbolismus und den Formen der Natur, von Pflanzen, deren Blüten, Insekten, Fischen leiten. Er bevorzugte Materialien wie Glas, Email, Perlmutt, Elfenbein und Horn. Er setzt durch, dass statt des Materialwerts des Schmuckstückes der künstlerische Wert in den Vordergrund trat. Mit seinen Arbeiten hatte er einen so großen Erfolg, dass er schon 1890 dreißig Angestellte beschäftigte.
  • Ein weiterer bedeutender Meister der Schmuckkunst in Paris war Georges Fouquet, der häufig nach Entwürfen von Alfons Mucha arbeitete. Besonders bekannt wurde er durch seine Schmuckstücke für die Schauspielerin Sarah Bernhardt. Weitere bekannte Pariser Schmuckkünstler waren Lucien Gaillard, der sich besonders von japanischer Kunst inspirieren ließ, sowie die Maison Vever, die Firma der Brüder Paul und Henri Vever.
  • Die Möbelkunst von Männern wie Eugène Gaillard, Edouard Colonna und Georges de Feure war tonangebend für Frankreich und darüber hinaus.
  • Der bekannteste Name unter den französischen Jugendstilkünstlern dürfte Henri de Toulouse-Lautrec sein. Auch Jules Chéret, Eugène Grasset, Alfons Mucha, Théophile Steinlen trugen das Ihre dazu bei, dass die Plakatkunst mit neuen Techniken wie der Lithografie und anspruchsvoller künstlerischer Gestaltung zu einer anerkannten Kunstform und zu einem Sammelobjekt für Kunstliebhaber wurde.
  • Selbst die Pariser Metro wurde um 1900 zum Objekt des Art nouveau. Dass es dazu kam, ist Hector Guimard zu verdanken, der die Pariser Metroeingänge mit phantasievollen Schmiedeeisengittern und den berühmten geschwungenen Schriftzügen gestaltete. Der Begriff Style Métro wurde sogar zum zweiten Synonym für den französischen Jugendstil. Außerdem erwarb sich Guimard auch als Möbelkünstler einen Ruf, der bis in die heutige Zeit anhält.
  • Zahlreiche Keramiker wie Marcel Bouval, Léon Noël Delagrange, Louis Chalon, Hans Stoltenberg-Lerche, Larsson, Allouard, Alexandre Charpentier, Paul Philippe etc. prägten ebenfalls den französischen Art nouveau, die ihre Werke über die Editeur d'Art wie Houdebine, E. Blot, Colin & Cie oder Arthur Goldscheider, den Sohn von Friedrich Goldscheider, verkauften.

Nancy

Typische Jugendstil-Fassade: Villa Majorelle, Nancy

Nancy war neben Paris das zweite Zentrum des Art nouveau. Die École de Nancy (Schule von Nancy, die sich durch Glas, Porzellan, Möbel und andere kunstgewerbliche Arbeiten auszeichnete) wurde 1901 von Emile Gallé gegründet. In den Jahren zuvor, ab 1894, hatte sich Gallé zunächst mit einer Glasbläserei, später auch mit Möbelwerkstätten als Künstler und Unternehmer hervor getan. Er experimentierte mit neuen Techniken der Glasbläserkunst (Marmorierungen, Reflexe, Glasschichten mit Einschmelzungen von Gold- und Silberfolien, Blasenbildungen). Auf den Weltausstellungen 1889 und 1900 wurden seine Arbeiten preisgekrönt.

Neben Gallé waren der berühmte Möbelkünstler Louis Majorelle sowie Jean-Antonin Daum und Eugène Vallin die Gründungsmitglieder der Schule von Nancy. Ein berühmter Glaskünstler der Schule von Nancy war Daum Frères.

Kirche am Steinhof, Wien

Secessionsstil in Österreich

In Österreich wurde die Entwicklung ab 1897 vor allem in Wien vorangetrieben durch die Zeitschrift Ver Sacrum und durch die Künstlergruppe der Wiener Secession, geführt unter anderem von Gustav Klimt, Joseph Maria Olbrich und von dem Dichter Hermann Bahr. Demzufolge bekam die Kunstrichtung in Österreich den Namen Secessionsstil. Neben Klimt waren Otto Wagner, Josef Hoffmann und Josef Plečnik bekannte Künstler des Secessionsstils. Daneben waren auch die Keramiken, Terrakotten und Bronzen der Wiener Manufaktur Friedrich Goldscheider international anerkannt.

Außerdem weltweit bekannt wurde die Wiener Werkstätte u. a. mit Koloman Moser, Josef Hoffmann und Dagobert Peche, die das Kunsthandwerk (Innenarchitektur, Keramik, Textil, Mode, Glas) zur Perfektion trieben.

Belgien

Stuhl von Henry van de Velde
Jugendstil-Fassade: Maison Charlier in Spa (Belgien)

Der Einfluss des Jugendstils in Belgien zeigt sich auch heute noch in der Hauptstadt Brüssel. Die Brüsseler Stadtgemeinde Sint-Gillis (oder Saint Gilles) ist in ihrem Zentrum vom Jugendstil geprägt. Auch in den Stadtgemeinden Schaerbeek, Etterbeek und Ixelles findet man viele Jugendstilgebäude. Vor allem der Architekt Victor Horta trug zu dieser Prägung der Stadt bei.

Andere wichtige belgische Jugendstil-Künstler sind:

Paul Hankar, Gustave Serrurier-Bovy, Philippe Wolfers sowie der bereits mehrfach erwähnte Henry van de Velde, der auch in Deutschland so entscheidend zur Entwicklung des Jugendstils beitrug.

Verbreitung in anderen Ländern

Csetneker Spitze, Ungarn

Es gibt kaum ein westliches Land, das nicht vom Jugendstil beeinflusst wurde. Erwähnenswert sind unter anderem:

  • In Ungarn gilt Ödön Lechner mit seinen Bauten als namhafter Vertreter.
  • In (vor allem) Finnland und Skandinavien ist die Nationalromantik dem Jugendstil verwandt; sie nahm aber gleichzeitig Elemente des erwachenden Nationalbewusstseins auf.
  • Unter dem Einfluss deutscher Architekten ist in der Stadt Riga in Lettland der Jugendstil zu einer der noch heute das Stadtbild wesentlich prägenden Architekturrichtungen geworden. Riga gehört zu den glänzensten Perlen des Jugendstils und wurde 1997 als „hochwertigste Konzentration an Jugendstilgebäuden“ auf die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes gesetzt. [13]
  • In Spanien entwickelte sich in Katalonien der stark verspielte Modernisme unter anderem von Antoni Gaudí, Lluís Domènech i Montaner und Josep Puig i Cadafalch.
  • In den USA wurde Louis Comfort Tiffany, der durch seine einzigartige, patentierte Glastechnik berühmt wurde und der auch die europäische Entwicklung stark beeinflusste, bereits erwähnt. Auch der Architekt Frank Lloyd Wright ist zu nennen, dessen frühe Arbeiten stark vom japanischen Einfluss geprägt sind. Der Grafiker und Schriftkünstler William H. Bradley ließ sich stark von William Morris, Aubrey Beardsley und anderen englischen Künstlern beeinflussen und trug so den europäischen Einfluss zurück nach Amerika.
  • Alfons Maria Mucha (* 24. Juli 1860 Ivančice in Mähren; † 14. Juli 1939 Prag) war ein tschechischer Plakatkünstler, Grafiker, Illustrator, Maler und Kunstgewerbler, der als einer der herausragenden Repräsentanten des Jugendstils gilt.

Ende des Jugendstils

Ein klares Ende des Jugendstils in den Wirren der Jahre bis zum und im Ersten Weltkrieg zu setzen, ist schlecht möglich. Es ist zu vergegenwärtigen, dass jede Stilbezeichnung eine sehr verallgemeinernde und zugleich abstrahierende Betrachtungsweise oftmals divergierender Zeitströmungen sowie rivalisierender und parallel laufender künstlerischer Trends verschiedener Sparten der Kunst darstellt und sich stets die Frage aufwirft, was und wer mit dem Begriff eingeschlossen werden soll, und was und wer außerhalb zu betrachten ist.

Das Einsetzen des allmählichen Endes des Jugendstils in Deutschland kann man auf die III. Deutsche Kunstgewerbeausstellung 1906 in Dresden datieren. In deren unmittelbarer Folge wurde 1907 der Deutsche Werkbund gegründet. Er erhob Sachlichkeit, Schlichtheit und Gediegenheit zu neuen Leitbildern. Den Vorsitz führte Hermann Muthesius; bekannte Künstler des Jugendstils wie van de Velde, Behrens, Niemeyer, Endell, Obrist waren bei der Gründung beteiligt oder stießen später dazu.

Für die Zeit zwischen 1906 und 1914 hat sich in der kunstgeschichtlichen Literatur keine allgemein gebräuchliche Stilbezeichnung etabliert, vorgeschlagene Begriffe wie beispielsweise „Reformarchitektur“ bzw. „Reformstil“ (im diffusen Kontext der allgemeinen Lebensreform), „Halbzeit der Moderne“ (nach der gleichnamigen Ausstellung 1991 in Münster) oder „Prämoderne“ (nicht zu verwechseln mit dem geschichtswissenschaftlichen Begriff Vormoderne) haben sich bislang nicht durchsetzen können. Etwa um 1914 liegen in Deutschland (in Wien etwas früher) die Anfänge des Expressionismus, der nur in vereinfachender geschichtlicher Darstellung als Ablösung des Jugendstils präsentiert wird. Der Jugendstil hält sich etwa bei Interieurmalerei, Möbeln, anderen Gebrauchsgegenständen und kunstgewerblichen Produkten noch bis in die mittleren 1920er Jahre, indem er die Formensprache beibehält, aber in der Farbgebung auf den Expressionismus der Malerei reagiert.

Bedeutende Bauwerke

Museen

Folgende Museen präsentieren Werke aus der Zeit des Jugendstils:

  • Das Berliner Bröhan-Museum zeigt Möbel, Porzellan, Glas, Keramik und Metallarbeiten aus der Epoche des Jugendstils und des Art Déco.
  • Das MAK, Museum für angewandte Kunst Wien zeigt Kunsthandwerk aus der Epoche des Jugendstils und des Art Déco.
  • Das Musée d’Orsay in Paris zeigt in mehreren Sälen Möbel, Haushaltsgegenstände und Ornamente des Art nouveau aus Belgien und aus den französischen Zentren Nancy und Paris.
  • Das Brüsseler Musée Horta zeigt das Haus des Jugendstilarchitekten Victor Horta. Architektur und Innenausstattung sind dem Besucher großenteils frei zugänglich und bilden eine stilistische Einheit.
  • Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg hat eine Jugendstil-Abteilung, die auf den Museumsgründer Justus Brinckmann zurückgeht, der vor allem die Pariser Weltausstellung 1900 dazu nutzte, eine große Sammlung zeitgenössischer angewandter Kunst anzulegen. Im Mittelpunkt seiner Erwerbungen standen Möbel und Zimmereinrichtungen, Wandteppiche, Textilien, Lampen, Zierobjekte aus Glas, Metall, Keramik, sowie Skulpturen, Bücher und Schmuck. Brinckmann vereinigte sie zu einem „Gesamtkunstwerk“, dem Pariser Zimmer. Spätere Generationen haben diesem Bestand zahllose weitere Objekte hinzugefügt, darunter Möbelensemble der Wiener Werkstätte und der Darmstädter Künstlerkolonie. Alle Objekte sind in der Dauerausstellung zu sehen.

Musik

Einzelnachweise

  1. Im Deutschen ist „der, die, das Art nouveau“ gleichermaßen gebräuchlich; vgl. Art nouveau bei Duden online
  2. Art nouveau ist jedoch im Englischen und im Italienischen der dominierende Begriff.
  3. Georg Hirth: Wege zur Freiheit, Verlag der Münchner Jugend, 1903, 546 Seiten, hier S. 525
  4. Michael Georg Conrad (1885–1900), Arthur Seidl (1901–1902): Die Gesellschaft, Band 16, Teil 2, Verlag E. Pierson, 1970, S. 246
  5. Rosalind P. Blakesley, The Arts and Crafts Movement, Phaidon, London 2006
  6. Arnold Lyongrün. In: Internet Archive: Hans W. Singer (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler, Band 6. Rütten, Frankfurt am Main 1922, abgerufen am 19. Oktober 2010
  7. Arnold Lyongrün: Eine Sammlung naturalistischer Motive, Verlag Bernhard Friedrich Voigt, Leipzig 1898
  8. Arnold Lyongrün: Neue Ornamente, Verlag Ernst Wasmuth, Berlin, 1899–1902
  9. Arnold Lyongrün: Vorbilder für Kunstverglasungen im Style der Neuzeit, Verlag Hessling, Berlin und New York 1900
  10. Arnold Lyongrün: Neue Ideen für dekorative Kunst und das Kunstgewerbe, Verlag Kanter und Mohr, Berlin 1903
  11. Arnold Lyongrün: Masterpieces of Art Nouveau, Stained Glass Design, 91 Motifs in full color, Verlag Dover Pubn Inc., 1989
  12. Arnold Lyongrün: From Nature to Ornament, Organic Forms in the Art Nouveau Style, Dover Pictorial Archive Series 2010
  13. Andris Bruderis: Riga. Der Jugendstil. Madris Verlag, Riga, ISBN 978-9984-31-541-6

Literatur

  • Friedrich Ahlers-Hestermann: Stilwende. Aufbruch der Jugend um 1900. Ullstein, Frankfurt/M. 1981, ISBN 3-548-36063-7 (Nachdruck der Ausgabe Berlin 1956; Zur Geschichte der Bewegung).
  • Kai Buchholz: Im Rhythmus des Lebens. Jugendstil und Bühnenkunst. Verlag Arnold, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89790-270-1.
  • Lydia L. Dewiel: Schnellkurs Jugendstil. 2. Aufl. DuMont, Köln 2007, ISBN 3-8321-5384-5.
  • Gabriele Fahr-Becker: Jugendstil. Tandem-Verlag, Königswinter 2007, ISBN 978-3-8331-3544-6 (Prachtvoll ausgestatteter, aber preisgünstiger Bildband mit allerdings recht anspruchsvollem Textteil)
  • Pierre-Olivier Fanica, Gérard Boué: Céramiques impressionnistes et grès art nouveau. Montigny-sur-Loing et Marlotte 1872–1958. Édition Massin, Paris 2005, ISBN 2-7072-0512-5.
  • Peter Guth, Bernd Sikora: Jugendstil & Werkkunst. Architektur um 1900 in Leipzig. Edition Leipzig, Leipzig 2005, ISBN 3-361-00590-6.
  • Sara Hamm, Sabine Kübler (Hrsg.): „Bauen für ein neues Leben“. Die Entstehung der Bad Nauheimer Jugendstilanlagen, fotografiert von Albert Schmidt, 1905–1911. Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2161-9 (anlässlich der Ausstellung „Bauen für ein neues Leben“).
  • Hiltrud A. Hölzinger, Christina Uslular-Thiele (Hrsg.): Jugendstil in Bad Nauheim. Verlag Langewiesche, Königstein/T. 2005, ISBN 3-7845-7100-X (Mit 17 Künstler-Biografien; Alle Texte deutsch/englisch).
  • Stefan W. Krieg, Bodo Pientka: Paul Möbius. Jugendstil in Leipzig. Deutsche Verlagsanstalt, München 2007, ISBN 978-3-421-03438-0.
  • Stefanie Lieb: Was ist Jugendstil? Eine Analyse der Jugendstilarchitektur 1890–1910. Primus-Verlag, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-14910-6.
  • Hermann Muthesius: Kunstgewerbe und Architektur. Kraus-Thomson, Nendeln 1976 (Nachdruck der Aufsätze „Neues Ornament und neue Kunst“ und „Kultur und Kunst“; Quelle zur Entstehung des Begriffs Jugendstil, zeitgenössische Kritik)
  • Edda Neumann-Adrian, Michael Neumann-Adrian: Münchens Lust am Jugendstil. Häuser und Menschen um 1900. MünchenVerlag, München 2006, ISBN 3-934036-93-7.
  • Ludwig Petzendorfer: Schriftenatlas. Eine Sammlung von Alphabeten, Initialen und Monogrammen. Marix-Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-58-4 (Nachdruck der Ausgabe Stuttgart 1903-05).
  • Friedemann Schäfer: Stadtspaziergänge in Karlsruhe. Jugendstil. Verlag Braun, Karlsruhe 2007, ISBN 978-3-7650-8360-0 (Taschenbuch mit umfassender, aber kompakter und leicht verständlicher Einführung in den europäischen und deutschen Jugendstil. Hervorragend bebildert).
  • Klaus-Jürgen Sembach: Jugendstil. Die Utopie der Versöhnung. Taschen Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8228-2971-4.
  • Dr. Dieter Klein: Martin Dülfer – Wegbereiter der Deutschen Jugendstilarchitektur. Arbeitsheft 8 – Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege München 1993, Lipp Verlag, ISBN 3-87490-531-4
Commons: Art Noveau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Jugendstilarchitektur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

[1]

Vorlage:Link FA Vorlage:Link FA