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„Couleur“ – Versionsunterschied

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Die [[Katholische Studentenverbindungen|katholischen Verbindungen]] besonders in Österreich verwendeten oft die Farben gelb/gold-weiß/silber, womit häufig, aber nicht immer, auf die katholische Kirche Bezug genommen werden soll, besonders im Falle österreichischer Verbindungen und des [[Verband der Wissenschaftlichen Katholischen Studentenvereine Unitas|Unitas-Verbands]]. Einige katholische Verbindungen, die zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie auf deren Territorium gegründet wurden, tragen häufig auch die kaiserlichen Farben schwarz-gold.
Die [[Katholische Studentenverbindungen|katholischen Verbindungen]] besonders in Österreich verwendeten oft die Farben gelb/gold-weiß/silber, womit häufig, aber nicht immer, auf die katholische Kirche Bezug genommen werden soll, besonders im Falle österreichischer Verbindungen und des [[Verband der Wissenschaftlichen Katholischen Studentenvereine Unitas|Unitas-Verbands]]. Einige katholische Verbindungen, die zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie auf deren Territorium gegründet wurden, tragen häufig auch die kaiserlichen Farben schwarz-gold.


Besonders außergewöhnlich ist der Ursprung der Farben des [[Corps Altsachsen Dresden]], das seine Farben nach einem Goethe-Zitat aus Faust I wählte: ''Grau, mein Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens gold'ner Baum.''
Besonders außergewöhnlich ist der Ursprung der Farben des [[Corps Altsachsen Dresden]], das seine Farben nach einem Goethe-Zitat aus Faust I wählte: ''Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum.''<ref>[[Goethe| Joh. Wolfg. v. Goethe]]: [[Faust. Eine Tragödie|Faust I]], [http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=3448&kapitel=7&cHash=f2061be2842#gb_found Schülerszene] bei [[Projekt Gutenberg-DE]]</ref>


[[Bild:Coat of arms of Ulm.svg|thumb|100px|Ulmer Stadtwappen]]
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Version vom 5. November 2007, 16:54 Uhr

Couleur (franz. „Farbe“) ist die Bezeichnung für die Gesamtheit aller Kleidungs- und Schmuckstücke sowie aller Accessoires und Gebrauchsgegenstände, auf denen oder mit denen die Mitglieder farbentragender bzw. farbenführender Studentenverbindungen und Schülerverbindungen ihre als Identitätssymbol festgelegte Kombination von Farben zeigen. Ein Teil dieser Kleidungsstücke und Accessoires dient dazu, die Mitgliedschaft in der Verbindung zum Ausdruck zu bringen, also „Farbe zu bekennen“.

Der Begriff Couleur wird auch zur Bezeichnung dieser Farbkombination im abstrakten Sinne verwendet.

Wichtigste Bestandteile des Couleurs eines farbentragenden Verbindungsstudenten sind das um die Brust getragene Band und die Mütze, die als „Mitgliedsabzeichen“ einer Studentenverbindung die größte Bedeutung haben. Des Weiteren tragen viele Verbindungsstudenten am Gürtel einen Zipfelbund, an dem mindestens ein so genannter „Zipfel“ oder „Zipf“ hängt, kleine Stückchen farbigen Bandes, deren Enden in Metall gefasst sind. Konkneipanten tragen statt Band eine Schleife am Revers.

Couleur – inklusive der Vorgängerphänomene – war im Laufe der Zeiten immer ein Ausdruck von Loyalität, Zugehörigkeit und Identität, aber auch von Rivalität und Distanzierung. Dementsprechend war in verschiedenen Phasen der Geschichte das Verhältnis von Trägern unterschiedlichen Couleurs, aber auch das Verhältnis von Couleurträgern zu Nicht-Couleurträgern stark emotional aufgeladen, was sich im gesellschaftlichen und politischen Bereich auswirkte. Autoritäre staatliche Regime haben das Tragen von Couleur dann auch immer wieder verboten.

Studentische Farben trugen im 19. Jahrhundert auch zur Entstehung von Nationalflaggen bei. Siehe dazu auch Schwarz-Rot-Gold und Flagge Estlands.

Georg Mühlberg – „Zum ersten Mal in Wichs“, Student in Festtracht (um 1900)
Datei:Mühlberg - Ein flotter Bursche.jpg
Georg Mühlberg – „Ein flotter Bursche“, Student in Vollcouleur (um 1900)


Die Farben heute

Gestaltung

Im abstrakten Sinne besteht das Couleur einer Verbindung aus einer Kombination von meist drei Farben mit festgelegter Reihenfolge. Es gibt aber auch zumeist sehr alte Corps mit nur zwei Farben. Vier und fünf Farben werden auch verwendet, sind aber meist aus Zusammenschlüssen von Verbindungen mit unterschiedlichem Couleur entstanden, die sich auf eine Farbfolge festlegen mussten. Wenn aus zwei Landesfarben ein dreifarbiges Band entwickelt werden sollte, wiederholte man häufig eine Farbe, manchmal mit Nuancierung.

Voll entwickeltes Tübinger Couleur 1831: Fechtszene mit dem Corps Franconia Tübingen in moosgrün-rosa auf Gold (links) und dem Corps Suevia Tübingen in schwarz-weiß-rot auf Silber (rechts)

Die Farben verlaufen immer quer, haben (zumindest anfänglich) immer die gleiche Breite und weisen keine Musterung oder zweidimensionale Gestaltung in irgendeiner Form auf, wie es Farbfelder in der Heraldik oder der Flaggen in der Vexillologie haben können.

Entgegen der Grundregel, dass alle Farbstreifen die gleiche Breite haben sollen, kommt es aber auch vor (auch hier vor allem bei Zusammenschlüssen von Verbindungen), dass zwei Hauptfarben von zwei schmaleren Streifen in einer dritten Farbe umgeben sind. Man spricht dann von „Farbe1-Farbe2 auf Farbe3em Grund“.

Wie auch bei Nationalflaggen haben die Farben eine relevante Reihenfolge, sie können also nicht willkürlich kombiniert werden. Genannt werden sie dabei von oben nach unten. Ausnahmen sind die Universitätsstädte Jena und Halle, deren Verbindungen ihre Farben grundsätzlich von unten nach oben lesen. Es gibt auch noch einzelne Corps in Deutschland, zum Beispiel in Heidelberg und Freiburg im Breisgau, die ihre Farben ebenfalls von unten nach oben lesen.

Die Farben stammen im wesentlichen aus dem Repertoire der Heraldik, am verbreitetsten sind schwarz, blau, rot, grün, aber auch weiß und gelb sowie gold und silber. Verwendet werden ebenfalls die selteneren Farben violett und orange sowie (ganz selten) grau und braun.

Im Gegensatz zur Heraldik sind weiß und silber, aber auch gelb und gold jeweils verschiedene Farben (beziehungsweise Metalle). Dabei fällt auf, dass gold deutlich häufiger ist als gelb, während weiß öfter zum Einsatz kommt als silber.

Ein weiterer Unterschied zur Heraldik besteht in den Nuancierungen. Dunkelblau ist etwas anders als blau, hellrot anders als rot. Auch Pastellfarben sind üblich wie hellblau, rosa oder lindgrün. Unterschiedliche Nuancierungen derselben Farbe können auch unmittelbar aufeinander folgen, so ist zum Beispiel auch die Kombination „dunkelblau-hellblau-weiß“ möglich. Bei den Nuancierungen wird meist großes Gewicht auf Mustertreue gelegt, das heißt, dass die überlieferte Nuancierung akribisch genau eingehalten wird, besonders bei der Fertigung der Bänder. Diese angestrebte Genauigkeit führt vielfach zu metaphorischen Farbbezeichnungen, wie „alpenrosenrot“, „moosgrün“ oder „ätherblau“.

Bezug und Bedeutung

Die Farben symbolisieren ursprünglich und in der Regel heute noch eine bestimmte Verbindung an einem bestimmten Ort beziehungsweise die Zugehörigkeit ihres Trägers zu einer bestimmten Verbindung. Da manche Farbkombinationen häufig sind, gibt es auch Verbindungen, deren Farben sich gleichen, was aber für das Verhältnis der Verbindungen zueinander keine Bedeutung haben muss. Um Verwechslungen möglichst auszuschließen, werden jedoch gleiche Farbkombinationen am selben Hochschulort vermieden. Verstöße gegen diese Maxime gab es vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, als Verbindungen aus östlichen Hochschulorten in den Westen verlegten und dort auf Verbindungen mit gleichen Farben trafen.

Es gibt auch Dachverbände von Studentenverbindungen, die Farben haben, was unterschiedliche Gründe und Auswirkungen haben kann. Am bekanntesten sind die Burschenschafterfarben Schwarz-Rot-Gold, die von mehreren burschenschaftlichen Dachverbänden geführt werden, die sich auf die Urburschenschaft in Jena von 1815 zurückführen. Diese Bewegung breitete sich von Jena deutschlandweit aus und trug die Farben in viele Universitäten. Da sich die burschenschaftliche Bewegung schnell zersplitterte und bald mehrere Burschenschaften pro Universität existierten, tragen nicht alle Burschenschaften diese Farben. Auch gibt es unterschiedliche Kombinationen und Reihenfolgen (schwarz-gold-rot, schwarz-rot auf Gold etc.). Die weite Verbreitung, die große Popularität und die politische Bedeutung haben dafür gesorgt, dass diese Farben heute die deutsche Nationalflagge bilden.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts formierten sich die ersten christlichen Verbindungen, die oftmals in anderen Städten Tochterverbindungen mit den gleichen oder ähnlichen Farben gründeten. Daraus entstanden Dachverbände mit mehr oder weniger einheitlichem Couleur wie der Wingolfsbund (schwarz-weiß-gold) oder der Unitas-Verband (blau-weiß-gold). Die Farben sind dabei sowohl die Farben des Dachverbandes, als auch das Couleur der weitaus meisten Mitgliedsverbindungen. Dies ist möglich, weil diese Dachverbände nur eine Mitgliedsverbindung pro Universitätsstadt zulassen.

Eine Farbkombination führt auch der Coburger Convent (weiß-grün-rot-weiß), der Dachverband der pflichtschlagenden Landsmannschaften und Turnerschaften. Diese Farben werden aber von keiner Einzelverbindung getragen und treten auch nicht in Form von Band und Mütze auf.

Das Band

Typisches Couleurbild aus den 1850er Jahren, Kolorierte Lithographie, Corps Friso-Luneburgia Göttingen (feuerrot-dunkelblau-weiß)

Konkrete Realisierung findet Couleur in zahlreichen Kleidungsbestandteilen und Gegenständen. Wichtigstes Couleurelement ist für die meisten Verbindungen das Couleurband, das „Mitgliedsabzeichen“ der farbentragenden Verbindungen.

Gestaltung

Es handelt sich dabei um ein meist 27 Millimeter breites Seidengewebe (das so genannte Bierband), das über die rechte Schulter gelegt und unter der linken Achsel ungefähr in Höhe des Bauchnabels von einem Bandknopf zusammengehalten wird. Das Band wird unter dem Jacket, aber über Hemd, Krawatte und Weste getragen. Bei Frack oder Smoking wird oftmals ein schmaleres Band (etwa 14 Millimeter), das so genannte Weinband quer über die Brust getragen.

Es gibt vereinzelt auch (teilweise sehr alte) Verbindungen, deren Band bis zu 36 Millimetern Breite aufweist.

Wenn ein Student in zwei oder mehreren Verbindungen Mitglied ist, trägt er auch mehrere Bänder, und zwar immer alle gleichzeitig. Dabei wird in der Regel darauf geachtet, dass die später erworbenen Bänder länger geschnitten sind, damit sie tiefer hängen und die Farben aller Bänder zu sehen sind.

Perkussion

An den Rändern ist das Band entweder mit silbernen oder goldenen Metallfäden vernäht, der so genannten Perkussion. Das Metall der Perkussion wird heute oft zur genaueren Unterscheidung zu den Couleurfarben dazugerechnet. Man spricht von „Farbe1-Farbe2-Farbe3 mit silberner (oder goldener) Perkussion“. Ist die Perkussion breiter als normal, so redet man von einem Vorstoß, einer Besonderheit, die vor allem in Österreich vorkommt.

Das Metall der Perkussion dient auch als Richtschnur für die (goldene oder silberne) Gestaltung aller anderen Metallelemente des Couleurs einer Verbindung, wie zum Beispiel Metallstickereien auf Band und Tönnchen oder Metalleinfassungen von Zipfeln.

Es gibt auch einige Verbindungen, die andere Perkussionsfarben als Gold und Silber haben. Dies kommt vor allem in Österreich vor, in Deutschland sehr selten. In Österreich ist es auch möglich, dass die Perkussionsfarben auf der oberen und der unteren Seite des Bandes verschieden sind.

Bei besonderen Ereignissen oder als Erkennungszeichen einer besonderen Ehrung (zum Beispiel Ernennung zum Ehrenmitglied) werden bei manchen Verbindungen Bänder in der Perkussionsfarbe bestickt – meistens mit dem Wappenspruch der Verbindung.

Fuchsmajor und Füchse

Für die Füchse (andere Schreibweise „Füxe“), die Neumitglieder einer Verbindung, die noch nicht alle Rechte und Pflichten eines Vollmitgliedes haben, wurden im Laufe der Zeit Bänder mit spezieller Farbgestaltung entwickelt. Fuchsenbänder unterscheiden sich von den Bändern für Burschen (oder Corpsburschen), den Vollmitgliedern. Sie sind in der Regel um eine Farbe reduziert, haben also oft nur zwei Farbstreifen oder wiederholen eine der beiden Farben (zum Beispiel nach dem Muster „Farbe1-Farbe2-Farbe1“). Verbindungen mit zweifarbigem Band setzen im Fuchsenband eine dritte Farbe hinzu, verdoppeln eine der beiden Farben oder ersetzen eine Farbe durch weiß etc.

Es gibt auch Verbindungen ohne Fuchsenband. So tragen die Füchse der Corps in Göttingen und Heidelberg, die Füchse der meisten Burschenschaften in Heidelberg und die Füchse aller baltischen Verbindungen traditionell gar kein Band. Aber auch viele ältere Burschenschaften, vor allem diejenigen, die schwarz-rot-gold tragen, haben für die Füchse zwar ein Band, aber kein spezielles Fuchsenband. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass man von der Farbkombination Schwarz-Rot-Gold, also den deutschen Farben, keine Farbe weglassen kann.

Eine weitere Variante tritt in einigen Schweizer Verbindungen auf (z.B. Dachverband Stella Helvetica): Fuxen tragen ein dreifarbiges Bierband, Burschen dagegen ein dreifarbiges Weinband

Der Fuchsmajor, ein Vollmitglied, das für die Betreuung und Ausbildung der Füchse zuständig ist, trägt bei vielen Verbänden das Fuchsenband über Kreuz mit seinem Burschenband.

Bandknopf

Bandknöpfe sind entweder aus Metall (in Perkussionsfarbe) oder aus Keramik gefertigt mit einem vorne eingravierten Zirkel oder zeigen ein Wappenschild mit den Couleurfarben. In der Regel erhält der Student seinen Bandknopf nach Ende seiner Fuchsenzeit von seinem Leibburschen geschenkt. Auf der Rückseite oder am Rand der Vorderseite ist eine entsprechende Widmung eingraviert.

Bandschleife

Quer durch alle Verbände gibt es bei vielen Korporationen die Einrichtung des „Schleifenträgers“ manchmal auch „Conkneipant“ genannt, oder in Kösener Corps „IdC“ (Inhaber der Corpsschleife). Die Schleife ist ein Stück des Burschenbandes, das zu einer Schleife gebunden am Revers des Jackets getragen wird. Die Schleife wird solchen Mitgliedern verliehen, die aus wichtigen Gründen nicht alle Verpflichtungen erfüllen können, die die Verbindung von einem Bandträger verlangt (z.B. aus medizinischen Gründen das Fechten bei schlagenden Verbindungen). Bei einigen Studentenverbindungen kann die Bandschleife der Ehefrau oder der Verlobten eines Korporierten verliehen werden.

Traditionsbänder

Bei manchen Verbindungen werden Traditionsbänder getragen, das sind zusätzlich zum eigenen Band getragene Bänder mit Farben, die früher eine besondere Bedeutung hatten und heute nicht in Vergessenheit geraten sollen. Das können die Farben einer aufgelösten, befreundeten Verbindung sein oder frühere Farben der eigenen Verbindung. Traditionsbänder werden häufig nur von den Chargierten oder sogar nur vom ersten Chargierten der jeweiligen Verbindung getragen.

Die Kopfbedeckung

Studentenmütze eines Corpsburschen des Corps Hannovera Hannover in den Farben rot-weiß-schwarz

In der Regel wird die Mütze als zweitwichtigstes Element des Couleurs einer Studentenverbindung angesehen. Die Kombination Band und Mütze wird oftmals auch als „Vollcouleur“ bezeichnet. (Siehe auch: Studentenmütze)

Da man nur eine Kopfbedeckung gleichzeitig tragen kann, gibt es Regeln für Studenten, die in zwei oder mehr Verbindungen Mitglied sind. Wenn der Student noch in einer Verbindung „aktiv“ ist, also noch Repräsentations- und Gastgeberpflichten sowie Ämter wahrzunehmen hat, trägt er die Mütze derjenigen Verbindung, bei der er gerade Verpflichtungen hat. Wenn er „inaktiver“ Student ist oder sich bereits im Berufsleben befindet, trägt er die Mütze derjenigen Verbindung, bei der er sich gerade aufhält. In neutraler Umgebung, zum Beispiel auf einer Verbandstagung, trägt er die Mütze seiner „Mutterverbindung“, also der Verbindung, bei der er zuerst aktiv geworden und Fuchs gewesen ist.

Mützenform

Die Grundstruktur der Mützen ist im Prinzip bei allen Verbindungen gleich. Sie bestehen aus einem Kopfteil, an dessen unterem Rand ein Farbstreifen angebracht ist. Dazu kommt ein Schirm aus schwarzem Leder.

Die Form vor allem des Kopfteils kann jedoch sehr stark variieren. Es gibt sehr große Mützen, bei denen der obere Rand des Kopfteils einen deutlich größeren Durchmesser hat als der Kopfumfang (Tellermütze). Der „Bonner Teller“ ist oben durch einen eingearbeiteten Metallring versteift (vergleichbar mit den Mützen der Polizei), sodass er sich nicht zusammendrücken und etwa in der Manteltasche transportieren lässt.

Bei manchen besonders großen Variationen kann der Kopfteil sogar in Form eines Baretts zu einer Seite herunterhängen. Auf der anderen Seite gibt es sehr kleine Mützen, die mehr auf dem Kopf aufliegen, als um ihn herum führen. Sie werden meist auf der hinteren Kopfseite getragen (Hinterhauptcouleur).

Wilhelm Liebknecht im Couleur des Corps Hasso-Nassovia Marburg (maigrün-weiß-himmelblau), 1847

Typisch für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist eine Mützenform, die sich durch einen kleinen Kopfteil und einen besonders langen, nach vorn ragenden Schirm auszeichnet. Man spricht hier auch von der Biedermeiermütze. Die Mützenformen sind in der Regel für eine Verbindung spezifisch, können also nicht individuell gewählt werden.

Bei baltisch-deutschen Verbindungen heißt die Mütze „Deckel“ und ist in der Regel mit dem Baltenstern bestickt.

Eine weitere Sonderform ist die Kranzmütze.

Mützenfarbe

Der Kopfteil der Mütze ist grundsätzlich einfarbig in der „Hauptfarbe“ des Bandes. Das ist meistens die erste Farbe in der Aufzählung, aber nicht immer. Manchmal kann die Mütze auch in einer Farbe gehalten sein, die überhaupt nicht im Band vorkommt. Das ist bisweilen in Österreich üblich oder bei Fusionen von Verbindungen, wobei die eine Verbindung den Farbstreifen beiträgt, die andere die Mützenfarbe.

Der Farbstreifen, der am unteren Rand der Mütze umläuft, ist meistens analog zum Band (oft auch inklusive Perkussion) gestaltet. Wenn die Mütze die erste (obere) Farbe des Bandes aufweist, kann es sein, dass der Farbstreifen nur die beiden unteren Farben zeigt. Eine Spezialität ist der so genannte „Göttinger Streifen“ (auch „Göttinger Couleur“), der auch außerhalb Göttingens vorkommt. Die Mütze ist dabei in der ersten Farbe gehalten. Der umlaufende Farbstreifen zeigt die dritte Farbe, umgeben von zwei schmalen Rändern in der zweiten Farbe. Es gilt die Faustregel: „Die zweite Farbe schließt die dritte ein“.

Bei vielen Verbindungen tragen die Füchse eine farblich anders gestaltete Mütze. So kann der umlaufende Farbstreifen die Farben des Fuchsenbandes zeigen. Oder die Fuchsenmütze weist besondere Merkmale, zum Beispiel eine zusätzliche Litze, auf. Bei baltischen Verbindungen tragen die Füchse einen schwarzen „Deckel“ ohne jegliche Farben.

Stürmer

Manche Verbindungen haben als offizielle Kopfbedeckung den so genannten Stürmer. Diese Mützenform sieht ein wenig aus wie eine Mütze mit einem zylinderartigen Aufsatz, der nach vorn umgeklappt ist, und erinnert an die Uniformmützen der Mannschaften und Unteroffiziere im amerikanischen Sezessionskrieg, nur dass der Kopfteil ausgeprägter ist.

Kaiser Wilhelm II. als Alter Herr des Corps Borussia Bonn, (schwarz-weiß-schwarz) mit weißem Stürmer als Kopfbedeckung

Stürmer haben auch einen schwarzen Schirm, über dem Schirm verläuft ein Riemen. Anstelle eines umlaufenden Farbstreifens gibt es Verzierungen mit Kordeln in den Couleurfarben, vor allem an der Rückseite. Die meisten, aber nicht alle Stürmer sind weiß. Manche Verbindungen tragen ihre Stürmer auch nur im Sommersemester, im Winter tragen sie eine reguläre Mütze. Die Herkunft dieser Kopfbedeckung ist weitgehend unklar, Studentenhistoriker vermuten, dass sie in den 1840er Jahren in Bonn entstanden ist. Manche behaupten, sie gehe auf polnische Reitermützen aus der Zeit des Polenaufstandes 1830 zurück (siehe auch: Konfederatka).

Tönnchen

Eine Kopfbedeckung für mehr inoffizielle Anlässe ist das so genannte „Tönnchen“ (eigentlich „Biertonne“). Dabei handelt es sich um eine kleine, kreisförmige, flache Kopfbedeckung ohne Schirm, die in der Regel am Hinterkopf getragen wird.

Das Tönnchen ist bei allen Verbindungen von der Form her praktisch gleich. Die Mitte ist in der Mützenfarbe gestaltet und kann mit dem Zirkel der Verbindung in der Farbe der Perkussion (gold oder silber) bestickt sein. Außen laufen die Farben des Bandes als vergleichsweise breiter Streifen um – oben und unten mit einer Litze in Perkussionsfarbe. Vereinzelt gibt es auch Tönnchen mit Pelzbesatz.

In der Version als „Prunktönnchen“ (auch „Straßencerevis“ genannt), die bei vielen Verbindungen aus den unterschiedlichsten Gründen getragen wird, ist das ganze Tönnchen mit umfangreichen Metallstickereien versehen – bei Corps zum Beispiel in der Form von Weinlaub, Burschenschaften tragen Eichenlaub.

Siehe auch: Studentenmütze

Zipfel und Zipfelbund

Bierzipfel, Mensurzipfel und Weinzipfel in rot-weiß-schwarz, den Farben des Corps Hannovera Hannover

Der Zipfel (in einigen Regionen auch Zipf genannt) ist ein Schmuckanhänger aus zwei übereinander gelegten, unterschiedlich langen Stücken in Metall gefassten Couleurbands und einem aufgezogenen Metallschieber. Der Schieber ist auf der Vorderseite mit Wappen und/oder Zirkel versehen und auf der Rückseite mit einer Widmung. An der oberen Metallfassung befindet sich ein Kettchen mit einem Karabinerhaken, mit dem der Zipfel am Zipfelhalter befestigt wird. Der Zipfelhalter wiederum wird mit einem Clip am Hosenbund oder an der Westentasche getragen.

Zipfel werden von Verbindungsstudenten an andere Verbindungsstudenten verschenkt, mit denen sie ein besonderes Freundschaftsverhältnis verbindet. In der Regel beruht die Schenkung auf Gegenseitigkeit, man spricht vom „Zipfeltausch“.

Ein Anlass kann der Abschluss eines so genannten Leibverhältnisses sein, also eines engeren Verhältnisses eines jüngeren („Leibfuchs“) zu einem etwas älteren Studenten („Leibbursch“), der ersterem als eine Art Mentor während seiner ersten Semester dient. Verbreitet ist auch die Sitte, Zipfel anlässlich einer Mensur, dem akademischen Fechten mit scharfen Waffen, zu tauschen. Dabei tauschen die beiden „Gegenpaukanten“. Manchmal ist der Grund auch nur gegenseitige Sympathie oder ein besonderes gemeinsames Erlebnis.

Der mit einem Zipfel Beschenkte ist in der Regel selbst ein Verbindungsstudent, er kann derselben oder aber auch einer anderen Verbindung angehören. Der Zipfel ist dabei in den Farben des Schenkenden (nicht des Empfängers) gehalten.

Von der Funktion her hat der Zipfel die Eintragung in das Stammbuch abgelöst, das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus der Mode kam.

Zur Herkunft des Zipfels gibt es unterschiedliche Darstellungen. Zum einen verwendeten nach den Karlsbader Beschlüssen und dem Verbot von Studentenverbindungen die Korporierten ein kurzes Stück ihres Burschenbandes („Das Band ist zerschnitten[...]“), das sie in der Tasche trugen, als Erkennungsmerkmal. Zum anderen könnte der Zipfel zur Markierung des eigenen Bierkruges verwendet worden sein, auch unter dem Aspekt der Vermeidung von Infektionskrankheiten. Auch heutzutage wird der Zipfel in dieser Weise verwendet. Andere Quellen gehen davon aus, dass der Zipfel lediglich als Châtelaine zum Befestigen der Taschenuhr diente. Wahrscheinlich ist, dass alle drei Möglichkeiten Einfluss auf die Entstehung des Zipfel hatten.

Bei vielen Verbindungen ist der Zipfelbund ein Teil des Vollcouleurs. Bei nichtfarbentragenden Verbindungen, also Verbindungen, die nicht Band und Mütze tragen, ist der Zipfelbund oft das einzige Erkennungsmerkmal.

Damen kann zu besonderen Anlässen von einer Verbindung für besondere Verdienste oder einem Partner ein Sektzipfel verliehen werden (Sektband ist ca. 7 mm breit).

Schnapszipfel sind sehr selten, im Wingolfsbund werden sie z.B. nur unter leiblichen Brüdern, die beide Wingolfiten sind, getauscht (Schnapsband ist ca. 4 mm breit).

Die Kneipjacke / Pekesche

Datei:Mühlberg - Im ersten Semester.jpg
Kneipjacke (um 1900)


Bei offiziellen Veranstaltungen (nicht bei Damenveranstaltungen) tragen die aktiven Mitglieder vieler farbentragender Verbindungen so genannte Kneipjacken oder Pekeschen. Dabei handelt es sich um eine vorne mit Kordeln verschnürte Jacke aus Samt oder Filzstoff, die in der Regel in schwarz oder der Farbe der Studentenmütze gehalten ist. Weitere Kordeln, Paspeln oder Litzen in Couleurfarben finden sich am Kragen, an den Ärmeln und am Rücken. Gelegentlich gibt es auch für Chargierte zur Unterscheidung Kneipjacken in einer anderen Farbe.

Das Band (oder die Bänder) wird – im Gegensatz zur Trageweise mit Anzug – über der Kneipjacke getragen, da die Kneipjacke bis zum Hals geschlossen ist und das Band sonst nicht zu sehen wäre. Einige Verbindungen tragen ihre Kneipjacken bei bestimmten Anlässen oder grundsätzlich offen. In diesen Fällen wird das Band unter der Jacke getragen.

Historisch stammt die Kneipjacke aus Polen. Polnisch bekiesza bezeichnet einen mit Schnüren verschlossenen und mit Pelz besetzten Überrock, der von polnischen Freiheitskämpfern, die vor russischer Verfolgung geflohen waren, um 1830 nach Preußen eingeführt worden ist (Siehe auch: Novemberaufstand). Verschiedene studentische Kleidungsstücke dieser Zeit zeugen von einer Solidarität der deutschen akademischen Jugend mit osteuropäischen Freiheitsbewegungen. Bis heute erhalten hat sich die Kneipjacke.

Bei Verbindungen mit besonderer fachlicher Ausrichtung kann die Kneipjacke auch durch andere Traditionsbekleidung ersetzt werden. So tragen forstlich und jagdlich ausgerichtete Verbindungen oft eine Art Försterjacke in Grün, Verbindungen an ehemaligen Bergakademien gern den schwarzen Bergkittel, der dort hohe Popularität genießt und selbst als Abendgarderobe zugelassen ist.

Vollwichs

Die Chargierten der österreichischen Schülerverbindung K.Ö.St.V. Tauriskia Villach im MKV

Der Vollwichs (auch der „volle Wichs“) gilt als „Galauniform“ des Couleurstudenten. Er wird von den Chargierten (der meisten farbentragenden, aber auch vieler nichtfarbentragenden Verbindungen) nur bei hochoffiziellen Anlässen getragen. In der vollständigen Ausführung hat er folgende Bestandteile:

  • Das „Cerevis“, eine Kopfbedeckung ähnlich dem „Prunktönnchen“, nur in einer mit Karton versteiften Ausführung in Säulenform, etwa 3–4 Zentimeter hoch, rund 15 Zentimeter im Durchmesser. Es wird asymmetrisch an der vorderen Kopfseite getragen und mit einem Gummiband am Hinterkopf befestigt. Manche Studentenverbindungen tragen statt des Cerevises ein großes Barett mit Federschmuck. Dieses Barett geht auf die Altdeutsche Tracht zurück und ist typisch für Burschenschaften.
  • Die Pekesche, an Universitäten, die aus alten Bergakademien entstanden sind, auch Bergkittel.
  • Eine breite Seidenschärpe in den Couleurfarben zusammen mit dem Couleurband.
  • Weiße Stulpenhandschuhe.
  • Eine weiße Hose oder Reithose, in Österreich Buchsen genannt.
  • Hochschäftige schwarze Ledergamaschen zu schwarzen Schuhen (früher Reitstiefel mit Sporen, heute nur vereinzelt); diese Stiefelschäfte heißen in Österreich Kanonen.
  • Ein Paradeschläger (Korbschläger oder Glockenschläger je nach Universitätsort) in metallener Scheide am schwarzen Ledergehänge (auch bei nichtschlagenden Verbindungen Bestandteil des Vollwichses).
  • Einer der Chargierten trägt die Prunkfahne der Verbindung.

Anlässe zum Tragen des Vollwichses sind feierliche Kommerse (zum Beispiel zu großen Stiftungsfesten oder Universitätsjubiläen) aber auch Hochzeiten, Totenehrungen und Beerdigungen. Im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war es teilweise üblich, dass die Chargierten im Vollwichs zu Pferde auftraten. Katholische Verbindungen tragen Vollwichs auch bei kirchlichen Feiern (Messen, Prozessionen, Begräbnissen etc.).

Vollwichs wird zum Teil sogar von ansonsten nicht farbentragenden Verbindungen zu Repräsentationszwecken angelegt. Teilweise verwenden diese Verbindungen bei derartigen Anlässen auch den Salonwichs. Dieser bildet eine weniger feierliche Form und besteht aus Schärpe, Cerevis, Handschuhen und Schläger. Der Salonwichs wird über einem Anzug getragen. Weiterhin wird der Salonwichs auch von verschiedenen Verbindungen beim Inoffiz von Kneipen verwendet.

Die in der entlegenen Universität Dorpat konservierte frühere Tradition der Baltischen Corporationen kennt weder die Kneipjacke noch den Chargenwichs. Bei offiziellen Anlässen traten die Chargierten im Frack mit Schärpe und dem üblichen baltischen Deckel mit Baltenstern auf.

Gebrauchsgegenstände

Besonders beliebte Gebrauchsgegenstände mit Couleur sind Bierkrüge und Weingläser sowie die im 19. Jahrhundert weit verbreiteten langen Tabakspfeifen mit bemalten Porzellan-Pfeifenköpfen und bunten Quasten in Couleurfarben.

Aber nicht nur Utensilien zum Konsum von Alkohol und Tabak wurden verziert. Zeitweise wurden auch mit Couleurmotiven aufwändig bemalte Mokkatassen (mit Untertassen) angefertigt. Praktisch alles, was als geschirrähnlicher Gegenstand (sogar Blumenvasen) auf dem Tisch Platz fand und zu bemalen war, konnte als Fläche für Couleurelemente genutzt werden.

Couleurgegenstände des Corps Austria Frankfurt am Main (schwarz-weiß-gelb)

Kleidungsaccessoires, die nicht zum klassischen Couleurbestand gehören, wurden ebenfalls genutzt. So zum Beispiel gravierte oder mit Email eingelegte Manschettenknöpfe oder Ringe, teilweise mit Edelsteinen in Couleurfarben besetzt, soweit vom Material und den Farben möglich.

Gemäß einer alten Tradition werden Couleurgegenstände nicht zum eigenen Gebrauch gekauft (oder als Sonderanfertigung bestellt), vielmehr ist es üblich, sie mit einer Widmung zu versehen und zu verschenken („dedizieren“). Durchaus akzeptiert ist es auch, Gegenstände vereinbarungsgemäß zu „tauschen“, das heißt, sich gegenseitig zu dedizieren. Dabei verschenkt jeder ausschließlich seine eigenen Farben und erhält die des anderen.

Nicht verschenkt, sondern verschickt werden Couleurkarten. Das sind Postkarten, die üblicherweise zur Übermittlung von Grüßen von einer Veranstaltung verwendet werden. Zu diesem Zweck sind sie mit Couleurmotiven (Farben, Wappen, Zirkel etc.) der betreffenden Verbindung versehen.

Besonders kunstvoll war die Fertigung von Couleurgegenständen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum 1. Weltkrieg. Daraus entstand ein bis heute sehr lebhafter Sammlermarkt für diese oftmals auch als Couleurkitsch bezeichneten Gegenstände, die mit den Couleurartikeln im engeren Sinne und allgemein hochschulgeschichtlichen Erinnerungsstücken wie Stammbuchblättern unter dem Oberbegriff Studentica eine wichtige Sparte im Antiquitätenmarkt darstellen.

Vorgeschichte

Das Erbe des 18. Jahrhunderts

Marburger Student um 1700
Erfurt 1775: Joseph Martin Kraus

Spätestens seit dem 18. Jahrhundert ist belegt, dass die landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse von Studenten im deutschen Sprachraum sich durch farblich unterschiedene Kleidung auszeichneten. Dieser Brauch wurde zumindest unterstützt durch die Tatsache, dass in diesem Jahrhundert viele Herrscher ihren Hofbeamten, aber auch der Ritterschaft ihres Landes eine bestimmte Kleiderordnung auferlegten, um einen Wettbewerb der Adligen um besonders prunkvolle Kleidung zu vermeiden. Die Kleidervorschriften legten auch die Farbkombinationen fest, meist unterschieden nach Oberbekleidung und deren Aufschlägen sowie Unterbekleidung.

Teilweise war es ausdrücklich erlaubt, dass die Söhne dieser Würdenträger als deren Erben ab einem gewissen Alter ebenfalls diese „Civil“-Uniformen tragen durften. So lag es nahe, während des Studiums an der Universität einheitlich aufzutreten, um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zum Ausdruck zu bringen. Teilweise erfüllten diese Funktion auch die Offiziersuniformen beliebter Regimenter des Heimatlandes, die sich von den Hofbeamten-Uniformen meist nicht sehr unterschieden.

Das je nach Herkunftsland unterschiedliche Auftreten wurde von den Universitätsbehörden streng verfolgt, wenn der Verdacht bestand, dass es sich bei diesen Zusammenschlüssen um „nicht autorisirte Verbindungen“ handelte, also selbstverwaltete, demokratisch verfasste „Landsmannschaften“ mit eigenen „Vorständen“ und gemeinschaftlicher Kasse. In ihnen sahen die Behörden den Ursprung aller studentischen Laster und Exzesse, da sie sich dem Einfluss des Lehrpersonals und der staatlichen Kontrolle entzogen. Die Unterscheidung, was jetzt als Abzeichen eines verbotenen Zusammenschlusses oder als erlaubte Anwendung von Landesfarben zu gelten hatte, war und blieb bis weit in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Problem, das die Universitätsverwaltungen teilweise intensiv beschäftigte.

So besagten die Göttinger „Universitätsgesetze“ aus dem Jahre 1802:

In Gefolg dieser Verbote wegen der Orden und Landsmannschaften sind ferner auch alle Kennzeichen, und Unterscheidungs-Merkmahle in Kleidungen, Cocarden, u.s.w. in Göttingen zu tragen, den Studierenden verboten. So bald Jemand dergleichen an sich bemerken läßt, wird solches als eine Anzeige betrachtet, daß er in einer unerlaubten Verbindung stehe, und ist mit demselben Art. 18 Nr. 4 zu verfahren. Im übrigen aber auf alle Fälle ist der Gebrauch solcher Kennzeichen mit Carcerstrafe und nach Befinden mit dem Consilio abeundi zu belegen. Es versteht sich übrigens nach der Ansicht dieses Verbots von selbst, daß darunter so wenig militärische, als Hof- und Jagduniformen, sammt den dazu gehörigen Cocarden begriffen sind, welche einem Jeden, der beweisen kann, daß er seinem Stande nach dazu berechtigt ist, zu tragen unbenommen bleibt.

Die hauptsächlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts existenten Studentenorden trugen metallene Abzeichen in Kreuzform („Ordenskreuze“) an Schleifen befestigt – zur Tarnung meist unter der Kleidung. Diese Kreuze haben zur Herausbildung des modernen Couleurs wenig beigetragen. Diese Orden sahen sich als Geheimbünde, die auf Repräsentation nach außen keinen Wert legten.

Couleur entsteht aus studentischer Tracht

Märkische Studenten in Berlin 1811 (orange-weiß-gold)
Landshuter Burschengarderobe um 1806 (Stammbuchzeichnung)

In der Zeit der Französischen Revolution und den nachfolgenden, europaweit ausgetragenen kriegerischen Auseinandersetzungen sowie der napoleonischen Besatzungszeit veränderte sich die studentische Mode drastisch. Viele junge Männer hatten vor, während und nach ihrem Studium Militärdienst zu leisten und brachten militärisch anmutende Uniformteile in die studentische Tracht ein. Typische Kopfbedeckungen waren der Zweispitz (auch Sturmhut oder Napoleonshut genannt), die Konfederatka oder andere, teilweise phantasievolle Neukreationen. Als Oberbekleidung war der ungarische Dolman populär. Dazu wurden häufig lange Stiefel mit Sporen getragen.

Großen Einfluss auf die Entwicklung des studentischen Couleurs nahm die Einführung der bunten Mütze, die etwa im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts in Mode kam und von den jungen Leuten an den Universitäten sofort aufgegriffen wurde. Anfänglich war noch eine große Vielfalt der Formen festzustellen, im Laufe der Zeit bildete sich jedoch eine Art von Standardform heraus, die sich gegen Ende der 1820er Jahre weitgehend durchgesetzt hatte (siehe auch: Studentenmütze).

Würzburger Studententrachten um 1820: Farben willkürlich repräsentiert durch Oberbekleidung und Pfeifenquäste

Die Farben wurden noch bis in die 1820er Jahre möglichst konsequent als Mützenfarbe und als Farbe der Oberbekleidung gezeigt. Besonders wichtig schienen die damals üblichen langen Tabakspfeifen mit langem Holzschaft und Porzellankopf gewesen zu sein. Die Pfeifenköpfe wurden kunstvoll mit Couleurmotiven bemalt und der Schaft wurde mit farbigen Kordeln dekoriert, die in Quästen endeten. Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die 1820er Jahre schienen die Mützenfarbe und die Farbe der Pfeifenquäste die wichtigsten Identitätsmerkmale der Studenten gewesen zu sein.

Einige behaupten sogar, die Stadt sei zur Zeit der Völkerwanderung erbaut worden, jeder deutsche Stamm habe damals ein ungebundenes Exemplar seiner Mitglieder darin zurückgelassen, und davon stammten all die Vandalen, Friesen, Schwaben, Teutonen, Sachsen, Thüringer usw., die noch heutzutage in Göttingen, hordenweis, und geschieden durch Farben der Mützen und der Pfeifenquäste, über die Weenderstraße einherziehen, ...
Heinrich Heine, Die Harzreise 1824

Die Form der bunten Mütze verfestigte sich zu Beginn der 1830er Jahre zur so genannten Biedermeiermütze. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Proportionen wieder vielfältiger, wobei aber die Grundstruktur (schwarzer Schirm, Mützensteg mit Farbband und einfarbiger Mützenkörper) beibehalten wurde.

Das farbige Brustband, das heute als eigentliche Realisation der Farben angesehen wird, begann sich erst während der 1820er Jahre einzubürgern und wird ab etwa 1830 zum festen und bald auch wichtigsten Bestandteil des Couleurs.

Als Ausdruck eines neuen deutschen Nationalgefühls kam ab etwa 1813 die Altdeutsche Tracht in Mode, die sich auch an den Universitäten großer Beliebtheit erfreute. Diese Tracht war farblich indifferent, die dominierende Farbe war schwarz. Als Kopfbedeckung wurde dabei ein Barett getragen.

Ursprung der Farben

Kirchenzug Göttinger Studenten mit Festtracht und Fahnen zum 100. Universitätsjubiläum 1837

In die Zeit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert fiel die Entstehung der ältesten heute noch existierenden Art von Studentenverbindung, der Corps, die damals aber noch anders genannt wurden. Teilweise wurde der traditionelle Name „Landsmannschaft“ aus dem 18. Jahrhundert übernommen, teilweise wurden auch die Bezeichnungen „Kränzchen“, „Gesellschaft“ oder gar „Clubb“ verwendet. Diese neuen Verbindungen standen in ihrer Frühzeit noch in Gegnerschaft zu den Studentenorden, die sich aber weitgehend im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts auflösten. Das war auch die Entstehungszeit der Idee, einer Verbindung – unabhängig von Kleidungsstücken – eine Kombination von zwei bis drei Farben mit festgelegter Reihenfolge als Identitätssymbol zuzusprechen. Diese Farbkombination tauchte – außer in den Kleidungsstücken – zuerst als Farbstreifen in den neu entstehenden Studentenwappen auf. In den Bundeszeichen werden sie oftmals ausgeschrieben oder als Abkürzung mit Einzelbuchstaben angegeben, so als „b r w“ (blutrot-weiß) des Corps Onoldia Erlangen (gegründet 1798).

Die ersten Couleurfarben waren landsmannschaftlichen Ursprungs und führten die Tradition der alten Landsmannschaften des 18. Jahrhunderts weiter. Die Farbwahl erfolgte dabei auf unterschiedliche Weise.

Heraldische Farben der Herrscherdynastien

Bei Bezug auf große Länder mit starken Dynastien kamen bei der Bildung studentischen Couleurs die heraldischen Farben der Herrscherhäuser zum Zuge.

  • Preußen (lat. Borussia) hatte die heraldischen Farben weiß und schwarz, woraus in den weitaus meisten Fällen „schwarz-weiß-schwarz“ wurde, so bei den Corps Borussia in Frankfurt/Oder (1786–1808), Bonn (gegr. 1821), Göttingen (1823–1831), Halle (gegr. 1836), Greifswald (gegr. 1841) und Tübingen (gegr. 1870). In Berlin (gegr. 1873) und Königsberg (1829-1843) hatten die preußischen Corps die Farben schwarz-weiß. In Breslau (gegr. 1819) spielten die schlesischen Farben mit ein und das Couleur wurde schwarz-blassrot-weiß.
  • Bayern (lat. Bavaria) hatte die heraldischen Farben weiß-blau, woraus verschiedene Kombinationen von Blau-Nuancen mit Weiß wurden. So bei den Corps Bavaria in München (gegr. 1806 in Landshut) weiß-hellblau-weiß mit goldener Perkussion, in Würzburg (gegr. 1815) dunkelblau-weiß-hellblau, in Erlangen (gegr. 1821) hellblau-weiß-dunkelblau, beide mit silberner Perkussion.

Farben der Civil-Uniformen

Seit dem 19. Jahrhundert sind die Farben der Kurländer an deutschen Universitäten „grün-blau-weiß“.

Bei Bezug auf kleinere Länder wurden die Farben oft von den Uniformen der Landstände, der Ritterschaft oder der Hofbeamten hergeleitet.

  • So bei den Mecklenburgern, die sich meist den lateinischen Namen Vandalia gaben. Die Uniform der Landstände und der Landräte, eventuell auch der Hofräte soll in Mecklenburg rot mit gold gewesen sein, weswegen die meisten Corps Vandalia sich die Farben gold-rot-gold (Göttingen 1804–1836, Heidelberg 1842–1934) oder (blut)rot mit Gold (Berlin 1811–1821, Jena 1811–1815) gaben. Noch 1894 wurde in Graz ein Corps Vandalia mit den Farben rot-gold-rot gegründet.
  • Die Farben grün-blau-weiß wurden von allen Corps Curonia (Kurland), die an deutschen Universitäten im 19. Jahrhundert existierten, getragen. Sie stammten von der Uniform der kurländischen Ritterschaft und der Landesbeamten dieser Provinz, die von der Zarin Katharina II. eingeführt worden war. Die Uniform bestand aus einem grünen Rock mit hellblauem Kragen sowie silbernen Stickereien und Knöpfen. Diese Corps bestanden in Heidelberg, Göttingen, Berlin, Bonn und Leipzig. Noch im Jahre 1959 wurde in Göttingen das Corps Curonia Goettingensis mit genau diesen Farben gegründet.

Bei diesen Uniformen waren oft die Stickereien und Applikationen sowie die Knöpfe einheitlich entweder in Silber oder in Gold ausgeführt. Dies führte ab den 1820er Jahren zur goldenen oder silbernen Perkussion (Einfassung) der Couleurbänder. Teilweise wurden auch die Metalle zu Couleurfarben, also zur vollwertigen Farbe im Band.

Farben von Militär-Uniformen

Bereits aus dem 18. Jahrhundert gibt es Belege von studentischen landsmannschaftlichen Zusammenschlüssen, deren Tracht sich aus Militäruniformen ihrer Heimat herleiten ließ. Während und nach den Befreiungskriegen gab es wieder einen bedeutenden Einfluss von militärischen Kleidungsstücken auf studentische Trachten. Das betraf vereinzelt auch die Farben:

  • Bereits im Jahre 1813 brachten die Braunschweiger Studenten, die sich mit den Halberstädter Kommilitonen zu einer „Brunsvigia“ zusammenschlossen, die Farben schwarz und blau in die Farben des neugegründeten Corps ein. Während in den ersten Jahren das Rot der Halberstädter noch eine Rolle spielte, entstanden wenig später die Farben schwarz-weiß-hellblau, in denen noch deutlicher die Farben der Uniform des Herzogs Friedrich-Wilhelm von Braunschweig-Oels zu erkennen war. Dieser so genannte „Schwarze Herzog“ galt aufgrund seines waghalsigen Kriegszuges mit einer privat finanzierten Truppe quer durch napoleonisch besetztes Gebiet als einer der berühmtesten Volkshelden der Befreiungskriege. Er und seine Soldaten trugen schwarze Uniformen mit hellblauen Aufschlägen und silbernen Knöpfen.
  • Im Jahre 1815 lösten die Studenten in Jena ihre landsmannschaftlich orientierten Corps auf, um sich zu einer einheitlichen Burschenschaft zusammenzuschließen. Sie waren damals der Ansicht, gegen die Zersplitterung Deutschlands und für die nationale Einigung ein Zeichen setzen zu müssen. Einige der Studenten waren vorher Mitglied des Freikorps des Majors von Lützow gewesen, das schwarze Uniformen mit roten Aufschlägen und goldfarbenen Knöpfen trug. Die Fahne der Urburschenschaft hatte demnach die Farben rot-schwarz-rot mit einem goldenen Eichenzweig aufgestickt und goldenen Fransen. Hieraus entstanden später die Farben Schwarz-Rot-Gold, die zum Symbol der freiheitlich-revolutionären Bewegung des Vormärz wurde und später zu den deutschen Nationalfarben.

Speziell studentische Farbkombinationen

Bei politisch stark zersplitterten Landschaften, deren Bewohner trotzdem ein gemeinsames Identitätsbewusstsein hatten, entstanden teilweise speziell studentische Landesfarben, die sich deutschlandweit verbreiteten.

Datei:Bundeszeichen Guestphalia Berlin jpg.jpg
Grün-schwarz-weiß: Berliner Guestphalia vor 1821
  • Im Jahre 1799 schlossen die westfälischen Landsmannschaften (Guestphalia) aus drei Universitätsstädten das so genannte „Westphalenkartell“, das die Westfalenfarben aus Erlangen (1798: grün-weiß), Jena (1792: weiß-grün) und Halle (1789: weiß-schwarz) zu grün-schwarz-weiß zusammenführte. Um 1821/22 änderten die Corps des Westphalenkartells die Reihenfolge in grün-weiß-schwarz. Dies gilt bis heute in ganz Deutschland als das typische Couleur eines „Corps Guestphalia“. Als der preußische König Friedrich Wilhelm IV. 1840 in Königsberg unter den Fahnen sämtlicher preußischen Provinzen gekrönt wurde, standen die Farben grün-weiß-schwarz für die Provinz Westfalen.
  • Die Farben landsmannschaftlicher Zusammenschlüsse von Studenten aus dem nieder- und obersächsischen Raum (Saxonia) sind bis heute Kombinationen von dunkelblau, hellblau und weiß. So in Jena, Leipzig, Halle, Göttingen und Bonn. Dies lässt sich nicht auf Ursprünge in der Heraldik oder in den militärischen, ständischen oder ritterschaftlichen Uniformen der entsprechenden Gegenden zurückführen. Studentenhistoriker vermuten einen Ursprung in Jena. Hier trug die von 1790 bis 1793 bestehende literarische Gesellschaft um Friedrich von Schiller als Zeichen der Zusammengehörigkeit einen dunkelblauen Frack mit himmelblauem Futter und silbernen Knöpfen. Für das Jahr 1795 ist dann eine studentische Uniform der kursächsischen Landsmannschaft in Jena belegt, die in dunkelblau mit hellblauen Aufschlägen und silbernen Vorstößen gehalten war. Erst seit 1802 gab es eine Interimsuniform für die Stände der preußischen Provinz Sachsen, die als dunkelblauer Frack mit hellblauen Aufschlägen und silberner Stickerei belegt ist.
  • Die als typische Rheinländerfarben (Rhenania) geltende Kombination blau-weiß-rot ist zuerst in Jena als Couleur einer Verbindung rheinischer Studenten im Jahre 1795 bezeugt. Das wird von Studentenhistorikern von der französischen Trikolore hergeleitet und damit begründet, dass sich speziell für das Jahr 1795 in Jena aus studentischen Stammbüchern eine besondere Begeisterung für die Französische Revolution herauslesen ließe. Das wird jedoch von verschiedenen Seiten angezweifelt, da sich nach anderer Interpretation diese Begeisterung nicht darstellt. Auch gibt es sehr frühe Belege für die Farbreihenfolge blau-rot-weiß, was nicht mit der Trikolore in Verbindung gebracht werden kann. Tatsache bleibt, dass bereits vor 1800 diese Farben in der Wahrnehmung der Studenten deutschlandweit zu „rheinischen Farben“ geworden waren. So gibt es heute verschiedene Corps mit Namen Rhenania, die diese Farben tragen, in Bonn, Heidelberg, Tübingen, Freiburg, Würzburg und Erlangen (heute „Rhenania-Brunsviga“) sowie als „Transrhenania“ in München.

Weitere Entwicklungen

Göttinger Couleurmützen im Jahre 1827 ...
... und vor dem Jahre 1827

Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts nahm bei der Wahl neuer Farben der Bezug auf die landsmannschaftlichen Traditionen des 18. Jahrhunderts ab. Farben wurden teils willkürlich gewählt oder hatten vollkommen neue Bezüge.

Die katholischen Verbindungen besonders in Österreich verwendeten oft die Farben gelb/gold-weiß/silber, womit häufig, aber nicht immer, auf die katholische Kirche Bezug genommen werden soll, besonders im Falle österreichischer Verbindungen und des Unitas-Verbands. Einige katholische Verbindungen, die zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie auf deren Territorium gegründet wurden, tragen häufig auch die kaiserlichen Farben schwarz-gold.

Besonders außergewöhnlich ist der Ursprung der Farben des Corps Altsachsen Dresden, das seine Farben nach einem Goethe-Zitat aus Faust I wählte: Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum.[1]

Ulmer Stadtwappen

Die jüdischen Studentenverbindungen, die sich seit den 1880er Jahren als Reaktion auf die zunehmende Ausgrenzung jüdischer Studenten aus den traditionellen Studentenverbindungen formierten, hatten häufig die Farben gelb oder orange in ihrem Couleur. Sie spielten damit auf die gelben Abzeichen an, die bereits im Mittelalter oft zur Kennzeichnung von Juden getragen werden mussten. Sie wollten damit ein „Schandmal“ zu einem „Ehrenzeichen“ wandeln, so die Begründung im Farbenlied der jüdischen Verbindung Sprevia Berlin.

Die Farbwahl folgte aber auch gelegentlich politischen Überzeugungen. So wandelte sich beispielsweise das von den Farben der Stadt Ulm abgeleitete schwarz–weiß-schwarz der Tübinger Landsmannschaft Ulmia im Jahr 1848 zu schwarz-weiß-gelb in Ablehnung des reaktionären Preußens, dessen Farben ebenfalls weiß und schwarz waren. Aus Sympathie mit den Aufständischen in Baden wählte man als dritte Farbe das badische Gelb.

Geschichte

„Trägt farbige Bänder ....“ Der lebenslustige Student provoziert die Behörden durch öffentliche Präsentation von Couleurelementen. Anonymer Holzstich von 1845.

Entstehung der heutigen Couleurelemente

Etwa in der zweiten Hälfte der 1820er Jahre verschwanden die studentischen Farben aus der regulären Oberbekleidung und verdichteten sich in speziellen Couleurabzeichen, vornehmlich im mehrfarbigen Seidenband, das um die Brust getragen wurde, und in der einfarbigen Mütze mit Farbband. So finden wir am Anfang der 1830er Jahre das studentische Couleur in seinen wesentlichen, noch heute bestehenden Elementen vor. Lediglich bei den Kopfbedeckungen und bei der Entstehung des so genannten Vollwichses, also der festlichen Tracht, gab es noch im Laufe des 19. Jahrhunderts zusätzliche Entwicklungen.

Schweiz: Späte Universitätsgründungen und Übernahme von studentischer Kultur

Zum gleichen Zeitpunkt, als sich in Deutschland die bis heute gültigen Couleurelemente bildeten, wurden in der Schweiz die wichtigen Universitäten Zürich und Bern gegründet. Viele Schweizer, die bis dahin in Deutschland studiert hatten, kehrten in ihr Land zurück und brachten die studentische Kultur, zu der auch das Couleur gehörte, mit in die Schweiz. Hier bestanden auch schon studentische „Gesellschaften“, die aber jetzt in den frühen 1830er Jahren begannen, studentische Gebräuche wie das Couleur zu übernehmen. Typisch für die Schweiz war aber bereits damals wie heute, dass sich viele Studentenverbindungen als überregionale Organisationen betrachteten, die an verschiedenen Hochschulen „Sektionen“ hatten. So haben alle Sektionen einer solchen Studentenverbindung an ihren verschiedenen Universitäten jeweils die gleichen Farben.

Couleur in der Schweiz: Corps Tigurinia Zürich im Wintersemester 1862/63

Die Schweizer Studentenverbindungen litten auch schon von Anfang an nicht unter behördlichen Verfolgungen, was wohl zum wesentlichen darauf beruhte, dass die Universitäten Zürich und Bern die ersten Universitäten waren, die von demokratischen Staatsgebilden, den Schweizer Kantonen, gegründet wurden und nicht von Monarchen oder der Kirche. Die studentische Kultur konnte sich hier frei entwickeln.

Deutscher Bund: Couleur als politisches Bekenntnis

Im Deutschen Bund wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Tragen von Couleur weiterhin als das Bekenntnis zu verbotenen studentischen Zusammenschlüssen bewertet und behördlich verfolgt. Seit den Karlsbader Beschlüssen kam jedoch noch ein weiterer Aspekt hinzu. Das Bekenntnis zu selbstverwalteten Zusammenschlüssen wurde nicht nur als mangelnde studentische Disziplin, sondern als politisches Problem betrachtet. Besonders die Burschenschaften, aber auch die weiterhin bestehenden Corps wurden als eine Gefahr für die herrschende politische Ordnung gesehen. Und das Couleur galt als das äußere Zeichen, in dem sich diese Bedrohung manifestierte. Als besonders bekämpfenswert erschien den Behörden das Bestreben, überregionale Organisationen zu bilden, in denen sich Studenten verschiedener Universitäten zusammenschlossen, ein Bestreben, das vor allem die Burschenschaften mit ihrer überregional verwendeten Farbkombination Schwarz-Rot-Gold verfolgten. Diese Befürchtung war nicht ganz unberechtigt, denn auf dem Hambacher Fest 1832 wurden diese Farben erstmals auch von Nicht-Studenten als Bekenntnis zur Demokratie verwendet. Weitere Meilensteine der Geschichte waren der Frankfurter Wachensturm und die Märzrevolution, als deren Ergebnis die neu einberufene deutsche Nationalversammlung das studentische Schwarz-Rot-Gold zu den offiziellen Farben des deutschen Bundes erklärte. Als die Karlsbader Beschlüsse 1848 aufgehoben wurden, änderte sich die gesellschaftspolitische Stellung der studentischen Verbindungen und damit auch des Couleurs grundlegend.

Couleur wird staatstragend

Nach der Lockerung der strengen Regelungen und mit der zunehmenden Liberalisierung an den Hochschulen wandelte sich das Couleur vom verbotenen Erkennungszeichen aufmüpfiger Jugendlicher zum Abzeichen des akademischen Nachwuchses der Nation. Das Couleur wurde zum Symbol der privilegierten Stellung der Universitätsangehörigen und zunehmend auch der berufstätigen Akademiker. Denn aufgrund der Liberalisierung waren die ehemaligen Studenten nicht mehr gezwungen, ihre „Jugendsünden“ geheim zu halten, sondern konnten sich auch als „Alte Herren“ zu ihrer Studentenverbindung bekennen und mit den jungen Leuten feiern. Dies führte zu einer massiven Etablierung couleurstudentischer Elemente in der deutschen Gesellschaft.

Mit der gesellschaftspolitischen Etablierung der Verbindungen und ihres Couleurs gab es auch die ersten Gegenbewegungen. Vor allem im Zuge der Progressbewegung entstand die Idee, akademische Privilegien abzuschaffen sowie studentische Zusammenschlüsse und bürgerliche Vereine einander anzunähern. So entstanden um die Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten „nicht-farbentragenden“ Studentenverbindungen, deren Mitglieder sich als Studenten nicht vom Rest der Bevölkerung abheben wollten. Einige Verbindungen legten ihre Farben ab.

Im Gegenzug fand das im deutschen Sprachraum entwickelte Konzept des Couleurs auch bei Studenten in anderen Ländern Anklang. So hatten die Burschenschaften schon früh im 19. Jahrhundert ähnliche Gründungen in Polen ausgelöst. Die Deutschbalten hatten im russischen Zarenreich ab 1802 ihre eigene Universität in Dorpat und brachten die Sitten und Gebräuche von ihren früheren Universitäten in Deutschland mit. Im Baltikum formierten sich ab der Mitte des Jahrhunderts dann auch Studentenverbindungen der lettischen, estnischen, russischen und polnischen Volksgruppen. Nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft und der Unabhängigkeit der baltischen Länder erfuhren diese Verbindungen eine Renaissance und tragen heute wieder nach deutschem Muster Couleur.

Bereits 1842 bildete sich in Deutschland die erste Schülerverbindung. Weitere Zusammenschlüsse dieser Art wurden vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gegründet, besonders in Franken, Baden, in Österreich und der Schweiz, vereinzelt aber auch in Norddeutschland. Diese Verbindungen orientieren sich bis heute stark an studentischen Sitten und Gebräuchen und tragen in der Regel auch bis heute Couleur.

Schwedischer Student mit Mütze 1902

Im Zuge des Skandinavismus entstand auch in Dänemark, Schweden und Norwegen in den 1840er Jahren die Sitte, eine Studentenmütze zu tragen, deren Grundmuster der deutschen Mütze sehr ähnelte, für die es aber kein Vorbild in der Alltagskleidung gab. Deshalb liegt der Verdacht nahe, dass dieser Brauch von Deutschland aus zumindest inspiriert war. Die skandinavischen Studentenmützen haben grundsätzlich einen weißen Mützenkörper und sind durch Abzeichen, die Farben der Vorstöße und des Futters sowie durch eventuell angebrachte Quäste differenziert. Durch diese Kennzeichen werden nicht die Angehörigen verschiedener selbstverwalteter studentischer Zusammenschlüsse kenntlich gemacht, sondern die Studenten nach Hochschule, Hochschultyp oder Studienfach unterschieden.

Österreich: Couleur als Ausdruck deutscher Nationalität

In Österreich und den habsburgischen Gebieten Ost- und Mitteleuropas konnte die Unterdrückung der (verbindungs-)studentischen Kultur in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch den Metternich'schen Unterdrückungsapparat wirkungsvoller umgesetzt werden, als in anderen Ländern des Deutschen Bundes. So konnte sich auch studentisches Couleur hier erst nach 1859 entwickeln (siehe auch: Schillerfest), stark beeinflusst durch Studenten aus anderen Teilen des deutschen Sprachraums. Jedoch gestaltete sich hier die Farbwahl anders, da die Traditionen aus dem 18. Jahrhundert abgebrochen waren. Auch gab es einige Sonderentwicklungen, die österreichisches Couleur von dem Couleur aus anderen Gebieten unterscheidet.

Im Gegensatz zu Polen und dem Baltikum wurde in einigen Ländern der Habsburger Monarchie studentisches Couleur als typisches Kulturgut der deutschen Volksgruppe innerhalb der Nationenvielfalt des Vielvölkerstaates betrachtet. Bei den nationalistischen Auseinandersetzungen, die die Monarchie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark belasteten, spielte studentisches Couleur als Identitätssymbol deutscher Nationalität eine wichtige Rolle. Das wurde speziell an den Universitäten in Gegenden, wo die deutsche Volksgruppe tendenziell in der Minderheit war, oft zum Anlass teilweise tätlicher Auseinandersetzungen, so vor allem in Prag und Brünn. Zur Unterstützung des „Deutschtums“ in sprachlich und ethnisch gemischten Gebieten produzierte und vertrieb der Deutsche Schulverein Couleur-Postkarten. Aus Czernowitz ist jedoch bekannt, dass es dort ein friedliches Nebeneinander von deutschen, jüdischen, polnischen, rumänischen und ruthenischen Studentenverbindungen gegeben hat.

Deutsches Kaiserreich: Couleur als Abzeichen der gesellschaftlichen Elite

Studenten in Wichs, Berlin 1912

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ganz besonders im deutschen Kaiserreich ab 1871 wurden die studentischen Verbindungen zu Stützen des Staates. Der typische preußisch-wilhelminische Student war in Bildern gar nicht mehr anders darzustellen als mit Band und Mütze. Selbst die Söhne regierender Herrscherhäuser schlossen sich nun zunehmend Studentenverbindungen an und ließen sich in Couleur fotografieren und malen. So auch viele Hohenzollernprinzen, unter ihnen der spätere Kaiser Wilhelm II.

Couleur wurde so sehr zum Merkmal des (Bildungs-)Bürgertums, dass ab den 1870er Jahren auch alle Schüler, teilweise auch Schülerinnen, weiterführender Schulen (Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschulen) mit Schülermützen ausgestattet wurden. Diese Schülermützen entsprachen dem Aussehen ganz genau den Couleurmützen der Studenten, hatten aber eine andere Funktion. Mit den Farben, Vorstößen und eventuell anderen Applikationen wurden die Schüler nach Schule und Klassenstufe identifiziert. Die Farbsysteme wurden von den Schulbehörden festgelegt und waren von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Volksschulen waren davon ausgenommen.

Gesellschaftliche Gruppierungen, die ihre Position in der wilhelminischen Gesellschaft stärken wollten, sahen sich veranlasst, dies im studentischen Bereich mit der Gründung farbentragender Verbindungen zu unterstützen. So trug der Kulturkampf in Preußen und im Deutschen Reich stark zur Gründung katholischer farbentragender Studentenverbindungen bei, die sich dann im Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) zusammenschlossen. Dieser Verband ist heute der größte Zusammenschluss farbentragender Studentenverbindungen in Europa.

Auch die jüdisch-deutschen und die zionistischen Studentenverbindungen, die sich ab den 1880er Jahren als Reaktion auf die zunehmende Ausgrenzung jüdischer Studenten aus den meisten Verbindungen formierten, verwendeten Couleur als Manifestation ihrer gesellschaftlichen Position.

Couleur um 1886 (Albert Ahn, Corps Rhenania Heidelberg)

Im Zeitalter der hohen gesellschaftlichen Etablierung der Studentenverbindungen veränderte sich das Verbindungsleben und die Art des Couleurtragens für den einzelnen Studenten. Der Einzelne wurde durch ein straffes Semesterprogramm so eingenommen, dass während der ersten Semester an den Besuch universitärer Veranstaltungen gar nicht mehr zu denken war. Dadurch wurde die Einrichtung des inaktiven Verbindungsstudenten notwendig, der sich nach Ableistung seiner Aktivensemester, die ganztägig in Couleur verbracht wurden, zum Studium – meist an eine andere Universität – zurückzog. Inaktive trugen im Alltag kein Couleur mehr sondern nur noch auf verbindungsstudentischen Veranstaltungen bzw. auf den Wegen hin und zurück. Couleur war an den Hochschulen immer seltener zu sehen, dafür umso mehr auf den Straßen und in den Lokalitäten, wo sich in der Kaiserzeit eine ziemlich strenge Etikette entwickelte.

Ab etwa 1896 bildete sich mit der Jugendbewegung an den deutschen Universitäten die Freistudentenschaft, deren Mitglieder nicht nur die bürgerlichen Ideen der Studentenverbindungen und ihre Organisationsform, sondern auch ihre Erkennungszeichen, das Couleur, ablehnten. Sie bevorzugten „einfache Kleidung“, die dem Motto „Zurück zur Natur“ entsprach. Das studentische Couleur wurde zum ersten Mal – noch von einer Minderheit – als etwas Überlebtes, als Relikt einer alten Zeit, betrachtet.

Im Ersten Weltkrieg, in den auch die Verbindungsstudenten begeistert zogen, trugen viele ihr Couleurband unter der Uniform.

Weimarer Republik und Nationalsozialismus

Der Beginn der Weimarer Republik war von schweren politischen Erschütterungen bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen geprägt, die die Gesellschaft polarisierten. Mit der festen Einbindung in eine akademische Gemeinschaft verbanden viele Studenten auch die persönliche Hoffnung auf eine Sicherung ihrer Karrierechancen, die sozialen Abstieg vermeiden sollte. Es ist davon auszugehen, dass in diesen Jahren aufgrund der hohen Nachwuchszahlen der Verbindungen mehr Studenten Couleur trugen als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in der deutschen Universitätsgeschichte.

In der Weimarer Republik nahm die Mehrheit der deutschen Studenten Positionen in der rechten Hälfte des politischen Spektrums ein. Linke oder jüdische Hochschulgruppen erlangten bei den Wahlen zu den Allgemeinen Studentenausschüssen (AStA) bestenfalls einstellige Prozentzahlen. Deutschnational oder katholisch-konservativ waren die Hauptströmungen, die die couleurtragenden Studenten in der Hochschulpolitik und in der Gesellschaft vertraten. Mit diesen politischen Überzeugungen wurde in der Folge (und wird teilweise bis heute) auch das Couleur in der breiten Bevölkerung assoziiert.

Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) wurde im Jahre 1926 gegründet und fand schnell großen Zulauf. Ideologisches Ziel war die Erziehung der Studenten im nationalsozialistischen Sinne sowie die Aufhebung der Klassenschranken zwischen Akademikern und dem Rest der Bevölkerung. Die Studentenverbindungen mit ihren traditionellen Symbolen und basisdemokratischen, autonomen Strukturen standen der Gleichschaltung – trotz vielfacher ideologischer Nähe – im Sinne der Nationalsozialisten im Wege.

Die nationalsozialistischen Jugendorganisationen wie Hitlerjugend (HJ) und NSDStB orientierten sich bei ihren Uniformen und Abzeichen mehr an „modernen“ Vorbildern, wie der Bündischen Jugend, die aus den Pfadfindern und den Wandervögeln der früheren Jugendbewegung hervorgegangen war. Klassenunterschiede sollten dabei keine Rolle mehr spielen. Deshalb schafften die Nationalsozialisten auch bald nach der Machtergreifung die amtlicherseits verordneten Schülermützen wieder ab, die die Schüler weiterführender Schulen von den Volksschülern unterschieden. Diese Mützen wurden als „Eierschalen der Reaktion“ gebrandmarkt.

Eine besondere Angriffsfläche boten die Schülermützen und das studentische Couleur, weil auch jüdische Schüler und Studenten mit ihrer Hilfe als Mitglieder der gebildeten Oberschicht ausgewiesen wurden. Aus diesem Grunde wetterte die NSDAP-Publikation Illustrierter Beobachter im Jahre 1930:

Die deutschen Gymnasiastenmützen und später das Burschenband sollen dazu beitragen, die Rassenmerkmale zu verschleiern.

Dazu wurden drei jüdische Studenten in Couleur abgebildet.

Die Maßnahmen der Nationalsozialisten gegen das Tragen von Couleur artete teilweise in regelrechte Straßenschlachten aus, so im Jahre 1934 in Göttingen (Göttinger Krawalle).

In den Jahren 1934 bis 1936 wurden die meisten studentischen Verbände in die Selbstauflösung gedrängt, die verbliebenen im Jahre 1938 durch Erlass von Reichsführer-SS (und ehemaligem Verbindungsstudenten) Heinrich Himmler verboten. Die Studenten wurden in die so genannten Kameradschaften des NSDStB eingegliedert.

Den Behörden und Parteigremien kamen jedoch immer wieder Gerüchte zu Ohren, dass in den nationalsozialistischen Kameradschaften alte, unerwünschte Traditionen weiter gepflegt würden, wie zum Beispiel der Tausch von Couleurzipfeln, was zu immer strengeren Strafandrohungen führte. Funktionäre sprachen von „Erscheinungen, die sich in Ermangelung besserer Gedanken vielfach an Überlebtes anlehnen“, was eine „geistlose Nachahmung längst überlebter Formen“ darstelle.

Einer der Höhepunkte der subversiven Traditionspflege war der Versuch zur Neugründung des offiziell aufgelösten Corps-Dachverbands Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) noch während des Krieges.

Eine besondere Provokation war der gemeinsame, in Couleur durchgeführte Kommers aller heimlich bestehenden schlagenden Würzburger Verbindungen am 17. Juli 1944 auf dem Haus des Corps Rhenania Würzburg. Denn genau zur gleichen Zeit feierte die Deutsche Studentenschaft in Anwesenheit des Reichsstudentenführers Dr. Gustav Adolf Scheel ihr 25jähriges Bestehen mit einer Großkundgebung – nur zwei Straßenzüge weiter. Zeitzeuge Hans Dörrie, Mitglied des Corps Rhenania, schrieb über den Kommers der Würzburger Verbindungen:

Über hundert Vertreter der einzelnen Verbindungen in Band und Mütze an den langen weißgedeckten Tischen in unserem Saal, das war ein herrliches farbenprächtiges Bild, das aller Herzen höher schlagen ließ. Knaup eröffnete den Kommers mit einer kurzen gelungenen Ansprache und trank das erste Glas Bier auf das Wohl unserer gemeinsamen Sache. ...

Derartige Aktivitäten konnten nicht geheim bleiben. Die Aktion zur Neugründung des KSCV flog auf und die Gestapo strengte ein Verfahren unter anderem wegen Hochverrats an. Im Chaos der letzten Kriegsmonate kam es aber zu keinerlei Konsequenzen mehr.

Nachkriegszeit

In den westlichen Besatzungszonen Deutschlands und in Österreich wurden die studentischen Verbindungen nach dem Zweiten Weltkrieg nach anfänglich zaghaften Versuchen in den 1940er Jahren etwa Anfang der 1950er Jahre wiederbelebt, auch Couleur wurde wieder eingeführt. Die stieß aber bei den offiziellen Stellen an vielen Hochschulen und in weiten Teilen der Studentenschaft auf Unverständnis. Erste Versuche in den 1950er Jahren, in großem Stil öffentlich in Couleur aufzutreten, riefen Protestkundgebungen hervor. Vereinzelt wurden Verbote des Couleurtragens auf dem Hochschulgelände erlassen, die teilweise erst in den 1980er Jahren aufgehoben wurden.

In der Sowjetischen Besatzungszone und in den abgetrennten Ostgebieten, ebenso wie in Polen und in den baltischen Ländern, die ihre Unabhängigkeit verloren und in die Sowjetunion eingegliedert wurden, galten nach dem Krieg die studentischen Verbindungen mit ihren Identitätssymbolen als Merkmale des Bürgertums, die durch die Einführung des Sozialismus hinfällig geworden seien.

Änderungen in den 1960er Jahren

Bundesrepublik

Mit der seit 1965 aufkommenden Studentenbewegung erwuchs den Verbindungen starke Gegnerschaft. Das von der Bewegung angestrebte Vertreiben des „Muffs von 1000 Jahren unter den Talaren“ betraf auch die Sitten und Gebräuche der Studentenverbindungen, darunter das Couleurtragen.

Mit den Talaren der Professoren verschwand auch zunehmend das Couleur aus der Öffentlichkeit deutscher Universitätsstädte. Das Tragen von Couleur beschränkte sich auf verbindungsstudentische Veranstaltungen und eigene Räumlichkeiten (siehe auch: Korporationshaus). Die Verbindungen mussten auch zunächst einen Rückgang des Anteils an Korporierten und der absoluten Mitgliedszahlen hinnehmen. Viele Verbindungen mussten ihren aktiven Betrieb einstellen. Einige, vor allem musische und christliche Verbindungen begannen schließlich auch Frauen aufzunehmen.

Die rückläufige Entwicklung der Mitgliederzahlen kam erst ab 1980 zum Stillstand. Seit etwa 1985 ist wieder eine Zunahme an neuen Mitgliedern zu beobachten.

DDR

In der DDR waren die couleurstudentischen Traditionen bald vergessen oder verdrängt. Generell wurde die Neuentwicklung von eigenständigen studentischen Zusammenschlüssen mit eigenen Traditionen wirksam verhindert, da die sozialistische Jugend in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) organisiert und damit von Partei und Staat kontrolliert sein sollte. Offizielles Abzeichen waren das blaue Hemd mit dem Sonnenemblem am Ärmel. Der Aufbau selbstverwalteter studentischer Strukturen stand dem Führungsanspruch der Partei im Wege.

Eine spezifische Erfindung der DDR-Studentenverbindungen: Bierkordeln

Doch bereits in den frühen 60er Jahren gab es erste zaghafte Versuche von Studenten, etwas über die alten studentischen Traditionen zu erfahren (siehe auch: DDR-Studentenverbindung). Es war keine Literatur und selten Couleur vorhanden. Mancher Student fand zu Hause alte Erbstücke (Band, Mütze und Bierseidel des Urgroßvaters), mit dem die jungen Leute der damaligen Zeit noch nicht viel anfangen konnten.

Zeitzeugen berichten, dass interessierte Studenten begannen, durch verschlüsselte Zeitungsanzeigen alte Couleurgegenstände zusammenzusuchen. Teilweise wurden Couleurartikel (Studentenmützen, Bierseidel, Bier- und Weinzipfel etc.) in Antiquitätenläden oder direkt bei Haushaltsauflösungen angeboten. Später nähten sich einige Studenten selbst Kneipjacken und Schärpen. Auch wurde dreifarbiges Geschenkband als Bandersatz verwendet. Es wurden Mützen angefertigt, wobei zum Beispiel Mützenschilder von Fleischermützen verwendet wurden.

Das Erscheinungsbild der Studenten während der heimlichen Zusammenkünfte glich zu der Zeit mehr einem Verkleiden in historischen Kostümen und einem Nachspielen der Traditionen (siehe auch: Living History), zumal das Couleur noch wie auf den Dachböden gefunden kunterbunt gemischt getragen beziehungsweise laienhaft zusammengenäht wurde.

Aufgrund des Mangels an Literatur über alte Traditionen bildeten sich bald auch neue. Eine eigene Kreation der DDR-Verbindungen war zum Beispiel der Gebrauch der „Bierkordel“. Dabei wurde eine rund 30 Zentimeter lange Kordel an alle Teilnehmer eines Kommerses ausgegeben. Nach jedem Salamander wurde ein Knoten in die Bierkordel eingefügt. Die Bierkordel ist auch nach der Wiedervereinigung in Gebrauch.

Häufig wurden bei den Kneipen, ähnlich der altdeutschen Tracht, schwarze Hose, weißes Hemd (mit Krawatte oder buntem Halstuch), schwarze Weste und ein Gehrock getragen.

Gegen Ende der DDR-Zeit wurden durch Kontakte zu westdeutschen und österreichischen Verbindungen professionell gefertigte Bänder und auch Mützen besorgt.

Nach der deutschen Wiedervereinigung

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Wartburgfest des Wingolf 1997

Bereits Monate vor der deutschen Wiedervereinigung haben sich ursprünglich im Osten entstandene Studentenverbindungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Bundesrepublik gegangen waren, wieder an ihre alten Universitätsstädte auf dem Gebiet der DDR verlegt. So entstand auch hier wieder ein Verbindungsleben, zu dem auch die alten Farben gehören.

Nach einer Gewöhnungsphase in den neuen Bundesländern hat sich das Verhältnis der Öffentlichkeit zu couleurtragenden Verbindungsstudenten deutschlandweit angenähert und weitgehend vereinheitlicht. Während in der Bevölkerung – zumindest außerhalb der Hochschulorte – studentisches Couleur weitgehend aus dem Bewusstsein verschwunden ist, gibt es Gruppen, die dem Phänomen sehr positiv gegenüberstehen, aber auch Gruppen, die vehement Kritik üben.

Den Studentenverbindungen kritisch gegenüberstehende Gruppierungen warnen heute regelmäßig Studienanfänger vor einem Eintritt in eine Studentenverbindung (siehe auch: Burschi-Reader). Das in der breiten Öffentlichkeit mittlerweile relativ unbekannte Phänomen des Couleurs dient dabei als Anlass für Häme und herablassende Formulierungen, die die studentischen Traditionen in den Augen junger Menschen lächerlich machen sollen.

Jedermensch hat sie schon gesehen: junge Männer mit komischen Käppchen auf dem Kopf und bunten Bändern um den Hals stranguliert, die mit großen Fahnen durch die Stadt torkeln. Lustig anzuschauen, doch was steckt wirklich dahinter?
Aus: Ehre, Freiheit, Vaterland, Internetpublikation der Grünen Hochschulgruppe Göttingen, gefunden 2006 [1]

Eine weitere Form der Diskreditierung besteht darin, die Sitten und Gebräuche von Studentenverbindungen mit militärischen Handlungsweisen zu vergleichen. Couleurelemente werden dabei als „Uniformen“ bezeichnet. Dies dient dazu, Studenten, die ihre Militärzeit mit schlechten Erinnerungen hinter sich gebracht oder den Wehrdienst verweigert haben, von Verbindungen abzuschrecken.

Durch militärische Riten, strenge Hierarchien und Regeln soll der Charakter der neuen Verbindungsbrüder geformt werden. Wichtige Bestandteile sind dabei das Tragen einer Uniform, Kappe und Band, die so genannte volle Wix.
Aus: Gegen alle Männerbünde. Infoblatt der Rosa Antifa Wien, gefunden 2006, [2]

Dessen ungeachtet gibt es in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die in ihrer Studentenzeit Couleur getragen haben und in den meisten Fällen heute noch tragen. Zu diesem Personenkreis gehören in Deutschland im Jahre 2006 der amtierende Bundespräsident Horst Köhler sowie drei Ministerpräsidenten und ein stellvertretender Ministerpräsident verschiedener Bundesländer. Als sich Günther Oettinger, Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Mitglied der schlagenden und farbentragenden Verbindung Landsmannschaft Ulmia Tübingen, im Jahre 2005 zusammen mit den in Vollwichs gekleideten Vertretern mehrerer Studentenverbindungen fotografieren ließ, wurde dieses Foto von der Partei Bündnis 90/Die Grünen im Landtagswahlkampf gegen die CDU eingesetzt. Ein Plakat zeigte zum Beispiel das Bild mit dem Untertitel „51 bunte Hunde und ein schwarzes Schaf“ (Siehe dazu: Landsmannschaft_Zaringia_Heidelberg#Zaringia_in_den_Medien).

Papst Benedikt XVI. war zwar als Student Mitglied in einer nichtfarbentragenden Verbindung, hat aber später als Geistlicher mehrere Ehrenmitgliedschaften farbentragender katholischer Studentenverbindungen angenommen und im Jahre 1986 eine in deutscher Tradition stehende farbentragende Studentenverbindung in Rom (K.A.V. Capitolina Rom) als „Gründungsphilister“ mitbegründet.

In den 1990er Jahren kam es auch in Deutschland zu einer Gründungswelle von Damenverbindungen, also von Verbindungen, die nur weibliche Mitglieder aufnehmen. Diese Verbindungen sind praktisch alle farbentragend, so dass heute in Deutschland vermutlich mehr Frauen Couleur tragen, als jemals zuvor.

Couleur zu Beginn des 21. Jahrhunderts

Während im 19. Jahrhundert couleurtragende Studenten das Straßenbild in allen deutschen Universitätsstädten prägten und die einheimische Bevölkerung die einzelnen Farbkombinationen den Verbindungen genau zuordnen konnte, änderte sich das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Couleur ist praktisch nur noch auf verbindungsstudentischen Veranstaltungen und auf Verbindungshäusern zu sehen.

Dabei gibt es unterschiedliche Auffassungen, wie Couleur zu tragen sei. Seit sich im Zuge der 68-Bewegung die studentische Mode geändert hat und deutlich legerer geworden ist, sind einige Verbindungen der Meinung, dass diese lässige Mode nicht mit der Würde des Couleurs vereinbar sei. Deshalb tragen die Mitglieder dieser Verbindungen Band und Mütze nur zu formeller Kleidung, also zu dunklem Anzug mit hellem Hemd und Krawatte. Andere Verbindungen sind der Ansicht, dass Couleur aus der Alltagskleidung der Studenten entstanden sei und dass diese Alltagskleidung immer Moden unterlegen habe, die sich auch ändern könnten. Sie tragen deshalb auch Couleur zu moderner Freizeitkleidung. Dieser Auffassung sind teilweise auch sehr alte und traditionsreiche Verbindungen.

Siehe auch

Literatur

  • Harm-Hinrich Brandt und Mathias Stickler: Der Burschen Herrlichkeit – Geschichte und Gegenwart des studentischen Korporationswesens, Historia Academica Bd. 36, Würzburg, 1998, ISBN 3-930877-30-9
  • Michael Doeberl, Otto Scheel, Wilhelm Schlink, Hans Sperl, Eduard Spanger, Hans Bitter, Paul Frank, (Hrsg.): Das akademische Deutschland, 4 Bände und ein Registerband, dieser bearbeitet von Alfred Bienengräber, Berlin, 1930–1931.
  • Oskar Dolch: Geschichte des Deutschen Studententums – von der Gründung der deutschen Universitäten bis zu den deutschen Freiheitskriegen, Photomechanischer Nachdruck der Ausgabe Brockhaus Leipzig, 1858 erschienen im Verlag für Sammler, Graz 1968.
  • Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur – Die studentischen Verbindungen einst und jetzt, München, Callwey, 1988, ISBN 3-7667-0912-7
  • Friedhelm Golücke et al. i. A. der Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte e.V.: Auf Deutschlands hohen Schulen, Fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe Berlin 1900, SH-Verlag, Köln, 1997, ISBN 3-89498-042-7
  • Robert Paschke: Studentenhistorisches Lexikon, GDS-Archiv für Hochschulgeschichte und Studentengeschichte, Beiheft 9, Köln, 1999, ISBN 3894980729
  • Gerhard Richwien: Student sein, eine kleine Kulturgeschichte, Gemeinschaft für Deutsche Studentengeschichte (GDS), Kleine Schriften der GDS 15, SH-Verlag, Köln, 1998, ISBN 3894980494
  • Friedrich Schulze/Paul Ssymank: Das deutsche Studententum von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, 4. Auflage 1932, Verlag für Hochschulkunde München
  • Hans Becker von Sothen, Die Göttinger Verbindungen und ihre Farben 1800 bis 1833. Dargestellt anhand zweier Stammbuchblätter., in: Einst und Jetzt. Jahrbuch 1994 des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, 1994

Weblinks

Commons: Studentenverbindungen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Joh. Wolfg. v. Goethe: Faust I, Schülerszene bei Projekt Gutenberg-DE