Flurkreuz

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Steinernes Wegkreuz mit Expositionsnische in Bonn
Hölzernes Wegkreuz am Salten

Ein Flurkreuz (auch: Weg(e)kreuz, bairisch: Marterl) ist ein Kreuz an einer Wegkreuzung, einem Weg oder einer Straße, am Feldrand oder im Wald. Es kann aus Holz, Stein oder Metall bestehen. Häufig sind Flurkreuze als Kruzifixe gestaltet. Steinkreuze werden auch „Hussitenkreuze“, „Schwedenkreuze“ oder „Sühnekreuze“ genannt.

Oft dienen Flurkreuze als Wegmarkierungen für Wanderer und Pilger oder kennzeichnen gefährliche Stellen.[1] Im Münsterland sind an vielen Stellen Hofkreuze zu finden. Sie gehören zu Bauernhöfen und stehen meistens an öffentlichen Wegen in der Nähe der Hofzufahrt. Von einem „Votivkreuz“ spricht man, wenn das Kreuz aufgrund eines Gelübdes aus Dank nach der Errettung aus einer Notlage wie Krieg, Krankheit, Seuche oder Lebensgefahr gestiftet und errichtet wurde. Wetter- oder Hagelkreuze wurden als Schutz vor Wetterkatastrophen oder nach schweren Unwettern aufgestellt.

Beschreibung

Unfallkreuz in Frankfurt (Main)

Flurkreuze findet man besonders häufig in katholischen Landstrichen. Die meisten entstanden schon in den vergangenen Jahrhunderten und wurden von der damaligen Bevölkerung als Zeichen ihres Glaubens errichtet. Einige von ihnen sind an Orten aufgestellt, an denen zuvor entweder ein Unfall oder ein Verbrechen geschah. Die Sitte, an Straßenstellen, wo Menschen tödlich verunglückt sind, ein Unfallkreuz aufzustellen, hat sich mittlerweile weltweit verbreitet. Sonderformen stellen das Mordkreuz und das Pestkreuz dar. Viele Flurkreuze dienten aber einfach als Wegemarkierungen zur Kennzeichnung schwieriger oder gefährlicher Stellen oder als Hinweis auf Wegkreuzungen. In Wanderkarten werden Flurkreuze oder Bildstöcke zur Orientierung eingetragen.

An einigen Kreuzen befindet sich eine Inschrift, aus der zu ersehen ist, warum das jeweilige Kreuz aufgestellt wurde und von wem es geschaffen wurde. Bei manchen Kreuzen handelt es sich auch um ehemalige Grabkreuze, die später als Flurkreuz wiederverwendet wurden. An viele Kreuze knüpfen sich Sagen, die eine besondere Geschichte zu dem jeweiligen Exemplar erzählen. Ihr genaues Alter und der Wahrheitsgehalt sind jedoch oft nicht nachweisbar.

Viele Flurkreuze waren auch in das religiöse Brauchtum eingebunden, z. B. dienten sie als Stationen bei einer Prozession. In manchen Gegenden wurden die Wegkreuze mit einer Konsole (Expositionsnische) versehen, auf der bei eucharistischen Prozessionen die mitgeführte Monstranz abgestellt werden konnte; dort wurde dann auch der eucharistische Segen gespendet. Im Rheinland und der Eifel gab es den Brauch, an fünf Kreuzen in der Gemarkung Gebete zu sprechen, wenn jemand im Sterben lag. Dadurch sollte der Tod erleichtert werden.

Arma-Christi-Kreuz bei Stammham (bei Ingolstadt), Ortsteil Appertshofen

In einigen Gegenden bestehen Flurkreuze größtenteils aus Holz (z. B. im Alpenraum). Vom kleinen unscheinbaren bis hin zu den aus starken Balken gezimmerten Kreuzen ist jede Größe vertreten. An manchen Kreuzen befindet sich eine kunstvoll geschnitzte Christus-Figur. Wurde ein hölzernes Flurkreuz im Lauf der Jahrzehnte morsch oder baufällig, restaurierte man es oder stellte ein neues an dem Ort auf. Daher sind die wenigsten hölzernen Flurkreuze wirklich alte Stücke, sondern meist Neuanfertigungen nach altem Vorbild.

In den meisten Orten (z. B. im Rheinland) sind Flurkreuze aus Stein und damit weitaus dauerhafter, obwohl es auch in solchen Gegenden Holzkreuze gegeben haben dürfte, da sie deutlich preiswerter waren. In der Eifelregion gibt es noch einen sehr dichten Bestand an Flurkreuzen unterschiedlicher Art. Sie bestehen aus dem dort abgebauten Sandstein oder dem sehr robusten Basalt (siehe auch Basaltkreuz) und sind daher erhalten geblieben; zudem lassen sich dort Werkstätten nachweisen, die hauptsächlich Grab- und Flurkreuze herstellten. Vom 17. bis 19. Jahrhundert wurden dort eine größere Anzahl Flurkreuze hergestellt und teils auch auch exportiert. Auf der Nürburgring-Nordschleife wird ein Streckenabschnitt mit schneller Linkskurve noch heute wegen eines dort vorhandenen, vor Jahrhunderten aufgestellten Steinkreuzes dieser Art „Schwedenkreuz“ genannt.

Im Rheinland sind allerdings viele Kreuze während der französischen Besetzung (1794–1814) verloren gegangen, da dort im Zuge der Säkularisation Wegekreuze verboten waren. Nur wenige Kreuze konnten von der Bevölkerung versteckt werden und sind so ihrer Vernichtung entgangen. Ursprünglich waren die Steinkreuze von gedrungener Form und mit ihrer Höhe von etwa einem halben Meter deutlich kleiner als hölzerne Flurkreuze. Im 19. Jahrhundert wurden dann (zumindest im Rheinland) deutlich größere Steinkreuze errichtet.

Heute werden Flurkreuze von der Denkmalpflege zu den Kleindenkmalen gezählt. Neben Verwitterung durch Wind und Wetter sind Flurkreuze auch durch gut gemeinte, aber nicht fachgerechte „Restaurierungen“ mit ungeeigneten Materialien gefährdet; Veränderungen der Landschaft, wie Straßenbau, Ausweisung von Baugebieten oder Flurbereinigungen haben schon häufig zum Verlust von Flurkreuzen geführt. Der historische Standort eines Flurkreuzes ist meist mit einer besonderen Bedeutung verbunden, die verloren geht, wenn es an einen neuen Standort versetzt wird.

Verschiedene Flurkreuze (Wegkreuze)

Liste von erhaltenen Flurkreuzen

Hessen

Nordrhein-Westfalen

Bereich Langenfeld (Rheinland)

Bereich Nörvenich

Rheinland-Pfalz

Schleswig-Holstein

Niederösterreich

Siehe auch

Literatur

  • Cornelia Bauer: Der Schwed’ kummt! Schwedenspuren in Niederösterreich aus der Zeit des 30jährigen Krieges, Wien 2012, Diplomarbeit am Institut für Skandinavistik der Universität Wien
  • Ruth Hacker-de Graaff: Wegekreuze im Bonner Raum. Bouvier, Bonn 1991, ISBN 3-416-80671-9 (Zugleich: Bonn, Univ., Diss., 1989/90).
  • Andrea Löwer: Kreuze am Straßenrand – Moderne Erinnerungsriten für Verkehrstote, in: Der Tod. Zur Geschichte des Umgangs mit Sterben und Trauer. Ausstellungskatalog des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, Volkskundliche Abteilung, hg. von Walter Stolle (Darmstadt 2001) ISBN 3-926527-60-9, S. 166-171.
  • Georg Jakob Meyer, Klaus Freckmann: Wegekreuze und Bildstöcke in der Eifel, an der Mosel und im Hunsrück. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde. Band XXIII, 1977, S. 226-278.
  • Kurt Müller-Veltin: Mittelrheinische Steinkreuze aus Basaltlava (Jahrbuch des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz 1976/77), Neuss 1980 (Nachdruck 2001).
  • Sigrid Metken (Hrsg.): Die letzte Reise. Sterben, Tod und Trauersitten in Oberbayern. Hugendubel, München 1984, ISBN 3-88034-247-4.
  • Paul Werner: Flurdenkmale. Pannonia-Verlag, Freilassing 1982, ISBN 3-7897-0107-6 (Kleine Pannonia-Reihe 107).

Weblinks

Commons: Flurkreuze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Hofkreuz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Schwedenkreuz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Votivkreuz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Wegkreuz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Wetterkreuz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen

  1. Sakrale Kleinbauten: Flurkreuze / Wegkreuze (Memento vom 30. Oktober 2014 im Internet Archive) (PDF; 256KB) Redaktion: ibid Altbau AG, CH-Merkblätter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, Kulturgüterschutz
  2. Der Bischof von Münster (Hrsg.): Kreuz unter der Buche als Gebetsort entdeckt. Ort der Stille zwischen endlosen Erdbeerfeldern. kirchensite.de. 11. April 2011