Glenn Miller
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Alton Glenn Miller (* 1. März 1904 in Clarinda, Iowa; † 15. Dezember 1944 bei einem Flugzeugabsturz über dem Ärmelkanal) war ein US-amerikanischer Jazz-Posaunist, Bandleader, Komponist und Arrangeur.
Leben
Miller verlebte seine Kindheit in Iowa, Nebraska, Missouri und Colorado.[2] Er spielte im Hochschulorchester von Fort Morgan Zugposaune und finanzierte so zwei Jahre seines Studiums. Er trat im Jahre 1926, nach einem Studienaufenthalt an der Universität von Colorado, der „Ben Pollack Band“ bei, die er zwei Jahre später wieder verließ. Er spielte von 1929 bis 1937 als unabhängiger Posaunist bei Red Nichols, Benny Goodman, Ray Nobles American Band und den Dorsey Brothers. Miller machte im Jahre 1937 mit seiner ersten eigenen Band einige Aufnahmen für Columbia („Solo Hop“, April 1935, Millers erster Hit, der Rang 7 erreichte), Brunswick („Doin’ the Jive“, in dem Rap-artiger Sprechgesang verwendet wird, um den titelgebenden Tanz zu erklären, vom 29. November 1937) und Decca. Die Band löste sich im selben Jahr auf.
Miller arbeitete anfangs als Arrangeur und machte Aufnahmen in wechselnden Besetzungen, bis er im Januar 1938 mit „Every Day’s a Holiday“ bei Brunswick seinen zweiten Hit in den nationalen Charts platzieren konnte und im Frühjahr 1938 seinen Durchbruch einleitete. Seine ab Dezember 1937 entstandenen 78er wie „My Reverie“, „The Lady’s In Love with You“, „Little Brown Jug“ sowie seine ersten Nummer-eins-Hits „Stairway to the Stars“ im Juni und „Moon Love“ (nach dem Hornthema im zweiten Satz von Tschaikowskys 5. Sinfonie) im Juli 1939 erschienen nun hauptsächlich beim Sublabel Bluebird von RCA Victor. Er gründete eine neue Band und bekam einen Dreimonatsvertrag im Glen Island Casino auf Long Island. Die dort gezahlten Gagen reichten zwar weiterhin nicht aus, um die Band dauerhaft zu sichern, aber aus dem Casino wurden regelmäßig Radioübertragungen gesendet, die seinen neuen „Sound“, in dem die Klarinette den Saxophonsatz führte, bekannt machten.
Miller wurde zum Ende 1939 für das Jubiläumskonzert der ASCAP in die New Yorker Carnegie Hall eingeladen. Dort wurden Musikstücke wie „Moonlight Serenade“, „Little Brown Jug“ und „In the Mood“ gespielt. Die Eigenkomposition „Moonlight Serenade“ wurde Millers dritter Nummer-1-Hit. Seine Urheberschaft von „Moonlight Serenade“ und „In the Mood“ sind allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, dass die Glenn Miller Band ein breites Spektrum an Instrumental- und Gesangsmelodien formte und auch klassische Akzente setzte. Die Glenn Miller Band spielte im Jahre 1940 im Cafe Rouge des Hotel Pennsylvania. Im Sommer desselben Jahres folgten Gigs im Wardham Park Hotel in Washington und anderen Städten. Die Klassiker „Pennsylvania 6-5000“, „Tuxedo Junction“ wurden in diesem, „Chattanooga Choo Choo“ und „String of Pearls“ im darauffolgenden Jahr 1941 veröffentlicht. Glenn Miller komponierte außer „Moonlight Serenade“ keinen seiner Hits selber; einer seiner größten Erfolge, „In the Mood“, stammt von dem Komponisten Joe Garland. Seine erste Schallplatte wurde kaum verkauft, da er dort dieselben Musikstücke aufgenommen hatte wie Swing-König Benny Goodman.
Glenn Miller gewann am 10. Februar 1942 die erste goldene Schallplatte der Musikgeschichte für das Lied „Chattanooga Choo Choo“, das er mit seinem Orchester auch in dem Spielfilm Adoptiertes Glück spielte. Er wirkte in demselben Jahr mit seiner Band in dem Film Orchestra Wives mit. Miller, der ein erklärter Gegner des Nationalsozialismus war, trat im Februar 1942 ungeachtet seiner großen Erfolge aus seinem Orchester aus und ging nach Überwindung einiger bürokratischer Hürden wegen seines fortgeschrittenen Alters von 38 Jahren zuerst zur US Navy und danach zu den amerikanischen Luftstreitkräften, um aus Idealismus die US-Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Er leitete im Rang eines captain (Hauptmann) das „Army Air Force Orchestra“, das deutlich jazz-orientierter war als Millers vorherige, eher kommerziell ausgerichtete Big Band. Dies war nicht zuletzt das Verdienst so hervorragender Arrangeure wie Jerry Gray, der es unter anderem verstand, die im „Army Air Force Orchestra“ enthaltene Streichergruppe nahtlos in den Big Band-Sound zu integrieren – für einen Jazz-Arrangeur keine leichte Aufgabe. Wohl das spektakulärste Arrangement von Jerry Gray war „American Patrol“, durchaus angemessen angekündigt als „And now, here's the biggest tune of the books!“.
Miller war zu Zeiten der deutschen V1 und V2-Raketenangriffe in London. Zahlreiche Tonaufnahmen von den Darbietungen der „Army Air Force Band“ wurden in den Abbey Road Studios gemacht, teilweise mit Live-Übertragungen der BBC London, genannt „Wehrmacht Hour“ mit der Ansagerin Ilse Weinberger in deutscher Sprache. Die dort gemachten Aufnahmen sind in hervorragender Mono-Qualität, die den hohen Standard des Orchesters widerspiegeln.
Erfolgreicher Musiker und Geschäftsmann
Glenn Miller war ein Perfektionist in Bezug auf Arrangements, die er selbst schrieb bzw. mitschrieb, sowie ein begnadeter Geschäftsmann. Seine Band war eine Musikkapelle, die wie eine Firma organisiert war. Die Musiker waren versichert und die Bühnenarbeiter waren angestellt. Eine PR-Abteilung war eingerichtet. Dies alles erfolgte in einer sozialverträglichen Art und Weise; ein Vorbild, dem später viele Bands folgten.
Miller war ein eigensinniger Mensch und folgte oft nur seinen Sympathien. Einige talentierte Musiker traten aus seinem Orchester aus, als sie mit seinem Charakter nicht zurechtkamen.
Glenn Miller war seit 1928 verheiratet. Laut seines Biografen George T. Simon lag der einzige Streitpunkt mit seiner Frau Helen darin, wie herum die Toilettenpapierrollen aufzuhängen seien.
Flugzeug mit Miller verschollen
Nachdem Paris durch die Alliierten befreit war, sollte im Dezember 1944 das „Army Air Force Orchestra“ dort im Olympia auftreten. Glenn Miller starb aber vorher unter bis heute nicht festgestellten Umständen. Vermutet wird, dass das Flugzeug, mit dem er am 15. Dezember 1944 nach Frankreich unterwegs war, über dem Ärmelkanal wegen dichten Nebels von Bomben britischer Flugzeuge getroffen wurde, die sich ihrer Bombenladung entledigten. Ungefähr 138[3]viermotorige Lancaster-Bomber der „RAF No.3 Group“[4] kehrten mit voller Bombenlast zurück: Der Luftangriff auf die deutsche Stadt Siegen war abgebrochen worden,[5] da die zum Schutz der Bombenflugzeuge bestimmten Jagdflugzeuge wegen schlechten Wetters nicht starten konnten. Im Feindflug nicht abgeworfene Bomben wurden damals üblicherweise im Rückflug über dem Ärmelkanal abgeworfen, da eine Landung mit der brisanten Ladung zu gefährlich gewesen wäre. Der Navigator Fred Shaw beobachtete die fallenden Bomben, als er eine kleine, einmotorige Propellermaschine direkt unter dem Bombenhagel sah. Da die Maschine von Glenn Miller zur selben Zeit auf Gegenkurs von London nach Paris war, gilt als wahrscheinlich, dass Miller in dieser Maschine saß.[6][7] Bei den Großangriffen mit 50, 100, 500 oder 1000 Bombenflugzeugen in engen Flugformationen geschahen dann und wann Unfälle, nicht nur indem Flugzeuge sich berührten oder zusammenstießen, sondern auch dass tiefer fliegende – meist eigene – Flugzeuge von abgeworfenen Bomben der höher fliegenden getroffen wurden, Teile der Tragflächen abbrachen oder ein Flugzeug mitunter zum Absturz kam.[8] Das Wrack der zivilen Noorduyn Norseman wurde bisher nicht gefunden. Ein Auffinden gilt als schwierig, da in der Luftschlacht um England zahlreiche Flugzeuge in den Ärmelkanal fielen und auf den Grund sanken, wo sie bis heute liegen. Die Meldung, Miller sei über dem Kanal vermisst, wurde an Heilig Abend 1944 bekanntgegeben.[9]
Legendenbildung
Ähnlich wie bei anderen früh verstorbenen Musikstars existieren auch bei Miller viele Gerüchte und Versionen um dessen Tod. Die Propaganda beider Kriegsparteien versuchte aus den Todesumständen das maximal Beste für ihre jeweiligen Ziele zu verbreiten. Die reine Faktenlage ist durch die Kriegswirren bedingt sehr dünn und auch zum Teil widersprüchlich, was Legendenbildung stark förderte. In den zugänglichen Archiven existiert wenig belastbares Material, was zur Behauptung führen kann, dies wäre absichtlich so. Zur damaligen Zeit kamen Millionen von Menschen kriegsbedingt zu Tode und auch der Absturz oder das Vermissen eines einzelnen Flugzeuges war normaler Alltag. Damals wurde keine besondere öffentliche Untersuchung nach heutigem Maßstab eingeleitet, da es aus damaliger Sicht der Behörden während des Krieges wesentlich dringendere Dinge gab. Zeitzeugen, die auf Grund ihrer damaligen Position etwas Gehaltvolles zur Aufklärung hätten beitragen können, wären heute an die 100 Jahre alt oder sind längst verstorben. Daher wird eine absolut gesicherte Version über die wahren Todesumstände des Musikers wohl sehr schwer bis nahezu unmöglich sein.
Weitere Theorien
Mehrere Todestheorien laufen um: Glenn Miller sei nicht bei einem Flugzeugabsturz gestorben, sondern an Lungenkrebs. Dies soll unterdrückt worden sein, weil er bis 1942 eine von einem großen Tabakkonzern gesponserte Radiosendung bespielte; es ist aber schon deshalb unwahrscheinlich, weil der Zusammenhang von Lungenkrebs und Zigarettenrauchen damals noch nicht allgemein bekannt und – zumindest in den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich – auch noch nicht wissenschaftlich belegt war.
Eine andere Theorie lautet „Absturz wegen Tragflächenvereisung“, was nach der Wetterlage am Absturztag eine Möglichkeit ist.
Im Übrigen stand der Luftraum über dem Ärmelkanal zu diesem Zeitpunkt unter der Luftherrschaft der alliierten Luftstreitkräfte. Dies und auch die Tatsache, dass kein deutscher Jagdflieger sich in diesem Luftraum befand und auch keinen Luftsieg für diesen Abschnitt für sich beanspruchte, sind Beweiszeichen dafür, dass ein Absturz nach Feindeinwirkung unwahrscheinlich ist.
Der Film Die Glenn Miller Story, der sich ansonsten manche Freiheiten mit der biographischen Wirklichkeit erlaubt, hält sich an die offizielle Todesursache, den undokumentierten Flugzeugabsturz.
Nach Millers Tod wurde das Army Air Force Orchestra bis zu seiner Auflösung nach dem 17. November 1945 von Arrangeur Jerry Gray weitergeleitet, später ein ziviles Glenn Miller Orchestra vom langjährigen Band-Saxophonisten und -Sänger Tex Beneke.
Millers Name wird auf dem Cambridge American Cemetery and Memorial an der Mauer der Vermissten aufgeführt.
Repertoire des Orchesters (Auswahl)
- A String of Pearls
- American Patrol
- Anchors Aweigh
- April in Paris
- A-Tisket A-Tasket
- Begin the Beguine
- Blueberry Hill
- Bugle Call Rag
- Chattanooga Choo Choo, 1941 (Musik: Mack Gordon, Text: Harry Warren; 9 Wochen in den Billboard-Charts). Dieser legendäre Hit war 1983 die Vorlage für Udo Lindenbergs "Sonderzug nach Pankow"
- Fools Rush In
- Georgia on My Mind
- Here We Go Again
- I Got Rhythm
- In the Mood
- (I’ve Got a Gal in) Kalamazoo, 1942 (Text: Harry Warren)
- Jeannie with the Light Brown Hair
- Johnson Rag
- King Porter Stomp
- Little Brown Jug
- Londonderry Air
- Moonlight Serenade
- My Blue Heaven
- My Melancholy Baby
- My Prayer
- One O’Clock Jump
- Somewhere Over the Rainbow
- Pennsylvania 6-5000
- Perfidia
- Rhapsody in Blue
- Say Si Si
- Serra Sue
- Song of the Volga Boatmen
- St. Louis Blues March
- Stairway to the Stars
- Star Dust
- Sunrise Serenade
- Take the "A" Train
- That Old Black Magic
- The Woodpecker Song
- Tuxedo Junction
- When Johnny Comes Marching Home
Bekannte Bandmitglieder
- Tex Beneke, Saxophon, führte auch nach Glenn Millers Tod die Bigband noch bis 1950 weiter
- Bobby Hackett, Gitarre und Trompete
- Ernie Caceres, Saxophon und Klarinette
- Billy May, Trompete und Arrangeur
- Ray Anthony, Trompete
- Paul Tanner, Posaune
- Bunny Berigan, Trompete
- Johnny Mince, Saxophon und Klarinette
- Eddie Miller, Saxophon
- Ray Bauduc, Drums
- Pee Wee Erwin, Trompete
- Al Klink, Saxophon
- Clyde Hurley, Trompete
- Johnny Best, Trompete
- Max Kaminsky, Trompete
- Ray Anthony, Trompete
- Babe Russin, Saxophon
- Peanuts Hucko, Saxophon und Klarinette
- Mel Powell, Klavier
- Carmen Mastren, Gitarre
- Nat Peck, Posaune
Bekannte Sänger/-innen der Bigband
- Ray Eberle
- Paula Kelly
- Marion Hutton
- The Modernaires
- Kay Starr
- Andrew Sisters
- Dorothy Dandridge
- Bing Crosby
Auszeichnungen für Musikverkäufe
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Land | Silber | Gold | Platin | Quellen |
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Deutschland | 0 | 2 | 0 | musikindustrie.de |
Vereinigte Staaten | 0 | 5 | 1 | riaa.com |
Vereinigtes Königreich | 3 | 2 | 0 | bpi.co.uk |
Insgesamt | 3 | 9 | 1 |
Filme
mit Glenn Miller
- 1935: The Big Broadcast of 1936
- 1941: Adoptiertes Glück (Sun Valley Serenade)
- 1942: Orchestra Wives
über Glenn Miller
- Die Glenn Miller Story (1954); Regie: Anthony Mann, mit James Stewart in der Titelrolle
Literatur
- George T. Simon: Glenn Miller and His Orchestra. Da Capo Press (1980). ISBN 0-306-80129-9.
- George T. Simon: Glenn Miller: Sein Leben-Seine Musik. Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur (1991). ISBN 3-426-02412-8.
Weblinks
- Literatur von und über Glenn Miller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Glenn Miller bei IMDb
Einzelnachweise
- ↑ Chartplatzierungen
- ↑ Brianne Mueller: Biographie von Glenn Miller. In: Free Info Society, abgerufen am 16. September 2010
- ↑ Unterschiedliche Anzahl in den Quellen: auf der offiziellen Seite sind es 138, in anderen 139 Bomber.
- ↑ [1] engl. Webseite über die 3.Group
- ↑ [2] Dokumentation über den abgebrochen RAF-Bombenangriff vom 15. Dezember 1944
- ↑ [3]SPIEGEL.de: Verirrt über den Wolken (Abschnitt: „Tod eines Superstars“)
- ↑ [4] DER SPIEGEL: Glenn Miller von „Friendly Fire“ getötet?
- ↑ Beispiel:Deutsche Luftwaffe 8. Sept. 1943, Kampfgeschwader 55 über Nowo-Ekonomtschenkoje: He-111 wird von Bomben einer höher fliegenden He-111 getroffen und zerstört
- ↑ Stille Nacht an allen Fronten ZDF zeigt Dokumentarfilm über das letzte Weihnachtsfest im Zweiten Weltkrieg, abgerufen am 26. Dezember 2010
Personendaten | |
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NAME | Miller, Glenn |
ALTERNATIVNAMEN | Miller, Alton Glenn (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | amerikanischer Jazz-Posaunist und Bandleader |
GEBURTSDATUM | 1. März 1904 |
GEBURTSORT | Clarinda, Iowa |
STERBEDATUM | 15. Dezember 1944 |